Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1896. Juni (Jahrgang 23, nr. 6830-6853)

1896-06-02 / nr. 6830

u­ m Beste­ ZU der Schöpfer des V­ollsprogrammes, daß der Sachsentag vernünftigerweise nur aus fewerwiegenden Anrufen, also ohne Verc­räntung auf einen bestimmten Reittermin, sich zu versammeln habe, zum unzweibeutigen Ausbruch brächte. Die Drohungen der Verstaatlichung der Schulen, der Verwaltung, die Angriffe auf Organisation und kulturelle Bedeutung der Geldinstitute, die Angriffe der magyarischen Schwesterlich­en auf den Rechtsstand unserer Landes­­kirche, die drohenden Ungeichen des inneren nationalen erfallen, der Mut­­in unserer Mitte“, mit welchen der Herr Verfasser, wie es scheint, den nächsten *Sachsentag sich beschäftigen sehen möchte, „um sich selbst zu ... flärten und nach außen den Beweis des noch vorhandenen nationalen Willens oder wenigstend der nationalen Existenz zu geben“, bilden wohl einen dursch zusammengebundenen Blumenstrauß von nicht ganz neuen und nicht unbekannten Thematen für Zeitungsartikel und zündende Voltereden, aber eignen sich nicht gut zur Beratung für eine ernste Körperschaft, von der man erwarten muß, daß sie si mit Thatjadhen, nut mit Befürchtungen beschäftigt, und die eine Beratung auch mit irgend­einem Beschlusse abschließen muß. Soll der Sachsentag etwa beschließen, zu befürchten, was der A befürchtet, aber der B vieleicht nicht oder für eine übertriebene Befürchtung hält ? Wem würde damit gedient sein? Dem fäcfsichen Rolfe gewiß nicht, wahrssheinlich aber am­­ meisten seinen Gegnern. „Die Drohungen der Verstantlihung der Säulen“ u. a. mw. sind wohl ausgesprochen worden in Leitungsartikeln und Reichstags­­reben, aber haben nicht eine solche Gestalt angenommen, daß sie gerade den „Die Angriffe der magyarischen * Sadisentag auf den Plan fordern müßten. ' Schweiterlichen auf den Rechtsstand unserer Landeskirche“ sind wohl That­­'Tagen, aber von der Negierung abgewehrt worden. Wünscht etwa der Herr ° »Berlaffer, daß der Sadjsentag dem Ministerium Banffy den wohlverdienten Dank, hiefür ausspreche? Sollte e3 mit jenen Gefahren ernst werden, dann ‚ wird­ das Sachsenvort, wie wir überzeugt sind, sich wie Ein Mann zur Ab­­­wehr erheben, ohne daß e3 vorher eines Beischlusses des Sachsentages bedarf. “ „Die drohenden Anzeichen des inneren nationalen Beifall, der Mutlosigkeit in unserer Mitte“, von denen der Herr Verfasser, wie wir glauben, mit Un­­ius geht spricht, würden, wenn sie wirklich vorhanden wären, durch einen Sacsen­ 3. tag nicht gebannt werden, namentlich nicht bei dem etwaigen Versuche, ihm, den Stempel der­ ziellosen­ Unruhe Einzelner aufzudrücen. Wem es um die­ser­­"" Hiltung oder Befeitigung de inneren nationalen Zerfall und der Muttefigkeit "ernstlich zu tun ist, dem stehen auch andere Wege Hiezu offen, und oft ist ,gerade der Verzicht auf tapfer singende Worte, welche, zur Verherrlichung des eigenen Mutes, anderen das Brandmal der Mutlosigkeit anheften möchten, das wirfamste Mittel zur­ Verhinderung der Zwietracht und des damit ver­­bundenen Beifalles. “ fofigfeit, Eis-W & ih­­­n - Hermannstadt, Dienstag Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 2. Juni 1896. Nr. 6830 sz. wünschen­ versieht­ ­,­­ . .. « HermannstadhL Juni. «Vorgestern sind die Delegativmen in Budapest zu ihrer Session zusammengetreten. Wir werden morgen ausführlich über ihre erste Sigung berigten. · · Dås Abgeordnetenhaus hat in seinen beiden letzten Sitzungen die «Gen­eraldeb­atik über die Vorlage betreffend die Kurialgerichtsbarkeit in Wahl­­«­".«solchen"fortgesetzt.Unter allgemeinerer Spannung ließ sich in der Debatte Graf .,»Alrert Apsponyi nach längerer Pau­se«hören.Er gab in seiner Rede seinem Bedauern, darüber Ausbruch, daß die Vorlage in ihrer gegenwärtigen Fassung ‚aux, eine­ halbe Mairegel bedeute, während er an die Reform den großen politischen­edanken einer Gesundung unseres Parlamentarismus geknüpft habe, deren­­ Grundbedingung die Sicherung der Reinheit und Freiheit der Wahlen bilde. Der Redner entrollte dann ein Bild der Wahlmißbräuche, welche die Opposition „­veranlassen, die Majorität des Hauses nicht am Ausfluß des Wolfswillens zu respektieren. Seine­­ Haupteinwendung gegen die Vorlage besteht darin, daß mit theoretischen Scheingründen eine Bifurkation der strittigen Fälle statuiert “werde, welche zur Folge haben werde, daß gerade die s­chwersten Fälle auch , fortan­ der Jurisdiktion des Abgeordnetenhauses‘ vorbehalten bleiben werden. arı Bas. nut. seine­ eigenen Anträge anbelangt,­­ so seien: die wichtigsten betseiben .„ ‚von der Kommission abgelehnt worden.­­ Teoßbdem will Graf Apponyi mit seiner Partei den Gelegentwurf als Basis für die Spezialberatung annehmen, weil sie den ersten Schritt zur “’Befseiung unserer öffentlichen Zustände nicht verhindern wollen. Die Thatsache, daß die schreiendsten Mißbräuche vor ein unabhängiges Gericht gelangen werden, biete die Hoffnung, daß später eine radikalere Verlerung möglich sein werde.­­ Wohl werde das große Ziel, „welches er dur die Annäherung der Parteien “angestrebt hat, nicht erreicht, aber­­ dem wolle er si­cher Mitwirkung an­­ per Besseiung unserer öffentlichen Zustände nicht entziehen. Am Schluß seiner I NEde kam Graf Apponyi auch auf seine Person zu sprechen und bezeichnete die Gerüchte, welche über seine politische Haltung kursierten, als vollständig falfen. Der Grund seiner zeitweiligen Ab­wesenheit liege lediglich in Familien­angelegenheiten, Sulins Horvath legte in einer aufmersam angehörten Rede, die Gründe auseinander, warum er die Vorlage ablehne. Den Kernpunkt seiner Ausführungen bildete jedoch die art die Regierung und die Nationalpartei gleichzeitig gerichtete Aufforderung, dieselben mögen der Fusion keine Hindernisse mehr in den Weg legen, da mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Krisis und die Hinsichtlich der Ausgleichsverhandlungen drohende Krisis nur eine von allen­­ Parteien unterftügte Regierung dem österreichischen Deude gegenüber kräftigen Wiederstand leisten könne. Nachdem noch Graf Theodor Batthyany, der fi den­­ Ausführungen Horvaths hinsichtlich der Fusion anschloß, eine halbe Stunde lang pro und Otto Herman ebenso lange contra gesprochen, wurde die Fort­­­­legung der Debatte auf Dienstag verschoben, da Montag wegen des Empfanges er Delegationen für den König keine Sigung gehalten wird. Die ungarische Regierung hat die offizielle Beteiligung Ungarns an der Kariser Weltausstellung im Jahre 1900 beschlossen. Mit Rücsicht darauf, daß die ungarischen Aussteler und die an dem­­ Ausstellungswesen interessierten Kreise durch die ungarische Millenniumsaus-­­ Stellung vollauf in Anspruch genommen sind, wird die ungarische Regierung die zur MW Bek­eeidung der Pariser Austellung seitens Ungarns erforderlichen Vorkehrungen erst­­ nach Schluß der ungarischen Millenniums-Ausstellung treffen­ . Im östereichischen Abgeordnetenhause bleiben die Skandale auf der Tagesordnung. Dies zeigte auch die Sagung vom 29. v. M. In derselben ‚gelangte der Bericht des Steuerschusses über die Herablegung des Wahlzensus­­­ auf­­ vier Gulden zur Verhandlung. Dazu lag ein Minoritätsantrag vor, der den Zensus auf drei Gulden herabgelegt wissen will. In der Debatte , wurden noch mehrere Abänderungsanträge gestellt. Bei der Abstimmung wurden sämtliche weitergehenden Abänderungsanträge abgelehnt und der Antrag, den Benfus auf vier Gulden herabzufegen, angenommen.­­,Im Verlaufe der Abstimmung kam es mehrmals zu stürmischen Szenen. Der Zungtshehe Braeznomsky rief der liberalen Partei zu: „Das sind Liberale? Das ist ein Skandal!” Er wurde Hiefür vom Präsidenten zur Ordnung gerufen. Hiwilchen Menger und Mitgliedern der deutschen National­­partei entstand ein Wortwechsel.. Man rief Menger zu: „Ihr, seid Verräter, am Bauern- und Bürgerstand!“ worauf Menger erwiderte: „hr verratet das Deutschtum!” Darauf brach ein großer Skandal los. Bareuther rief: „Das ist eine Unverschämtheit!? Die Antisemiten s­chleudern Menger allerlei Beschimpfungen ins Gesicht. Großer, andauernder Lärm. “ Aus Berlin schreibt man dem offiziösen „Hamburger Korrespondent“ : „Die Entschiedenheit, mit der der italienische Ministerpräsident Rubini die Angriffe Imbrianis gegen den Kaiser Wilhelm und natürlich auch gegen den Dreibund zurückgewiesen hat, wird in Deutschland mit allgemeiner Be­­­friedigung aufgenommen werden. Rubini hatte zudem volle Berechtigung, die Aufreterhaltung des Dreibundes zu proklamieren, da Italien von dem ihm vertragsmäßig 518 zum 6. Mai zugesicherten Recht, den Bündnigvertrag zu kündigen, seinen Gebrauch gemacht hat. Die Kündigung mußte ein Jahr vor dem Ablauf der ersten sechs Jahre,­ für welche der Vertrag im Jahre 1891 verlängert worden ist, erfolgen. Da dies nicht geschehen ist, bleibt der Dreie­bundvertrag auf weitere 6 Jahre,­d. h. Bis zum Jahre 1903 in Kraft. Auch darin kann man dem italienischen Ministerpräsidenten nur zustimmen, daß der Dreibund gute Beziehungen zu Rußland und Frankreich nicht ausschließt.“ Bürgestern ist das Kabinet Rudini in der Kammer mit knapper Not einer Niederlage entgangen. Am 29.D. M. waren nämlich zur Einzelberatung des Budgets des Innern mehrere Tagesordnungen eingebracht, darunter zwei von Marazzi und Cavallotti, welche die Unregelmäßigkeit tadeln, die sich aus der auf Antrag Rudinis bewirkten Untersuchung der Rassengebahrung des Ministeriums des Innern ergab. Ministerpräsident Rudini erklärte, daß nachdem pröglich eine politische Frage daraus geworden und die moralische Seite der Frage gelöst sei, er die Ansicht nicht verleugnen künne, die er darüber wiederholt geäußert. Er verstehe darunter nicht, daß die moralische Frage in eine persönliche Frage umgewandelt werde, die eine Frage der politischen und administrativen Haltung bleiben müsse. Er erachte es für seine Pflicht, dieser Haltung zu folgen, ohne sich darum zu küm­mern, wer ihn hierin unterstoßen könne. (Zwischenrufe.) Die Kammer könne sich also Bar aussprechen und wenn sie wolle, gebe man der Administration eine andere Richtung. Gemäß der Er­ Härung, die er wiederholt gemacht, werde die Kammer ihr Votum dem Ministerium abgeben. (Beifall: Lebhafte Zwischenrufe) I­n diesem Sinne akzeptiere er die von Borfarello beantragte einfache Tagesordnung. Das Vertrauen wurde Rudini allerdings von der Kammer nach einer lebhaften Debatte nicht verweigert, aber nur mit der geringen Mehrheit von drei Stimmen. Das Kabinet hat indes aus dem Votum keine weiteren Konse­­quenzen gezogen, sondern ist nach einer viertelstündigen Beratung in den Sigungssaal zurücgekührt, wo die Kammer, ohne daß eine Erklärung vom Ministerti­che erfolgte, die Budgetberatung wieder aufnahm. Einer Meldung der „Bol. Korr.” zufolge gilt es nunmehr als gewiß, daß das geheime päpstliche Konsistorium am 22. und das öffentliche am 27. uni stattfinden wird. In seiterem erden die im Vorjährigen Kon­­sistorium ernannten Kardinäle, die sich damals nicht in Rom befanden, den Kardinalshut erhalten. Der Wiener Nuntius Migr. Agliardi sol bald nach seiner Rückkehr nach Italien an die Spitze des Erzbistums von Ferrara ge­­stellt werden. Der französischen Kammer ist am 30. dv. M. von der Regierung eine angenehme Weberraschung bereitet worden, indem ihr die Annexionsportage für Madagaskar unterbreitet wurde. Von fest an ist also die große Insel eine französische Kolonie. Nach der Duchesneschen Eroberung kam das Pro­­tettorat, dann das verstärkte Protestorat und set die Annexion, fiisches Gefäß auf Madagaskar in Kraft treten zu lassen, wird es indes noch einer besonderen Verlautbarung bedürfen. Nach dem Motivenberichte der Bor­­lage kann man wohl annehmen, daß von Seite Englands kaum ein anderer als ein formaler Einspruc­h erwartet wird. Die bevorstehende Ankunft des Herzogs von Orleans in Brüssel, wo ein royalistischer Kriegsrat stattfindet, veranlaßte einen belgische französischen Notenwechsel. Demzufolge wird der Prätendent strengstend überwacht, um einen geplanten Putsch zu verhindern. Auf die unsinnigsten Ausreden verfallen die Knappen der englischen Beuntemaker-Aristok­atie, um den völkerrechtswidrigen Ueberfall der Trangvaalrepublik zu beschönigen. Ein Londoner Blatt vom 29. v. M. bringt einen Artikel Seymour’ Folls, eines Vertrauensmannes des AHobes, wonach der wahre Beweggrund für den Einfall Samiesons der gemesen sei, daß Rhodes gewußt habe, daß Präsident Krüger in ein geheimes Einvernehmen mit Deutschland getreten sei, was Rhodes wider Willen veranlaßt habe, jede weitere versöhnliche Politik gegenüber dem Transvaal aufzugeben, die Re­­volution in Johannesburg zu betreiben und Samiejons Plan für das Vor­­rüden auf Prätoria zu genehmigen. Oft erklärt, der Hauptzweck S­amiejons sei gewesen, den dokumentarischen Beweis jener geheimen Allianz zu erlangen, welcher, wie zuverlässig­ verlautete, im Besitz Krüger war. E 3 sei nicht be­­absichtigt gewesen, die unabhängige holländische Regierung zu stürgen, sondern es habe sich lediglich­ darum gehandelt, Deutschland an der Erlangung einer vorherrschend politischen Stellung im Transvaal zu verhindern. Was die Beschuldigungen gegen Deutschland anbetrifft, schreibt die „Boltische Zeitung“: „Slibustierzüge, gemeine Einbrüche in fremde Gebiete, Hinterlistige Winterzüge eines Kolonialamtes und Ableugnung selbst bewriesener Thatsachen tragen nicht die Marke „Made in Germany“. Für alle diese Sorten besigt Großbrittannien ein ausschließliches Privilegium.­ Einem amtlichen Telegramm aus Prätoria zufolge werden alle G­e­­fangenen freigelassen, mit Ausnahme der hier zum Tode Verurteilten, deren Angelegenheit später in Erwägung gezogen werden wird, und von Lampson und Davies, die sein Bittgesuch eingereicht hatten, und deren Fall infolge dessen auch nicht beraten wurde. Die Geldstrafen oder die für den Nicht­­zahlungsfall festgesegten Freiheitsstrafen bleiben aufrecht. Zum Schuge des österreichisch-ungarischen Konsulates in Canea gegen die in der Nähe angesiedelten Benghazinafer, welche viel­­fache Ausschreitungen verübten, wurde ein Truppendetachement beigestellt. Neue Straßenkämpfe sind in den Kretensischen Städte nicht vorgenommen. Die aus Athen stammenden Meldungen über die Vorgänge in Kreta sind zweifellos vielfach übertrieben. Abdullah PBricha ist auf Kreta eingetroffen. Die Pforte erteilte den Befehl, daß nach Eintreffen der B Verstärkungen energisch vorge­gangen werde. Die auf der niel befindlichen Truppen haben in einigen Punkten des Distriktes Sphasia erfolgreiche Offensive ergriffen, in anderen Heine Schlappen erlitten. Der gesamte Verlust an Truppen beträgt bisher etwas über 200 Mann. In Konstantinopel zweifelt man nut daran, daß der Pforte die Unterbrüdung der Unruhen gelingen werde. Lueger kritisiert zunächst die Auflösung der studentischen Verbindungen, welche den Beschluß faßten, den Juden seine Satisfaktion zu geben, und kommt sodann auf die Millenniumsfeier zu sprechen, Mie fomme das dfter- Aus dem österreichischen Heichsrate. 3 ’ Wien, 29. Mai. Nach erfolgter dritter Lesung der Geiegvorlage über die Steuerreform gelangten zur Verhandlung die Dringlichkeitsanträge von Hauch und Lueger über die Maßregelung von studentischen Vereinen wegen der Kundgebungen gegen das Millennium. Hauch und Lueger begründen dieselben. Abgeordneter Hauck führt zur Begründung seines Dringlicheits­­antrages an, daß die Mußregelung von Studenten endlich einmal ein Ende finden müssen. Man würde sich sonst um 80 Jahre zurückerfegt denken, wo nach den Burlebacher Beichlüsfen als Bubienihafter verfolgt wurden. Wenn der Minister vielleicht glaubt, daß bei freiheitlich gesinnten Männern eine solche Zucht durchzuführen ist, wie etwa im­­Theresianum, so ist er im Irri tume. E 3 habe auf das Theresianum eine Millenniumsfeierlichkeit gehabt, und das macht es vielleicht erklärlich, warum der Unterrichtsminister gar so empfindlich ist, wenn die Studenten si herausnehmen, gegen diese Feier­­lichkeit aufzutreten. Der Unterrichtsminister ist Kurator des Theresianums, und das Theresianum ist mit Ungarn­ verbandelt. Aber auch unsere Minister sollten doch etwas Nationalgefühl­e haben. Wenn der Ministerpräsident den Patriotismus fördern will, so möge­ er dafür sorgen, daß uns Gerechtigkeit zu­teil wird, insbesondere den Studenten gegenüber möge ein anderes Verfahren eingeschlagen werden. reichn­che Ministerium daz­r, die ungarische Millenniumsfeier zu fördern? Man verlange nicht, daß sich das Ministerium gegen das Millennium aussprece, aber es sei Pflicht der österreichischen Regierung, in dieser Sache neutral zu sein. Die Erinnerungen der diesseitigen Reichshälfte an das erste Erscheinen der Ungarn seien seine besonders liebenswürdigen. Die ungarische Regierung fasse Die Sache so auf, daß jede Demonstration gegen diese Feier nicht bloß eine Verlegung Ungarns, sondern eine Verlegung Oesterreich-Ungarns sei, und hatte nahezu einen Konflikt mit Serbien heraufbeschworen. Traurig genug, daß wir den Millenniumsich windel so lange duldeten. Wenn der Sohn des Unterrichtsministers am Theresianum eine Mede für die Millenniumsfeier halten durfte, wie könne man dann einem anderen verbieten, gegen das Millennium sprechen? Wie dürfe man das einem Universitätshörer verbieten ? Die ungarischen Stimmen über Oesterreich und die Deutschen überbieten, an Maßlosigkeit alles. Redner zitiert Hiefür Beispiele. Die ungarische Regierung benüge die radialen und extremen Elemente zum Kampfe gegen Defterreich. Jeder Defterreicher, der noch Patriotismus hefsst, müsse Budapest meiden, wo die österreichischen Nationen in der unglaublichsten Weise beleidigt w­erden. Man dürfe es den jungen Elementen nicht verargen, wenn sie nicht die Faust im Sade ballen, sondern offen ihrer Entrüstung gegen die Millenniumsfeier Ausdruck geben. Redner fließt mit den­ Worten: „Mögen die Zudäo-M­agyaren jet unten ihre grafen feiern; ich Habe nicht dagegen. ch werde die Herren weder in „Os-Budavar“ noch im Harem stören. r­edbe mit ihnen! Sie sollen sich dort so gut, als ihnen möglich ist, unterhalten. Uns aber muß gestattet sein, die Wahrheit zu sagen. Darum ist es Pflicht, dem vorliegenden Dringlichkeitsantrag zu beschließen. Wenn da unten die ssuden nicht eine so große Rolle spielen würden, d­ürfen Sie ja mit der größten Begeisterung für meinen Antrag sein! allein es ist in Wahrheit nur einmal eine magyarische, sondern eine jüdische Feier, und des­­wegen sympathisieren Sie mit ihr (Beifall bei den Antisemiten). Unterritzminister Dr. v. Gautsch: Hohes Haus! Wenn darüber noch ein Zweifel hätte bestehen künnen, zu welchem Bwede die beiden Dring­­l­c­eitsanträge, welche augenblick­h in Verhandlung stehen, eingebracht worden sind, nach den Ausführungen des rechten geehrten Herren Redner wäre der legte Rest dieses Zweifel in mir geschwunden (Sehr richtig!). Wenn ich alles dasjenige überschaue, was von den beiden Herren Vorrednern vorgebracht worden ist — und ich vermag ja auf die Fülle der Details selbstverständlich in einer sofortigen Er­widerung nicht zurückommen — so muß ich wirklich, abgesehen von der Trage des Verhaltens der akademiten Behörden, über die ich ja selbstverständlich pflichtgemäß einige Worte im­ Serkt hohen Haufe Sprechen werde, als den wesentlichen Tenor dieser Reden eine­ Summe der schärfsten und heftigsten Ausfälle gegen Ungarn bezeichnen. Zu bin der Meinung, hohes Haus, und ich sage dies, nachdem mir die Ehre zu teil geworden ist, namens der Regierung diesen beiden Dringlickeitsanträgen gegenüber Stellung zu nehmen, daß es vielleicht am entsprechendsten wäre, W Angelegenheiten, welche ausschließlich Ungarn betreffen, im diesem Hohen Hause entweder gar nicht oder mit der größten Reserve zu besprechen (Unterbrechungen und Widerspruch.). ch wiederhole, daß meines Erachtens Angelegenheiten, welche ausschließlich Ungarn betreffen, in diesem Hohen Hause entweder gar nicht oder nur mit der äußersten Reserve zur Sprache gebracht werden sollten. 1 Auf diesem Stand­­punfte stehe ich, und ich bin mir damit bewußt, daß mein Standpunkt von demjenigen meiner geehrten V­orredner ein entschieden verschiedener ist. Ih ges lange zu dieser Ansicht deshalb, geehrte Herren, weil ich der Meinung bin, daß es Aufgabe der Regierung ist, Teinen Augenblick darüber einen Zweifel aufkommen zu lassen, daß wir unser Verhältnis Ungarn gegenüber jederzeit als ein Loyales auflaffen (So ist es!), und daß wir immer bereit sind, mit Ungarn freundshaftliche Beziehungen zu pflegen. Wir sind daher nicht in der Lage, soweit es in unserer Macht liegt, irgend etwas zuzulasfen, was diese freundscaftlichen Beziehungen irgendwie zu stören oder zu trüben, vermöchte. Dazu aber, hohes Haus, kommt weiter­ der Umstand, daß bei der Ne­­gierung das Gefühl für die Gesamtmonarchie überaus lebendig und kräftig ist (Sehr gut!). Dazu kommt, daß wir von der Notwendigkeit der Gemeinsamk­eit der wichtigsten staatlichen Einrichtungen überzeugt sind. Das Hohe Haus wird aber auch nicht übersehen, daß die Feier, welche Ungarn in der Erinnerung an eine tausendjährige Vergangenheit im Beisein der Vertreter nahezu­­ sämt­­licher uns befreundeter Staaten begeht, das Gefühl des ungarischen Wolfes mächtig anregt, und es scheint eine etwas eigentümliche Beantwortung einer an das hohe Haus gerichteten freundlichen Einladung zu sein, an dieser Feier­­lichkeit teilzunehmen, wenn solche Worte vor der Oeffentlichkeit gebraucht werden, wie wir sie heute in diesem hohen Hause gehört haben. (Bravo! Bravo! Rufe auf der äußersten Linken: Wer ruft dort Bravo? — Rufe: Balffy! — Abgeordneter Graf Palfiy­­a, ih­age es! — Der Präsident giebt das Glockenzeichen.) Aber, hohes Haus! W­ieleicht — und das ist Ansichtsfade — gelten einem Teile der verehrten Herren die Argumente, die ich mir erlaubt Habe, zu entwickeln, als nicht genügend,­­ giebt einen Grund, der meines Erachtens stärker ist, als alle anderen und der für si allein genügen würde, über die Haltung der Regierung seinen Augenblick irgend einem Zweifel Raum zu geben. Alle Feierlikeiten" des Millenniums kulmi­­nieren in einer Huldigung für unseren gnädigsten Hören (lebhafter Beifall). Das hohe Haus wird es mir zugute halten, daß ich in der Vertretung dieser Angelegenheit den Standpunkt, welchen die Regierung einnimmt, nit rückhaltloser larheit zum Ausdruch gebracht habe. Es wird aber an ver­­zeihen, daß ich nun nach diesen allgemein gehaltenen Süßen wenigstens auf einiges ertwidere, was der unmittelbare Herr Vorredner an meine Bersen zu richten si veranlaßt fand. Ich überlasse es der Beurteilung des hohen Hauses und an der Beurteilung weiterer Kreise, denen in Sachen des guten &e­­fhmades ein Votum zukommt, ob es denn überhaupt in einer solchen Debatte zulässig sein kann, den Vater mit dem Sohne in Verbindung zu bringen. Wenn der geehrte Herr Abgeordnete seine anderen Argumente befsst, als einen Gymmnasialschüler, der mein Sohn ist, mir gegenüber auszuspielen (Sehr gut!), dann steht das ungefähr auf derselben Höhe mie die übrigen Dinge, die der geehrte Herr Abgeordnete vorgebracht hat und von melden ich sagen muß, daß ich sie bereits seit Monaten in den verschiedensten Beitungen gelesen Habe und von denen mir daher kein einziges neu war, zurückweifen aber muß ich ed, und dad täue ich aus vollster Ueberzeugung, wenn seitens des Herrn Abgeordneten erklärt wurde, daß die ungarische Regierung si mit der­­artigen Dingen, wie wir sie gehört haben, irgendwie identifiziert. (So ist’s!) &8 geht denn doch nicht an, meine geehrte Herren, daß man von einer Ne­­gierung fo et­was behauptet. Freilich ist diese Argumentation ebenso eigen­­tümlich, wie dasjenige, wo­s wie mir scheint — diejenigen Herren gewinnen sollte, welche in Dingen der Religion besonders empfindlich sind. Was beweist der­ vorgezeigte Kalender? (So ists!) Das ist, wie mir scheint, ein anti­­semitischer Kalender. (Beifall: Hört! Hört!) Ich Habe ja niemals behauptet, daß die ungarischen Antisemiten fs in der Art und Weise der Behandlung auch der heiligsten Gefühle, die wir besigen, irgend eines Tones sich befleißigen, der gebilligt werden künnte. Was bemeist es gegen das Millennium, wenn man einen derartigen Stalender vorweist? Ebenso wenig wie irgendwelche ex­­zessive, nicht genug zu verurteilende Ausfälle einzelner Zeitungen (So ifts!). Beweist ein Judikat irgend eines Gerichtshofes, das wir gewiß nicht billigen und bezüglich dessen ja nur eine einzige Meinung bestehen kann, irgend etwas gegen diese Veranstaltung? Ich glaube nicht. Redner wendet sich demjenigen zu, was in den verschiedenen Anträgen und Reden als eine Verfolgung der Studenten­haft bezeichnet worden sei. Den Ausdruck „Verfolgung“ müsse er ablehnen. Unter Ver­folgung verstehe man etwas ganz anders, nämlich die Absicht jemanden unrecht­­mäßiger Weise wegen seiner Gesinnung Schaden zuzufügen. Betreff der Duell­­frage sagte der Minister, die Herren würden doch nicht glauben, daß es eine Behörde oder irgend ein Minister e8 der akademischen Jugend nahe­legen Um franzö=­­

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