Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1896. Juni (Jahrgang 23, nr. 6830-6853)

1896-06-10 / nr. 6837

Redaktion und Administration Heltauergasse 28. Er scheint mit Ausnahme des auf Sonn- und Feiertage folgenden Zdodhentages täglich. Abonnement für Hermannstadt: monatlich 85 fl., vierteljährrisch 2 fl. 50 kr., Halb­­jährig 5 fl., ganzjährig 10 fl. ohne Zustellung in’s Haus, mit Zustellung 1 fl. 3 fl. 6 fl. 12 fl. Abonnement mit Yortversendung: Für das Inland: bierteljährig 3 fl. 50 u Jelbjährig T., ganz­jährig 14 fl. Für das Ausland: bierteljährig 7 RM. oder 10 Frc3., halbjährig 14 RER. oder 20 Sch, ganzjährig 28 RM. oder ccö Eine einzelne Nummer oftet 5 fl. d. W. Unfranfirte Briefe werden nicht angenommen, Manuskripte nicht zurückgestellt. N“ 6837. XXI. Jahrgang Siebenbürgisch-Deutsches Cn Hermannstadt, Mittwoch 10. Juni Srim­merationen und Interale Koeenzonen außer dem Hauptbureau, Heltauer» Wasse Nr. 23: in Kronstadt Heinrich Zeidner, H. Dresswandt’s Nachfolger, Mediasch Johann Hedrich’s Erben, Schässburg Carl Herrmann, Bistritz G. Wachsmann, Sächsisch-Regen Carl Fronius, Mühlbach Josef Wagner, Kaufmann, Broos Paul Batzoni, Lehrer, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A Opelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danne«­ei Budapest A. V. Goldberger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co., Hamburg Adolf Steiner, Karoly­n Liebmann. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmoniezeile fortet beim einmaligen Einraden 7 Er., bad ziveite» wal je 6 fr., das dritte mal je 5 fr. d. W. ex­­clusve der Stempelgebühr von je 30 fr. 1896 Die Reform der Mittelschulen und die Maturitäts­­pprüfung. Die vom Kultusminister vor wenigen Wochen einberufene Enquete, die er mit der Frage einer Umgestaltung der Maturitätsprüfung zu beschäftigen hatte, aber ohne eigentlichen Erfolg geblieben ist, hat es mit einem Gegenstand zu thum gehabt, der, wie es meint, in den Kreisen der ungarischen Mittels­­chulprofessoren eifrig verhandelt wird. Anlaß dazu giebt offenbar der mehr oder weniger ungenügende Erfolg jener Prüfungen an vielen vaterländischen Mittelschulen, dem man nun, wenigstens in manchen Kreisen, damit ab­­helfen zu wollen scheint, daß man die Forderungen, die man an die Era­­mm­anden stelt, herabmindern will, ein Vorgang freilich, der, wie auch die jede bemerkenswerten Ausführungen zugeben, die der „Peiter Lloyd“ vor kurzem gebracht hat und die an den Lesern dieses Blattes mitgeteilt worden sind, durchaus zu berwerfen ist. Nun hat an das Organ de Landes-Mittelschulprofessorenvereines in einer feiner­legten Nummern vom 12. dv. M. über diese Frage und zwar in Verbindung mit der Besprechung der Mittelsschulreform unter dem an die Seitz dieser Heilen gestellten Titel einen Auftag gebracht, in welchem der Spegediner Oberstudiendirektor Dr. Bonifaz Plag seine wie er sagt, „Längst gebildeten Anschauungen“ über diese Dinge zum Ausdruch bringt, Anstauungen, die, wie es scheint, weiter gehen, als diejenigen anderer Yachmänner, welche sie über diese Frage bisher ausgesprochen haben und die wohl den äußerten Standpunkt nach dieser Seite Hin vertreten. Angesichts der Möglichkeit, ja Wahrscheinlichkeit, daß mit der freien Aussprache solcher Meinungen der Versuch gemacht werden will, eine Umge­­staltung der Mittelschulen und der Maturitätsprüfung vorzubereiten, dürfte es bei dem allgemeinen­ und wahlberechtigten ‚Interesse, daß man gerade auch in unseren Kreisen dem Mittelsc­hulwesen entgegenbringt, nicht unangemessen sein, jenen Auffag einer etwas eingehenderen Betrachtung zu unterwerfen, was Hier versucht werden sol. Zunächt muß bemerkt werden, daß der Verfasser durch die Ueberschrift, die er seinem Auflag gegeben, eine Erwartung hervorruft, die er nicht be­­friedigt, indem er nämlich die Realschule nicht mit einem Worte erwähnt und somit nicht­ die Reform der Mitteljulen, sondern vielmehr nur die des Gymnasiums zum Gegenstand seiner­ Darstellung macht. Ja au­f was das Gymnasium betrifft, tritt er eigentlich nur für die Veränderung des Lehrzieles in einem Gegenstande und zwar im Lateinischen ein, denn was er in bdierer Beziehung vom Sh­ehischen vorbringt, ist in den Verhältnissen nicht begründet und somit eigentlich gegenstandslos. Er spricht nämlich von schriftlichen Mederregungen aus dem Magyarischen — also aus der Unterritösprache — ins Oriegn­e. Nun ist aber weder im G­ymnasialehrplan no in den dazu gehörigen Instruktionen irgendiwo davon die Rede, daß die schriftlichen Uebungen in diesem Unterrichtsgegenstand in einer Weberregung ins Griechhische bestehen müßten, vielmehr wird da, wo im Lehrplan vom Ziel des lateinisgen und griechisc­hen Sprachunterrichtes die Rede ist, ausdrücklich Hinzugefügt, die Schüler seien in der lateinischen Sprache an dazu geschicht zu machen, daß ‚sie einen aus dem reife ihres Wissens genommenen magyarischen Wert richtig­e ins Lateinische überlegen könnten, während für das Griechische nicht das gleiche gefordert wird, und so­­ reibht denn auch­ die Maturitätsprüfungsordnung für die schriftliche Maturitäts­­prüfung aus Griechisch nur die Ueberlegung eines nicht gelesenen Abschnittes aus einem in der Schule behandelten griechischen Schriftsteller aus dem Griechischen und Magyarische beziehungsweise in die Unterrichtssprache vor. Und somit rennt der Berfaffer offene Thüren ein, wenn er für die Streichung der schriftlichen Ueberlegungen ins Griechische eintritt, da ja der geießliche Zustand gerade das vorschreibt, was er wünscht. Und wie ins Griechische will er künftig — und das ist nach dem obigen die einzige allerdings bedeutende Aenderung, die er vorschlägt — an ins Lateinische nicht mehr schriftlich überlegen lassen, und zwar u. a. an darum nicht, weil ein großer Prozent ja der durchgefallenen Schüler an den Ueberlegungen ins Lateinische und Griechische zu s­eitern pflege. Wer wird Hier nicht an das erinnert, was der oben erwähnte Aufsah des „Pefter Lloyd” vom Herabmindern der Forderungen gesagt hat? Weberbies seien die schriftlichen Weberregungen ins Lateinische in der Schule ein L Weberbleibsel aus jener Zeit, wo man noch im­stande sein mußte, lateinisch zu konzipieren, heute sei das anders, und wenn gerade ein­­mal hier oder da sich die Notwendigkeit ergeben sollte, Lateinisch zu schreiben, würden sich immer Männer genug finden, die das verstünden. Auch nehme die Aneignung der Geshhchlichkeit im Schreiben 40 Prozent der dem Lateinischen eingeräumten zleißzeit in Anspruch, und weil der nicht genügende Erfolg der Eraminanden in der lateinischen Maturitätsprüfungsarbeit den Verlust eines Jahres für den Betreffenden nach sich ziehe, so sei der Fachlehrer genötigt, acht volle Jahre lang fi in jeder Lateinstunde mit gerammatischen und syn­­tastischen Wiederholungen zu beschäftigen, was für Lehrer und Schüler zweifellos seine genußreiche Sache sei und überdies eine Menge Zeit in Anspruch nehme, die man besser zur Lektüre eines großen Teiles des in den Händen der Schüler befindlichen lateinischen Autor bewugen könnte. Und endlich wie wenig die schriftlichen Welterregungsübungen aus der Unterrichtssprache ins Lateinische, also die Aneignung eines Lateinischen Konzeptes ein unerläßliches Erfordernis für das Verständnis der lateinischen Autoren und der Genuß dere­selben ei, bemweise der einfache analoge Fall, daß Tausende und Tausende englisch, französisch, italienisch verstünden und die Litterarischen Produkte der betreffenden Nationen läsen, ohne daß sie im­stande seien, sich in diesen Sprachen auszudrücken. Ebenso könnte man sie die Fähigkeit, lateinische Scriftsteler zu verstehen, erwerben, ohne ein lateinisches Konzept verfassen zu können. Ja wenn man die grammatischen und syntaktischen Uebungen, die bei dem heutigen Lehrziel einen beträchtlichen Teil der Fleißzeit für sich in Ans­­pru nehmen, auf das geringste Maß beschränke, dann würden unsere Schüler am Ende ihres Symnasialstudiums ein größeres Verständnis für die lateinischen Autoren besigen, als gegenwärtig. Nachdem der Verfasser auf diese Weise, wie er meint, die Notwen­digkeit dargelegt hat, die schriftlichen Ueberlegungsübungen aus der Unterrichtssprache und Lateinische und Griechische aus dem Lehrplane zu streichen, spricht er die Erwartung aus, daß dann im griechischen Sprachunterricht fi von selbst an Stelle der jet Herrsihenden Breiteilung die ehemalige Einheitlichkeit wieder einstelen werde, was nicht nur die sehr wünschensnwerte Folge haben würde, daß die an den DObergymnasten studierende Jugend in ihren Studien wieder einer einheitlichen Leitung teilhaftig werden würde, sondern all die, daß infolge des allgemeinen Exrlernend der griechischen Sprache aufs Neue jener erfreuliche Zustand eintreten würde, daß unsere jungen Leute zur Fortlegung ihrer Studien auch an die Wiener und andere ausländische Universitäten gehen könnten. Der Berfaffer erwartet also, daß ss die Schüler dann nicht mehr vor dem Griechischen fürchten und darum nicht mehr von dem gegenwärtig ben so vielen in Anspruch genommenen Recht, diesen Lehrgegenstand auszumeichen, Gebrauch machen würden. Daß diese Erwartung auf einer falschen Vorauslegung beruht, ist Icon oben gezeigt worden, indem nämlich jener Bustand, der Hier gefordert wird, thatsächlich gesetzlich schon besteht; und so wird denn diese Flucht vor dem Griechischen überhaupt nicht beseitigt werden können, außer wenn ihre geießliche Grundlage, das Heißt ihre im Gejäß begründete Möglichkeit wieder aufs gehoben wird. Und was die Argumente des BVerfasserd für die Abschaffung der Schrift l­en Mederregungen aus der Unterrichtssprache ins Lateinische betrifft, so verraten sie zum Teil eine allzu große und darum unstatthafte Rücksichtsnahme auf rein praktische Gesichtspunkte. Dahin gehört vor allem die Erwägung, daß gerade an diesen Uebungen viele Gymnasiasten feitern; ferner die, daß man heute nicht mehr nötig habe, Lateinisch konzipieren zu können. Dabei begeht übrigens der Verfasser den Fehler, daß er die Fähigkeit, ins Lateinische zu überlegen, mit der, in dieser Sprache zu konzipieren, identifiziert und von der Anschauung ausgeht, als wolle der lateinische Sprachunterricht an unserem Gymmnasium den Studierenden diese Teptere zu eigen machen, während doch der Lehrplan, wie schon früher erwähnt, nur verlangt, daß der Schüler in den Stand geseßt werde, „einen aus dem Bereiche seiner Kenntnisse genommenen magyarischen Text richtig ins Lateinische üb­erlegen zu können“; und wenn im besondern im Lehrplan der 8. Gymnasialklasse auch von einem auf die Lektüre bezüglichen lateinischen Aufjag die Rede ist, so wird davon nur gesagt, daß ein solcher an Stelle einer Ueberlegung als schriftliche Aufgabe gegeben werden kann, und die Maturitätsprüfungsinstruktion screibt nur eine Ueber­­regung und Lateinische vor. Und wenn der Berfafser ferner sagt, daß die Aneignung der Geshhd­­lichkeit im Schreiben — wofür übrigens nach dem obigen richtiger ‚hätte gesagt werden müssen, im schriftlichen Ueberregen ins Lateinische — vierzig Prozent der dem Lateinischen eingeräumten Sleißzeit Torte, so sieht das an wieder viel ärger aus, als es ist, denn erstens ist es doch noch­ sehr­ die rage, ob die vierzig Prozent nicht viel zu hoch gegriffen sind, und zweitens wird doch sein Sachverständiger, wenn er unbefangen urteilt, behaupten wollen, daß diese Zeit, mache sie nun vierzig Prozent der ganzen Fleißzeit aus oder weniger, etwa für das Hauptziel des lateinischen Sprachunterrichtes, die Schüler auf Grund einer genauen Kenntnis der Grammatik zımm Verständnis und Torrelten Ueberfegen der lateinischen Schriftsteller geschicht zu machen, ganz verloren gehe. Denn wer wollte leugnen, daß gerade solche schriftliche Weberfegungs­­übungen aus der Unterrichtssprache in eine fremde, den Schüler sowohl in der Formen- als auch in der Sachlehre gar ihr zu befestigen und ihm gerade daduch auch das schnelle und richtige Verständnis der fremden Autoren zu erleichtern geeignet sind. Und was endlich das rechte Argument des Verfassers betrifft, so:­­ist es allerdings wahr, daß viele Tausende irgend eine ihnen fremde moderne Sprache und deren Litteraturerzeugnisse verstehen lernen, ohne auch in der betreffenden Sprache konzipieren zu können, und daß dasselbe auch betreffe des Lateinischen möglich ist, aber ebenso wahr ist «8 auch, daß, wie oben gezeigt worden ist, an unseren Gymnasien das lateinische Konzept gar nur gefordert, sondern Höchstens eine gewisse Uebung darin als zulässig erklärt wird, und ebenso wahr, daß mwenigstens jede Soutmäßige Aneignung auch der modernen Sprachen der Uebung im schriftlichen Medersegen in die betreffende Sprache all eined wichtigen Förderungsmitteld nicht entraten fan, wie sie sich den­ desselben auch thatsächlich nicht entäußert. Indem wir man zur Betrachtung der Ansichten des Verfassers über die Maturitätsprüfung übergehen, finden wir zunächst, daß er si gegen den in der fepten Enquete eingebrachten Vorschlag, dab nämlich die vorzüglichen Schüler entweder ganz oder teilweise von dieser Prüfung befreit werden sollten, schon aus dem Grunde Fehrt, weil dadurch das Niveau dieser Prüfungen sehr herabgedrüdt werden würde, indem man es dann so zu sagen nur mit Ine­validen zu­ thun hätte, und weil dann fremde, et­wa Ausländer, die zu Studien­­zwecken unseren Maturitätsprüfungen beimwohnten, jeder unerfreuliche Eindrücke davon bekommen würden. Die Notwendigkeit einer Veränderung dieser Prüfung werde allgemein gefühlt; im ihrer gegenwärtigen Organisation entsprec­he sie durchaus nicht. Bei den besseren und talentierteren Schülern befige sie den Charakter einer in fieberhafter Haft alles oberflächlich in den Verstand einpfropfenden und nur oberflächlich aufnehmenden Arbeit, deren Stoff nach der Prüfung im Sturm wieder verdampfe, bei den schwächeren und trägeren aber sei sie nichts anderes als ein Glücksspiel. « Wenn die hohen Verordnungen betonten,daß die Maturitätsprüfung ein Kriterium der geistigen Reife,d.h.derjenigen geistigen Entwickelung sei, die selbständig zu denken vermöge und die Gedanken selbständig richtig auszu­­drücken verstehe,so sei das ein idealer Standpunkt,der kaum erreicht werden könne oder doch nur unter den allergünstigsten Umständen.Kritik,also eine von gereisten und gesetztem Geiste zeugendei Antwort könne man von den alles­meisten Prüflingen weder verlangen,noch erwarten. Angesichte der außerordentlich großen Prüfungsstoffes seie­ auch nicht gerecht,von jedem jungen Menschen,zu welchem Berufe immer er sich zu wenden gedenke,die Beherrschung des gleichen Stoffes zu fordern,dazu­m Beispiel der künftige Techniker jene Masse von sprachwissenschaftlichen Kenntnissen . Auer Eu An Feuilleton. Der FLiebe und des G­lühes Wellen. Roman von M. v. Ejdhen. (27. Fortlegung.) Wie Frau Ina alles zum Wohl ihrer Kinder auszumaßen überstand, hatte sie auch schnell den Vorteil begriffen, welche die beaufsichtigende Gesellschaft einer gebildeten Frau für ihre Halbwüchsiges Töchterchen dem Alleinbleiben oder der zweifelhaften Gesellschaft einer Jungfer heraushaben mußte — zumal da die Pfarrerin — nach Frau Ina — wirklich Bildung genug besaß, von dem tiefsten Respert gegen die geborene Gräfin durchdrungen­­ sein. Auch der Sohn, wenn er si ah und zu mal bilden ließ, schien ein stiller, bescheidener Mensch ohne jede Anlage zu nivellierend demokratischer Gesinnung, gegenüber den von Gott einmal festgelegten Ständen. Außerdem pflegte Frau Ina ihre Kinder von Jugend auf in feten Grundlagen zu erziehen, also daß da gar nichts passieren konnte. Und in der That Hatte die Huge Fran nicht Unrecht behalten. Als Wilhelm Neuber sein Examen bestanden und glühstrahlend sein Patent al Gymnasiallehrer in der Zajce trug, war zili gerade einen Winter ausgegangen. Ein Gymnasiallehrer aber hatte sein gesellschaftliche Stellung nach dem Kober derer, die sie die Welt oder Gesellschaft nannten; er gehörte nicht in das Rafino, und einen solchen Menschen konnte man nicht erraten. Das war ein sehr zweifelloser Schluß für eine junge Dame, deren A und DO jene Gesellschaft geworden und der nach Wortlaut der Mama ganz andere Chancen zu Gebote standen. Bei dem ersten Wiedersehen hatte er daher Dr. Wilhelm Neuber überzeugt, daß Tilli jedenfalls viel mehr Anpasfungstalent für die Umgebung besaß, im der sie groß geworden, viel nachgiebiger und empfänglicher für die mütterlichen Wünsche und Hoffnungen war, als geeignet­­en, über etwaigen b­erichten des eigenen Herzens zu träumen. Er war stolz genug, von den feinen zu sch­weigen. Sabre waren seit dem vergangen, Jahre vor Hoffnungen und Täuschungen. Immer mehr hat Zilli begriffen, daß in ihrer Welt das Heiraten für un­­bemittelte Mädchen täglich schwieriger wird; diese Welt keine Stellung hat — nichts für alternde — ältere Mädchen hat. Da erscheint Bent von Windig unter den blauen Draperien der Portiere, Ya, Bent von Windig! — Er gehört auch zu denen, welchen sie ent­­gegengenommen ist. Ein finsterer Bug tritt in das feine Gesicht, die Wangen töten si, beinahe sieht er aus wie Scham, Bent tritt herein, jept steht er neben Tili. Ja, diesmal braucht nur sie die Hand zu reichen nach ihm. Er ist und Seuer genommen, seit sie ihn fallen ließ; er Hat es ernst genommen, seit sie es leicht nahm mit ihm; nein, seit sie ihn in die Reserve gestellt für den andern, der — ein Schauer überläuft ihre Gestalt, xöter werden ihre Wangen. It Bent einer von den wenigen noch, für welche die Familie, die Stellung des Vaters, der Ver­­wandten, die Bedeutung des sonst nur allein noch verlangten Geldes aufzumwiegen vermag? It ihm gerade diese Verbindung nüglich? — Hat sie ihn lieb? — Sie meint die Stimme von der Mutter zu hören. „Überrr Unsinn, Kinder, von der Liebe kann kein Mensch mehr leben heutzutage ; eine anständige Partie, das ist die Hauptsache.“ Und da meint das junge Mädchen eben nur, daß es doch gräßlich sei, so von dem einen zu dem andern zu greifen, sich nur so Loszuschlagen wie eine Ware, welche schabhaft geworden ist, und für jeden annehmbaren Breis, Und wo einmal sieht sie fi Iehnen dort drüben über jenem Ti neben... . Ho redt si das zierliche Köpfchen auf dem feinen Hals, die Augen flammen. Dies wäre eine Genugihuung doch! Eine Heirat ist eben die einzige N­evandde, der einzige Erfolg für ein Mädchen in ihrer Welt. Wer aber bürgt dafür, daß dieser Augenblick nicht die Tepte Chance bietet? Im nächsten gegen ein gewisses Fenster eine gemeiste Thür für ihn öffnen bieß und damit Monat wird Tilli 26 Jahre—­Papa kann sterben,abgehen-dann­­dann—ja,dann kann sie arbeiten ums Brod. Nein,sie kann es nicht!Sie hat es nicht gelernt ihre Fähigkeiten, ihren Willen zu konzentrieren,nicht rechts,nicht links zu sehen immer nur gradaus,ein Ziel im Auge behalten,ein ernstes Ziel,da­ selbst,wenn es erreicht,vielleicht ohne Freude,immer aber mit Mühe und Entsagung vers­bunden bleibt. Nein, sie will es auch nicht; sie ist Tilli Rettberg, die Tochter des Präsidenten! Sie fan­­d auch nicht fertig bringen, in dem Dunkeln un­­beachtet dahinzuleben, ohne Engus, ohne Glanz, ohne Stellung als die, welche ihr allenfalls die eigene Persönlichkeit bei denen erwirbt, die solches zu achten verflehen oder Beit dafür haben. Oft und oft haben solche Gedanken ihren Iogischen Gang in dem zierlichen Köpfchen genommen. Kein Wunder, daß ein so wohl vorbereitetes Hirn für den entscheidenden Fall die Situation beherrscht und eine so welt­­gewandte Dame das verbindlich liebenswürdige Lächeln auf die Lippen bringt, wie es in dem Moment erforderlich ist. Und obwohl Fräulein Tili ungefähr zu Mute ist, als sähe sie si in diesem Augenblick aller Gewänder dar, ohne jede Hilfe, mit der die Kunst jeden Schaden verhält, als ginge ein wundersam Löstliches Gut unbekannt, unbesessen,, im feinem Berlust nur geahnt, an ihr vorüber, reicht Tili nach wenigen Minuten, als die tadelloseste aller Bräute, Herrn von Windig die Hand. Es wird sich Schon machen, überdachte sie später in ihrem Zimmer noch einmal den Schicsalsfal. Es war das einzig Mögliche, arme Mädchen haben seine Wahl! Auch Bent von Windig summierte noch einmal die Vorzüge seiner Braut in Gedanken und versicherte ich, daß er auf alle Fälle sich für den im Moment am geeignetsten Fall entschieden hatte. Till war in jeder Weise die Frau, mit der ein Mann Karriere machen konnte. Etwas anderes bedurfte es nicht. Mit diesem Schluße war Bent von Windig gerade vor seiner Haus­­thür angelangt; plöglich wandte er sich um, dahin zu gehen, wo ein Schlag i

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