Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1897. Januar (Jahrgang 24, nr. 7009-7033)

1897-01-24 / nr. 7027

« Seite 80 Hermannstadt, Sonntag Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, urgiert. Abt Johann Molnar und Joh. Asboth verfluchten nochmals, die Volkspartei als patriotisch und royal zu verteidigen und der Abgeordnete Madaras erklärte, daß er dem Titel, da es seinen ungarischen Hofhalt gäbe, nicht votiere. Hierauf bemerkte der Ministerpräsident in einer kurzen Erwiderung, daß ja die Frage der äußeren Hofhaltung erst jüngst wieder geregelt worden sei. Die Angelegenheit des inneren Hofhaltes könne doch nicht durch einen Neid­etagsbeschluß geordnet werden. &8& sei also eine Revision überflüssig und er bitte, den Titel zu votieren. Der Titel wird mit allen gegen die Stimme Madarap’ votiert. Die eingebrachten Beschlußanträge werden abgelehnt. Für dieselben stimmten die äu­ßerste Linke, die National­­partei und Molnar. Am Schlusse der Sigung brachte Sima eine maßlos heftige Interpellation wegen angeblicher Uebergriffe des Csongrader Obergespand ein, wofür er vom Minister Berczel eine kleine Anstandslektion erhielt. Schließlich interpellierte US­both wegen der Rerchigaer Grubenkatastrophe und der Aninaer Revolte. Gestern ist der Österreichische Reichsrat geschlossen worden. Eine e­reignisreiche Session hat damit ihr Ende gefunden. Zur gleichen Beit, als der Reichsrat seine legte Sigung hielt, tagte auch das Herrenhaus, um die vom Abgeordnetengaufe in den beiden legten Sigungen erledigten Gegenstände in Beratung zu ziehen und dann gleichfalls­­ seine Thätigkeit zum Abschluß zu bringen. Die Auflösung des Parlaments dürfte Schon Sonntag im amtlichen Teile­n der „Wiener Zeitung“ durch ein kaiserliches Patent verkündet werden, da von der feierlichen Schließung durch eine Thronrede Umgang genommen wird. — Die Ausschreibung der Neuwahlen erwartet man für Mitte März und den Zusammentritt des neuen Parlaments für Anfang April. Indem der „Temps“ die Neffe des Grafen Goluhomsti nach Berlin bespricht, bemerkt derselbe, es erscheine gewiß, daß die Ernennung Muramiemws, melde eine neue Wera inauguriere, Gegenstühle der Verhandlungen zwischen dem Grafen Goluchomwsti und dem Fürsten­ Hohenfohe gewesen sei. Aber auch die Orientfrage habe die Reife Goluchomwssis ber­­anlaßt. Lebermann wire, daß die Entscheidungsstunde nahe sei. Wenn die­­ Diplomatie das Reformprojekt festgestellt haben werde, sei für die Mächte der Reitpunkt genommen, öffentlich, offiziell und unwiderruflich Stellung zu nehmen­­ gegenüber dem schmerzlichen Problem, welches so Lange Zeit das Gewissen der Christenheit heimsuch. E38 sei nur natürlich, daß der österreichische und der deutsche Minister des Wenfern über ihre Haltung für die nächste Zukunft sich persönlich verständigen wollen. In Deutschland wird schen­det, obwohl die nächsten Reichstags­­wahlen erst im künftigen Jahre stattfinden, von vielen Seiten auf eine Einigung sämtlicher Liberalen zu einer großen liberalen Partei hingearbeitet. Ein viefes Thema behandelnder Artikel des „Hannover. Kourr.” wird von der „Vofji­chen tg.” sympathisch begrüßt. Auch sie — schreibt das Text­­genannte Blatt — ersehnt die Bundesgenossenschaft aller liberalen Männer im Kampfe gegen die Agrarier, die Konservative Partei, die verderblichen reaktionären Tendenzen, wenngleich sie an eine Verschmelzung nicht glaubt und die Eigenart der einzelnen Liberalen Sra­tionen nicht missen möchte. Die",,Hamburger Nachrichten«kommen nochmals auf den Prozeß Leckerts Lützows Tausch zurück und bedauern,daß er unter Mitwirkung des Reichskanzlers,eines Ministers und einemVotschaftersvoerzicht zu einer Haupt-und Staatsaktion gemacht wurde.Den preußischen Traditionen entspreche es nicht,daß,um die Bestrafung von ein paar inferiore Individuen herbeizuführen,die höchsten Staatsbeamten auf der Zeugenbank einer beliebigen Gerichte.Platz nehmem Handelte es sich aber in dem Prozesse nicht bloß um die Ueberführung der Angeklagten dann würde die Vermutung dahin gehen,daß der Zweck der Verfahren einver öffentlichen Aufdeckung von Intriguen bestanden habe,welche zu Ministerstürzen und zur Verhetzung der einen Minister gegen die anderen geführt hätte In diesem Falle aber sei der Prozeß erst recht als politischer Fehler zu bezeichnen,denn solche Interna des Staatsministeriums gehören unter seinen Umständen vor das öffentliche­­ Strafgericht, sondern müssen im Staatsinteresse innerhalb des­­ Staats­­ministeriums selbst ihre Erledigung finden. Die französisgen Abgeordneten­ find­ei darüber einig, daß das Miniferium Melime gestürzt werden müsse. Nur über das Wann und Wie Herrscht noch Ungewißheit. Eine eigentliche Ursache zur Unzu­­friedenheit mit dem Ministerium liegt zwar nicht vor, die Radikalen aber arbeiten am Sturze Melines, weil sie ein Ministerium Bourgeois-Ribot einlegen wollen, um die Wahlen zu machen. Dasselbe würde sich auf den neu zu bildenden republikanischen Ring fragen, welcher die Ausschließung der Konservativen, der Beigetretenen wie der Monarchisten, bezweckt. B­orgestern ist mittels Königlichen Dekretes die parlamentarische Sek­sion in Rom auf unbestimmte Zeit vertagt worden. Der Vertagung soll deunnächst die Auflösung der Kammer folgen, doch dürfte das diesbezügliche Dekret erst ungefähr 3 Wochen vor dem für die Einberufung der Wahlkollegien festgelegten Zage veröffentlicht werden. Wie verlautet, sollen die Neuwahlen für die Deputierten am 4. und die Stichwahlen am 11. April stattfinden. Die Eröffnung der neuen Kammer sol am 28. April erfolgen und an dem­­selben Tage an die Thronrede gehalten werden. Wie aus Athen gemeldet wird, begiebt sich eine Offizierskommission nach Neapel und nach Ungarn zum Anlaufe von 400 Maultieren und 800 Pferden. Die Manöver für die Landtruppen und die großen Seemanöver werden gleichzeitig im April stattfinden. Borgestern sind die Botschafter in Konstantinopel abermals zu einer Besprechung zusammen getreten. Nach Berichten aus Konstantinopel wurden infolge des Umstandes, daß von der jüngsten Nummer des jungtürkischen Blattes „Mizane”, welche eine sehr aufrührerische Sprache führte, überaus zahlreiche Exemplare nach Konstantinopel eingeschmuggelt worden waren, neuer­­dings bei Mohamedanern viele Hausbuchsuchungen und Verhaftungen vor­­genommen. Die Gefahr der Einschleppung der Pest aus Indien nach Europa ruft namentlich in den süditalienischen Küstenstädten eine große Aufregung hervor. Ueberall verlangt die besorgte Bevölkerung die Sperre der Häfen für alle aus dem verseuchten Lande kommenden Dampfer. In Bremerhaven hat das Duarantaine-Amt die gesundheitspolizei­­liche Kontrolle an allen von Imdien und den persischen Häfen kommenden Schiffen angeordnet. Aus Kalkutta meldet „Reuters Office”: Ueber die Welt in Bombay wurde an die Negierung in London eine Depesche nebst einem Berichte des Gesundheits-Kommisjärd gesandt, in welchen die Lage als sehr ernst ange­­sehen wird. 24. Januar 1897. Ne. 7027 Ueber das epische Volkslied der Romänen. Im „wissenschaftlichen Klub” in Wien riet Dr. R.%. Arnold, Beamter der !. f. Hofbibliothek, über das oben angeführte Thema einen Vortrag. Der Vortragende erörterte zunächst die gegenwärtige geographische Ver­­breitung des romanischen Volkes, seine Ableger, seine numerische Stärke und speziell seine Bedeutung innerhalb Oesterreich-Ungarns (7 Prozent der Ge­­samm­b­evölkerung). Sodann versuchte er eine knappe Skizze der romanischen Geschichte zu geben. Auf die römische Herkunft weisen schon die Namen hin: „Romani“, wie fs das Volk selbst von jeher bezeichnete, „Walahen" (Wäl­­fche), wie es von fast allen anderen Nationen, vermutlich nach germanischem Beispiele genannt wurde und wird. Auf das N Reich der Dazier (ethnische o Stellung ungewiß), welche innerhalb des sphärischen Dreiedes Theiß-Donau- Drjestr eine bedeutende ftaatenbildende Kraft entwiceln, folgt die römische Ne­­gierung (107— 274 n. Chr.) und während­ derselben die Besiedlung des Landes der Subromanen, römische Kolonisten aus dem ganzen Neic­e, und die Amalgamierung derselben mit den Eingeborenen. Nach Räumung der Provinz verschm winden die Romanen nördlig der Donau für ein Jahrtausend etwa bei­­nahe völlig aus der Geschichte: jedenfalls können sie Siebenbürgen nicht völlig geräumt haben und müssen südlich im Donauthal in enger Berührung mit dem flavisierten turanischen Bolfe der Bulgaren gestanden sein. Die Gründung der beiden Fürstenthümer Moldau und Walachei, ihre Blüte unter Stefan dem Großen, respektive Michael dem Tapferen, die Oberherrschaft der Türken, die Erregung einheimischer Wojwoden durch phanariotische Hofpodare, der tiefe Ver­­fall der Nation bis etwa 1800 und ihr wunderbares Aufblühen seit diesem Reitpunkte wurde kurz dargestellt. Da die Historischen Schicsale des östlichsten romanischen Wolfes seine Sprachentwicklung vielfach beeinflußt haben, je zum Teil nur durch diese dokumentiert werden, so war es notwendig, auch der Sprache einige Betrachtungen zu widmen: dieselbe beruht auf dem­­ Bulgär­­latein (mit zirka 60 Prozent des Wortschaßes), teilt aber zahlreiche syntas­­tische Eigenheiten mit dem Albanesischen und Bulgarischen (Nachstellung des Artikels), auch mit dem Neugriechischen (partieller Verlust des Infinitivs), hat im Süden von den Bulgaren, im Norden von den Ruthenen, an der Donau von Griechen und Türken, in Siebenbürgen von Magyaren und Deutschen Bereicherung ihres Wörterbestandes erfahren ; für deutsche Ohren ist sie außer­­ordentlich unwohllautend. Das nieder Wort, im Gegensuge zu den herrschenden Kreisen, hat seine Sprache von jeher mit rührender Treue gepflegt, schon außerordentlich früh im Klaren über­­ die nationale Wichtigkeit derselben. Die Kunstlitteratur der Romänen ist noch zu jung, um bereit eine ei­­gene Physiognomie besigen zu können; französische, auch deutsche Einflüsse warfen vor (Moderne: Corbuc, Wlahutia). Feten Boden unter den Füßen fühlte die romanische Dichtung bisher nur, wenn sie auf die mütterliche Erde trat, entweder si in den Dienst nationaler Beliti­ stelte (Murejan, Sion, Alecsandri) oder, nach dem Muster der deutschen Romantiker, aus der vier- Tape Duelle der Volkspoesie schöpfte (Bolintinean, Alecsandri, E. Va­­carejen). Die anderthalbtausendjährige Periode völliger Kulturlosigkeit hat den Romanen Zeit gelassen, gleich den anderen baltanischen Nationen eine Voll­­poesie von außerordentlicher Mannigfaltigkeit zu entwickeln. Hier wie überall wird durch langen Abschleifungsprozeß das ursprünglich subjektive und indi­­viduelle geistige Erzeugung zum objektiv wertvollen Dokument de National: Charalters. Der Bortragende nannte und kennzeichnete die einzelnen Unterarten der romanischen V­ollsbichdung: die Märchen (basme), Sprichwörter (vorbe), Schnadahüpfel (hore, chiote), Zieher (doine), Neujahrs- und dergleichen Verse (colinde), Zotenfragen (bocete), Rauber- u. Beschmehrungsformeln (descantece). Den ersten Rang unter den Volksrichtungen Sowohl in inhaltlicher als auch in filistischer Beziehung nimmt das epische Volkslied, die Ballade (cantec batronesc), ein. Sie wurde ursprünglich nur von Fahrenden (lautarii, cobrarii), welche bis ins 17. Jahrhundert an den Höfen eine wichtige Rolle spielten, beigetragen, weicht gegenwärtig naturgemäß vor V­olksschulbildung und Zeitungs­­lektüre zurück, fichert aber andererseits durch See und Wiederbücher doch immer wieder ins Volk zurück.­­Weiterentwickklung seint freilich auch Hier, wie Bei­­nahe überall, ausgeschlossen. Die Balladen bewegen si fast ausnahmslos in drei- oder bierfüßigen, stets gereimten Trochäen (Gegenzug zu den langen, reimlosen Werten der Serben, Bulgaren, Neugriechen). Dem Stile scheint die homerische Breite, die zarte Tönung, die Weichheit der südflavischen Epik völlig fremd; er meidet im großen und ganzen die für das serbische Lied äußerst charakteristischen Wiederholungen und stehenden Epitheta, liebt Furze, dramatische Exposition, meist im Präsens, erzählt oft fast im Telegrammstil, läßt Rede und Gegen­­rede ohne inquit auf­einander folgen; kurz: ex zeigt sich dem bulgarischen, weit mehr in dem neugriechischen, keineswegs aber dem serbischen Vollglied­­stile verwandt. Nach stofflichen Einteilungsprinzipien gliederte der V­ortragende das epische Wolfslied der Romänen in eine mythische, eine novellistische und eine historische Gruppe. Die mythischen Gedichte berühren sich aufs engste mit den Wolfe­­märden und wimmeln den Reminigzenzen an das Haffische Altertum. Mythischer Charakter wurde auch jenen Gedichten und Dichtungselementen zugesprogen, in welchen das Gefühl der Zusammengehörigkeit zwischen Meni und Natur zum Ausdruck kommt, jenes Einheitsgefühl, das nur einige ganz große Künstler mit dem Wolfe teilen. („Bruderschaft schließen” mit Roffen und vergleichen, die Tebhaft an das italienische Ritornell gemahnende Ans bolation einer Blume oder überhaupt einer Pflanze am Beginn der Lieder; großartige Personifikation selbst der Nachtfeiten der Natur, wie zum Beispiel der Pest, der Cholera u. s. w.) Als novellistisch wurden jene epischen Lieder bezeichnet, welche seine historischen Beziehungen aufweisen. Die Frau, der Hirt, der Bojar, der jugend­­liche Held, wie sie im romänischen Volksliebe Leben, wurden charakterisiert. Der Vortragende betonte, daß intereuropäische Novellenstoffe troß der kult­­uell­en ioliertheit der mittelalterlichen Romanen in verhältnismäßig großer Zahl Eingang in die Volkpoesie gefunden haben. Von dieser Gruppe hinüber zur nächten leiten die Haidufenlieder. Der Räuber (bulg., serb. rom. Haiduf, Heimrufji­h Haidamal, ngr. Klefte) war bei den s­chriftlichen Unterthanen der Pforte überaus populär: er galt gleichsam als Oppositionspolitiker,­­­urde gefeiert als Freund der Armen, unübertrefflicher Nester und Schüge, gewandt beim Beer und bei den Frauen, verschlagen, grausam, fromm. Besonderer Sympathien erfreute sich der aus der Rutte gesprungene Pope. Das historische Lied erregt und ergänzt geschichtliche Duellen vielfach, ohne freilich so weit wie das der Bulgaren (Plevna, Slivniza!) herabzureichen; noch südwärts verläuft es im die mythische, berührt es sich mit der novell­liftischen Gruppe. Seine Helden sind die Wojwoden der beiden Fürstentümer, zumal Stefan und Michael. Aus der eigentlichen Verfallszeit (1600-1800) bietet das cantee batronesc feffelnde Kulturbilder und zugleich zahlreiche aepiine eines geradezu dämonischen Nationalgastes gegen die meisten Nachbar­­helfer. Eine Forendebatte im preußischen Abgeordnetenhause. Bei der Verhandlung des Budgets in der Sagung vom 21. d. M. er­griff der polnische Abgeordnete Karlinski das Wort und sagte unter anderem U. e.:­­­­ " Der Kultusminister hat gestern heftige Angriffe gegen uns gerichte.Als dasselbe früher einmal geschah,glaubte man im Lande,er habe die Angriffe nötig gehabt,um seine Stellung zu befestigen-Ich weiß nicht,ob das jetzt wieder der Fall ist.(Heiterkeit.)Der Minister hat gestern ganz unethod­e Bes­­chuldigungen gegen uns geschleudert Wir sollen beabsichtigen,aggressiven zugehen.Wenn der Minister das nicht beweisen kann so ist das eine nieder­trächtige Vers.­..... Vizepräsident Krause:Es enthält dieses­ Ausdruck eine für schwere Beleidigung der Minister und ebenso schwere Verletzung der Würde des Hauses,daß es schwerste Ahndung verlang.Ich rufe den Redner zur Ord­­nung.(Bravol) Abgeordneter Karlinski fortfohrend:Es ist mir dies zum ersten Mal passiert.»Sie wollen daraus auf die Schwebe der Beschuldigung seitens­­der Minister schließen,die mich so erregt hat.Woher weiß denn der Minister solche Sachen.Von Herrn v.Tausch oder dessen Kreaturen 70 der­ weiß­eresaug der,,Post«?Herr v.Tausch hat avch jetzt seine Kreaturen in der­ Provinz Posen.Das sind die Distriktö Kommissäre.Diese müssen fortane der Provinz. Die Bedeutung des Konversationslexikons für das öffentliche Leben. Aus der „Vierteljahrsschrift für Staats- und Volkswirtschaft”, Leipzig: „Die jet im Erscheinen begriffene 5. Auflage von „Meyers Konver­­sations-Legifon“ giebt und Veranlassung, etwas näher auf seine Bedeutung für­ das öffentliche Leben einzugehen, denn über seinen allgemeinen Wert ist ion, manches und genug geschrieben worden. Die Auflage ist mit nicht weniger als 10.000 Abbildungen im Text und mit 1000­ilbertafeln, Karten und Plänen ausgestattet. Dieser reiche und in seiner Ausführung wahrhaft glänzende Bilderfamud nimmt dem „Meyer'schen Konversations-Legifon“ völlig seinen Charakter als bloßes Nachschlagebuch und macht es zu einem twirklichert Haus­­buche im vornehmsten Sinne, in dem man auch ohne augendlichches­ Ber­dürfnis nach einer bestimmten Belehrung gern Yefen und studieren wird. Die Suftrationen regen nicht nur immer von neuem zur Lektüre an, sie tragen auch ohne Zweifel wesentlich dazu bei, das Belesene dauernd dem Gedächtnisse einzuverleiben. Die Verbindung zwischen Wort und Bild ist daher sein Anlaß, ein oberflächlices, rein die Breite gehendes Wissen zu befördern. Ein orientiert«­sein auf den meisten Gebieten ist heutigentags unerläßlich, ein tiefgehendes Wissen­ auf diesen allen zu gewinnen, aber völlig unmöglich. Wenn somit An­­schauungen und Senntniffe, die aus dem Konversations-Lernfon geschöpft sind, naturgemäß nur die Basis bilden künnen für ein weiteres Eindringen da, wo der Mensch heffen bedarf, so dienen doch die gebotenen Abbildungen dazur, durch die Veranschaulichung des Gesagten diese Basis zu befestigen. „Wir wollen und in unserer heutigen Untersuchung aber gerade einmal mit Auflagen solcher Art beschäftigen, die ohne den Einfluß bildlicer Be­­gleitung geblieben sind. Das „Meyer’sche Konversations-Lerifon“ ist ein Sammelwerk des allgemeinen Wissens. Dazu gehört fest mehr als jemals die Kenntnis der Verhältnisse des öffentlichen Lebens. Parlamentarisches Wesen, die Behandlung aller innern und äußern staatlichen Vorgänge in der Tages­­presse, die Beteiligung der Laienwelt an Rechtsprägung, Kommunal und Staats­­verwaltung haben den Staatsbürger in eine Sphäre hinein verlegt, in welcher er einer Haren Anschauung ü­ber die öffentlichen Zustände und Vorgänge im Staate dringend bedarf. Er muß seine staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten kennen und wissen, wie er sie ausübt und erfüllt, er muß willen, in welcher Weise er dem Staate beim Finden und Sprechen des Rechts zu dienen hat, er muß über die Verhältnisse seiner Provinz, seines Kreises und seiner Ortsgemeinde orientiert sein und eine Ahnung davon haben, wie er sich selbst an den Auf­­­­­­gaben, die diesen Korporationen obliegen, beteiligen solle. Kann ihm Hiefür das Konversationsler­fon einen guten Untergrund geben? Kann es ihm durch die erbringung der positiven Thatladen, dur die Eröffnung des statistischen terials, durch die Erklärung des gefeglichen Zustandes nach Sinn und Abs­icht das Gerüst herstellen, das später die praktische Erfahrung zu einem wohn­­lichen Hause bekleidet und einrichtet ? i „Wir wollen in den folgenden Ausführungen sehen, in­wieweit „Meyers Konversationg-Lek­ton“ diesen hohen und als das Ziel des Erreichbaren zu betrachtenden Anforderungen gerecht wird. Das Lexikon ist in dieser Richtung nach Form und Inhalt auf das genaueste geprüft worden;­ da es aber nicht möglich ist,” au nur den größeren Teil der hier in Betracht kommenden Auflage­ ins Feld zu führen, müssen wir uns darauf beschränken, eine Heine Reihe von Artikeln aus den verschiedenen Gebieten des öffentlichen Wesens zur Probe durchzugehen und mit ihnen das gewonnene Resultat zu belegen. Sehen wir also zu! „Die Interessen der modernen Menschen gehen weit über die klein­­bürgerliche Sphäre Hinaus, da alle Fragen der äußern und innern Bolitis des Staates in der Presse verhandelt werden und auch den Gleichgiltigsten nach und nach in ihren Bann hineinziehen. Anderseits verlangt die Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte, namentlich die Wahl der Vollsvertreter politischen Sinn, der wieder einen gewissen Grad politischer Erziehung zur Vorauslegung hat. Auch Hier er­weift sich wieder „Meyer- Konversations-Sekiion” als treff­­licher Berater, denn gerade die Artikel auf dem Gebiete der Staatswissenschaften müssen rückhaltlos als musterhafte Leistungen bezeichnet werden. Wir können nur einige wenige Aufläße, wie die über „Politis“, deren Begriff und Art, über „Staat”, „Staatswesen”, „Staatsverfassung”, „Staatsangehörigkeit”, „Staatshaushalt“, „Staatsirag“ und „Staatsschulden”, hervorheben. Unter „Staat” werden die verschiedenen Theorien, das Verhältnis vom Staatenbund zum Bundesstaat, da Wesen und der Zweck des Staates, die Staatsformen, die Staatenverbindungen, die Organisation der Staaten in ausgezeichneter Weise behandelt. Unter „Parlament“ und „Parlamentarismus“ gelangen namentlich die englischen Verhältnisse als Grundlagen des modernen­­ Ver­­fassungswesens zur Darstelung,­­während die preußische und deutsche Vollü­­bertretung in den Auflagen über „Preußen“, „Deutschland“ und „Reichstag“ (mit einer Statistik der Parteien und der Geschäftsordnung) eingehende und gediegene Erörterung findet. Unter den Machtbefugnissen des Staates ist die Polizeihoheit von besonderer Bedeutung. Da sie in ihrer Ausübung überall häufig mit den Einzelinteressen kollidiert, so werden die über die „Polizei“ ge­ botenen Ausführungen nicht nur von allgemeiner Bedeutung sein, sondern an nach manchen Richtungen Hin aufklärend wirken. Die Grundzüge über die „Verwaltung“ und ihre einzelnen Zweige legt unter diesem Stichwort ein im engsten Rahmen gehaltener, aber ungemein reichhaltiger und Lehrreicher Auffag dar, der in seinem Fortgang auf das Verhältnis zwischen Justiz und Verwaltung, ihre frühere Zusammengehörigkeit und jenige vollständige Tren­­nung zu sprechen kommt und endlich die Rechtsmittel in der Verwaltung und die Verwaltungsgerichtsbarkeit beleuchtet. „Wir können an den angeführten Proben bereits ersehen, daß die auf dem Gebiete der Staatswissenschaften gebotenen Erörterungen alles in fi vereinigen, was für denjenigen, der unterrichtet sein will, nötig und wünscheng«­tert ist. Die höchste Bedeutung dürfen aber doch wohl diejenigen Auflage bes­anspruchen, Die die treibenden Fragen der Gegenwart auf dem Gebiete der inneren Politik zum Gegenstande ihrer Auseinanderlegung machen. Sie sind von einer echt unwissenschaftlichen Tiefe und verbinden damit doch eine so ger­meinverständliche, im besten Wortsinne populäre Darstellungsart, daß man sie in Wahrheit als den Gipfel der Kunst, angenehm und leicht zu beichten, der zeichnen man, Wir wollen nur einige Artikel über die Arbeiterfrage und über die Handwerferfrage herausgreifen. In dem unter ersterem Stichwort erfassenen, vierzehnspaltigen Artikel wird die soziale Frage in den Gründen ihrer Ent­­stehung, in ihrer Entwicklung, ihrer industriellen und landwirtschaftlichen Richtung auf das eingehendste verfolgt. Insbesondere werden auch die Reform­­gedanken der jüngsten Neuzeit, wie sie sich z. B. in den Bestimmungen über Arbeiteri­htig, Arbeiterversicherung äußern und in anderen privaten Maßregeln zu Tage getreten sind, erklärt und begründet. Der Auflag, dem sich die Er­­örterungen unter „Genossenschaft“, „Gewerkverein“, „Fabrikinspektion“ voll­­wertig anschließen, ist von gleicher Bedeutung für Arbeitgeber wie Arbeite­nehmer, Refigende wie Nichtbesigende. Insbesondere aber werden die drei Schöpfungen der sozialen Reform gewürdigt, die Kranken, Unfall- und Ins­­aliditäts-Versicherung, eine gefeßgeberische Trilogie, wie wohl selten eine gleich machvol und eindringlich von der Bühne des Staates erflungen ist. € 3 sei nur der Aufjag über die „Krankenkaffen“ erwähnt, der in nicht weniger als zwölf Spalten und in Begleitung statistischer Tabellen eine genaue Geschichte dieser Kaffen, die jenige Rechtslage, die Arten der Krankenkassen, ihre Erfolge darlegt und schließlich auch das Krankenkasjameren in Oesterreich näher be­­rührt. Auch die Handwerkerfrage verschwindet jegt nicht mehr aus der öffent­­lichen Debatte, seitdem in den Kreisen der Beteiligten das Begehren nach Wiedereinführung von Kunstzwang und Befähigungsnachweis immer dringender Ri­­­Eß­ee a

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