Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1897. Juni (Jahrgang 24, nr. 7132-7155)

1897-06-25 / nr. 7152

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Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, auss­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile testet beim einmaligen Einraden 7 fr., das zweite mal je 6 fr., das dritte mal je 5 fr. d. W. ex­­klusive der Stempelgebühr von je 30 fr. 1897 „Eindrüke aus Deutschland.‘“ (Impressions d’Allemagne. Paris. Maison Didot.) Unter diesem Titel erzählt Henri Ramin seinen Landsleuten die Ein­­brüche, welche er bei einem längeren Aufenthalt in Deutschland empfangen hat. Das Buch unterscheidet sich vorteilhaft durch seine Unbefangenheit vor anderen französischen Reisewerten, welche er mit Deutschland beschäftigten. Wir erinnern dabei an die Schmähschriften von Viktor Tiffot aus den siebziger Jahren, wie: „Die Reise in das Milliardenland”, „Die Mysterien von Berlin” u. |. m. Ramin wünscht, daß alle jungen Franzosen nach Absor­­bierung ihrer Studien eine längere Zeit in Deutschland weilen möchten, da dieses das beste Mittel wäre, um die vielen Vorurteile, die in Frankreich­ noch über Deutschland Herrschen, zu verwischen. E 8 sei eine arge und gefährliche Selbsttäuschung, meint Ramin, von der Zertrümmerung des duch Bismarck geschaffenen Werkes zu träumen, denn die deutsche Einheit ist, wenigstens insofern es sich um eine von außen drohende Gefahr handelt, Feit geschmiedet und definitiv. Wie man auch immer in Bayern und anderswo über die Preußen Losziehen möge, so müsse Frankreich­ darauf gefaßt sein, daß es in Eritischen Zeiten ganz Deutschland gegenüber­­stehen werde. Allerdings will das deutsche Voll, da es zuletht Sieger blieb, seinen Krieg, mehr. „Würde es nur von ihm abhängen, so würde es un­ die Hand reichen und si nicht mehr schlagen. Doc dieser friedliche Geist kann si plößlich in einen kriegerischen Enthusiasmus umwandeln und aus Furcht Kauvinistisch werden.“ Inte immerhin ist aber der Deutsche vor allem friedlich gesinnt. folge seines Ursprunges und der Charaktereigenschaften seiner Rasse ist er vom Seanzofen völlig verschieden. So unüberlegt und m­antelmütig der Sehtere ist, so ernst und zäh ist der Deutsche. Er ist viel mehr nur dem Scheine nach Yintish, als in Wirklichkeit, entbehrt aber vollständig des ZTnftes. Am allge­meinen gutmütig, ehr­dienstfertig und sich befleißend, stets höflich sein zu wollen, gelingt es ihm da nur in den seltensten Fällen, sich das anzueignen, was man allgemein den Kon­ton und die Distinguiertheit nennt. Dafür ist er ein unermüdlicher Arbeiter, der auf sich würden ladet, welche ihn oft täglich 15 Stunden lang in Anspruch nehmen, wobei er st als Erholung mit einem Glase Bier oder feiner Porzellanpfeife begnügt, die er in kleinen Zügen Stunden hindurch raubht. Die Engländer möchten doch ihre Literatur und doch ihre Meden wohl der ganzen Welt den Glauben beibringen, daß einzig sie das Privilegium des Familiensinnes besäßen, aber beobachtet man die beiden Nationen — Eng­­länder und Deutsche — auch nur eine kurze Zeit hindurch, so fällt der Ver­­gleich nicht zu Gunsten der ersteren aus. Thatsächlich lebt der Engländer, schon weil er den Klub und den Sport liebt, viel mehr außerhalb des Hauses, als der Deutsche, der vor allem der Mann der Häuslichkeit is. Er giebt wohl Ausnahmen von dieser Regel, allein sie beschränken ss auf die großen Städte und dienen keineswegs­ als Beispiel. Nirgends wurzelt der Familien­­sinn tiefer, al in Deutschland. Schon die Basis der Familie, die Ehe, welche auf anderen Grundlagen ruht, als in Frankreich, führt unvermerkt zur Strenge oder dec wenigsten­ zur Korrektheit der Sitten. Die Ehen sind oft die Frucht eines langen Wartend, denn die jungen Leute verloben sich früh und müssen manchmal ungezählte Jahre warten, biß sie sich vereinigen kannen. Sie haben während dieser Zeit Muße, sich gegenseitig zu studieren und an die künftige Familie zu denken, zu deren Gründung sie bestimmt sind. Die Beriebten genießen die größte Freiheit. Sie können allein ausgehen, reisen, einander schreiben, zusammen Bälle und Soireen besuchen oder in der freien Natur luftwandeln, wo sie stundenlang Hand in Hand gehen und die Anfangs­­buchstaben ihrer Namen in die Baumrinde schniten. &3 giebt seine Stadt in Deutschland, wo ein Teil der öffentlichen Promenaden nicht für die Liebenden bestimmt wäre. Man sieht sie an Sommerabenden und Sonntags- Nachmittagen in ganzen Schwärmen defilieren. Die Verlobung befigt aber auch zweifelsohne einen feierlicheren und wichtigeren Charakter als in Frank­­reich und bedeutet fast eben so viel, als die wirkliche Heirat. Ist jedoch einmal die Hochzeitsreife vorüber, so verschwindet das einstige heitere, schälernde und umschmeichelte junge Mädchen gänzlich, um der wirk­­lichen Wirtschafterin, der Hausfrau, den Pla zu lasfen. Ganz anders als in Frankreich, wo die Frau durch die Heirat ihre erste Freiheit erhält, jagen die jungen Eheleute in Deutschland den rauschenden Vergnügungen der Jugend und bed Flk­t ein ewiges Lebewohl. Während der Mann den ganzen langen Tag Hindurch seiner Beschäftigung nachgeht, wird die Frau völlig von ihren Hausfrauenpflichten absorbiert.­hr Leben bleibt auf die Familie beschränkt und sie verbringt dasselbe z­wischen ihren Kindern und ihren Dienstboten. Mögen sie arm oder reich, Arbeiterinnen oder Bürgerinnen sein. Alle widmen si mit Eifer den tausend Sorgen der Küche und der ganzen Haushaltung. Bemerkenswert sind die Weußerungen Ramind über den militärischen Geist der beiden Nationen. Er glaubt zwar, daß die deutsche Armee derjenigen Frankreichs heute nicht überlegen sei, macht aber auch auf den „ungeheueren Vorsprung” aufmerksam, den Deutschland ganz speziellen Gründen verdaute. Der erste Grund ist das viel längere Bestehen der allgemeinen Wehrpflicht. Alle jungen Leute sind in Deutschland schon seit ihrer Kindheit und seit Ge­­nerationen mit der See vertraut, daß sie einst Soldaten merken mu­ssen, während in Frankreich von den Vätern der gegenwärtig ins Heer eingereihten jungen Männer nur die wenigsten selbst Soldaten waren. Der Gedanke, daß ihre Söhne der allgemeinen Wehrpflicht unterworfen sind, erscheint von Meisten wie ein Opfer und nicht wie eine Tradition aus früheren Epochen. Der zweite, viel ernstere Grund liegt in der bedeutenden und noch flott zunehmenden Ueberzahl der Bevölkerung Deutschlands. Hieran reihen sich noch die Vorteile, welche den Deutschen durch die Eigentümlichkeiten ihrer Rasse verliehen werden. Gewiß, der Franzose ist tapfer und die Geschichte seines Vaterlandes ist glorreich genug dafür, daß niemand ihm den militärischen Geist absprechen könne. Allein prüft man diese Geschichte eingehender, so bemerkt man auch den intermittierenden Charakter und die Unbeständigkeit jenes Geistes. Der Soldat war früher in Frankreich eine Ausnahme. Die Armee bestand bis 1870 einzig aus zwangsweise Eingereihten, die sich nicht loslaufen konnten, oder aus Be­­rufssoldaten, deren verhältnismäßig geringe Anzahl der Gesamtnation gegen­­über nur­ eine Ausnahme bildete. „Die Menge in Frankreich ist nicht militärisch, wenigstend aus Neigung nicht und wenn sie auch mit Vertrauen und ruhigem Mute dem Augenblick entgegensieht, two sie die Waffen zu ergreifen haben wird, um den Boden des Vaterlandes zu verteidigen, so ist sie doch froh, wenn sie nach erfüllter Pflicht die Armee verlassen kann, um in das bürger­­liche Leben zurückzukehren.” Ganz verschieden, meint Ramin, sei die deutsche Nation. Die unzähligen Burgen und befestigten Schlösser, deren pittoreske Ruinen man noch an den Ufern des Rhein, der Elbe und des Nedar sehen könne, sprechen laut von den kampflustigen Ahnen. Weit später aber kämpften deutsche Söldner, ganze Banden von Landeknechten in den Heeren alter kriegerischen Fürsten. Endlich kam der große Friedrich, der die moderne Disziplin organisierte, welche von Preußen in ganz Deutschland eingeführt ward. Man kann behaupten, daß in diesem Reiche jedes männliche Wesen als Soldat geboren w wird. Der militärische Dienst bildet dort nicht eine Pflicht oder ein peinliches Maß, wie in Frankreich, sondern ist gleichzeitig Zmweg und­ Notwendigkeit, Neigung und Anlage. Der bdeutsche Soldat besteht ganz aus Gehorsam, nicht nur, weil man ihn hiezu zwingt, sondern viel mehr noch, weil dies in seinem Temperament liegt. Seine Führer würden es gern sehen, wenn er neben dieser so geschäßten, weil im Dienste unerläßlichen Passivität auch einige Initiative und Clan befigen würde. Allein dann besäße er alle Vorzüge und würde vollkommmen sein. Eine der Ursachen dieses starren und leicht erreichbaren Gehorchens ist zweifelsohne der religiöse Geist. Sich der großen Dinge erinnernd, welche der Fanatismus die mohamedanischen Eroberer vollbringen ließ, hat Preußen seinen Soldaten einen festen religiösen Glauben eingeimpft, damit sie von dem göttlichen Rechte ihrer Führer und der Offenbarung Gottes im Kriege überzeugt seien. Für die Kämpfer von 1870 war Wilhelm I. der Erwählte des Himmels, der die im modernen Babel verübten schändlichen Verbrechen zu rächen hatte, jeder Soldat aber nur ein Werkzeug in Händen Gottes. Dies predigen die Pastoren übrigens auch noch bei den jungen Soldaten von der Kanzel, wenn sie die­­selben ermahnen, das heroische Beispiel ihrer Vorgänger zu befolgen und sich für den nächsten Heiligen Krieg bereit zu halten. Ramin, der den Fleiß, die Arbeitskraft und die Genügsamkeit der Deutschen auf das h­öchste lobt, sieht durch die große Rührigkeit, welche sie auf dem Gebiete des Handels entfalten, die Jnteressen Frankreichs bedroht. Deutsche erscheinen in allen großen Städten Europas, sich in den Verwaltungen, in den Hotels, in den Handelshäusern einnistend. Muthig und zäh, arbeiten sie ohne Unterlaß, nimmen allmäh­h auf der sozialen Leiter empor, und werden zulegt die Herren derjenigen, von denen sie einst verhöhnt wurden. Verdient ein junger Deutsche in dem Orte, wo er sich etabliert hat, etwas Geld, so schreibt er flugs seinem Bruder oder Neffen, lobt ihm die Vorteile seines neuen Vaterlandes, und wenn dieser, entzügt, Deutschland den Rüden Tehrt, so verk­afft ihm jener eine Stelle, reiht ihm seine Kleider und vermietet ihm die Hälfte seiner Stube, biß beide genügend erwerben. Schon befindet sich in New York und London die Hälfte der großen Handelshäuser in den Händen von Deutschen und in Rußland, Belgien, Italien und Südamerika sieht man das nämliche Resultat. Es ist unmöglich gegen diese Hochflut anzukämpfen, denn der Deutsche arbeitet sowohl als Beamter, wie als Arbeiter für den gleichen Preis das Doppelte. Außerdem kommt ihm, was den Handel anbelangt, sein Nachahmungstalent zu statten. Läßt er sich irgendwo nieder, so zeigt er si zuerst erstaunt über das ihm vorgemriefene. Dann aber studiert er ed, sucht und findet schließlich, dank seinem erfinderischen Geiste, ein Mittel für die vor­­teilhafte Reproduzierung. Seine Kopie wird sich nicht durch Schönheit aus­­zeichnen. Sie wird des Geschmaches oder die Maßes entbehren und stets den Stempel sui generis aufweisen. Aber sie wird nun die Hälfte weniger Kosten und den Zmweg erfüllen. Mehr ist aber gar nicht nötig, um einen Handel zu zerstören und an seine Stelle einen andern zu feßen. Eine andere Kraft des deutschen Handels, bemerkt Ramin, liegt in dem hierarchischen Geiste. Der Deutsche wird al­subordinierter geboren und lebt und stirbt als solcher. Nicht als ob es ihm am­ntelligenz und Befähigung fehlen würde, allein die Rasse ist einmal so und nichts fünne dem vorbeugen. Die von Friedrich dem Großen so gejöhtet organisierte militärische Hierarchie war seine Schöpfung, sondern eine Adaptierung. Bei diesem Bolfe nimmt alles einen militärischen Charakter an. Derjenige, der zum ersten Male nach Deutschland kommt, hält Leicht die C­riefträger, Stationsvorstände und Beamten für Soldaten; so martialisch, steif und geschraubt ist ihre Haltung in ihrer Halbmilitärischen Uniform. Man spöttelt viel in Frankreich über diese Kleinen Vek­ehrtheiten, allein solle man nicht vielmehr in denselben den Grund der unleugbaren Macht der Deutschen finden? So sieht man auch im Handel alle Bediensteten, vom Heinsten Lehrling bis zum Prokuristen, blind geboren, ohne Murren, innig überzeugt davon, daß sie in der Macht ihres Chefs nur ein Ding oder einen Arm bilden. Während in Frankreich der Beamte oder Arbeiter, der zumeist eifersüchtig auf seinen Patron ist und den Gehorsam, zu welchem er verhalten wird, meistens einzig dem Reichtum, dem „infamen Kapital“ zu« schreibt, stet. Kritisiert und verlästert, raisonniert und diskutiert in Deutschland der Beamte nicht. E38­tet denn zu befürchten, daß die Deutschen, wenn man nicht achte gebe, alle gegenwärtigen Handel treibenden großen Nationen verdrängen werden. Stanfresh sieht die meisten seiner künstlerischen und industriellen Spezialitäten dur die Deutschen bekämpft und es bleibt nur mehr die Kraft der anglo­­fächsischen Rasse übrig, um gegen das Hereinbrechen des germanischen Elementes einen Damm zu bilden. Allein fon muß jene, die den Vorteil genießt, von seinem ebenso exorbitanten als unnügen Kriegsbudget belastet zu werden, wahrnehmen, wie der deutsche Konkurrent selbst bis in das Zentrum ihrer Metropolen bringt. Die britiscche Diplomatie mag den Zirkel der enge t­en Befigungen noch so weit ausdehnen; das junge Amerika mag die Hmw­etracht der stete k kriegsluftigen Nationen des alten Europa mit noch so 3 € ill 2 etcs. Reifeerinnerungen. Notizen und Tagebuchblätter von &. A. Schoppelt. (Sortregung.) Dienstag, den 1. September 1896. Schon sieben Uhr morgens ist es fühlbar Heiß. Das Bad bietet auch keine besondere Erfrischung mehr, da das Wasser (Seewasser) um jed­s Uhr morgens eine Temperatur von 27 ° C, hatte. Ueber den Zischen im Salon sind große Fächer „PBunfa“ (indisch) angebracht. Mittwoch, den 2. September 1896. Das Wetter ist immer herrlich. Das Schiff gleitet ruhig durch den unermeßlichen Ozean, man fühlt kaum eine Bewegung des Schiffes, nur die dumpf herauf tönende Schraube erinnert ung, dab das Schiff in Bewegung ist. Die Temperatur, wirft deprimierend auf Geist und Körper; auch die Spiele fallen uns schwer. Fast die ganze Zeit verbringen wir liegend auf Ded, seiend oder schlafend, zu; — dabei in’ der denkbar bequemlichsten Kleidung. Gegen Mittag endlich eine angenehme Mederrashung. Am Horizonte zeigt sich ein Segelschiff, — seit elf Tagen das erste. Schnell werden alle Gläser darauf gerichtet und die üblichen Ver­­mutungen werden laut; bald wird die Entfernung, bald die Nationalität des Schiffes diskutiert. — E83 wurde mit der Flagge salutiert, und als wir eine halbe Stunde später, nach dem Lund, auf Ded eilen, ist der Segler ver­­schwunden. — Distanz in den legten vierundzwanzig Stunden 333 Meilen. Zu Ehren des Sedantages hören wir abends die „Wacht am Rhein“ von den Matrosen singen. Donnerstag, den 3. September 1896. Noch immer ruhige See. Vormittag sehr Heiß, später springt eine leichte Brise auf und um Mittag wird er sogar fahl und regnerisch. Heute sind 334 Seemeilen notiert und wir befinden nug 1 ° südliche Breite und 86 ° 3 ° östliche Länge, also noch einen Breitegrad zum Wequator. Der Spaß ist wöstlich, einigen naiven Damen durch ein Fernrohr den Mequator zu zeigen. Ueber die äußere Glasfläche ist­­­­ ein Strich quer mit Tinte gezogen und derselbe erscheint natürlich beim Duräbliden als eine entfernte am Horizont liegende Linie, die von manchen mit Staunen wirklich als­ der Scheider der südlichen von der nördlichen Halb­­kugel gehalten wird. Um halb sechs Uhr abends Haben wir ihn aber wirklich durchfahren. Freitag, den 4. September 1896. Heute Mittag Hatten wir die Sonne scheitelrecht über uns, ohne aber zu sehr von derselben belästigt zu werden. Der Himmel ist leicht bedeckt und eine leichte Brise träufelte die Fläche des indischen Ozeans. Morgen sollten wir endlich wieder Land sehen, befanden und daher alle in gehobener Stimmung. &s werden Ausflüge und sonstige Vergnügungen projektiert, denn Kolombo ist auf der ganzen Route die interessanteste Station. Abends arrangierten die Zwischendedpassagiere ein Konzert, zu dem sie uns anl einluden, — na, außer den K­ouplets eines jungen Deutschen, war nichts bemerkenswertes. Samontag, den 5. September 1896. Mit dem neuen Tage erwachte ich an, — nahm ein erfrischendes Bad und begab mich dann auf Ded, denn in der Ferne zeigten sich schon die blauen Linien der Ceylonischen Berge, dann der Leuchtturm auf Port de Galle und jet hieben sich die Um­­riffe Kolombos aus bläulichem Dunstkreise hervor. Den Leuchtturm auf dem Molo kann man schon gut erkennen, ebenso Teile des wunderbaren Balmen- Haines. Was ich schon vor Jahresfrist über die Hier empfangenen Eindrücke zu schildern versuchte, will ich nun nach Möglichkeit ergänzen, und doch sind meine Schilderungen nur ein armer Bruchteil von dem wirklich Gesehenen und Empfundenen. Schon vor der Einfahrt in den Hafen, sahen wir eine ganze Fischer­­flottille von den arakteristischen Keglonbooten. Diefelben sind gegen fünf Meter lang, aus einem ausgehöhlten Baumstamme, mit hohen längjseitig aufgeseßten Holzwanten und starren Auslegern versehene Kähne, die sowohl als Ruder­­als auch als Segelboote benußt werden können. Dieser Kahn wird oft von Europäern irrtümlicr­weise „Ratmarang“ genannt. Dies sind aber nur die lediglich aus drei, durch Kokosfaserstriche zusammen gebundenen Baumständen, gebildeten Fahrzeuge, wie­ sie vielfach von den Taucherjungen im Hafen­­­­ bewüßt werden. Die eigentümlich geformten Kähne jedoch, von denen dem Reisenden auf Schritt und Tritt zierliche Modelle zum Kaufe angeboten werden, heißen „Drua”. Zum Landen aber bedient man sich gewöhnlich der nach europäische­n Muster gebauten Boote. Der Verkehr im Hafen ist ein sehr reger, selten vergeht ein Tag, ohne daß ein oder mehrere große Passagierdampfer den Hafen von Kolombo aufe­auen, um ihren Bedarf an Kohle einzunehmen. Der größte Teil der nach China, Japan, Australien, den Holländischen Kolonien oder Indien gehenden, oder von dort Heimkehrenden Dampfer, laufen Kolombo an. Diejenigen des Norddeutschen Lloyd, der P­eninsulaer Orient-Line, der Orient-Line, dann die der Meslageris-Martimes, des österreichischen Lloyd und unzähliger anderer Kleinern Linien. Es ist selbstverständlich, daß man die Gelegenheit gerne bewußt, nach vierzehntägiger ununterbrochener Seefahrt, den Fuß wieder auf festen Boden zu thun und zugleich dem Schmuß des Kohlenstaubes,­­der tro aller Vor­­sichtsmaßregeln beim Kohleneinnehmen nicht zu umgehen ist, auszu­weichen. Wir lassen und um zehn Uhr an Land rudern, Bier umringt uns wieder ein Hause von Bettlern, Verkäufern und Geldwechslern. Endlich kommen wir 108 und Kolombo wird nach allen Richtungen Hin­durchtreift. Dann mieten wir ein Fuhrwerk­ und fahren nach dem eine Stunde von Kolombo entfernten „Mount Lawinia“. Dies wird, wegen seiner herrlichen Lage am Meer und als von schattigen Palmen umgebener, ruhiger Winkel, sehr gerne von den Reihen der Stadt als Sommerfrische bewußt. Gleich hinter Kolombo dehnen sich wunderbare Balmenhaine und Simmt­­plantagen weit ins Land hinein, in denen man hübsche Spaziergänge unter­­nehmen kann. Man „wandelt unter Palmen” — wie der Dichter jagt. Die Straßen selbst können sich getrost mit mancher Asphaltstraße irgend einer europäischen Großstadt vergleichen. So ein Tag in „Mount Lawinia“, wenn alles grün, von der kühlenden Brise umfrischt ist — das weite, stille Meer perlmuttergleich erglänzt und nur am Ufer leife schäumt, wenn der Wind sanft die Kronen der Palmen ume fähelt und wenn ab und zu ein Boot mit den bronzefarbigen, nacten Ein­­geborenen bemannt, auf den leichtgeträufelten Wellen daher zieht — das ist das reizendste, mas­­ an erhabenen Naturschönheiten erlebte,

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