Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1898. Juni (Jahrgang 25, nr. 7434-7458)

1898-06-11 / nr. 7443

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Reissen­­berger, Schässburg Fritz Teutsch, Bistritz Arthur v. Schankebank, Mühlbach Josef Wagner, Kautz­mann, Broos H. Graef, Reps Johanna Guiesch, Buchhandlung, Wien Otto Maas (Haasenstein - Vogler), Rudolf Mosse, A. Oppelik, M. Dukes, Heinrich Schalek, J. Danneberg, Inseraten­­bureau „Die Annonze“, Budapest A. V. Gold­­berger, B. Eckstein, Frankfurt a. M. G. L. Daube & Co. Insertionspreis: Der Raum einer einspaltigen Garmondzeile fostet beim einmaligen Einladen 7 Er., das zweites mal je 6 Er., das drittemal je 5 fr. d. W. ex­­_ _klusive der Stempelgebühr von je 30 Er. 1898 Wort. Aus dem österreichischen Abgeordnetenhanse. Wien, 7. Juni. Der Reiserat hat heute wieder einmal eine Sikung erlebt, die lebhaft an die Herbsttage der Badeni-Mera gemahnt. Nicht nur im Siäungssaale, auch in den Wandelgängen des Hauses herrschte große Aufregung. Während im Saale debattiert wurde, fanden Ministerkonferenzen, Parteibesprechungen statt, allerlei Gerüchte, wie baldige Vertagung, Auflösung des Reichsrates, Staatsstreich, Rückkehr zum Absolu­­tismus u. s. ww. tauchten auf, und wurden in den sich ansammelnden Gruppen der Abgeordneten Lebhaft besprochen., Wie bekannt, teilte am Schlusse der Sigung der Präsident Fuchs mit, daß er nicht in der Lage sei, ein Arbeits­­programm des Hauses vorzuschlagen, das die parlamentarische Erledigung der Regierungsvorlagen enthalten würde, und beraumte die nächste Situng für Dienstag den 14. d. M. an. Was sich bis dann ereignen kan, wer weiß es? Mit diesem Parlamente wird Graf Thun, um einen Ausbruch des einstigen Ministerpräsidenten Grafen Taaffe zu gebrauchen, nicht „fortiwursteln” können. ALS ein charakteristisches Symptom sei noch erwähnt, daß während der Szenen die fi infolge des Z­wischenfalles mit dem Abgeordneten Schönerer zuzeugen, der Abgeordnete Grießmaier mit einem Strauße Kornblumen im s­­eichien, und dieselben an die Mitglieder der deutschen Opposition verteilte. Bei der Eröffnung der Situng ist das ganze Ministerium anmwesend. Dr. Baernreither konferiert angelegentlich mit dem Grafen StürghE und den Abgeordneten Groß und Steinwender. Graf Thun hat ein Altenstüc mitgebracht. Das weiße Rapier in seiner Hand erzielte den Effekt, daß sofort das ganze Haus um die Ministerbank zusammenströmte. Man glaubte nun, daß die Interpellationsbeant­wortung wegen der Grazer Vorfälle kommen werde. Wie der Verlauf der Situng zeigte, sollte es jedoch nicht hinzu kommen. Gleich nach Eröffnung der Situng erhielt nämlich der Abgeordnete Schönerer das Wort. Er steht, nur von Leo, Wolf und Türk umgeben, auf seinem Plan, da sonst alles um die Ministerbank geschart ist. Jebt macht die ganze Schar plöglich „Kehrt euch”, dreht dem Ministerium den Rüden und blickt auf Schönerer, welcher anfängt, absichtlich mit ganz leiser, unhörbarer Stimme eine lange ‘Retition zu vertiefen. Dr. v. FZu&3: Ich möchte den Abgeordneten Schönerer fragen was er eigentlich verlief. Er hat erklärt, zu einer Petition zu Sprechen... . Schönerer schreit: Ich will eine Petition verlesen, auf der 2183 Namen unterzeichnet sind. Das ist mein Recht und ich werde es thun. Ich lasse mich nicht vergemaltigen. Präsident leitet die Abstimmung ein, ob Schönerer die Namen verlesen solle oder nicht. Meine Hand erhebt sich dafür. Der Präsident entzieht Schönerer das Wort und erteilt es dem Abgeordneten Dinge zu einer Petition. Die Stenographen verlassen Schönerer. Wolf: Here Präsident, was ist das für eine Ungezogenheit? Steno­­graphen her! Schönerer und Cingr sprechen zu gleicher Zeit. Wolf: E8 Handelt sich ja um die Sprachenverordnungen, um eine Petition mit 2183 Unterschriften. Singer: Here Präsident, ich Bitte, mie Ruhe zu verschaffen. Wolf: Da merkt man die E. E. Sozialdemokratie, Zwischenruf Daszynskis. Wolf: Da ist der Daszynski, der polnische Haderlump. Weil sie ihn aus der Schlachta Hinausgeschmiffen haben, ist er Sozialist geworden. (Lärm im ganzen Hause.) Präsident erteilt dem Abgeordneten Wolf zu einer Petition das Sndessen liest Schönerer seine Namen weiter herunter, Wolf s­reit: Auf den Trie fihe ich Ihnen nit auf. Ich rede nicht. Versuchen Sie es nur, jemand anderem das Wort zu geben, dann werden Sie mal erleben. (Gelächter). Präsident erklärt den Abgeordneten Wolf des Wortes verlustig und erteilt das Wort dem Ministerpräsidenten Grafen Thun. Schönerer spricht fort. Wolf: Wenn Sie so das Recht brechen, so pfeife ich darauf über­­haupt. (Auf den Präsidenten zeigend),­ch werde es schon dem Kerl dort oben zeigen. Graf Thun wendet sich mit einer fragenden Geberde zum Präsidenten. Abgeordneter Beßler spricht erregt auf Dr. Fuchs ein. Wolf und Sio freien. Schönerer liest fort. Graf Thun fegt sich nieder und sagt, zum Präsidenten gewendet: „Ich werde die Interpellation in der näc­hsten Sigung beantworten.” Nach einer kurzen Baufe verläßt Graf Thun den Saal. Nun werden Verhandlungen eingeleitet. Der Präsident wiederruft schließlich die Entziehung des Wortes für Schönerer und erteilt diesem noc­h­­mals das Wort. Schönerer: Jch beantrage nicht, auch alle Namen beizudruden, weil dies selbstverständlich ist; das ist notwendig, damit Die Bevölkerung er­­fährt, die viel Petitionen von den Negierungsorganen geflohlen und unter­­schlagen werden. (Lärm). Damit war der Skandal zu Ende und die Sprachendebatte konnte fortgelegt werden. Der erste Redner ist der Abgeordnete Wolf. Derselbe erklärt, er hätte nicht gedacht, daß er das Vergnügen haben werde, in dieser Debatte sogar zweimal zum Worte zu gelangen. Infolge de Vorgehens Sr. Hoheit Abra­­d Hamopicz I. sei er in diese angenehme Lage gekommen. Redner führt aus, daß der Abgeordnete Schönerer vollklommen im Rechte sei, wenn er die Namen verlesen habe und der P­räsident hätte die Pflicht gehabt, ihm nicht etwa das Wort zu entziehen, sondern den Steno­­graphen einzuschärfen, daß ihnen ja sein Name entgehe, weil die Fülle dieser Namen die große Bewegung des deutschen Volkes gegen die Sprachenverord­­nungen kennzeichne. Denn diese Petitionen beweisen, daß die Gesamtheit des deutschen Volkes bis in seine tiefsten Schichten ausgewählt und empört ist und ss in allem eher all in der Jubiläumsstimmung befinde, welche von offiziöser Seite in diesem Jahre verbreitet wird, eine Zubiläumsstimmung, zu deren Zeier demnächst in Wien eine große Kinderb­inderei be­trieben werden sol. Da will man die Seinen zusammentreiben, damit sie das Saiterlied singen und schwarzgelbe Fähnlein tragen. Wie viele davon fran werden, wie viele vielleicht duch fehen werdende Pferde zertreten werden, furz was überhaupt mit den Kindern geschieht, darum scheinen fs in diesem Falle weder die Lehrer noch die Eltern zu kümmern, denn es handelt fs um den Ausbruch der Loyalitätsdufelei, mit welcher man dieses Jahr anfüllen und zu Ende bringen will. Redner kommt sodann auf die Sprachenverordnungen zu sprechen. (Ab­­geordneter Dr. Vajchaty macht einen Z­wischenruf.) Der Herr Abgeordnete Bajhaiy behauptet — und ich nehme diesen Zwischenruf auf, damit er in das stenographische Protofoll kommt — daß den Tiehechen durch die Sprachen­­verordnungen sein Gefallen geschehen sei. (Heiterkeit) Wenn etwa von Seite der Sungtschechen eine Petition gegen die Aufhebung der Sprac­henverordnungen überreicht worden wäre und der betreffende Abgeordnete gleichfalls die Namen sämtlicher Petenten unterschrieben hätte, glauben Sie, wir hätten auch nur mit dem Ohrmwaschel gewadelt? Redner giebt seiner Freude darüber Ausdruck, daß auch andere Parteien in der radikalen Kampfesweise angeschlossen haben und daß es nicht erst notwendig war, daß der Radikalismus den Stalp des Lippert vom Gürtel zog und ihn den anderen Parteien und Gesicht hielt. Die radikale Kampfes­­weise ist die einzige, mit der Heutzutage die Sache des deutschen D­olfes mit Erfolg vertreten werden kann. Als man mich hier von meinem Sige ins Landesgericht geschleppt hat, glauben Sie, daß ich da traurig gewesen bin? Nein, ich Habe die Hände in die Taschen gestedt, Luftig war ich, ein Lied hab ich mir gepfiffen, denn ich habe gewußt, daß jeßt dieser Kampf zu Ende geht und da nicht das deutsche Volk am Boden liegt, sondern ein anderer Held, und all da an einem schönen Sonntag plöglich die Scheiben des Landes­­gerichtes erzitterten und ein bieltausendstimmiger Gesang der „Wacht am Rhein“ zu mir hereindrang, da habe ich gewußt, daß in unserem Volke wieder jenes Temperament erwacht ist, das dazu nötig ist, mit feinen Feinden fertig zu werden. Die ristlichsoziale Partei ist ung in der legten Session immer in den Roden gefallen, dann aber, zwei Tage vor dem großen Umschwung, Hat dieselbe Partei, wie die Sachen bei Leipzig, eine Schwenkung gemacht und ei­ uig angeschlossen, und dann kann der Tag, an welchem der Bürgermeister von Wien auf der Rampe des Parlamentes stand und aller Welt verkündete, daß Babeni gefallen sei. Damals ist mir eine Fabel bei Aejop eingefallen. Da wird erzählt, wie die Tiere einen Krieg gegen die feindliche Gewalt führen. H Zuerst kam der Löwe, dann der Bär und alle die wehrhaften Tiere, die schritten in einer Reihe und rannten den Feind nieder. Ganz südwärts war das gutmütigste, sanfteste Tier, der Esel, gegangen und im Berein mit ihm der Hase, und als nun die starken, tapferen Tiere, der Löwe und der Bär, den Kampf ausgefochten Hatten, da stellte sich der Esel auf den Berg und ihrie: I—a, J—a, wir haben gesiegt! (Lebhafte Heiterkeit Links.) Bielphlame! macht einen Zwischenruf. Wolf: Da meldet fi einer. (Schallende Heiterkeit.) Ich bedaure, daß ich sein Büchel hier hab’. Wenn man auf den Busch Hopft, so kommt immer ein Hase heraus, denn ich habe natürlich den Hasen gemeint und nit den Esel. Redner meint, daß viel besser und ersprießlicher als diese sich einschleppende Debatte eine rasche Entscheidung wäre. Warum quäle man denn die Abgeordneten so lange? Man solle ihnen reinen Wein einscheinen; man solle ihnen jagen, daß man sie nicht mehr brauche und dann würden sie ruhig ihres Weges gehen und draußen in der Bevölkerung die Botschaft ausrichten. Die Antwort werde alles andere sein, nur nicht Veranstaltungen von Jubiläumsfeiten und Abfingung der Wolfshymne. Redner kommt auf die Ausführungen des Abgeordneten Forcht zu sprechen, der mit anerkennenswerter Offenheit erklärt habe, es handle sich um einen Entscheidungskampf zwischen Deutschen und Zeichecken, bei dem einer auf dem Boden liegen müsse Wenn es sich wirklich um einen solchen Ent­­scheidungskampf handle, müsse man alle seelischen und körperlichen Kräfte suchen, um zu bewirken, daß der Gegner auf dem Boden liege. Die deutschen Brüder würden nicht zulassen, daß die Deutschen in Oesterreich auf dem Boden liegen, denn in dem Augenblicke der höchsten Gefahr würde man so in Deutschland erinnern, daß es sich nicht um eine Sache der Deutschen in Oesterreich, sondern um eine Sache des Deutschtums in aller Welt, um eine Sache des Deutschen Reiches handle. , Redner bespricht die überhandnehmende Slavisierung auf allen Gebieten. Die Bischofsstühle in Böhmen seien durchwegs von Tschechen belegt, (Wider­­spruch) bei den Jungtschechen.­ Auch bei den politischen Behörden und bei den Gerichten würden die deutschen Beamten immer mehr von den tschechischen verdrängt. Auf einen Zwischenruf des Abgeordneten Dr. Barhaty bemerkt Nedner, er habe den Zwischenruf leider nicht verstanden, er bitte den Abge­­ordneten Warchaty, sich vielleicht in seine Nähe zu begeben. Ich bin gern bereit, sagt Redner, jeden Zwischenruf zu wiederholen, damit er ins stenographische Protofoll kommt, um die staatsan­waltschaftliche Willkür unseres Präsidium h iuforisch zu machen. Vizepräsident Dr. Ferjancic giebt das Glodenzeichen. Wolf: Sch­lage das deshalb, weil der Herr Präfident Dr. v. Fuchs geneigt wäre, diese Verfügung, welche seinem Rechtegefühle zuwiderläuft, aufe­zuheben, in der Konferenz des Präsidiumd aber Vizepräsident Dr. Ferrand­e derjenige ge­wesen ist, der erklärt habe, er wolle eher seine Stelle im Präsidium niederlegen (Hört! Hört! Links), als daß er dulde, daß Zwischenrufe in das stenographische Protokoll kommen, und darum macht er mir ein unbändiges Vergnügen, unter dem Vorfige des früheren Staatsanwaltes und jebigen Vizepräsidenten das Verbot dadurch illusorisch zu machen, daß ich die Zwischen­­rufe zu Protokoll diktiere. Vizepräsident Dr. Ferrand­e unterbricht den Redner mit der Be­­merkung, daß dasjenige, man der Redner bezüglich seiner Person vorgebracht habe, vollkommen unrichtig sei­­­­­­me Ted. Brunhilde. Roman von Hand Dornfeld. (35 Erziehung.) 17. Januar, Bei meinen Spaziergängen habe ich, so einsame Wege ich auch auf­­suchte, mehrere male Bekannte getroffen. Die einen schienen mich überhaupt nicht zu sehen, die anderen maßen mich mit spöttischen Bliden, und nur einige, die si jedenfall als besonders mitleidig und großmiütig hervorzuthun und dabei ihre liebe Neugier zu befriedigen suchten, gönnten mir einen Gruß und einige herablassende Fragen nach meinem Befinden. „Vorzüglich“, antwortete ich ausnahmslos . . . ohne zu lügen. Jener feste Entschluß, das Unrecht meines Vaters selbst gegen Auras Willen auszugleichen, erfüllt mich mit einer Ruhe, welche mich jede Anfechtung ertragen läßt. Es ist jet die Zeit der großen Bälle. Noch nie ist der Wunsch in mir aufgetaucht, daran teilzunehmen. Ich finde mein kleines Stübchen be­­haglicher, ja unbedingt schöner, al den glänzendsten Salon. 28. Januar. Muras hatte recht, als er mir einst sagte: „In der treuen Pflichterfüllung siegt das Höchhafte, das einzig wahre Glück." ALs ich noch reich war, gefeiert und beneidet wurde, ersehnte ich täglich neue Gelüste. . . heute fühlte ich die tiefe Wahrheit des Grillparzer’schen Wortes: Eines nur ist Glüd hienieden, Eines: des Innern stiller Frieden Und die schuldbefreite Brust. . . . Und das Bemwußtsein, ale Schuld nach Möglichkeit abzutragen, füge ich hinzu. Das würde Auras sagen, wenn er dieses Bek­nntnis seien könnte? Wieder einmal Aurad; es ist seltsam, daß ich mich jet so lebhaft an einzelne seiner Bemerkungen erinnere und stundenlang ja tagelang darüber nachdenken kann. Einst sagte er mir: „Der Mensch hat seinen bessern Freund als die Arbeit; sie giebt der Stunde einen Zmed, hat auch das Leben Teinen.” Wie mir der Professor­­, einst sagte: Habe ich ein Hübsches Talent zur Aquarel- und Holzmalerei. Ich werde versuchen, ei­nigbringend zu ver­werten, dast bin ich gezwungen dazu. 8 widerstrebt mir durchaus, mir den Wildenhof Geld senden zu lassen, und der Heine Bestand, den ich bei meiner achtähnlichen Abreise mit mir nahm, schmilzt bedenklich zusammen. Soll ich versuchen, um Geld zu arbeiten ? 9. Februar Als ich die letzten Zeilen schrieb,regte sich in mir noch ein hochmütiges, thörichtet Schamgefühl Jetzt habe iches überwunden;ich stehe ganz auf dem Boden der Anschauung,welche in der Arbeit eine Ehrenpflicht jedes Menschen sieht Und ist das Forschen der Gelehrtem die Ausübung der Kunst, der Waffendienst für das Vaterland im Grunde genommen nicht dasselbe, wie das mühselige Tagewerk der HandarbeiterDP Und selbst den König ehrt seine Arbeit,nicht nur seine Würde. Jetzt verstehe ich das Goethe’sche Wort: Was du ererbt von deinen Vätern hast, Erwirb­ec, um es zu befiten; — — — Bie ftol, war ich einst auf dies Erbe! Heute wünschte ich nur, einen Heinen Zeil daran rechtmäßig zu befiten, um alle die Gedanken und Pläne auszuführen, die in meinem Gehirn auftauchten. Ich wollte eine andere Gutsherrin sein, als ich bisher gewesen . . . Aura Abschied von Wildenhof hat mir gezeigt, wie er den rechten Weg gefunden hat. Thörichtes Geschwäg! Von meiner Arbeit wollte ich prechen, vielmehr schreiben, da ich niemand habe, mit dem ich schwagen könnte. Ich war zu der Einsicht gekommen, daß ich mir irgend eine Einnahmequelle verschafen mußte. Gegen jede Art Dienstbarkeit, und sei er diejenige einer Hofdame, sträubt sich mein Charakter. So verfiel ich wieder auf mein Maltalent. Ich packte einige meiner Aquarelle ein und sandte sie dem Kunsthändler,bei dem Papa und ich früher kauften. Was er doch wohl gedacht haben mag bei meinem Angebot,für ihn zu arbeiten ? Entweder Hält er mich für fabelhaft geizig oder, was mahrsceinlicher ist, für überspannt — Turzweg gejagt, verrückt. Gleichviel, er akzeptierte die Arbeiten für einen mäßigen Preis und bat um weitere Zusendungen. Nie habe ich vordem ein kostbares Geschenk mit so reiner Freude empfangen, ale die ersten Goldftüde, die ich mit meiner Hände Arbeit verdiente. 20. Februar. Onkel Edmund Hat geschrieben; ein neuer Versuch, mich umzustimmen, das Vergangene nach Möglichkeit zu vertuschen! Begreift ihr denn noch immer nicht, daß mich eine un­widerstehliche, innere Gewalt vorwärts treibt auf dem Wege, den ich nun einmal beschritten, daß ed moralischer Selbstmord wäre, wenn ich umfehrte? Durch meine Bilder scheine ich wieder mehr in den Vordergrund des Öffentlichen Interessen getreten zu sein. Man lauert mich bei meinen Aus­­gängen ab, selbst einige Besuche stellten sich ein, wurden aber ausnahmlos abgemiesen. Sol ich der albernen Klatschsucht tragen oder aus dem Wege gehen? 12. März. So Habe das Lebtere vorgezogen, ein Rettungsinserat machte mich auf Riemberg aufmerksam, seit acht Tagen zählt mich das hübsche Dorf zu seinen Bewohnern, und seit gestern habe ich mich entschlossen, immer hier zu bleiben. Die Brandung der großen Welt schlägt ihre Wogen nicht bis in dieses freund­­liche wald» und bergumgürtete Thal. Und für den Sommer bietet mir do der Besuch der Sommerfrischler einigen anregenden Verkehr, wenn ich Desien bedürfen sollte. Doch Habe ich noch Menschen nötig? So glaube es nicht. Mir ist, als Hätte ich mich aus dem milden Meer als Schiffbrüchige auf eine ein­­ame, unbewohnte nel gerettet. Das Häuschen, in dem ich bei der Mutter des früheren Pfarrers wohne, Liegt ein wenig abseits vom Dorfe. Ich sehe auf den Wald hinüber, an dessen Rande die königlige Oberförsterei mir einen angenehmen Aussichtspunkt ges · 30. Januar. | N

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