Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1898. Dezember (Jahrgang 25, nr. 7589-7614)

1898-12-04 / nr. 7592

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Botta’schen Verlage zu Stuttgart erschienenen zweibändigen Werke des Fürsten Bismard „Gedanken und Erinnerungen“ ist der Abschnitt, in welchem Fürst Otto von Bismard den Abschluß des Bündnisses­ mit unserer Monarchie schildert und die staatsmännischen Er­­wägungen, die ihn zu demselben geführt haben, eingehend erörtert, nicht nur von historischer Bedeutung, sondern auch von aktuellem Interesse für die Gegenwart. Der große Meister der deutschen Politik legt das Widerspiel der treibenden Kräfte, die in der europäischen Staatenwelt, aber auch in dem Sunerleben unserer Monarchie thätig sind, mit einer bewunderns­werten Schärfe des Urteils dar. In den „Gedanken und Erinnerungen” des großen deutschen Staats­­mannes sind Wegweiser und Mahnzeichen auch für die Zukunft aufgerichtet. Wir laden daher unsere Leser ein, den spannenden Ausführungen des Fürsten Bismard zu folgen. Wir beginnen mit der Schilderung der Eindrücke, welche Bismard auf der Fahrt von Gastein nach Wien, auf seinem Wege zum Ab­­schlusse des Bündnisses, empfängt. Bismard schreibt: „Auf der langen Fahrt von Gaften über Salzburg und Linz wurde mein Bewußtsein, daß ich mich auf rein deutschem Gebiete und unter deutscher Bevölkerung befand, doch die entgegenkommende Haltung des Publikums auf den Stationen vertieft. In Linz war die Masse so­ groß und ihre Stimmung so erregt, daß ich aus Besorgnis, in Wiener Kreisen Mißverständnisse zu er­­regen, die Vorhänge der enter meinen Wagens vorzog, auf seine der wohl­­wollenden Kundgebungen reagierte und abfuhr, ohne mich gezeigt zu haben. In Wien fand ich eine ähnliche Stimmung in den Straßen, die Begrüßungen der leichtgedrängten Menge waren so zusammenhängend, daß ich, da ich in Zivil war, in die unbequeme Notwendigkeit geriet, die Fahrt zum Gasthofe so gut wie mit bloßem Kopfe zurüczulegen. Auch während der Tage, die ich in dem Gasthofe zubrachte, konnte ich mich nicht am Fenster zeigen, ohne freundliche Demonstrationen der dort Wartenden oder Vorübergehenden her­­verzurufen. Diese Kundgebungen vermehrten sich, nachdem der Kaiser Franz Sofer mir die Ehre erzeigt hatte, mich zu besuchen. All diese Erscheinungen waren der unzweideutige Ausbruch des Wunsches der Bevölkerung der Haupt­­stadt und der durchreiften deutschen Provinzen, eine enge F­reundschaft mit dem neuen Deutschen Reiche als Signatur der Zukunft beider Großmächte fu bilden zu sehen. Daß dieselben Sympathien im Deutschen Reiche im Süden noch mehr als im Norden, bei den Konservativen mehr als bei der OOpposi­­tion, im katholischen Westen mehr als im evangelischen Osten der Bluts­­verwandtschaft entgegenkamen, war mir nicht zweifelhaft. Es ist möglich, daß der slavische Zeil, durch den in Gestalt der Tschechen die urdeutsche Bevölke­­rung der österreichischen Stammlande von den nordwestlichen Landsleuten ge­­trennt ist, die Wirkungen, die nachbarliche Reibungen auf Deutsche gleichen Stammes, aber verschiedener Dynastischer Angehörigkeit auszuüben pflegen, ab­­geschwächt und das germanische Gefühl der Deutsch-Oesterreicher gekräftigt hat, das duch den Schutz, den Biftoriige Kämpfe Hinterlassen, wohl verdedt, aber nicht erfiilt worden ist. Der Kaiser hielt es in seinem ritterlichen Sinne für erforderlich, den Kaiser von Rußland vertraulich darüber zu verständigen, daß er, wenn er eine der beiden Nachbarmäcte angriffe, beide gegen sich haben werde, damit Kaiser Alexander nicht etwa irrtümlich annehme, Oesterreich allein angreifen zu können. Mir schien diese Besorgnis unbegründet, da das Petersburger Kabinet Shon aus unserer Beantwortung der aus Livadia an und gerichteten Frage wissen mußte, daß wir Desterreich nicht mürden fallen lassen, durch unseren Vertrag mit Desterreich also eine neue Situation nicht geschaffen, nur die vorhandene Legalisiert wurde. Eine Erneuerung der Kaunit’schen Koalition wäre für Deutschland, wenn es im sich geschloffen einig bleibt und seine Kriege geseck­t geführt werden, zwar seine verzweifelte, aber doch eine sehr ernste Konstellation, welche nach Möglichkeit zu verhüten, Aufgabe unserer auswärtigen P­olitik sein muß. Wenn die geeinte österreichisch-deutsche Macht in der Fertigkeit ihres Zusammen­­hanges und in der Einheitlichkeit ihrer Führung ebenso gesichert wäre, mie die russische und die französische, jede für sich betrachtet­ed sind, so würde ich, als ohne daß Italien der Dritte im Bunde wäre, den gleichzeitigen Angriff unserer beiden großen Nachbarreiche nicht für Lebensgefährlich Halten. Wenn aber in Oesterreich antiedeutsche Richtungen nationaler oder konfessioneller Natur­ai stärker al bisher zeigen, wenn rufliche Versuchungen und Aner­­bietungen auf dem Gebiete der orientalischen Politik, wie zur Zeit Katharinas und Sofers IL. Hinzutreten, wenn italienische Begehrlichkeiten Oesterreichs Befis am adriatischen Meere bedrohen und seine Streitkräfte in ähnlicher Weise wie zu Radegkys Zeit in Anspruch nehmen sollten, dann würde der Kampf, dessen Möglichkeit mir vorschwebt, ungleicher sein. 3 braucht nicht gesagt zu werden, wie viel gefährdet er Deutschlands Lage erscheint, wenn man fre­au Oesterreich, nach Herstellung der Monarchie in Frankreich, im Einverständnis beider mit der römischen Kurie, im Lager unserer Gegner denkt, mit dem Bestreben, die Ergebnisse von 1866 aus der Welt zu schaffen. Diese pessimistische, aber doch nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit liegende und dur­ Vergangenes nicht ungerechtfertigte Vorstellung hatte mich veranlaßt, die Frage anzuregen, ob sich ein organischer Verband zwischen dem Deutschen Reiche und Defterreig-Ungarn empfehle, der nicht wie gewöhnliche Verträge kündbar, sondern der Geseßgebung beider Reiche einverleibt und nur durch einen neuen Ast der Geseßgebung eines derselben [ö83bar m wäre.­­ Ich fand bei dem Kaiser Fraancler eine sehr huldreiche Aufnahme und die Bereitwilligkeit,mit ung abzuschließem Um mich der Zustimmung meines allergnädigsten Herrn zu versichern,hatte ich schon in Gastein einen Teil der für die Kur bestimmten Zeit am Schreibtische zugebracht und au­s einandergesetzt,den Kreis der möglichen gegen uns gerichteten Koalitionen einzuschränken,und daß der zweckmäßigste Weg dazu ein Bündnis mit Oestern reich sei.Ich hatte freilich wenig Hoffnung,daß der tote Buchstabe meiner Abhandlungen­ die sehr auf Gec­ütsregungen als auf politischer Erwägung beruhende Auslassung Se.Majestät ändern werde.Der Abschluß eines Ver­trages,dessen wenn auch defensives,doch kriegerisches Ziel ein Ausdruck des Mißtrauens gegen den Freund und Nessen war,mit dem er eben in Alexans­trowo von neuem unter Thränen und in der vollsten Aufrichtigkeit der Her­­zenö die Versicherungen der althergebrachten Freundschaft ausgetauscht hatte, lief zu sehr­ gegen die ritterlichen Gefühle,mit denen der Kaiser sein Ver­­hältnis zu einem ebenbü­rtigen Freunde auffaßt­.Jeh zweifelte zwar nicht, daß die gleiche rückhaltlose Ehrlichkeit des Empfindens bei dem Kaiser Alexan­­der vorhanden war; aber ich wußte, daß er nicht die Schärfe des politischen Urteils und nicht die Arbeitsamkeit besaß, die ihn dauernd gegen die unauf­­richtigen Einflüsse seiner Umgebung gedecht hätte, auch nicht die ge­wissenhafte Zuverlässigkeit in persönlichen Beziehungen, die meinen hohen Hören aus­­zeichnete. Die Offenheit, die der Kaiser Nikolaus im Guten wie im Bösen be­wiesen hatte, war auf die unweichere Natur seines Nachfolger nicht vollständig übergegangen. Nach weiblichen Einflüssen gegenüber war die Unabhängigkeit des Sohnes nicht auf derselben Höhe wie die des Vaters. Nun ist aber die einzige Bürgschaft für die Dauer der xufsischen Freundschaft die Persönlichkeit des regierenden Kaisers, und sobald Ietere eine minder sichere Unterlage ge­währt, als Wlegander I., der 1813 eine auf demselben Throne nicht immer vorauszufegende Treue gegen das preußische Königshaus bewährt hat, wird man auf das russische Bündnis, menn man feiner bedarf, nicht jederzeit im vollen Maße des Bedürfnisses rechnen können. Ale Erwägungen und Argumente, die ich dem in Baden befindlichen Kaiser Schriftlich aus Gastein, aus Wien und demnächst aus Berlin unter­­breitete, waren ohne die gewünschte Wirkung. Um die Zustimmung des K­aisers zu dem von mir mit Andrasfy vereinbarten und von dem Kaiser Franz Josef unter der Vorausfegung, daß Kaiser Wilhelm dasselbe ihm­ milde, genehmigten­­­ertragsentwürfe herbeizuführen, war ich genötigt, zu dem für mich sehr peinlichen Mittel der Kabinetsfrage zu greifen, und es gelang mir, meine Kollegen für mein Vorhaben zu gewinnen. Da ich selbst von den Anstrengungen der legten Woche und von der Unterbiegung der Gasteiner Kur zu angegriffen war, um die Reise nach Baden-Baden zu machen, so übernahm sie Graf Stolberg; er führte die Verhandlungen, wenn auch unter starrem Widerstreben Sr. Majestät, glücklich zu Ende. Der Kaiser war von den politischen Argumenten nicht überzeugt worden, sondern erteilte das Versprechen, den Vertrag zu ratifizieren, nur aus Abneigung gegen einen P­ersonenwecsel in dem Ministerium. Der Kronprinz war von Haus aus für das österreichische Bündnis lebhaft eingenommen, aber ohne Einfluß auf seinen Vater. Eine solche Afjelurranz hat für den Gedanken et­was beruhigendes ; ob an im Drange der Ereignisse etwas sicherstellendes, daran kann man zweifeln, wenn man sie erinnert, daß die theoretisch ehe viel stärker verpflichtende Berfassung des Heiligen Römischen Reiches den Zusammenhalt der deutschen Nation niemals hat sichern können, und daß wir nicht im ftande sein würden, für unser Verhältnis zu Oesterreich einen Vertragsmodus zu finden, der in­ir eine stärkere Bindel­aft trüge, als die früheren Bundesverträge, nach denen die Schlacht von Königgräß theoretisch unmöglich war. Die Haltbarkeit aller Verträge zwischen Großstaaten ist eine bedingte, sobald sie „in dem Kampfe ums Dasein“ auf die Probe gestellt wird. Keine große Nation wird je zu bewegen sein, ihr Bestehen auf dem Altar der Vertragstreue zu opfern, wenn sie gezwungen ist, zwischen beiden zu wählen. Das Ultra posse nemo obligatur kann durch feine Vertragsflausel außer Kraft gejebht werden und ebenso wenig läßt es durch einen Vertrag das Maß von Exraft und Srarfe auf­wand figerstellen, mit dem die Erfüllung geleitet werden wird, sobald das eigene Interesse des Erfüllenden dem unterschriebenen Text und seiner früheren Auslegung nicht mehr zur Seite steht. Es läßt sich daher, wenn in der europäischen Politik Wandlungen eintreten, die für Oesterreich-Ungarn eine antideutsche Politik als Staatsrettung erscheinen lassen, eine Selbstaufopferung für die Vertragstreue ebenso wenig erwarten, wie während des Krimkrieges die Einlösung einer Dankespflicht erfolgte, die vielleicht genwichtiger war, als das Pergament eines Staatsvertrages. Ein Bündnis unter geieglicher Bürgschaft wäre eine Verwirklichung der Verfassungsgedanken gewesen, die in der Paulsiiche den gemäßigten Mit­­gliedern, den Vertretern des engeren reichsdeutschen und des größeren öster­­reichisch-deutschen Bundes vorschwebten , aber gerade die vertragsmäßige Sicher­­stellung solcher gegenseitigen­ Verpflichtungen ist eine Feindin ihrer Haltbarkeit. Das Beispiel Oesterreichs aus der Zeit von 1850 bis 1866 ist mir eine Warnung ge­wesen, waß die politischen Wechsel, die man auf solche Verhältnisse zu ziehen in Berfuchung kommt, über die Grenzen des Kredits hinausgehen, den unabhängige Staaten in ihren politischen Operationen einander gewähren können. Ich glaube, daß das unmandelbare Element des politischen S Interesses und seiner Gefahren ein unentbehrliches Unterfutter für politische Verträge ist, wenn sie haltbar sein sollen. Für eine ruhige und erhaltende österreichische Politik ist das deutsche Bündnis das nütlichste. « Die Gefahren,die für unsere Einigung mit Oesterreich in den Vers­­uchungen russisch-österreichischer Verständigung im Sinne der Zeit von Josef I. und Katharina oder der Reichstadter Konvention und ihrer Heimlichkeit liegen, lassen sich soweit das überhaupt möglich ist,paradysieren,wenn wir zwar fest auf Treue gegen Oesterreich, aber auch darauf halten, daß der Weg von Berlin nach Bevernburg frei bleibt. Unsere Aufgabe ist, unsere beiden Taljer­­lien Nachbarn in Frieden zu erhalten, die Zukunft der vierten großen Dynastie in Italien werden wir in demselben Maße sicherzustellen im Stande sein, indem es uns gelingt, die drei Kaiserreiche einig zu erhalten und den Ehrgeiz unserer beiden östlichen Nachbarn zu zügeln oder in beiderseitiger nn = —— ae der mmnnga nme 1898 Wahre FLiebe. Roman von B­. dv. d. Lanten. (38. Fortlegung.) Und dann fuhren sie alle in den Wald hinaus, stiegen aus und gingen unter den herrlichen Bäumen dahin, sie und der „Vormund“, während Zante Emerenzia und Frau dvd. Mölheim folgte und Zobby zwischen den beiden ungleichen Paaren lustig Hin und her sprang, eine gegenseitige Unter­­haltung vermittelnd, die Lobst Bedher im Grunde wenig willkommen war. Er beschleunigt seine Schritte, während Tante Emerenzia die ihren verlangsamt, und an einer Biegung des Weges kommt er den Damen mit seiner Begleiterin aus den Augen — das hat er grade gewollt. Ida, die anfangs heiter geplaudert, wurde nach und nach still und gedankenvol. Zobst Becher büdt sich, pflüdt einen Strauß Glockenblumen und reicht sie ihr; sie befestigt sie an ihrem Rufen dann gehen sie weiter, und wie es gelommen, wissen sie selbst wohl kaum — aber er nimmt ihre Hand und zieht sie durch seinen Arm und Hält sie dort fest und drüci sie ebenso sanft und so innig wie am Vormittag, und ebenso innig erwidert sie seinen Druc. Sie stehen mitten in einem Waldweg, die Bäume raufchen über ihre Häuptern und ein Stück blauer Himmel lacht zu ihnen hernieder — da schringt Jobst Becher seinen Arm um Zons schlanze Gestalt und zieht sie sanft an seine Brust. „da, ich liebe dich“, flüstert er, und seine Stimme bebt von tiefer, echter Leidenschaft, „darf ich glauben, was mir deine Augen verraten, wirst du mein fein und mein vereinsamtes Leben mit deiner frischen Jugend schmüden ?“ „Zobst­­e Wie unterdrücter Jubel, wie auf jauchzendes Entzüden ringt sich dies eine Wort über ihre Lippen, ihre Arme Iegen sich fest um feinen Naden und in überseligem Glüh ruht sie stumm an seinem Herzen. „Mein, ‚holdes Kind, meine Braut!” Da hebt sie langsam das Köpfchen und sieht mit angstvoll fragendem Eid zu ihm auf. „Zobst“, flüstert sie, „ich weiß es jecht, ich habe dich lange schon ge­­liebt, und was mein Herz an Liebe birgt, gehört dir! D, Sobst“, ruft sie, plößlich in Thränen ausbrechend, „wirst du auch an diese Liebe glauben, nachdem .“ „Stil, Liebling“, beschwichtigt er, ihr die Thränen von den Wimpern küffend, „Lass’ die sehmerzliche Vergangenheit fest ruhen! Ich glaube an dich.“ So stehen sie in seliger Umarmung, die Welt um fie­ber vergessend, aus seinen Augen leuchtet frohe Zuversicht, und die treue, Hingebende Liebe, die ihm aus ihren Bitcen entgegenstrahlt, ist die sichere Bürgschaft für eine helle, glückelige Zukunft. — Auf der Heimfahrt aber durch den Herrlichen Sommerabend, wo die untergehende Sonne den Glanz mit Purpurglanz überstrahlt, da kann es weder Tante Emerenzia noch Frau Sibylla verborgen bleiben, daß der Kommerzienrat almählich aus der Rolle des V­ormundes in die des Lieb­­­habers fällt. Lobby merkt von allem, was um ihn Her­vorgeht, nichts, er ist auf oad Schoß eingeschlafen und sehnt sein Köpfchen, ruhig atmend, um die Brust des jungen Mädchens. Vier Jahre sind vergangen, seit Ida dr. Möllheim Robft Bedhers Gattin geworden ist, und so glüclich die beiden in den trauten Räumen des alten Kaufmannshauses sind, besonders seit neben Jobby noch ein liedliches, jet zweijähriges Mädchen dieselben belebt, so läßt es der Kommerzienrat sich doch nicht nehmen, seiner jungen Iran jedes Jahr irgend ein Stück shöner Gotteswelt zu zeigen; sie sahnen es ohne Sorge um die Lieblinge, die sie zu Hause zurücklassen, denn Tante Emerenzin behütet und pflegt sie, wie Vater und Mutter es nicht besser zu thun im Stande sind. Ein sehr lang andauernder Winter hatte Zobst Beer bestimmt, den Wunsch seiner Frau zu erfüllen und mit ihr eine Reise über Innsbruck, Genua und Mailand nach der Riviera zu unternehmen. In den letten Tagen des Februar, wo die nordische Heimat noch in ihren Schneemantel gehüllt und mit der Eiskrone geschmückt war, brachte der gleichfalls beichneite Briefträger einen Karton und ein Briefchen an Tante Emerenzia, das sie vor behaglich durchwärmtem Ofen in Empfang nahm. Der Karton enthielt italienische Blumen, und das Briefchen hatte Ida, im Freien sitzend, geschrieben, während italienischer Himmel über ihr blaute und Drangen und Camelliens­bäume unter ihrem Balkon ihr tiefgrünes, glänzendes Laub im Sonnenschein wiegten, da war entzüdt, und ihr e­in warmherziges Empfinden, ihr feines Kunstverständnis, ihr Aufgehen in den Schörheiten der südlichen Natur exe­freute Beder in hohem Maße, und er bedauerte es, daß ihm geschäftliche Pflichten Hinderten, den Aufenthalt an der Riviera zu verlängern oder ihre Reife noch weiter auszudehnen. Einer ihrer rechten Ausflüge solte nach Monaco sein. Zba3 ganzem Naturell entsprechend, brannte sie vor Neugier, es kennen zu lernen, und zwar hatte sie schon tagelang vorher ihrem Gatten das­­ Versprechen abgeschmeichelt, ihre Glüh im Spiel verfügen zu dürfen. Mit dem Rest meiner Meifekaffe,” sagte sie, Sobst Becher lachte: „Mit dem Rest deiner Meifelaffe? Nun, der dürfte nit allzu groß mehr sein, Heine Frau, und geborgt bekommst du bei mir nichts. Wenn du es auf die Gefahr Hin magen willst, soi es mir recht sein.” Es war ein Herrlicher Tag, Mitte April, an dem das Ehepaar in Monaco ankam, und das wunderbare schöne Fledchen Erde machte, bestrahlt von funfelndem Sonnenschein, einen geradezu zauberischen Eindruck auf Yola. Natur und Kunst Haben si­ca Hier vereinigt, um ein kleines Paradies zu schaffen — ein Paradies der Sünde, in dessen Tempeln der gefährlichsten Leie benschaft jährlich so und so viele Menschenopfer gebracht werden. Um Arme ihres Gatten, sich fast ängstlich an ihn schmiegend, durchs­chhritt Ida die Spielsäle; feenhaft war die Ausstattung, feenhaft die­­ Be­­leuchtung, aber eine drühend schwüle Atmosphäre lagerte über vielen Pracht­räumen, und die Menschenmenge, die hier teilweise Hin- und hermogte, teilweise in dichten Reihen die Spieltische umstehend, flößte ihr in ihrer Zusammenlegung fast Grauen ein. Hier sah sie wirklich und zum ersten Male in greifbarer Nähe alle diese Gestalten, von denen sie gelesen und gehört Hatte: den bors nehmen Rouee, geschmintze, Tofette Srauen, Leute der wirklich vornehmen Ju­­gend — aber fast ihnen allen Hatte Sünde und Leidenschaft ihren Stempel aufgedrüct, und das ist es, mehr als alles andere, was das reine Gemüt des jungen Weibes vor ihnen zurückhandeln läßt. (Schluß folgt.)

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