Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1899. Juni (Jahrgang 26, nr. 7738-7762)

1899-06-01 / nr. 7738

Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt. Hermannstadt, Donnerstag Seite 578 im ungarischen Kreisen wird angenommen, Szell habe Sr. Maojestät gemeldet, daß er auch, nach den Buddapester Konferenzen, namentlich nach den Besprechungen mit seinen Ministerkollegen und den Parteiführern, von seinem Standpunkt nicht abgehen könne. Die österreichische Presse tritt zum Teil für die Einberufung­ des Reichsrates ein und meint, eim Ausgleich, der nicht von den P­arlamenten, fordern von den Ministern geschlossen wäre, würde in das Verhältnis z­wischen Oesterreich und Ungarn ein neues Clement der Ver­­bitterung bringen. „Die Einberufung des Reichsrates — meint die „N. Ir. Brefle” — wäre sein Hindernis des Ausgleiches, sondern der Politik des Grafen Thun. Die jebige Regierung hat nicht mehr die Freiheit, sich für den parlamenta­­rischen Ausgleich zu entscheiden. Deshalb lizitiert die „Wiener Abendpost“ förmlich mit dem Reichrate, indem je andeutet, Herr d. Szell könnte von der Regierung noch immer mehr bekommen, als vom Parlament. Das Ministerium ist jedoch nicht in der Lage, mehr zu geben, als ein beschriebenes P­apier, das der nächste Reiberat zerreißen kann. Dann würden die von dem halbamtlichen Organ beklagten Leidenschaften noch stärker hervorbrechen, und dann könnte mancher übereilter Beichluß gefaßt werden, der die Monarchie unheilbar zerrütten müßte. Genug der Experimente mit dem Paragraph 14! Er ist ein ganz ungeeignetes Werkzeug des Ausgleiches; er zerstört den Kern der Berfaffung und hat die jenige Situation verschuldet. Jede kommende Regierung, welche den Frieden z­wischen den Nationen stiftet, kann auf die Mäßigung des Parlaments rechnen und in ihm eine Stüge gegen zu weit gehende Forderungen finden. Oesterreich will den Ausgleich und wird ihn schließen, wenn Ungarn die Ueberzeugung gewinnt, daß die Politik des Baron Banffy zum Medermaße gereist und eine namenlose Verwirrung in der Monarchie hervorgerufen hat.“ Die tsHechischen Blätter besprechen die durch die Krise geschaffene Lage mit einigem Kleinmut und erörtern alle Möglichkeiten eines Regierungs­­mechsels. „Niemand wisse — schreiben die „Narodni Lifiy“ “, wie sich bei dem neuen Kurs die Dinge gestalten würden, immerhin fünne man schon heute mit ‚Bestimmtheit sagen, daß sie mindestend in den ersten Phasen des neuen Kurses nicht zu Gunsten der Tschechen ausfallen würden.“ Bei einem Festbankett in Pforzheim brachte der Großherzog den Baden vorgestern einen Toast auf den deutschen Kaiser aus und sagte, es sei nur zu wenig bekannt, was Kaiser Wilhelm I. zu verdanken sei. Er werde vielfach versucht, das Verdienst für das, was geschehen sei, anderen zuzusprechen. Kaiser Wilhelm I. allein Habe nach den Heeressiegen den Gedanken an das Deutsche Reich und den deutschen Kaiser festgehalten. Dies sein Vermächtnis sei allezeit Hochzuhalten. Boi nicht weniger als 44 Richtern hat vorgestern die Revision­­verhandlun­g des Brozefied Dreyfnd begonnen und der Referent Ballot-Beaupre hat einen großen Teil seiner Berichte verlesen. Schon aus diesem Bruchftüd wil man schließen, daß der Referent für die Reliision eintreten werde. Eine etivas verdächtige Mitteilung bringt ein Brief des „Liec­e" aus Konstantinopel. Darin wird behauptet, der deutsche Botschafter Baron Marshall v. Bieberstein habe kürzlich bei einem Ausfluge nach Kenia dem dortigen General, Gouverneur Ferid Bey in Gegenwart des Pariser Litteratur- Professors Guyau folgende Aeußerung gemacht: „Al Dreyfus verurteilt wurde, war ich Staatsekretär des Weißern in meinem Lande. Ich war also am richtigen Platz, um alles zu wissen. Ich gebe Ihnen nun mein Ehren­­wort, daß Dreyfug nie direkte oder indirekte Beziehungen mit einem offiziellen oder geheimen Agenten Deutschlands oder Italiens gehabt hat; Ehterhazy ja.” Ebenfalls vorgestern hat vor dem Schwurgerichte in Barid auch die Verhandlung in der bekannten Affaire Deroulede begonnen. Nach Beriefung der Anklage beginnt der Präsident mit dem Verhöre Derouledes, welchem er vorhält, daß er die Armee von ihrer Pflicht abwendig machen wollte. Deroulede erwidert, er mollte Frankreich mit Hilfe der Armee retten und die Brigade veranlassen, nach dem Elysee zu ziehen und die parlamentarische Republik zu stürzen. Deroul­be ergeht si in Angriffen gegen die Juden und den Parlas­mentarismus und erklärt, daß sein Vorgehen reiflich überlegt war. Er krilisiert sodann die Verfassung vom Jahre 1875, macht eine Anspielung auf Marchand und greift hierauf die Diplomatie an. Deroulede spricht von der Wahl Loubets zum Präsidenten der Republik. — Der Vorfigende unterbricht ihn und fordert ihn auf, den Namen Loubets nicht in die Angelegenheit zu mischen. — Deroulede fährt fort, Loubet anzugreifen. — Der Generaladvok­at erhebt sich, um zu protestieren. Das Publitum afflamirt Deroulede in der lebhaftesten Weise, so daß der Präsident die Räumung des Saales androht. — Zalateuf, der Ver­­teidiger Derouledes, bringt namens seines Klienten Entschuldigungen vor, womit der Zwischenfall geschlossen ist. — Deroulede legt nunmehr seine Rede fort und wiederholt, daß er eine Revolution gegen den Parlamentarismus beab­­sichtigt habe. Die Richter würden die Motive prüfen, die ihn zu seinem Handeln bestimmten. Der Mitangekragte Derouledes, Habert, gesteht ein, daß er eine Revolution in Szene fegen wollte. Wie aus Petersburg gemeldet wird, hat der Generalgouverneur von Finnland den Beschlag unterbreitet, die russische Sprache zur Amtssprache in Finnland zu erheben. Der Zar hat die Entscheidung hierüber noch nicht getroffen. Der finnische Landtag hat die Militärvorlage des Heeresaus­­schusses­ unverändert angenommen, so daß in Wirklichkeit die Vorlage der euffischen Regierung abgelehnt erscheint. Das vom Landtage angenommene Gefäß erhöht die Stärke des Heeres von 5000 auf 12.000 Mann unter der Bedingung, daß der Wehrpflicht in Finnland genügt wird und das Heer Finnlands in jeglicher Hinsicht national bleibe. Ferner bestimmt die Vorlage, daß die finnischen aktiven Truppen im Kriegsfalle außerhalb des Landes nur verwendet werden dürfen, sofern die Verteidigung Finnlands ihre Unmwesenheit im Lande nicht erfordere. Endlich wird bestimmt, daß die Landwehr nur innerhalb Finnlands, eventuell zur Verteidigung Petersburgs, verwendet werden dürfe. Der Landtag fordert schließlich den Kaiser auf, eine neue Vorlage zur gelegmäßigen Behandlung zu unterbreiten, wenn er der Meinung sei, die jeige nicht bestätigen zu können. Fürst Ferdinand von Bulgarien hat vorgestern die außer­­ordentliche Session dor Sobranje mit einer Thronrede eröffnet, indem er zunächst des großen Unglücks gedachte, von dem die Dynastie durch den uner­­reglichen Berlust der vielgeliebten Fürstin heimgesucht wurde. Hinsichtlich der auswärtigen Polität konstatiert die Thronrede die freundschaftlichen Beziehungen der Regierung zu Rußland, dem Befreier des Landes, den europäischen Groß­­mächten, den Nachbarstaaten und ganz besonders der Hohen Pforte. Von den Philippinen wird gemeldet: Eine Truppenabteilung unter Führung des Kapitäns Tilley, welcher zum Bmwege einer Kabelreparatur in &3calante auf der Negrosinsel gelandet war, wurde von den Eingeborenen verräterischerweise angegriffen. Kapitän Zilley wird vermißt. Nach einem Berichte de „Newport - Herald” seien eine Anzahl malayischer Seeleute, die mit Kapitän Tilley gelandet waren, von den Auf­­ständigen gefangen genommen und in Stade geschnitten worden, die si um sie bemühten, sich freundlich zu zeigen, nur aus Liebesbedürfnis. Und dann füme nachher der Rückschlag, ihr innerstes Selbst, das sie empürte und sich frei bewahren müsse, biß einmal der fame, der Rechte, nach dem sie immer schon ausgesehen. Ich sage mir aber: ich bin nicht so, ich entbehre nichts, ich will nichts entbehren. Und käme bei Lohengrin wieder von damals, ich wiese ihn ab. . Freilich den Lohengrin vom Wasser kannte ich nit. Und ihn kenne ich so gut. Es ist mir viel schwerer. Aber ich bin ja vorbereitet. Ich werde ganz fest sein,­­ Wir Haben ung unten in der Allee am Wasser getroffen. &8] war ein richtiges Rendezvous. ALs ich um die Wiese herumkam, sehnte er da an dem P­­­länder, mich erwartend. Wenn ich ihn nun lieb Hätte, mußte ich denken, und käme zum Grelldichein, ihm es zu sagen, anstatt um ihm den Abschied zu geben, — wie mir dann wohl zu Mut sein würde? Vielleicht ist der Unterschied nicht sehr groß. Herzklopfen Hatte ich schon so. Er richtete sich auf, als er mich sah, und kam mir entgegen und dank­e mir dafür, daß ich gekommen wäre. Er hätte vor ein paar Wochen meine Stoßmutter besucht, um ihr zu sagen, was ihm schon so lange auf dem Herzen läge, daß sie es mir wieder jagen sollte. Aber dann hätte er plöglich gefühlt, das sei nicht das Rechte, wenn er nicht mit mir selber spräche, würde ich nie ihn ganz verstehen. Und meine Antwort von anderen Lippen zu erfahren, ertrage er nicht. Darum hätte er mich gebeten, ihn hier zu treffen. Freilich, seit er meine kurze Zusage erhalten hätte und sei noch mehr, seit er mich sähe, müßte er auch, was er von Anfang am gefürchtet, daß alles, was er auch sagen könnte, ihm bei mir doch nicht viel wüßen werde. — So ungefähr sprach er. IH gab keine Antwort. E& summte mir so vor den Ohren. Dabei hörte ich deutlich in den Zweigen, wie der Wind vorbeistich, und ein Vogel streifte mit feinen Flügeln mie nahe am Kopf hin, und das Wasser flog an das Ufer, ganz gleichmäßig, langsam. Ich glaubte sein Herz Klopfen zu hören und fühlte meines. Die gingen beide haftig und laut. (Sortregung folgt.) Der deutsche Hängerweitstreit in Kassel. Den Anlaß zu dem Wettstreit gab Kaiser Wilhelm II. in seinem Exrlaß vom 27. Januar 1895. Darin erwähnte der Kaiser, daß er Gelegenheit gehabt, wahrzunehmen, wie die deutschen Männergesangvereine bestrebt seien, den vaterländischen Gesang zu pflegen und zu fördern. Eingedent defsen, daß deutsches Lied und deutscher Sang alle Zeit auf die Veredelung der V­olksseele einen segensreichen Einfluß geübt und die Nationen in der Treue gegen Gott, Thron, Vaterland und Familie gestärkt, wolle er seiner Teilnahme an diesen Bestrebungen besonderen Ausdruck geben. Zu diesem Briede habe er einen Wanderpreis gestiftet, der bei einem Wettstreit deutscher Männergesangvereine dem Sieger zuerkannt werden soll. Anfang Juli 1898 ernannte der Kaiser in einem weiteren Erlasse eine musikalische Kommission, die für den jegt statt­­findenden Gesangs­wettstreit in Raffel die nötigen Vorbereitungen treffen sollte. Nach den Bestimmungen dieser Kommission sollen jedoch nur solche Vereine zum Wettsingen zugelassen werden, welche sich mit mindestens 100 Sängern beteiligen konnten. Achtzehn große Gesangvereine hatten si in Kasfel eingefunden, darunter u. a. der Hanover’sche Männergesangverein mit 232, der Berliner Lehrer­­gesangverein mit 219 und der Kölner Männergesangverein mit 210 Sängern. Der deutsche Kaiser und die Kaiserin waren zu d­iesem Gefangweitstreit in Staffel auch erschienen. . Die Zefthale hatte einen Flächenraum von 6240 Quadratmeter und eine Breite von 92 Meter, zwischen mächtigen uralten Baumriesen, die sie noch um ein gutes Stück überragt. In derselben war Raum für sechstausend Personen. Am 26. Mai um 10 Uhr vormittags begann das Wettsingen. Zunächst sang die erste Gruppe, bestehend aus dem Männergesangverein „Sangjouci“­­Dortmund, den Männergesangvereinen von Straßburg im Elsaß, Essen, Hannover, „Bolyhymnia“­Dortmund und dem Bremer Lehrergesangverein. Alle sechs Vereine trugen ein zu diesem Zied komponiertes längeres Tonmerf vor, das Preislied "Der Choral von Leuthen", Gedicht von Hermann Beffer, komponiert von Reinhold Becher, das den zugelassenen Vereinen sechs Wochen vor dem Wettsingen­ in Partitur und Stimme zugestelt worden war. Ein weiterer Gesang war der freien Wahl eines jeden Vereines überlassen, nur mußte derselbe ebenfalls ohne Instrumentalbegleitung sein, durfte seine Soli enthalten und die Dauer von 10 Minuten nicht überschreiten. In der ersten Gruppe waren die Vorträge der einzelnen Vereine vorzüglich gewählt. Der Männergesangverein „Sansfouer” in Dortmund trug die Qutter’sche Komposition „Eine Winternacht” vor. Die Straßburger hatten sich das Volkslied „Den Toten von Iltis“ ausgewählt; der Essener Männergesangverein errang viel Beifall durch den Chor „Im Sturm“ von Curti. Dem Hannover’sschen Männergesangverein, als dem vermutlichen Sieger, wurde die größte Auf­­merksamkeit zu teil. Tadellos war sein Vortrag des Preischorals; er zeigte von verständnisvoller Auffassung, dazu trat das brillante Stimmmaterial der Hannoveraner. Auch der Text des darauf folgenden Liedes war jeher geschi­h gewählt: „Unseres Herrgotts Kanzlei­, Kriegslied der Magdeburger gegen Herzog Morig von Sachen, verfaßt von Karl Storf, komponiert von Max Bruch. Ein lauter Applaus, in den auch der Kaiser einstimmte, Lohnte den Vortrag der Hannoveraner. Die „Polyhymnia“­Dortmund trug das Bruch’sche Boltslied vom Rhein recht gefühlvoll vor, der Vortrag war frisch und lebhaft gehalten. Zum Schluß gab es eine recht große Miederraschung, als der Bremer Lehrergesangverein als fester­­ Verein der Gruppe vortrat. Schon der von ihm vorgetragene Choral von Leuthen brachte den Sängern stürmischen Applaus, der sich auch steigerte, als sie unter ihrem Dirigenten Martin Hobbing das Hegar’sche Lied „7 Totenritt” geradezu meisterhaft vortrugen. Am Nachmittag sang die zweite Gruppe. Hier konkurrierten neben der Liedertafel­ Gotha, dem Potsdamer Männergesangverein, dem Männergesang­­vereinen „Srohsinn“ in Mühlheim a. d. Ruhr und „Arion“, Mühlhausen, der Berliner Lehrergesangverein und der Kölner Männergesangverein. Die Berliner Sängerschar trug den Preischoral in wahrhaft kunstvoller Weise vor und Professor Selig Schmidt dirigierte die Seinen in so vollendeter Weise, daß die vieltausendköpfige Menge immer wieder jubelnden Beifall spendete. Auch das zweite Lied, „Das Meer“, fand reichen, Applaus. Siegesbewußt betrat der Kölner Männergesangverein das Podium. Wohl seiner der übrigen Vereine verfügt über ein so glänzendes Stimmmaterial; auch der erprobte Dirigent Josef Schwarz hatte es verstanden, eine Schar zu mahrhafter Sangeskunft zu begeistern, und so kam es, daß neidlos den Kölnern der glänzendste und beste Vertrag ded Preish­orald zuerkannt wurde. Der Kaiser spendete den Leistungen des Kölner Männergesangvereins unausgeregt Beifall und minkte nach Schluß mehrfach freundlich lächelnd dem Dirigenten zu. Der Potsdamer Männergesangverein brachte das liebliche Volle­lied „Sommernacht”, Komposition von Wilhelm Berger, recht stimmungsvoll zum Vortrag. Die B­reisrichter entschieden, daß in engere Wettbewerbe um den Kaiserpreis und die übrigen Preise singen sollten: Männergesangverein Köln, „Concordia“ Essen, „Concordia” Wachen, Berliner Lehrergesangverein, Bremer Lehrergesangverein, Hannover’scher Männergesangverein, Liederhalle Karlsruhe, Essener Männergesangverein. Der Kaiserpreis wurde dem Kölner Männergesangverein zugesprochen. Die Kaiserin Hing die Kette vom Vorstande des Vereines um und fütterte ihm die Hand, ebenso der Kaiser. Die weiteren reife erhielten der Lehrergesangverein Bremen, die „Concordia“ in Aachen, der „Berliner Lehrergesangverein”, der Gesangverein „Concordia“ in Essen, der Hannover’sche Männergesangverein, die „Liederhalle“ in Karlsruhe, sowie der „Männergesangverein Essen“. 1. Juni 1899. Nr. 7738 Korrespondenzen. [A.] Wien, 27. Mai. [Ein Gemeinbürgschaftsfundament.] Die veröffentlichten nationalpolitischen Forderungen der Deutschen in Oester­­reich sind wohl nur von den fünf oppositionellen Reichsratsfraktionen auf­­gestellt worden — wenn dabei von der durch die Wahl Dr. Fochlers auf sieben Köpfe angewachtenen Schönerergruppe abgesehen wird — aber unzweifel­­haft werden sie in kurzer Zeit, als Windestmaß des zum nationalen Leben Erforderlichen, von allen Deutschösterreichern, die Kleinfaten nicht audge­­schlosfen, zum Programm erhoben werden. Denn auch die Segieren können von diesem nationalen Existenzminimum nicht abgehen, und werden darum mit ihren flavischen Majoritätsgenossen sich sehr bald auseinanderzufegen haben. Daß die Deutschradikalen noch einige weitergehende Spezialmürk­te haben, kann sie, troß ihrer parteipolitischen Unberechenbarkeit, um nicht zu sagen Unzuverlässigkeit, nicht hindern, alle Punkte dieses alldeutschösterreichischen Programmes zu unterschreiben. Man mag es bedauerlich finden, daß die Deutschösterreicher von allen allgemeinen Staatspostulaten absehen und sich rein auf den völkischen Standpunkt stellen. Aber zu schlecht ist ihnen ihr oft selbstloses Eintreten für die Interessen des Staates gelohnt worden. Und bei­­ aller Wahrung eines berechtigten nationalen Egoismus dürfen sie doch sagen, daß alle ihre Forderungen mit dem Staatsinteresse parallel oder geradezu identisch sind. Darum stehen sie auch auf durchaus konservativer Grundlage und sollen auf die wärmste Unterstüßung aller im Staatsleben maßgebenden konservativen Faktoren zählen dürfen. Nun ist der slavische Föderalismus durchaus revolutionär und kann seine hoffentlich utopistischen Seen nur im Wege eines desinuitiven Umsturzes erreichen, t Trägt er auch die Gleichbereitigung auf den Lippen, so ist es ihm doch um nationale und wirtschaftliche Herrschaft und Ausbeutung auf Kosten des staatsgründenden und staatserhaltenden deutschen Elementes zu tun. Die Solidarität der einzelnen Gruppen desselben zu zerstören werden Tschechen, Polen und Südslawen auch gegenüber diesem Einigungsprogramm eifrig bestrebt sein, und darum wird es an einer gehäfsigen Kritik dieses bei dem Hoch entwickelten Individualismus der deutschen Natur nur unter bes­trächtlichen Schwierigkeiten zustande gekommenen und Logisch nichts weniger als einheitlichen Werkes gewiß nicht fehlen. Das für die Länder der St. Wenzels­­trone nach einem naheliegenden Muster streng zentralistische Tichechentum wird die­­ Verschiedenheit der Behandlung analoger nationaler Probleme in Böhmen, Mähren und Schlesien perhorreszieren, die Slowenen in Krain, Steiermark und Kärnten werden so nicht gleichwertig mit der ruhmreichen böhmischen Nation behandelt finden, die Welschtiroler ihren autonomistischen Lostrennungs­­mwünschen nicht ausreichend Rechnung getragen sehen. Soweit aber nicht staatsrechtliche Skrupel und Hintergedanken in Frage kommen, kann von einer nationalen Zurückkegung der slavischen Stämme in den nationalpolitischen Forderungen der heutigen nicht die Rede sein. Aber auch wenn sich die Frage des Nechtes und der Billigkeit, sowie der staatlichen Zivedmäßigkeit zu einer parlamentarischen Machtfrage gestalten sollte, hat si die politische Stellung der Deutschen auch die Formulierung dieses im großen und ganzen unangreifbaren Nationalprogramms doch jedenfalls ganz wesentlich gebessert. Wenn auch vielleicht nicht formel, so doch im Wesen, wird jede österreichische Staatsgewalt den auf den Historischen Grundlagen des Staates erwachsenen, auf langjähriges Bestehenden und meist E­rprobtes sich fragenden Forderungen Rechnung tragen müssen, auch wenn dieselben nicht so rasch zu einem Zus­­ammenschluß aller deutschen Parteien wenigstens in nationalen Lagen führen sollten, als billig erwartet werden konnte, Kann auch nicht in A­brede gestellt werden, daß der Einzug der Deutsch­­radikalen in den Reicherat auf Kosten der Deutschfortschrittlichen dem Ver­­teidigungskampfe der Deutschen einen kräftigen Schwung gegeben hat, so hat doch die Zwietracht der deutschen Parteien auch ihren gemeinsamen nteressen manchen Schaden zugefügt, den flavischen Gegnern die Bewüßung mancher Blöße ermöglicht. Die deutsche Gemeinbürgschaft wird nun, nach Aufstellung des gemeinsamen nationalen Programmes, auch parteipolitisch mehr zur Geltung gebracht werden müssen, wenn nicht die theoretisch gewonnene Einigkeit duch die Wahlpraxis gefährdet werden sol. Für die thatsächliche Geltend­­machung des deutschen Pfingstprogrammes wird allerdings vieles auf die Haltung der Christlichrozialen ankommen, die mit ihren Wahlreformprojekten für den Wiener Gemeinderat und den niederösterreichischen Landtag allerdings auf eine rücksichtslose Zurückdrängung der Liberalen und Radikalen ausgehen, und zu diesem Zwecke mit den Sternfalen verbündet sind. Die Vorgänge sowohl im Landhause wie im Wiener Rathause machen allerdings von beiden reindeutschen V­ertretungskörpern keine Ehre und lassen das Zustandekommen einer Gemeinbürgschaft der Anständigen und Gebildeten als ebenso dringend erscheinen, wie die Formulierung der nationalpolitischen Forderungen des Österreichischen Deutschtums,. Stimmen aus dem Bublitum. So erwünscht es war, daß der drohende Regen dem Maifest unseres allgemein geschägten Feuerwehrvereines am leßten Sonntag erspart blieb, so war diese erfreuliche Thatsache an und für sich doch kein Grund, so unvor­­sichtig, mit dem Feuer umzugehen, al dies von vielen uniformierten Nadel­­trägern auf dem Heimweg aus dem Jungen­walde geschah, indem sie ihre Leuchten an Bäumen und Bänken der Erlenpromenade abstreiften, so zwar, daß das rüdständige Harz, und Pech, noch brennend, von Promenierenden gelöscht werden mußte. Wenn nun dieser Vorgang auch weder den Bäumen noch den Bänken wesentlich zuträglich sein dürfte, so bedarf es gewiß Doc nur der Hindeutung, um diesem Vorkommen zukünftig im eigenen Wirkungse freite abzuhelfen. Anders steht es aber dann um unsere schöne Erlenpromenade, wenn die Militärmufil sich hier hören läßt, wo der Andrang des Publikums ein großer ist. W Abgesehen davon, daß Hunde, troß des Verbotes, wie an gewöhnlichen Tagen, so auch bei diesen Musilaufführungen, frei herumlaufend das Publikum belästigen und die Anlagen beschädigen, werden die Iepteren­au durch die weniger gut erzogenen Herren Buben mehr als gefährdet, wenn sie im wilden Laufe weder Rasenpläne, noch Teppichbeete, noch andere Anlagen schonen und den ihnen, oft in Gegenwart der Eltern, das Baffin des Kleinen Spring­­brunnens mit Holz, Papier und Speiseresten verunreinigt und so den armen Solofischen in demselben ihr Lebensunterhalt versümmert wird. Alle diese Uebelstände würden nur dann ganz oder doch zum größten Teile ganz ab» gestellt werden können, wenn die Angehörigen ihre Schuldigkeit b­äten. Doch troß der Selbstverständlichkeit dieseg verlangend, ja trog der überall ange­­brachten Warnungstafeln sieht man wieder und wieder, daß im Beisein von Eltern die Rasenpläte auch an gewöhnlichen Zügen von Rindern zu ihrem Zummelplag gemacht werden. E38 ist also kaum zu Hoffen, daß jo dem Leichtsinn und der Gedankenlosigkeit unserer Hoffnungsvollen Jugend gesteuert werde, und wir wollen hiermit diese Angelegenheit unserer Löblichen Polizei­­hauptmannschaft und Herz gelegt haben. Würde sieselbe die Güte haben, an Musik­agen einige von ihrer wenigen Wachmannschaft auf unsere Erlens­promenade zu entsenden, so könnte gewiß vielem Unfug vorgebeugt werden. Ein Freund der Anlagen. Aufforderung zur Bekämpf­ung der Betonospora. Der warmen, trockenen Witterung des verfloffenen Sahres haben wir es zu verdanken, daß unsere noch bestehenden alten sowie die neuen Reb­­anlagen in diesem Jahre allgemein einen besonders reichen Traubenanjag zeigen. An ung liegt es nun, dafür zu sorgen, daß der Blütenanjag sich zur reifen Srucht entwickele, daß unsere Hoffnung auf eine reiche Weinlese nicht getäuscht werde,

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