Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1923. April (Jahrgang 50, nr. 14952-14975)
1923-04-01 / nr. 14952
ns WW 1. April 1923 Politische Betrachtungen. Abgeordneten 8 Otto Roth, Borfigenden der Deutschen uk enden in RA ien. Die politische Lage der Volfsminderheiten unseres Landes ist vollständig war. Wir haben den Kampf um Die Aufnahme der Bossrechte in Die Berfassung verloren. Darüber bestand schon seit Monaten sein Zweifel mehr. Denn ich also sage, da wir durch die Außerabtraffung der Minderheitsrechte in der neuen Staatsberaffung eine tiefe Enttäuschung erlitten haben, so möchte ich Doch betonen, daß uns Diese Enttäuschung seineswegs unerwartet getroffen hat. Schon aus dem Regierungsprogramm General Averescus im Frühjahr 1920 Fang uns ein tohlbekanntes Lied über die Frage der völfischen Minderheiten entgegen, das wir aus den Tagen der Theorie von der einheitlichen ungarischen Nation so genau fennen. Aehnlich war auch der im Jahre 1921 veröffentlichte Verfassungsentwurf der liberalen Partei eingestellt. Und nun Frönt Dieser Gedanke die neue Staatsverfassung, Die ganz nach maghavischem Vorbilde den Begriff des „nationalen Staates“ und der „Rumänen ohne Unterschied des ethnischen Ursprunges, der Sprache und Religion“ trägt. Es ist, als ob 28 seinen Weltkrieg gegeben hätte, seinen Beifall des russischen Reiches und der österreichisch-ungarischen Monarchie. Alle eitgeschichtlichen Ereignisse der besten Jahre scheinen an der romanischen Staatspolitik spurlos vorübergegangen au sein. Ich sagte, unser Bolt erlebte in diesen Tagen eine tiefe Enttäuschung 68 ist buchstäblich wahr. Muß es nicht erschütternd wirfen, daß die Karlsburger Beschlüsse, die ‚ein stoiges Bekenntnis des romänischen Volkes zu den von ihm selbst gerade erkämpften ee waren, heute schen Schall und Rauch sind? Ich zweifle nicht, Daß noch bessere Tage kommen und die Gedanken von Karlsburg in vollem Glanze erstrahlen werden. Für den Augenbild und die nächste Entmdlung aber sind wir in Die GSudluft , der überständigen Nationalitätenpolitik früherer Zeiten verfegt. Natürlich wird es nug bei Huger Bolitit gelingen, unterm Bolf immer noch einen Lebensraum zu schaffen, der seinen Bestand sichert. Aber .. 28 wird eine Politif aus der Hand in den Mund sein, abhängig von den M Wechselfällen der Politik. Die Berihkflichung der Geldanten von Karlsburg hätte uns vor dieser unwürdigen Lage politischer Inferiorität bewahrt und hätte vor allen Dingen der Staatspolitik die sichere Grundlage gegeben. Grnnte politiker wissen, daß es sich bei den Karlsburger Beschlüffen nicht nur um die moralische und rechtliche Verpflichtung des romänischen Boltes uns gegenüber handelt, sondern — mas noch hiel mehr ist — um Staatsinteressen ersten Ranges. Es ist sein Zufall, daß die Beschlüsse von Karlsburg fast wörtlich mit dem seit 1881 mehr oder weniger battierten Be der siebenbürgischen Romanen überein fimmen. Sie at tal die staatspolitischen Greennt« ‚niffe eines > Im Kräftespiel der nationalen » t. te Frage womanMe MEDIUM der. 65 Prozent der gesamten ölferu iser absichtlich die Berhalt Fenänens derjenigen des früheren Ungarn gen. —ist Meiuicht von entscheidender Bedeutung In den ‚staatspolitischen Etrahlungen und Erkenntnissen des siebenbürgischen Domänentums liegt für uns die Dürghaft für die Einhaltung und Beachtung der Karlsburger Beischlüffe. MWenn'heute von gewissen siebenbürgischen Bositifern, die die alte Parteifahne verlassen haben, gejagt wird. Die Beschlüsse von Karlsburg seien von einer Handvoll Leute in einigen Stunden in einem Hotelzimmer zurecht gemacht worden, so möchte ich Dagegen nur die rechten 50 Jahre romantischer Geschichte zur Zeugenschaft an«rufen. ° Wie die Verhältnisse heute liegen, ist es Ear, die die Karlsburger Beschlüsse absichtlich nicht Eingang in Di Berfassung gefunden haben. Es hätte sich ja Dabei nich unbedingt um ihre wörtliche Wiedergabe in der Berfassung gehandelt. Aber die Grundgedanken der Karlsburg "mehr seit dem Sommer 1919 klar, zum klaren Ausbruch kommen möüsjen. Nichts von alledem ist geschehen. Es ist vielmehr der Begriff des nationalen Staates geschaffen worden, der alle Bestimmunngen der Berfassung über Die staatsbürgerlichen Einzelrechte mit seinem eigentümlichen Lichte Durchstrahlt. Ich glaube keinen Augenblick, da die Karlsburger Beschlüsse dur Die Spezialgeseßgebung in ihren Hauptteilen wirklich Anerkennung finden werden. Ja selbst ein Nationalitätengeies ähnlich dem ungarischen vom Jahre 1868 Halte ich für völlig ausgeschlossen. Ich kann Dies alles nur troden jagen, weil ich nie eine Illusion über die politische Entwicklung gehegt habe. Es war mir vielmaß mir schweren Berwidlungen entgegengeben. Damals begann es, mit der Frage der Konfessionellen Schulen britisch zu werden und in gemeilter Hinsicht auch mit der Sprachenfrage. Im Februar 1920 aber fielen im Reichstage Die ersten Worte vom Nationalstaat. Und zwar kamen sie von Führern der Nationalpartei, Damit will ich natürlich keineswegs sagen, daß die völlige Außerachtlaffung der Beichlüffe von Karlsburg in der DBerfassung von den Führern der Nationalpartei gebilligt worden ist. Die derartige Behauptung wäre nach den Erklärungen Manius und Zupas’ aus den regten Tagen geradezu unverantwortlich. Aber ich will damit sagen, daß die allgemeine Entwicfung der Minderheitenpolitik unser Land nach einer Richtung drängt, die von dem Grundgedanken von Karlsburg wegführt. _ Wir mwinschen die Revision der Berfassung. Damit haben wir aber noch lange sein Heilmittel für Die rechr begonnene Minderheitspolizik gefunden. Zunächst wird die Abänderung derBerfassung nicht so ohne weiteres zu erlangen sein, dann aber bedeutet die Auffassung der Minderheitenfrage, wie sie Die neue DBerfassung vertritt, vielmehr als eine vorübergehende politische Anschauung. Sie ist dazu zu einer Tatsache geworden, die sich blei Ichwer zwischen Karlsburg und die spätere Entwickklung der Minerheitenpolitik legt. Ich möchte sagen: Sie schafft eine öffentliche Meinung, gegen die nur sehr jeder anzukämpfen sein wird. Schließlich aber ist es nicht unwesentlich, daß die Staatsverfassung gerade jet geschaffen worden ist. Die faszistische Anschauung, die in allen Staaten Europas ihr Haupt erhebt, ist auch der Polizit Rumäniens in mancher Hinsicht nicht fremd. Wir eben in Tagen nationaler Unduldsamkeit, in einem neuen Entwiderungsabschnitt der nationalen Rechte. Karlsburg bedeutet dem gegenüber einen Gegenpol. Wir richten wir nun die Politik unseres deutschen DBoltes in Rumänien ein? “or allem steht der unabänderliche Gutschluß fest, unsere DBolkspolitik auch weiterhin über Karlsburg zu führen. Lieber andere Versuch würde in unserem Bolfe auf unüberwindlichen Widerstand stoßen und wäre auch ein politischer Fehler von katastrophalen Sorgen. Damit ist- natürlich - nicht gesagt, daß Mirung in‘ der weiteren Polschen Entwickelung auf den Stand» pıunft der feinen bestellet und auf eine Schöpfeder Staatspolitik verzichten. Wenn Ichon der Grundbau von Karlsburg nicht auf einmal errichtet werden konnte, muß es doch unser Bestreben sein, ‚Stein für Stein zur allmählichen Aufrichtung einer vernünftigen Minderheitspolitik herbeizutragen. In welcher Weise wir das am erfolgreichsten tun können, wird die nächste Zukunft Iehren. Die Schaffung der Spezialgereggebung steht unmittelbar bevor und Yäht es nicht zu, daß Mirung auch nur einen Augenblick in den Schmollwinkel stellen. Wir werden den Kampf unverzüglich weiterführen. Der Kolonistengeist unseres Bolfes hat uns hart gemacht und bewahrt uns vor Angst und Kleinmut, Wer Die Reihen unseres Wolfes heute mustert, wird alles andere, nur nicht Verzweiflung finden. Unser Lebenswille ist ungebrochen, die Lebensform aber werden wir uns — wenn es sein muß — selbst schaffen. Unser Dolf begreift, daß es notwendig ist, seine Reihen heute umso enger zu schliefen und die Kräfte für seine Lebensverteidigung auf das Aeußerste zu steigern. Wo der Geist und der Wille, ist all die. Sat. Wer schärfer liebt, wird diesen erhöhten Lebensmut und entschlossenen Lebenswillen aber nicht nur bei uns Sachsen, sondern bei allen deutschen Stämmen unseres Landes finden. Die Kirchenfrage in Rumänien. Bon Senator D. Schullerus. Durch die neue Staatsverfassung ist auch für Die Lösung der brennenden Kirchenfrage in Rumänien Die Grundlage gegeben worden. Man wird allerdings nicht sagen dürfen, daß die Fassung, die der Kirchenparagraph in der Derfassung nach vielem Hin und Wider gefunden hat, diese Lösung erleichtert hat. Die Frage ist durch ihn noch viel verwiderter geworden. Umso mehr ist es notwendig, den Spornherein einen Ueberbiick über die ganze Sachlage zu gewinnen. Das Problem, um das es sie Hier handelt, ist wie überall das Berbhältnis von Staat und Kirche sowie das Verhältnis der Kirchen zueinander. Das Problem schärft sich dadurch zu, daß in den einzelnen Landesgebieten, die nun zu einem Staatswesen zusammengeschmolzen sind, Dieses Verhältnis nach beiden Richtungen hin recht verschieden war: im Altreich die orthodox-orientalische Kirche im wesentlichen Staatskirche, die anderen Konfessionen nur geduldet, zum Teil ezterritorial; in den angeschlossenen Gebieten eine bunte Reihe verschiedener Kirchen, ungleich einander an in dem Mass ihrer Unabhängigkeit vom Staat und des seit Jahrhunderten geübten Rechtes der Selbstbesteuerung und Selbstverwaltung. Nun stoßen nicht nur diese konfessionell abgesonderten Kirchen mit der „Staatskirche“ des Altreichs zusammen, sondern auch gleichkonfessionelle Kirchen der einzelnen Landesteile, die bisher eine verschiedene innere Entwicklung gehabt haben, werden dur die Bereinigung der Gebiete in einen Staat zum natürlich gegebenen kirchlichen Zusammenschluß gedrängt. Da schieben sich nun aber völkisch-ethnische neue Probleme hinein. Zur orthodoz-orientalischen Kirche im Altreich, die ganz national-romanischen Charakter trug, werden orthodoz-Bulgarische, serbische, ruthenische Gemeinden hinzugeschlagen, die evangelische Landeskirche in Siebenbürgen, die schon früher neben dem überwiegenden Hauptstiod der Deutschen Gemeinden einige wenige ungarisch und romänisch sprechende Gemeinden zählte, hat Zuwachs von Gemeinden erhalten, in denen slopafisch und französisch (in Bessarabien) gepredigt wird. Und endlich: Die Kulturarbeit der einzelnen Kirchen und Kirchengebiete ist ganz verschieden. Auch von hier aus ergeben sich für die Lösung der Kirchenfrage Schwierigkeiten, wenn nicht hier berechtigte Anfsprüche herabgedrückt, dort Forderungen zu sehr hinaufgeschraubt werden sollen. In Betracht kommen — geordnet ungefähr nach der Anzahl ihrer Bekenner — von den schristlichen Bekenntnissen, die im Staat vertreten sind: die orthodoz-orienta= die griechisch-unierte, römisch-katholische, evangelisch-reformierte, evangelisch-katherische, unitarische, armeno-gregorianische und armenisch-katholische Kirche, dazu noch Die religiöse Gemeinschaft der DBaptisten, don nichtschriftlichen DBe Kenntnissen die religiösen Gemeinschaften der Juden und Muselmanen. Einige S Zahlenangaben mögen zunächst die äußeren und inneren Verhältnisse dieser Kirchengemeinschaften kurz kennzeichnen. Die orthodoz-vorientalische Kirche (nunmehr amtlich als orthodor-romanische Kirche bezeichnet) zählt im Ganzen rund 13 Millionen Gläubige. Das Altrei) umfaßte zwei Metropolien mit dem Sit in Dularest (Metropolit-Primat) und Saffy. Dazu ist nun die Metropolie mit dem Sit in Hermannstadt hinzugekommen — umfassend außer der eigenen Gparchie die alten Eparchien von Arad und Karantchebeich, und die neugegründeten von Großwardein und Klausenburg mit zusammen 1.205.000 Gläubigen in 1833 selbständigen und 709 i Italgemeinden. Ebenso hinzugekommen ist die Bufowiner Metropolie mit dem Sit in Czernowig — ungefähr 700.000 Gläubige, davon 200.000 Ruthenen — sowie das Erzbistum von Bessarabien (SiH in Kishinew). Zur Zertisgung der bessarabischen Kirche sind soeben drei eigene Bistümer mit den Residenzen in Balsi, Konstanza und Seratea Alba (Aderman) errichtet worden. Für die Gefamtliche wurde die Umwandlung der Primat-Metropolie in ein Patriarchat angeregt. In den ehemals zu MAngarn gehörigen Gebieten erhält die orthodoxe Kirche eine reiche Anzahl von Schulen verschiedener Grade: 1289 Bolfsschulen mit romanischer, 42 mit slapischer aan. 3 © Komnassien, dazu ae Bolfsschullehrer und » Wugxesshrenstherden in in Leierfemunte ausgebildet, befähigterenaten, darüber hinaus der Weg zu in- und ausländischen Universitäten frei gemacht. Im Altrei hat die Kirche die Schule völlig an den Staat abgegeben. Die Geistlichen werden an Briesterseminarien sowie an den theol. Fakultäten in Bukarest und Safid ausgebildet. Gegenwärtig stehen im Altreich 4438 Pfarrer und Prediger im geistlichen Dienst, davon sind 3993 in SBhesterseminarien ausgebildet, 445 haben akademischen Rang. In der Bulowina dient die thel. Fakultät an der Szernowiger Universität der Ausbildung des geistlichen Nahmwuchses. Die griechisch-unierte Kirche in Siebenbürgen und in den angrenzenden Bezirken des ehemaligen Ungarns zählt in 1543 selbständigen und 1841 Tochtergemeinden zusammen 1.204.000 Gläubige. Der Sit der Metropolie ist Blasendorf, die Residenz der einzelnen Eparchialbischöfe Oberla, Lugosch und Großwardein. Die Kirche erhält 984 Bolfsschulen mit romanischer, 12 mit Navisher Unterrichtssprache, ferner 4 Gymnasien und an den Bischofsligen Lehrerbildungsanstalten und Priesterseminare. Ihre höhere Ausbildung erhalten befähigtere Kandidaten vielfach an den theol. Fakultäten im Wien und in Rom. Die römisch-katholische Kirche hat ihren Kern im Karlsburger Bistum, das ganz in den neuen Staat herübergekommen ist, während vom Granader, Großwardeiner, Szatmarer Bistum große Seile in Ungarn genblieben sind. Durch die Vereinigung Rumäniens sind nun auch römisch-katholische Bevölkerungsteile des Altreiches, der Bukowina und Bessarabiens hinzugekommen. Die Zahl der röm.-kath. Gläubigen in Rumänien beläuft sich auf rund 1.300.000, davon über eine Million in den ehemaligen Zeilen Ungarns (Ungarn, Deutsche, Slopaten), 104.000 in der Bulowina (Polen und Deutsche), 110.000 im Altreich, (davon 50.000 bodenständige Rumanen im Bistum Sajik, während das Erzbistum von Dukarest doch im wesentlichen als in partibus infidelium zu gelten hat), etwa 10.000 in Bessarabien (Deutsche). In den ehemaligen Seilen Ungarns erhält die röm.-lath. Kirche 276 Volksschulen mit ungarischer, 53 mit Deutscher, 7 mit jlopanischer Unterrichts-sprache, dazu 13 Gymnasien, mehrereBolksschullehrerpräparandien und am Sit der Bistümer Priesterseminare. Die ed-reformierte Kirche, die durchwegs dem ungarischen Volkstum angehört, zerfällt in zwei voneinander unabhängige Kirchen, die „Siebenbürger reformierte Kirche“ und die „Reformierte Kirche im Gebiet des Königssteiges“. Die erstere mit dem Bischofjig in. Klaussenburg zählt gegenwärtig in 617 selbständigen, 24 Tochter- und 82 geordneten Diasporagemeinden zusammen 463.800 Geelen. Ihre Geistlichen werden auf der theol. Sakultät in Klausenburg ausgebildet. Die Kirche erhält ein reich verzweigtes Schuliejen: gegenwärtig 8 Mittel- . viicie Mitarbeit - Rlte Kirche, BBie die Kirchengloden — weithin frohe Märde Heils verfündend — Über das frühlingsschwangere Landhalten, so geht um diese Zeit ein kräftiger Hauch deWerdens von allen grünen Dingen der Natur aus unrecht Hielten. Er eilt hinaus, um im Freien bewußt jen Stimmung zu finden, die den primitiven Völkern und wußt zufloß als Geschenk ihrer Götter. Die Natur ma fromm und das Ziel des Frühlings begleitet us ‚Innenleben wie ein gewaltiger Chor. Es ist ein Ch der Sehnsucht, denn die Grlösung, die Ostern und Le der Menschheit versprechen, liegt im Werden und wo nicht im Reifen der Dinge. Aber nimm dem Herze die Sehnsucht und du nimmst der Erde die Luftl Wnie versteht, trägt Osterweisheit im Herzen und ein wür Ka Ideal im Geist. Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt Mr. 14952 -