Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1924. Mai (Jahrgang 51, nr. 15278-15301)

1924-05-01 / nr. 15278

Urquellung und smaltsmsg Wichlsics«­;mäi Zuftellung monatlich eiftleitung Ar. 11; Verwaltung Nr. 431 — Bezugspreis: für Hermannstadt: ohne Zustellng dand: monatlich Lei d8—; für das Ausland: monatlich Lei i— — Einzelne Aummer Lei?— 51. Jahrgang mm Die nächte Aummer unseres Blattes ges­langt des 1. Mai wegen Breilag, den 2. Mai zur gewohnten Stunde zur Ausgabe. aners­tag den 1. Mai 1924 .Geswierigkeiten der englischen Regierung. Lloyd George gegen Macdonald. London, 29. April. Lloyd George hat seine An­­griffe gegen Macdonald und Die Arbeiterregierung fort­­gefeßt. Er gibt bei jeder Gelegenheit Macdonald zu ver­­stehen, daß die Liberalen die Arbeiterregierung nicht lange dulden werden. In einer Bollspersammlung sprach Lloyd George über die Gründe, die die Liberalen veranlaßten, den Arbeitern zur Regierung zu verhelfen. Die Arbeits­­leistung der konservativen Regierung war eine so Tchimade, daß sich Die liberale Partei­ gezwungen sah, eher die Arbeiter zu flagen, als den­ Konservativen ihre Hilfe angedeihen zu lassen. Wenn aber Macdonald davon spreche, daß Die Arbeiterregierung drei bis vier Jahre­ am Ruder bleibe, so sei das eine Selbsttäuffung und seine Hoff­­nung ein Unding. Die Arbeiterregierung will das Wirts­chaftssystem des Privateigentums über den Haufen wer­fen und ein Eollettoss System ausrichten. Nach Macdonald sei­­es seine ehrliche Sache, wenn, zwei Männer erklären, daß ihre Grundlage nicht übereinstimmen, sie infolge der Verhältnisse ‘aber­ genötigt sind, die Unterschiede­­ ihrer Ansichten für eine gewisse Zeit zurüczustellen. Im­ Sinne Macdonalds ist jemand dann’ ehrlich, wenn er sagt: „Sill mir zur Regierung, gib mir zwei, "Drei Sjahre, ich gebe meine‘ fäntlichen Prinzipien auf, und übernehme die neuen, obwohl : ich. ‚überzeugt bin, daß Dieselben unrichtig sind. Welchen Sinn hat’ die angebliche Zeitstellung, daß der­­ ‚Liberalismus gestorben sei ? Nie war eine größere Not­­wendigkeit für eine wahre liberale „Freiheit als in Den Heutigen Bogen? TH tdi­ si “ deli Sionservativ-liberale Einigung gegen Macdonald? Rondon. Das liberale Parlamentsmitglied Guest, der unter der fetten Koalitionsregierung Haupteinpeitscher der Liberalen und von 1921 bis 1922 Luftfahrtsminister war, hat ein Schreiben an Asquith gerichtet, in dem er für ein ‚Zusammengehen der Liberalen und der Konser­­vativen gegen die sozialistische Partei eintritt, deren volles Programm einschließlich der Nationalisierung der Indu­­strien seiner Ansicht nad die Hauptstreitfrage Bei Dem kommenden Wahlen bilden­­ werde. Laut „Daily Erpreß“ hätten auch die Tonfernatisen Bührer bet­loffen, eine Sinnstellung der. Tonjernatinen‘ Bolitit vorzunehmen. Der Sozialismus solle angegriffen werden. Im Unterhause solle eine energische Führung an den­ Tag gelegt werden und in Den Mahlkeiten solle ein neuer I­nfernativen. Appetit Schpullmidwill selbständigte im London,29.April­ IUGng war große politische Kundgebung statt, im deren ÜBerlaufs zahlreiche Redner die sofortige Einbringung eines Gelegentwurfes siweds Errichtung der Autonomie in Schottland verlangten Wie früher die Irrländer, so verlangen man­ auch Die Schotten ein unnabhängiges Parlament mit voller gefeg« 3 erfolgen. Pe­i« ««: i J­­· Angreifer oder Verteidiger? | (5. BL) Die Ferienrufe im parlam­entarischen Beben­ ist wohl die B Veranlassung dafür, daß Die­ ro­­mänische Presse in der rechten Zeit sich mehr mit uniform Wolfe und seiner Politik beschäftigt­ hat, als er sonst der Fall zu sein pflegt. Die Tatsache dieser regen An­­keilnahme ist uns erfreulich, weniger aber die Art, in der sie sie äußert. Die Stellungnahme der Bukarester Breffe it auf einen Ton offenbarer Feindseligkeit gestellt. Er heitt auch hier die Stimmung eines überhisten Chau­­binismus zutage, von der das­­ öffentliche Leben inferen Landes in Techter Zeit erfaßt ist. Zum äußeren Anhaltspunkt für die Geltendmachung­ dieser Stimmung wird die Haltung unserer Wolfspolitik in der Soul­­frage genommen, und es soll der Anschein erwedt m wer­­den, als seien wir durch unsere Stellungnahme die Ar«­greifer, denen man dadurch begegnet, daß man sie auf ihre eigenen eher verweist. Das Spiel ist durchl­äitig uud sein wirklicher Sinn ist wohl ‚der: Die Sacsen besch­weren si über die Sculgesebe, die beste Parade it der Hieb, folglich greifen wir sie an, Damm werden sie froß sein, in Ruhe gelassen zu werden. Die Taftis wäre gun richtig, wenn es sie auch bei ung um rein taftische Manöver handeln­­würde. Das it aber nicht der Tall. Bir gehen uns duch die Schulgebete im Lebensfern Gsjade getroffen. Es sind nicht taftische Er­­wägungen, die Uns bei’ unsere Seilimgnahme zu Dieser Befeen­heiten, sondern twir folgen Darin den Geboten­­ unseres Gewissens. Deshalb können auch taftische Schach­­züge von romanischer Seite unsere Stellungnahme nicht bestimmen. Die Sache ist­ung viel zu ernst, als daß durch den Wellenschlag der Publizistis der­ Kıra unserer Politik bestimmt werden könnte. Wir wenden und mit unserer Stellungnahme und mit den verantwortlichen Weußerun­­gen unserer Volfspolitik an die Regierung des Landes’ und an die Oeffentlichkeit des N­omänentums. Diese Tas­toren wollen wir von der Berechtigung unseres Stand-­punktes überzeugen. Die Stimmung mache, wie sie durch die P­resse betrieben wird, muß und unberührt Taften in der Durchführung unserer Pflicht. Die Haltung der Bukarester Vrefse unseren gerechten Forderungen gegenüber m weist auch" Diesmal die Einheits- Front auf, die mir wiederholt feststellen konnten,­ wer­ e3 für unser Volk galt, die Rechte zu verteidigen, auf Die e3 Anspruch Hat und Anspruch erhebt. Vom „Bitteruf“ bis zur „Romania“ ist sein Unterscied darin, wie Die Forderungen unseres Bolfes zurückgewiesen werden, und wie man uns deshalb angreift, weil wir sie erheben. In dem Blatte der Nationalpartei, der „Romania“, wird­ über die Osteraufsäte der jächrlichen Tageszeitung ironisch­ geschrieben, im Lager der Sachen ertöne hef­­tigeres und lauteres Waffengeffh­r ald jemals, und mit billigem Spott ergeht sich das Blatt Darüber, die Sad­iner mobilisierten alle Kräfte ihres Volkes zur­­ Ver­­teidigung der Privilegien der Andreanischen Freibrie­­fes. Wenige Tage vorher hatte das R terungsblatt „Biitoruf“ die Führer des fäcfsichen Volkes als poli­­tische Abenteurer und Utopisten bezeichnet, die eine neue Politik des Haffes gegen das romantische Volf betrieben und dadurch zu bewußten oder unbewußten Werkzeugen des magyarischen Irredentismus milden. Wir sehen, daß die versriedenen parteien einig sind, sobald «3 fi) darum handelt und anzugreifen, wenn sie Nic­ fonit „auch no so ehr befehden. Zu den beiden erwähnten lättern aber tritt als Dritter im Bunde noch der „Universal“, der gleichfalls der Nationalpartei nahesteht, und Der nament«­lich doch seine „wahrheitsgetreuen“ Berichte ‚aus Her­­m­annstadt zu einer fragwürdigen Berü­­mtheit in unferne Boffe gelangt Ht. In diesem Blatte, greift der General­­inspektor des Unterrichsministers Preanen das Lan­­deskonsistorium unserer evang. Livc­e Heltig­er, weil­­ die bekannten Schulverordnungen nicht durchgeführt hat, und Diese Angriffe werden in einer Art geführt, die bei einem in so hoher Stellung befindlichen Regierungs­ dertreter gegenüber einer kirchlichen Oberbehörde zum aindesten ungewohnt ist. Es wird dem Landestonfistorium der Vorm­­ref gemacht, dah die Verfügungen der Regierung von dem Landestonfilt­ irn zensuriert würden und da somit die Sachsen das Recht der Geterritorialität für ji in Anspruch‘ nähmen, und eine ganze Reife ähnlicher Angriffe. Es ist wohl aussichtslos, die Angriffe dieser Art fachl­ich zu widerlegen. Sie sind ja auch nicht deshalb ge­­schrieben worden, um einen fachlichen Standpunkt­ zu ber« treten, sondern sie verfolgen einen ganz bestimmten takti­­schen Zuwei. Die Sachen sollen als die bösen Störenz­friede Dargestellt werden, die ohne Grund fi) Den Beru­­­füigungen der­­ Staatsbehörden widerlegen und die Hak­atoifchen die beiden Bölfer tuen wollen. „Bitorul“. spricht es in­ dem­ erwähnten­ Auffaß offen aus, nur die Führer seien es. Die eine­ solche Wolitif des Staftes betätigten, das Bolt stünde dieser. Bolitif­­ feiner. Führer ferne. Im Wirklichkeit muß jeder Domäne, der uns rennt, missen, wie unser Boll gerade in der­ Schulfrage denkt... Wenn in irgend einer vage, so steht, gerade im. Dieser unser ganzes Boll gejähoffen Binter seiner Gührerschaft und es billigt nicht nur die Stellungnahme unserer­ politischen Vertreter, sondern es fordert sogar, daß die Ablehnung der im Schulgeiet zu Dage tretenden­­ Bestrebungen von ihnen mit allem Nachdruch vertreten werde. Was aber Generalinspektor PBieancu­­ bezüglich der Schulverordnungen dem Landeskonsistorium zum DBorturf macht, widerlegt. fi. von selbst. &s ist Far, daß geltende G­eiete durch Regierungsverordnungen nicht­ abgeändert werden künnen. Es wäre nicht einzusehen, warum: Herr Breancu so kurz vor der Schaffung: der neuen­ Schulgesehe so wichtige Fragen dur) Verordnungen Töten­ will, wenn man nit, wüßte, daß eben Diese Verordnungen dazu be­stimmt sind, als Wellenbrecher por ‚den neuen Schulge­­jegen einherzuziehen und eatfachen­ zu schaffen. Die dann dem ‚neuen Schulgefes. als reife­­ Stühte in den Schoß fallen. Jeder. einsichtige Schulmann muß die DBerechti­­gung :heffen . anerkennen, daß eine leitende Kirchenbehörde fi). Dagegen. wehren muß, ‚ihren­ Schulen mehr Stunden in romanischer Sprache vorzuschreiben, als an so und: so vielen Schulen Direkter Unterricht überhaupt erteilt wird. Die Behörde, die das widerspruchslos tut, künnte eher vom Vorwurf getroffen werden, sie mache sich einer Täu­­schung der Staatsschulaufsicht schuldte, indem sie Bedin­­gungen zu erfüllen verspricht, vom Denen sie weiß, Das sie sie nit halten kann. Aber abgesehen von allen fad­­­lichen Rücfichten. Bei dem­­ Betrußtsein des romänischen Bolles müßte ein Name aufgerichtet stehen, dessen Nach­­folge das Romänentum fo­rchreden müßte, wie Die be­­kannten Spuren, die in Die Höhle des Löwen führen. Dieser Name heißt Graf Albert Apponpi ı und sein Bollsc­hulgeiet. Das Romänentum Siebenbürgens hat es bitter an fi erfahren, wie zerstörend eine Politis der De«­d­rängung auf dem Gebiete des Schulwesens wirkt, und es hat die Folgen dieser Radrüderpolitif mit so bewußter ©eruatuung mit angesehen, dab .23 für die Kulturpolitik Rumäniens nun ein Sprungssport geben könnie; weitab von den Bahnen Apponyis! Was aber über Anraten Generals­inspektor Breancus der Unterrichtsminister in den er­­wähnten Schulperordnungen verfügt hat, das geht sogar­ über die­­ Bestimmungen des seinerzeitigen Appenpi’id Gesebes hinaus. Wir halten es für eine Pflicht nicht uns selbst, sondern auch dem Staate gegenüber, por­tie= fem Wege mit allem Nachdruch zu warnen, der für uns schwerste Bedrängnis bedeutet, dem Stache aber sicherlich seinen Segen bringt. Sind wir Angreifer, sind wir Versünder und­­Berfech­ter einer politio­ des Hafses, wenn wir auf solche Art unsere heiligsten hölfischen Güter verteidigen? Mit gutem Gen­ffen glauben wir es behaupten zu können, daß 88 nirgend in den europäischen Staaten eine Minder­­heit gibt, die mit so aufrichtigem Willen bestrebt ist, die wohlber­tandenen Gebote des Staatsinteresses mit den S Pfiichten gegenüber dem eigenen Bollstum in Einklang zu bringen. Das Romänentum benie­ mir ruhig Darüber nach, und es blide nur um sich in den­ übrigen europäi­­schen Ländern, und es wird anerkennen­­ , welchen Wert es an seinen deutschen Staatsbürgen hat. Aller­­dings, viele gibt es, Die es nicht sehen wollen, die jede Regung eigenen Bollsbewußtseins schon als Seind­ gegen das Romänentum deuten. Mit ihnen ist und zu reden und nicht zu wechtern. Aber viele andere sind nich­ ganz klar Darüber, daß das fähfiche Boll in seinem Verhältnis zum Staatsgedanken auf geraden und ehr= fichen Wegen geht. Diesen aber gilt unsere Beschwerde, daß sie in der romaniischen Oeffentlichkeit und Publizistif ihre Anschauungen nicht nachbruchsvoll genug zur Gel­­tung bringen, oder da sie ihr Wissen um Diese Dinge überhaupt zurückreifen, “um­ mit der heute Herrschenden Lagesstimmung nit in Gegenlaß zu geraten. Auch sie reisten ihrem Lande und ihrem­ Bolf seinen guten Dienst. Sie entziehen si der Plicht, Aufklärung zu­­ geben, Die zu Bieten sie in der Lage wären, und sie machen sich der Berfäumnis schuldig, ihr Voll ungewarnt auf unrich­­tige Wege geben zu lassen. Was sollen wir Dazu sagen, daß Fürzlih Die „Romania“ im V­ollbewußtsein der Gr= regung, Die seinerzeit wegen der Schulfrage das Romären«­tum Siebenbürgens ergriffen hatte. Die Frage an uns richtete: „Was haben die Sachen zu sagen?“ Das berührt noch verlegender als Feindseligkeit, das klingt wie Hohn, wenn es von einer Seite kommt, Die genau weiß, wie die Vergangenheit zur Gegenw­art‘ sich verhält und forum 8 uns ‚gerade in der Schulfrage geht. Nicht Angreifer und mir, sondern Verteidiger vom­ Rechten, die uns nicht voreinhalten werden künnen und die mur eine irregeleitete Negierungspolitik trachten kann, uns zu nehmen. Niemals im ganzen Lauf seiner Geschichte ist Die Dent­ungsart imferes Boll­s auf Angriff einges­­teift gewesen, nicht gegen den Staat, dem es angehörte und nicht gegen keine Mitmatignen. Und­eau einer politis he:

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