Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1925. November (Jahrgang 52, nr. 15704-15728)
1925-11-01 / nr. 15704
see 2 3um 31.03:tober. Oswald Spengler urteilt in seinem berühmten Werk: Der Untergang des Abendlandes: „Franz von Afii hat viel gegeben und wenig genommen; Luther nahm viel und gab den meisten zu wenig zurück.“ Luthers Wert erfährt auch sonst selbst in protestantischen Kreisen heute eine zweideutige Beurteilung. Man stellt dagegen gewisse Dorzüge der katholischen Kirche. Da wir aus den Wirrnissen des Krieges kommen, fliehen wir wieder nach festem sicherem Boden unter den Füßen. Diesem Bedürfnis scheint die katholische Kirche mit ihrer Dur ein einheitliches Net festgefügten, geschloffenen Organisation mehr entgegenzukommen als der Protestantismus mit seinen unbestimmten äußeren Verhältnissen. Es mag wohl nicht alles ideal sein an den Einrichtungen Dieser Eirche; dafür reinet sie mit den tatsächlichen Verhältnissen, mit den Menschen, wie sie nun einmal von Natur aus beschaffen sind. Sie ist auf die Wirklichkeit eingestellt und hat eine Art, das Leben zu meistern, die sich Jahrhunderte Hindurch bewährt hat. Mag 28 im Kompromiß sein, den sie mit dem Leben gestähloffen hat; wie viele sind durch solche Kompromisse groß und stark gemwoschen! Dazu kommt die warne und gefällig Form bei all ihren Veranstaltungen, die auf das Gemüt eine tiefe Wirkung ausübt. Auf wen Hätte z. B. Allerseelen, wenn die Lichter auf dem Friedhof gleichsam in Die Todesnacht hineinleuchten, seinen tiefen Gindrud gemacht? Vor allem aber wird Luther und seine Tat am 31. Oktober 1517 vielfach für den unheilvollen konfessionellen Zwiespalt des deutschen Dolles verantwortlich gesmacht. Freilich macht man hier den Gefolg ohne ei»teres zum Mafstab des Wertes eines Menschen. Hat etwa Jesus die ungeteilte Zustimmung seines Volkes gefunden? Hat er nicht auf sich den Spruch gedeutet, daß ein Prophet nichts gilt in seinem Vaterland? "Wir Sachsen können unseren Vätern nicht genug dankbar sein Dafür, daß sie Die kirchliche Einheit an duch Die Reformation nicht verloren, sondern neu gefertigt haben. der was bedeutet ein so kleiner Bollziplitter, wie wir ihn bilden gegenüber dem großen deutschen Wutterstamm, der eben durch Die Reformation gespalten worden ist. Al das zwingt uns geradezu, uns auf Diebüter zu besinnen. Die uns der 31. Oktober 1517 gefragt hat, und zu prüfen, ob sie so Hohen Wert haben, daß wir dafür die Einbuße an äußerer Gesclossenheit in Kauf nehmen. Da ist es nun in der heutigen vom Rationalismus durchtränzten Zeitunächst nur überflüssig zu betonen, daß diese auf die Herrschaft der Bernunft abzielende Seitestiichtung, die eine außerordentlich tiefgehende Wirkung auf die Dollsseele — auch auf die jährliche — ausgeübt hat und auch heute nicht entfernt überwunden ist,, obwohl sein Sebildeter sie frei und offen zu ihr zn berennen wagt, ihren Ursprung nicht in der Zeit der Reformation sondern der Aufklärung hat. Remiß wird es richtig sein, daß ohne die Reformation auch die Aufklärung nit gekommen wäre und dab Center wie Leibnig, Lessing, Kant nur auf dem freien Feld des Protestantismus wachen und wirken konnten; allein wenn die Aufklärung auch eine Frucht der Reformation Dar, so war sie diesmal doch vot weit vom Stamm gefallen. Denn Luther hat die menschliche Vernunft noch ärger gehaßt als seine katholischen Gegner. Tatsählich hat aber der Nationalismus die Wirkung der Reformation auf die Wolfsseele völlig aufgesogen, sodaß er uns heute den Weg zum Setzen Luthers und zum Beist des 31. Oktobers 1517 verspernt. Wenn Heute gegenüber dem Gewicht der katholischen Kirche ein Gegengewicht in die Wagschale geworfen werden soll, so geschieht es immer mit Gründen der Bernunft und Wissenschaft, aber niemals in Gestalt des lutherischen Glaubens. So sehr hat Luther, troßdem einzelne seiner Worte und Saten weit und breit bekannt sind, seine Volstümligkeit verloren, so Meit iff uns der 31. Oktober 1517 gerüdt. Und Doch müssen wir ihm wieder näher kommen. Dazu wollen wir aber die Güter, die wir wirklich ihm bekdanten, uns Zar vor Augen Halten. Wenn man Die Frage nach Dem Unterschied des katholischen und evangelischen Christentums als Schulfrage , stellt, 9 Dat Die Antwort Ddavans richtig zu Taufen: Die Tatholische Kirche lehrt, daß der Mensch Die Sırgleit erlange dur, Glauben und Werke, Luther dagegen, auch den Glauben ‚altein. Allein dieser Ausdruck ist für uns zu einer Furmel geworden, ich daß nit nur ein Schüler nun erst recht nicht weiß, was er Luther verdanft und warum er Reit haben sol. Wir müssen heute in einer anderen Som und in einer anderen Sprache zum Ausdruch bringen, was Quther erlebt und gewollt hat. Nicht die Selbstständigkeit Der Bernunft, sondern die Selbständigkeit Des Gottesglaubens hat Quther aufs Schild erhoben. Er hat es gewagt, zu Gott die Augen aufzuschlagen und ihm frei und offen ins Angeficht zu sehen. Die 95 Thesen sind nichts anderes als ein Türner WAugenaufschlag zu Gottes Angeficht empor, das sich uns in Jesus Christus offenbart hat. Gott WAuge ins Auge zu sehen, it Der frommen Geele trefste ‚Sehmuch. Von dem Licht des Angefichtes Gottes bestrahlt zu ierden, ‚bon ihm angeredet Segel, Die Auhanhe Sad, aber ft Der Binderlich Die Bibel nac nicht geschrieben war, und ohne die Mittershhaft der Augenzeugen der heiligen Geschichte märe MIEMAIS ‚PURF CDIHHUHE, S begründet ebenso gewiß steht es feinem Menschen, feier noch » bach gestellt, zu, sich Dieses den Aposteln von Gott verliehene Recht ohne weiteres anzueignen. Man gewinnt den Gindrud, als ob Die katholischen Christen, ähnlich wie einst das Bol Israel am Berg Sinai, fürchteten, per Oattes Angesicht zu treten, als ob sie von feinem Licht geblendet werden konnten. So empfangen sie das göttliche Licht stets nur dur menschlichen Geist und Willen gedämpft und gebrochen, weshalb sie des Heils, das eben durc den Empfang des göttlichen Lichtes verbürgt wird, nie gewiß, des Friedens und der Ruhe, die solche Heilsgewißheit allein gewährt, niemals teilhaftig werden können, sondern in ewiger Ungewißheit unstät auf. Erden umher» irren. Sie künnen niemals mit Joh. 1, 14 befenden: „Wir irauten seine Herrlichkeit, eine ‚Hertlichkeit als des ein» gs Sohnes vom Vater, voll Gnade und Wahr Te Neben dieser Hauptfrage: ob der Mensch, an Gott glaubt oder nicht, ob er Gott oder die Selbstsucht zum Herrn seines Lebens macht, ob für ihn ein lebendiger sst oder ein blinder Zufall diese Welt regiert, haben alle anderen Fragen des religiösen Lebens diese Randbedeutung. Darum ist für uns evangelische Christen, wenn wir „Gott“ sagen, alles gesagt; und wenn wir uns für ihn entscheiden, so ist für uns alles entschieden. Darauf allein kommt eg an. Das ist das eine, was woh tut. Daber: Durch den Glauben allein! Was könnte daneben an) nach Bedeutung Haben, etwa ob ich ins Kloster eintrete oder nicht, ob ich gewisse „Fromme“ d. h. von der Kirche vorgeschriebene Werke vollbringe, aber auch ob ich Wein oder nur Wasser iinfen darf? Schließlich werden alle Stagen, Die Dies irdlische Leben betreffen, nebensächlich, Das ist Die große befreiende, erlösende Wirkung, die vom evangelischen Glauben ausgeht. In Gott verankert fein, beißt von der Welt frei sein. Weil aber Feine bestimmten, vorgetcriebenen Werte zur Seligkeit notwendig sind, al nicht Die Befolgung von sogenannten „evangelischen Beitschlägen“, können wir die GSittlichkeit in nichts anderem ruhen und finden als darin, da wir unser Bürgerliches Leben mit evangelischem Gottesglauben erfüllen. Unsere Sittlichkeit ist eine echt bürgerliche Sittlichkeit: die Liebe zum Nächten, die Treue in der Familie, der Fleis und die Tüchtigkeit im Beruf. Diese gewöhnlichen bürgerlichen Tugenden hat Luther wieder jhäten gelehrt und alles andere für menschliche Empfindungen erklärt. Daher nimmt der evangelische Chhrist eine der Welt zugewandte Stellung ein und sucht seinem Glauben in dieser Welt zum Sieg zu verhelfen. Darum ist es das Ziel jeder evangelischen Kirche, eine rechte Vollsfiche zu merden, die für alle Sorgen der Menschen Verständnis hat und all ihren Nöten zu helfen sucht. In der Sat: Kann es etwas größeres geben? Es hat noch seine Zeit gegeben, die Diese Sorderungen erfüllt gesehen hätte. Am mwenigsten gilt dies von unserer Gegenwart, wo sie ja öffentich verhöhnt werden. Welchen Sinn hat danach eine „höhere Sittlichkeit“, die lediglich den Hochmut einiger Menschen großziehen würde? Auch Hierauf tut uns Die Besinnung not, weil auch in evangelischen Kreisen ji autweilen Bochlichliche Bestrebungen, denen diese bürgerlichen Tugenden zu gewöhnlich sind, geltend machen. Zuther hat die 95 Thesen nicht deshalb angeschlagen, um eine Spaltung herbeizuführen. Er ist aus der kathalischen Kirche hinausgedrängt worden. Zu seinem größten Bedauernn kam es auch innerhalb der evangelischen Kirche zu einem Bruch. Die Schweiger gingen unter Ziwingis Führung eigene Wege. Darum ist es gewiß in seinen Geist gehandelt, wenn ein späteres Geschlecht diese Spaltungen wieder zu überbrüden suht. Mit der katholischen Kirche scheint ja eine Verständigung infolge ihrer Unduldsamkeit nicht möglich zu sein. Das hat ja der Weltfichenfongreg in Stodholm, wieder deutlich gezeigt. Aber die übrigen Kirchen künden die Einheit wiederfinden. Stodholm War der erste Schritt dazu. Wir hoffen, daß Weitere bald folgen werden. R—t. Modgenru in heftigen Morten "gegen den Generalsekretär des Unterrichtsministeriums, der Diejenigen Lehrer, die der Beranisterpartei angehören, indirekt in teuflischer Weise drangsaliere, wofür der Meder mehrere Beweise anführt. Der Justizminister Margescu erwidert auf die Angriffe Madgearus, er habe in seinem Rundsreiben sehiglich die Ckrichte angewiesen, von denjenigen, die un wegen Nichteintragung in die Wählerlisten appellieren, einen Nacpreis des Vollbesiges der bürgerlichen Nechte zu verlongen. Dieses sei nicht nur gefehllc, sondern sogar über Beranfassung der Baronisten veidehen, die Die Fepierung zu dieser Maßnahme aufgefordert hätten. Es entspinnt sichßs über die imwstand vzinrebga" Wortweschtsel z wischen Msnisherdems letzterse behduptkhdæthsing MRIMdW seiH eignet,die Richivepzvxweinfkuskstti.;T—Mks»uweisWsps unrkthmrüsmwgzurüæs EineGrkkärdMgzANDRE ani Unkerrichstswhnisær Angjelesmeckl särt auf MeWee in Genkeneue be an Barteipolitif betrieben, (Ironiiche Zritkkienrufe bei der Opposition „Ganz gewiß nicht! & it affesame Verleumdung: Große Seiterkeit). Angerescu verfriert jeuerdings, er be treibe nur Schulpolitik und habe zahlreichen Interventionen von zaranistischen Abgeordneten wegen Lehrern stattgegeben, die ihrer Partei angehören. Ark, in den von Madgearu erwähnten Fällen, habe er Lehrer, Die sich iihmere Disziplinar« vergehen zufculden kommen ließen, wieder rehabilitiert. (Seftige Ewiscenrufe bei den Zaranisten gegen den General“servetüren des Unterrichtsministeriums Valoari.) Mudgenru fordert in seiner Erwiderung dessen Maßregelung. Die Samk mer geht sodann zur Tagesordnung, über. Die Begleichung der Kriegsschäden. Es folgt die Debatte über Den Gelegentwurf wegen Eröffnung eines Kredites von 250 Millionen für Kriegsschäden.. Der Nationalparteifer ISpantiesch fordert eine gerechte Aufteilung Dieser Summe und Bearücsichtigung sämtlicher Kategorien, Zavanist Madgearu Fri«tiert in längerer Rede den vorliegenden Geierentwurf, Man trage der mißlichen Lage derjenigen, Die Dur die Kriegsereignisse um ihr Hab und Gut gekommen seien, nit genügend Rechnung, denn Die für Diesen Zwec aufgeworfene Summe sei volkommen ungenügend. In anderen Staaten hätte man besondere Steuern eingeführt, deren Geirägnis ausschließlich für die Wiedergutmachung der Kriegsschäden verwendet wird. Bintila DBratianu verwende aber hiefür nur ‚die Eingänge aus den normalen Steuern, Die aber bei weiten nicht um Dedung der hauptsächlichsten Staatsbedüfnisse weichem. Der Redner fragt Die Regierung, was mit Der großen Kriegsbeute geschehen sei, Die man in dem Iegten Kriegsjahren gemacht habe. Die hätte bei ordnungsgemäßer Verwendung zur Wiedergutmagjung zahlreicher Kriegsshäden dienen können. Der Nationalparteiter Pop verlangt, der Finanzminister möge bei der Aufteilung der Kriegsentschädigung den Bedirfnissen der Siebenbürger mehr Rechnung tragen. Die Antwort des Finanzministers Finanzminister Vintileratiickem verteidigt dbku Gntwurf in längerer Rede.Man könne diese heiklsesmap nicht zu ein Gegenstande finanzieller Versuche mache. Der gegenwärtige Zustand der französischen Kaanzer biete hiefür ein abschreckende Beispiel ankreichhabd Gelder für diesen Zcheck verwendet,dieseine finanzielle Leistungsfähigkeit bedeutend überschritten Bei uns hat umn in erster Linie darauf gesehet,dæß der staatswws agschlag nicht aus deleichgeswichtlithrmeerende dieser Frage seine größte Aufmerksam weit angll abU nicht mehr versprechet,als er könne. Die Aufteilung der Kriegseitschädigung für Siebenbürgen und Butowina sei deshalb verzögert worden, weil die vom dort angeforderten Daten verspätet eingetroffen seien. Der Entwurf wird sodann mit den Stimmen, der Mehrheit angenommen, am Höchstere Sıfüllung , wenden, . Aber: Parlamentsberich. Senatjigung vom 30. Oktober. Die Senatoren Bopa und Trufin bringen dem Abrbauminister mehrere Fälle von Mißbräucen bei der Bodenzuteilung zur Kenntnis. Der Minister versprach eine eingehende Untersuchung und Abhilfe. » Hammersatzung vom 30. Oktober. Errichtung der Landwirtschaftszenerale Unterftagisfetriär Cipoeanu spricht namens de Aderbauministers auf die gestrige Interpellation des Nationalparteilers Joaniescu wegen der Errichtung des Zentralverbandes der Landwirtschaftsfammern. Die Schuld an der Verspätung trage nicht die Negierung, sondern sie treffe die Landwirtschaftskammern selbst, die trotz wiederholter Aufforderung die notwendigen Vorarbeiten zur Gründung des Neutralverbandes noch nicht oder verspätet durchgeführt hätten. Er regt zum Nacweise seiner Behauptung einige Rundigwerbende Ministeriums vor, die auf diese Gemeinde wachten: ‚Abgeordneter Madgearu bekräftigt i) im Tangerer & if ein victiges G Sostem zum Berfärkung der Wahl- Yellen organisiert worden. In der Lanptstadt zwuren von 50.000 Wahlberechtigten mit 38.000 in Die Listen eingetragen w worden. u Liiften: sei dur] das Yehhte unbe Fa 23 Yufkizministeriums um die Gerichte, daß eine mpligierte Beweisführung bei ppelfen gegen die Nixfteintragung in die Liste defvetiert, sozusagen offiziell ge- 1. Nebember 1988 RE 18708 41 - Gine Desprechiung dringMnm Verbandm Berfrühte Nachrichten. Vorläufig nur Gedankenaustausch. ‚Bukarest, 30. Oktober. Die über eine bevorstehende Konferenz des Kleinen Verbandes Verbreiteten esten sind verfrüht. Vorläufig findet nur en Schiften zwischen den interessierten Regierungen statt. Ein Programm für Die Konferenz ist noch nicht festgestellt. Auch der Zeitpunkt der nächsten Konferenz der Kleinen Entente, die in Belgrad abgehalten wird, ist mach nicht bekannt.. Empfang des bulgarischen Gesandten. DBukarest, 30. Oktober, Der König hat heute Darmittag in Anwesenheit des Außenministers Duca dem neuen burgartigen Gesandten in Audienz empfangen und dessen Beglaubigungsschreiben entgegengenommen. Eine Besprechung Mihalaches mit Mania. Bufareft, 30. Oktober. ‚Mihalagest gestern in Bifareft eingetroffen und, hat. ‚eine längere Unterredung wit Maniu gehabt. ' Verfahren Bei Berufungen wegen s« M Wählerinien. Läftigminister Margescu hat an alle Bezirksgerichte eine DBerordnung erlassen, in welcher das Verfahren Bei Berufungen. wegen iier Zusammenstellung der Wählen« lüften . für Die. Gemeinde» ‚und. Komitatsiwahlen aeregee“