Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1928. Mai (Jahrgang 55, nr. 16452-16473)
1928-05-01 / nr. 16452
Alan Dintfchkun in Romain Schriftleitung: Beim Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: die Suftellung Lei 90— : mit Suftellung L 100 °—; mit Postversendung: Inland: L 100 —; Ausland: L 135 ° — Einzelnummer L 4 - Re. 16452 Hermannstadt, Dienstag den 1. Mai 1928 arafir. Zir. 33, Verwaltung: Nr. 25 — Lernsprecher: Schriftleitung Ar. 11; Vermaltung ir. 431 55. Lahegang ' u Er —. en — Dokumente zum Medinicher Banbatisizs. Vorbemerkung der Schriftleitung. Die Enteignung des Mediafcher Marfiplanes, der mit Recht als einer der schönsten Historischen Pläne des ganzen Landes betrachtet wird, zieht immer weitere Kreise und hält die Öffentliche Meinung des ganzen Landes nunmehr kn fortdauernder Erregung. Die kürzlich, gegen alles Net und ©efeb und zum Hohme unserer, ählichen Mitbürger in Mediajch erfolgte Umzäumung des unwiderzeitlich enteigneten Marktplates hat ihren Widerhall in der Mediajcher Dorfsversammlung gefunden, über die in unserem DBlatte berichtet, worden is. Die Wiedergabe der Interpellation des Professors Jorga, der dieses Vorgehen „eine wahre Surie von Bandalismus“ nannte und die Antwort 3 Ministerd Argetojanu, der vor der Kammer die Berpflichtung übernahm, das eine solche Handlung nicht zu Ende geführt werde, weiters der ausgezeichnete Aufrat des Abgeordneten Dr. Hand Hedrich zu dieser Frage iwawen auch ein Anspruch der allgemeinen Empörrung, die unser ganzes Vor durchzittert. In Nachfolgenden geben wir nun einige Dokumente wieder, die den himmelfreienden Fall in das rechte Licht jegen. Jr Uebriger behatten wir uns vor, auf diese Frage heimmächst zurück- Die Begründung der Enteignung. “ Am 25. November 1922 fand vor der Bezitkstom- _ Ankiston eine Zanfabung wegen der Önteigung von Baufressen an der Hermannstäpterstraße statt, zu der die Stadtgemeinde auch vorgeladen worden war, weil die Bodenantworrter auch die Enteignung von städtischem Chund verlangt hatten. Eine Vorladung zur Verhandlung des Ansuchens der vom,=orth. Kirchengemeinde wegen Enteignung . ‚eins Plate für die Kirche war überhaupt nicht eitloffen. Zur größten Weberwachung verfindete die Bezirkstormision den Beschluß, dab „zugunsten des Staates und aus Stunden der Öffentlichen Notwendigkeit‘ a Bauplas für die vom orih. Kirche eine Fläche von 940 Geviertilaftern vom Großen Marktplat (König Ferdinandplag) enteignet werde. Die Begründung, die die Bezirkskommission ihrer unter Bahr 1242/1922 R. U. getroffenen Entscheidung geb, lautet Bumie folgendermaßen: „Die Bezirstommission ist der tiefsten Weberzeugung, wo die Strichtung, einer großartigen romanischen Strrche in Mebiai, diesem Zentrum der Kultur, des Handels und der fremden Industrie, nicht nur eine unbedingte Notwen digkeit wegen den Gläubigen der Kirche, sondern auch eine Frage von äußerster Wichtigkeit für das romanische nationale Ansehen ist, da es sich um die Kirche der romanischen Staatsreligion handert. Für die Erbauung einer forschen Kirche ist in der ganzen Stadt der einzige geeignete Plan der in dem verfügenden Teil dieser Entfdeiung angegebene. Tiefer reift, werden die Sache vom jurtischen Standpunkte aus betrachtet, dad LuS der öffentlichen Güter nach § 287 des österreichischen Bürgerlichen Geseßbuches. Im Grundbuche flieht er nicht auf den Namen eines individuellen Eigentümers, er beisst auch kein Grundbuchsblatt, sondern wird bloß im topographischen Nummernverzeichnis gleich den Slußbetten, den Wegen und Stegen geführt. Aber als außer Dieser Erwägung kann der Große Marktplah nicht äoltiihes Eigentum sein, weil er in seinem Jahresindentar, das der $109 des 22. ung. Sejetartikels aus dem Jahre 1886 vorschreibt, enthalten ft. Wenn der Grundris anerkannt werden sollte, daß Der Plab Eigentum der Gesamtbürgerschaft der Stadt ist, so künnen auch iniesem Falle die romanischen Gläubigen, da sie doch mit der übrigen Bürgerschaft gleichberechtigt sind, mit vollem Rede vergangen, daß ein Teil des Plabes zum Bau ihrer Kirche bestimmt werde. Für die Jahr- und Wochenmärkte hat die Kommission ein passendes Terrain bestimmt, das an der Stadtg Grenze gelegen ist in der Richtung gegen Prerat. Uebrigens ist der Marktplan so groß, daß der Bau der Kirche die Abhaltung der Märkte nicht im geringen hindern würde. Die grundtäglichen Ausführungen des Nehtistertreters der Stadtgemeinde, die er bei der Verhandlung entwickelt hat, daß nämlich im Sinne der Art. 40 des Bodenreform....geleges für Schulen und Kirchen Terrain nur in Randgemeinden enteignet erden künne, ist nicht annehmbar, weil ‚die Romänen hier in Mediaih, wie auch in Schäßburg, Säihitsh-Reen, Bifttis, Mihag und in anderen Städten mit jächrlichem Charakter, fies am der Peripherie der Stadt gewohnt haben und auch fest wohnen und si mit Acerbau und Viehzucht befassen. Von diesem Standpunkt aus betrachtet sind die Unterdrücken von gestern als Dorfbewohner (!) zu betrachten und die mit Der Durchführung des Probenreformgesäßes betrauten Organe haben die geietliche Pflicht, sie mit Proben für Schulen und Kirchen zu beieilen und ihnen, die heute bei sich zu Hause sind, die Heiligen Tore der geistigen Lichter zu öffnen. Die Errichtung einer herrlichen romanischen Kirche auf dem Soßen Markt plage mit seinem mittelalterlichen, düstern Aussehen ist ein Gewinn für die ganze Stadt vom Standpunkt der Baufunst betrachtet. Sie würde ein Motiv wirklicher Heiterkeit und Anmut in Das Falte Aeußere, das dieser Pfab heute zeigt, bringen. Sie wäre aber auch ein ewiges Memento für alle, die es angeht, daß wir uns heute unter romanischer Herrschaft befinden. Die Enteignung ist auf Grund des Art. 40 des Bodens reformgesetes erfolgt.“ Die Berufung der Stadtgemeinde Mediaich. Gegen die Entscheidung legte die Stadtgemeinde selbstverständih Berufung Em. Die auch Dumd ‚mehrere hundert Bürger unterschrieben wurde. Wir entnehmen der duch den damaligen Stadtfilialen mit der größten Ge»willenhaftigkeit ausgearbeiteten Begründung der Berufung das folgende: „Der Beschluß derBezirkskommission it in formieller und meritorischer Beziehung ungeneslich, formell, deshalb, weil ein Ansuchen auf Enteignung des Großen Marktplages durch niemanden vargebracht und weil die Stadtgemeinde zur Verhandlung der Enteignung nicht vorgeladen worden ist. DieBezirkskommission scheint von der Vorausjegung ausgegangen zu sein, daß über die öffentlichen Pläne und Gafsen niemand zu verfügen habe, daß sie eine „res nuffius“ seien und Daß ‚infolgedessen auch niemand angehört werden müsse. Die Berufung auf Paragraph 287 des österreichischen, bürgerlichen Sesegbuches ist falsch, da dieser Paragraph über das öffentliche Gut handelt, das den Staatsbürgern zum ‚Gebrauche gestattet ist,und über das Staatsvermögen, das zur Deckung der Staatsbedürfnisse dient. Der Soße Marsiplag fällt unter die Bestimmungen des Paragaph 288 des erwähnten Gesehes, der das Gemeindegut und Gemeindevermögen behandelt. Beide sind natürlich unbestreitbares Eigentum der Gemieinde, der Unterschied zwischen ihnen ist der, daß das Gemeindegut zum unentgeltlichen Gebrauche alter Gemeindeglieder bestimmt ist, also sein Erträgnis abwirft, während nach dem Gemeindevermögen die Gemeinde Einnahmen bezieht, die zur Deckung der Gemeindeumlagen verwendet werden. Nach den DBastimmungen der Standbuchsordnung und der bezüglichen Ministerialverordnung ist in das Soundbudy nur das Gemeindevermögen einzutragen, das Gemeindegut nicht. Es steht den Gemeinden jederzeit Das Nacht zu, Gemeindegut in Gemeindevermögen umzuwandeln, also 3. DB. Die öffentlichen Paläse und Sasten der unentgeltlichen Dienüsung aller Gemeindeglieder zu entziehen, sie für Gemeindevermögen zu erklären und sie vorgrundbüchern zu hassen. Sole DBeiblüffe, hat auch die Stadt Mediath wiederholter Brach, sie sind oberbehördlich immer genehmigt und auch durch die Grundbuchsbehörden durchgeführt worden, au) nach dem Jahre 1918. Es ist nur eine logische Folgerung der im Greige aufgestellten Bestimmung über Gemeindegut und Gemeindevermögen, wenn der Paragraph 109 des .©.A. XXI aus dem Jahre 1886. vorschreibt, daß bloß das Gemeindevermögen alljährlich inbentarisiert werden muß, Denn nur Dieses wirft Doch ein Geträgnis ab. Das Gemeindegut kommt in diesem Sachverziänis selbstverländlich nicht. dor. Wenn die "Ansicht der Bezirfsiom‚mission richtig ist, so muß man fily do wundern, daß 8 auf dem ganzen Gebiete, in Dem unsere Standbuchsordnung und das österreichiichen bürgerliche Gesetz gelten, noch niemanden eingefallen is, die öffentlichen Blüte, Straßen und Satin usie, als „res nullius, kurzer Hand In Besit zu nehmen und dort sich ein Haus zu bauen oder einen Garten anzulegen, «. Die Behauptung, da durch die Bezirkskommission ein entpradender Plan für die Wochen- und abmärkte an der Stadtgrenze in der Richtung gegen Pretaiaufgeschieben worden is, entspricht nicht den Tatsachen. Die Bezirkskommission hat den ganzen außerstädtischen Stand der Sradigemeinde am 13. Juli 1922 enteignet, ohne irgendeine Verfügung zu treffen, welcher Teil dieses Gtandes dem erwähnten Zweck dienen soll. ES konnte Dies ja auch nicht geschehen, da der Grund am 13. Juli, der Marktplag aber erst am 25. November enteignet worden Da nach dem Hafen Wortlaut des Paragraphen 40 des Geheges nur in Landgemeinden Grund für Kirchen und Schulen enteignet werden darf, Mediarch jedoch seit Jahrhunderten eine Stadt ist, was selbst Die Besiekstonmission nicht bestreisen kann, ist Die Enteignung des Marktplages vollkommen ungesehlich. Sie ist für Die städtliche, aber auch für die Landbevölkerung, die ihre Erzeugnisse an Wocen- und Jahrmärkten in die Stadt bringt, von katastrophaler Bedeutung, da Mediarch k einen anderen Plas hat, auf dem die Märkte abgehalten werden können“. Diesomimislwmmission angesehen werden. ".." verhandelte am 20.Juni 192s über diese Bemfung.Sie" wies sie ab mit der Begründung, das nach den Ber fmmungen des Bodenreformgefeges nur Der Aderbauminister, die Grundeigentümer und Die Bodenanwärter besechtigt seien, die Entscheidung anzufechten. Aus Dem ganzen Geist des Bodenreformgesees, besonders aber aus den Punkten a) und i) des Paragraphen 65 gebe für hervor, daß als Eigentümer nur derjenige angesehen war den Tünne, der im Grundbuche ‚als solcher erscheine. Da die berufende Partei selbst anerkenne, daß sie im Grund buche als Eigentümerin des enteigneten Plages nicht ein“ getragen ei, müsse die Berufung als nicht eingereicht: Ueberprüfungsgesuch dein Agraer» ein, das noch ausführlicher gehalten war als die oben im Auszug mitgeteilte Berufung und auch, Bilder und Pläne des Marktplanes als Beilagen enthielt. Die Stadtgemeinde und jener Teil der Bevölkerung, der nm dr Snteigung des Marktplanes eine Ungejeglichkeit und eine schwere Schädigung für die Stadt sah, tat alles, um eine Abänderung der Entscheidung herbeizuführen. Die Stage ist auch an allerhöchster Stelle, selbstverständlich auch, und zuvar wiederholt, dem zuständigen Minister vorgetragen worden. Ueberall wurde zugegeben, daß Die Enteignung vollkommen ungeweglich sei. Umso größer war dann die Ueberraschung, aß das Agrarkomitee am 1. Oktober 1924 mit seiner Entscheidung Zahl 745 ©. Sr. die Berufung der Stadtgemeinde Derwarf Das Agrarkomitee gründet seine Entscheidung auf Dem en Paragraph 6, Bunft a) des Bodenreformgeietes, Der alle ländlichen und aufziertstädtischen(extrapiIaneleneral- Güter der juridischen Perssonen,also auch die Städte und Gemeinden enteignet, mit der vollkommen gejegwidrigen Behauptung, das im Sinne dieses Paragraphen die innerstädtlschen (intrapilanele urbane) Gründe der Enteignung unterliegen. Die erfolgte Enteignung des Marktprabes durch die untern Instanzen sei umso begründeter, als die Stadtgemeinde nicht bewiesen Habe, daß sie die Eigentümerin des enteigneten Palases sei (N). Es würde den Rahmen eines Berichtes übersteigen, und wir geben ja fest nur einen Bericht, wenn hier die Sntscheidung, die die verschedenen Instanzen getroffen habm,seiner Kritik,soweit diese nicht schonssn den Beisrufungen der Stadtgemeinden enthalten ist, unterzogen würden. Zu der Entscheidung des Agrarkomitees, gegen die eine weitere Berufung nicht möglich ist, wollen wir aber doch bemerken, ‚daß sie einfach unverständlich ist.. Wenn die unteren Instanzen aus den Gründen, die ja besonders aus der Begründung der Bezirkskommission , hervorgehen, die Enteignung vowmahn, so fügte das Agrarkomitee, das Lugdienhöchistten Richtern und Watnståin zusammengesetzt isie eine neue, völlig geregtwidrige Begründung hinzu, und es macht fast den Eindruck, als ob das Agrarsomster in Derlegenheit gewesen se wie es seine Entscheidung begründ dm soll.Die Vermutung ist nicht unb poeschtig adaßhieren. Die Stadtgemeinde gab Das Das EINS: »». a I des h A a « . ,· — . « H "-"-·:««-1M4MT:-Jztgrs «"--.-s«xs | «