Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1929. Januar (Jahrgang 56, nr. 16650-16674)

1929-01-24 / nr. 16669

Allgemeine Volkszeitung für das Deutschtum in Rumänien Schriftleitung: Hermannstadt, Honterusgasse Nr. 11, Verwaltung: Königin Mariastr. Nr. 25. — Lernsprecher: Säriftleitung Nr. 11, Verwaltung Nr. 431, Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Zustellung L 90­—; mit Zusteilung I, 100­— Sir. 16869 ;& ; mit Bostversendung: Inland: Lei 100 °— ; Ausland: L 130 °; Einzelnummer L 4— Hermannstadt, Donnerstag den 24. Januar 1929 56.. Sahrgang Mas will Barker Gilbert? Schweizer Brief, Genf, 17. Januar. (8. &) Daß Barter Gilbert der General­agent der heuten Reparationszahlungen gemäß dem Dawesplan ist, weiß natürlich in Deutschland jedes Kind. In seiner Eigenschaft unterstehen ihm verschie­­dene vom Dawesplan geschaffene Kommissäre, w­elche die einzelnen deutschen Einnahmen, soweit sie ver­­pfändet sind, überwachen. An ihn laufen Die deutschen Zei­tungen in Waren und Geld; er verteilt und über­­zeichntet und ihm obliegt auch nach der Transferflaufel der Schuß der deutschen Währung. Ueber seine Tätig­­keit und über den Zustand der deutschen Wirtschaft macht er Berichte, denen man allseits mit größten Interesse entgegenbricht und die nach ihrem Erscheinen von allen Seiten besprochen werden. Er hat sie da­­bei allmählich das Recht angemaßt, die deutsche Wirt­­schaft auch sonst zu beurteilen und ihr Rats ichläge zu geben; manchmal waren diese Ratschläge der Reichsregierung sogar angenehm — namentlich dann, wenn der Reparationsagent zur Sparsamkeit mahnte und die noch sehr von demagogischen Einflüssen ab­­hängige deutsche Regierung si­­­ieber auf den mächti­­gen Amerikaner als auf ihre eigene Einsicht berief. (Im dieser Beziehung war der seinerzeitige Völkerbunds­­kommissär der österreichischen Völferbundanleihe Zim­­mermann auch der Wiener Regierung oft ein willkom­­mener Bundesgenosse.) So ge­wöhnte man ich in Deutschland allmählich daran, den Reparationsagenten zuerst als unwohlwollenden Neutralen und schließlich selbst als Freund anzusehen. Gefragt auf ihn, hielt­­ Stresemann den psychologischen Moment für genommen, das deutsch-französische Problem „in seiner Gesamt­­heit“ anzuschneiden. Damit meinte Stresemann natürl­ich uit wirflich das ganze Problem, das außer Reparation und Räumung da­zu die Wie­­derherstellung der deuten Freiheit von allen ihren Lösfeln und einseitigen Bescränkungen, die Revision der unmögligen Grenzen, den Anflug usw. in ji begreift. Für Stresemann drehte er ft bloß um Räu­­mung und Reparation. Ohne einen Zusammenhang zwischen diesen Fragen zuzugeben und ihn sogar be­­streitend, kam am 16. September 1928 der Beschluß von Genf zustande, der die Einrichtung einer finanziel­­len Sachhverständigenkommission für endgül­tige und vollständige Lösung der­­ Reparation­­frage und weiters die Einrichtung einer Ausgleichs und Feststellungsk­ommission al Erlaß für die Räumung vorsieht. Bon Segterer ist vorläufig jedoch nicht weiter Die Rede. Ebenso wenig als von der Deut­­schen Freiheit. Mlles Interesse erstrebt sie Dagegen auf die Finanz­kommission. Heute ist man so unweit, daß England, Frank­­reich, Italien, Japan und Belgien ihre Delegierten der Reparationskommisssion bekanntgegeben haben, welche die Ernennung vollzog. Das war wieder ein formalistischer Zug Poincarés, der die von Frankreich) geleitete Repto über alles liebt. Deutschland ernannte seine beiden Delegierten und deren Kriegmänner selbst. Es sind dies in erster Linie Reichsbankdirektor Shaht­­und Großindustrieller Bögler; die Stellvertreter sind der Hamburger Bankier Melchior und das Direk­­tionsmitglied der deutschen Industrie Kaftl. Die Wahl Schachts hat einen guten Eindruck; der schon lange aus der Parteidemokratie ausgeschiedene Chef Der deutscher Nationalbank ist ein Gegner des Dammesplanes gewesen und scheint in Fragen der Reparationen weit weniger entgegenkommend als Stresemann. Herr Bög­­ler gehört der Industrie an, die die Reparationen haupt­­sächlich selbst aufbringen mus; von ihm ist scharfer Widerstand gegen Bonicare und selbst gegen Strese­­mann zu erwarten. Melchior und Kartl sieht man häufig im Völkerbunde, ersteren im Finanzkomitee, leteten in der Mandatskommission. Ein Einfluß ihrerseits war bisher nicht wahrzunehmen. Nun suhen die fünf in der Nepho „vertretenen” Regierungen und Deutschland zwei Amerikaner. Barker Gilbert ist selbst nach Washington gefahren, um sie dort persönlich zu ruchen. Er amtiert sogar im Finanzministerium. Die amerikanische Regierung hat inzipiell die Teilnahme zweier oder Dreier ihrer % \ PT « Ar Widersprechende Racichten über die Anleihe, Mitteilungen eines führenden Regierungsmitgliedes an den Vertreter des „SD, Tageblattes“. (Eigener Besephonbericht.) Heute nachmittag waren in Der Kammer Berüchte verbreitet, daß die­­ Anleihe heuge Dormittag 11 Uhr 55 Mengen in Paris unterzeichnet worden sei. Das Ereig­­nis wurde naturgemäß jeder lebhaft besprochen und er­­regte mehr Aufmerksamkeit als die im guoten und gan­zen uninteressanten Verhandlungen in dem Plenum Des Hauses. Um in dieser wictigen Stage nicht fehlzugeben, ersuchte Der Vertreter des „Siebenbürgisch- Deutschen Sageblattes“ ein führendes Re­gie­rung­smitglied um nähere A­ufklärungen in d­er Sage. Es mußte Dabei selbstverständlich in Be­trage gezogen werden, Daß selbst Bei beitem Willen unter Umständen seine befriedigende "Antwort ereben­t werden konnte, da­ss die Regierungskreise jeder eindeutigen­­ Auf­­lärung in den besten Tagen enthaften, um der Orefu­­gation nicht allzu große Nahrung zu geben. Umso wert» voffer #1­8, daß wenigstengs in negativer Weise die Auskunft gegeben wurde, daß die Stergeidh­­nung in der Sat noch nicht erfolgt ist. Darauf #t­resten Endes an zurückzuführen, Daß der für HK eute abend angesagte Ministerrat verschoben Bularest, 22. Januar, werden mußte, da auf der Sagssondraunung ausschlieh­­lic die erwartete Überzeichnung der Anleihe und Die im Zusammenhange damit zu faljenden Beischläse fanden. Die Sch­wierigkeiten der­­ Angide, von denen heute morgen sämtliche hauptstädtischen Bläser meldeten, daß sie durch eine wertgote Annahme des französischen Standpunktes Durch den Finanzminister beseitigt seien, bestehen nah, wie Dion in der Hauptsache darin, Daß die Regierung sich unter feinen Umständen bezüglich ihren weiteren Anleiheaktionen in der ferneren Zukunft binden m wollte. Me anderen Bedingungen sind, wie bereits gemeydet, angenommen worden. Immer“ bin Dabein wieder einmal jänkliche offizierten und ins offiziellen M­atrihren der Wahrheit widersprochen, als ie den Abschuß für Montag ankündigen. Mit‘ einer gewisen Wahrscheinlichkeit — für Die jedoch auch Beime Verantwortung übernommen werden kann — Ft nach unseren Informationen der Abschuß für morgen, Mit in Wiech, zu erwarten. Cs #ft jedoch anzunehmen, daß die Vegteuung den Absäruß noch einige Tage geheimhalten wid, um die Spebugarion innezuführen. STZBERTERANITETENE Bürger genehmigt, aber sie lehnt Die Ernennung ab und gibt ihnen offiziell au Feine S Instruktionen. Sie bewilligt nur zwei bis drei Amerikanern, ss von den sechs Regierungen des 16. September 1928 ernen­­nen zu lassen. Bisher steht offiziell fest, daß alle Ex­­perten, also auch die zehn alliierten und die zwei deutschen, von ihren Regierungen unabhängig sind, während diese Regierungen ihrerseits an die Fachmänz nerbeschlüsfe nicht gebunden sind. Boiicare erklärte erst allerjüngst, er sei nut besonders interessiert, denn wenn die Beischlüffe für Frankreich nichts besseres bringen, so bleibe F­ranfreid eben beim Dumwesplan. (In diesem Falle kommt es darauf an, ob bei Verminderung der bisher zur Daweszahlung verwendeten amerikanischen Anleihen nur die Transferflausel in Funktion stellt; auch müßte dann Poincaré das franso-amerikanische bei den Franzosen recht unbeliebte Schuldenabkommen ratifizieren, um fn der im August 1929 fälligen Zah­­lung, von zwei Milliarden Goldmann an Amerita an „kaufmännischer” Schuld zu entziehen.)­­ Und nun zu Barfer Gilbert Gein fester Vierteljahrsbericht, der der Expertenkommission bei ihrem gegenwärtig für Anfang Februar geplanten Zu­­sammentreten maßgebend vorliegen wird, hat ein übers­alls günstiges Bild der Deutschen Wirtschaftslage ge­­zeichnet und hat besonders auf die Leichtigkeit und Glattheit Hingewiesen, mit der Deutschland die Damwes­­taten bisher bezahlt hat. Herr Barker Gilbert hat nit gesagt, daß Deutschland mit Anleihen zahlt; er hat von den Millionen Arbeitsloser, von der schlechten Lage der Landwirtschaft, vom Hohen Zinsfug us. nicht gesprochen. Er hat dagegen die hohen sozialen Aus­­gaben betont und die vorzügige Ausrüstung der In­­­dustrie, die günstige Entwicklung der Bahnen usw. Alles Dinge, die zur Kapitalbildung führen können und führen werden, aber noch nit geführt haben. Er hat überhaupt die deutsche Situation von 1928 mit derjenigen von 1924, dem tiefsten Tiefstand der deut­­schen Wirtschaft verglichen; an einen Vergleich mit 1913 als fettem Normaljahr hat er nicht gedacht. Gewiß ist die deutsche Entwicklung 1924—1928 ungeheuer güns­­tig geraten, aber Deutschland steht trogdem noch immer nicht Dei 1913 und seine wirtschaftlichen Konkurrenten entwickeln sic) da auch. Sie stürzten nicht so tief, als Deutschland, das nicht der Krieg, sondern die Revo­­lution gestürzt hat! In­­ Deutschland ist jecht die Empörung und die Ent­ täuschung groß. Lestere namentlich bei jenen Kreisen, die sich ganz in die Arme des Reparationsagenten ge­­worfen hatten und sie ihn als einen deutschen Bot­­schafter bei Bovncare verwendeten. In Frankreich dagegen jubeln Bovncare und die Poincaristen; auch die übrigen Ausnießer freuen sich. Nur wenige Stimmen in Deutsch­­uad verstehen Die Lage, vor allen die „Deutsche Allgemeine Zeitung“. And man de Goiveiger sehen Mar. Barker Gilbert ist zuerst Amerikaner. Er kann also nur im Dienste amerikanischer Kapitalisten wirken, Denen er selbst angehört. Entweder im Dienste jener, die leiter Hr GLId zu guten Linien in Deutschland anlegen wollen und die daher Das Vertrauen der kleineren Geldgeber zu Deutschlands Entwiclung brauchen. Oder im Dienst jener von Morgan geleiteten amerikanischen Kapitalisten, die seit langen Jahren die Geldgeber Frankreichs und­ am Reparationsgeschäft interessiert sd. Die ersteren wollen die Erhaltung des Transferfchuses, der die privaten Schulden Deutschlands gegenüber den Re­­parationen bevorzugt. Die anderen wollen die Abs­chaffung des Transferfchuses, der sehr Teicht den­ Dawesgeldstrom abriegeln kann, um die Mark zu schüsen, während er die privaten Zahlungen trosdem durchläßt. Man sieht: zwei amerikanische Kapitalisten“ gruppen kämpfen um Deutschlands Jahrıun«“ gen und nun fommt­ die Nachricht, da WBarter Gil­­bert der Morgangruppe nahesteht. Und die aller« 2 legten Nachrichten besagen, Amerifa „empfehle“ neben Omen Boung die Ernennung — V­ierpont Mora­gans zum Simanzezperten! Also des Nußnießers de ftanzösischm Reparatith Gscheman uwfaßkwdaß wikmch vie greichskegmmngmktwgmv = einherstanden wäre, ja seine Grnennung mit den übrigen fünf Regierungen zusammen durchführte. Auf dem Standpunkt Bonicares, Deutschend Tönne so viel bezahlen, daß Stankreichs Schulden bei Amerika gedecht und ihm ein ausreichender Aeberfehuf für seinen „Wiederaufbau“ zur Verfügung gestellt werde, steht in der deutschen DOeffentlichkeit nur Die „Boffische Zeitung“. Die sonstige deutsche Weffentlichkeit bestreitet diese Möglichkeit für Deutschland und Der „Berliner Sofal«­anzeiger“ bringt aus der Feder des bekannten schwedischen Professors Baffel eine Artikelserie, die auf dem deutschen Standpunkt steht. Auch Bankpräsident Schadht hat sich schon zur­zeit, da er den Dawesplan bekämpfte, auf den gleichen Standpunkt mit dem Schweden gestellt. Von Direktor DVögler ist das gleiche zu erwarten. Mag nur die Reichsregierung diesen Delegierten nicht in den Arm fallen! Die deutsche Sozialdemokratie ist gespalten; die Mehrheit unter dem Reichskanzler ist seines­­wegs nachgiebi­g; leider gibt es eine sozialdemok­ra­­tische Minderheit unter dem Parteipräsidenten Breit- Theid, dem intimen Freunde des berüchtigten Giräffer Franzosen Salomon Grumbady,­ die alle französischen For­­derungen erfüllen will. Und was Frankreich will, schreibt im fetten Sonntage Saillang, soll die Schulden Englands, Frankreichs, Italiens uf. blatt der „Neuen Züricher Zeitung“ Joseph der offiziell verständigungsbereiteste Franzose, im Gesamtbetrage von Heute 30 Milliarden Goldmark übernehmen, u. dazu die Sonderforderungen Franften­d % 3 Yale, Fe er ei De ade WR. —­­ R FRE ne Fe a ER RER Beer a Aa 3er a. ER Harz­en "ee be AR­u­a

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