Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1929. Mai (Jahrgang 56, nr. 16748-16770)

1929-05-01 / nr. 16748

Mi­.t.16748 Die Verwaltungsreform wird von der Tagesordnung nicht abgefeßt. Bukarest, 30. April. Die „Iadreptarea“, das Dr­­gar General Aderescus meldet, haß die Regierung­en angesichts des in liberalen und averescanischen Krei­­sen herbeitretenden Widerstandes gegen die neue Ver­­waltungsreform nicht wagen werde, den Entwurf noch in Dieter Gession durchzubringen, sondern ihn von der Tagesordnung ablegen werde Demgegen­­über halten die der Regierung nahe stehenden Blätter daran fest, daß Dieses nicht geschehen werde, da Die Regierung seinen Grund zu einem Aufschub habe. Die Mverescaner bleiben den Vereinigungsfeierlichkeiten fern. Bukarest, 30. April. Die Bosispartei General Averescus hat beschoffen, eine stärkere politische Aktivität als bisher zu entfalten und dementsprechend im ganzen Land mehrere Versammlungen abzuhalten. Die erste dieser neuen V­ersammlungen fand Sonntag in T.­Severin statt, an der von Seite der Zentral­­parteileitung General Averescu, Tranen-Fafl, Sergius Niga, Ortavian Goga, Dtelereanu und P­apacostea teilnahmen. In seiner Rede glaubte Ge­­neral Averescu heraussagen zu künnen, daß die Wäh­­lerschaft in­ kurzer Zeit neuerdings befragt werden werde. Seine Partei mache im Gegensah zu den Na­­tionalz­aranisten seine Versprechungen, aber sie erwarte, daß jeder einsichtige Wähler sich dann zu ihr befen­­nen­ werde. Auf die See der Anarchie, die dur) Die gegenwärtige Regierung propagiert werde, antworte seine Partei mit dem Nume „nach Ordnung”. Bemer­­kenswert sind noch die Ausführungen des früheren averescanischen Ministers Trancu-Zafti und des früheren Ministers Detabian Goga, die beide ange­führten, daß diese Regierung nicht wert sei, das Ver­­trauen des Landes zu genießen, und daß die Ave­rescaner an den Bereinigungsfeierlich­­keiten in Karlsburg und Bukarest nicht teilnehmen werden, um nur den Eindruck zu erwecken, das ihre P­artei mit den Handlungen der Regierung, die alles verspreche und nichts erfüllt habe, einverstanden sei. Die Versammlung nahm im übrigen einen vollkommen ruhigen Verlauf. De Liberalen interpellieren wegen des Donauregimes. Bukarest. 80. April. Heute Dienstag wird die Kammer eine Sigung abhalten, in der für die Libe­­rale Partei der frühere Unterstaatssekretär Frana­­fodici an Die Negierung eine Interpellation über das Donauregime richten wird. Auflösung des Czernowiger Gemeinderates Bukarest, 30. April Durch Beschluß des Ober­­sten Verwaltungsrates wurde der Czernomißer Gemeinderat aufgelöst. In der nächsten Ei­­gung wird die neue, interimistische Kommission ernannt werden. Eine Frauenversammlung fordert das Frauenw­ahlrecht. Bukarest, 29. April. Unter großer Teilnahme der rumänischen Frauen aus allen Provinzen des gen Gledenditsch­-Dentkes Sgeßtatt Tagung des Preierausschufes für Minderheitenmengen. Die Wirkung der Denkschrift der Kleinen Entente. London, 9. April. Zum heutigen Zusammen­­tritt des Minderheitenausschusses bestehend aus Chamberlain, Adatshi und Dum­ones de Zeon veröffentlicht der diplomatische Mitarbeiter des „Daily Telegraph“ Auszüge aus der Denti­rift, die die Kleine Entente im Anschluß an die­ Bor- Schläge Stresemanns und Dandurands dem Wölkerbund überreicht hat. Der wictigste Teil der Dentschrift besagt, daß keine der gegenwärtig in An­­wendung befindeten Regeln für die Behandlung der Minderheitenangelegenheiten dur den Berferbund ohne Zustimmung der beteiligten Länder geändert werden künn. Die Berchläge der Vertreter Deutsch­lands und Kanadas werden als unanne­­mbar bezeichnet Die zweite Hälfte der Denfschrift suht die Nuslosigkeit und die Gefah­­ren der vorgeschlagenen Reformen nachzumessen und wendet sich insbesondere gegen eine Vertretung der unmittelbaren Interessenten im Ausschuß. Weiter nimmt die Denkschrift gegen die Forderung Dandus rands auf größere Oeffentlichkeit aller die Mindersc­heiten angehenden Fragen Stellung. Der bdiploma­­tische Mitarbeiter des „Daily Telegraph“ meint, daß der Berferbund über die geforderte schärfere Geheim­­diplomatie kaum wird ohne weiteres hinnweggehen füns­sen. In dieser Hinsicht sei die Entscheidung des in London zusammentretenden Dreierausläuffes tatsäcl­­ich mit der größten Spannung zu erwarten. Der herausfordernde Charakter der Dent- Schrift der Kleinen Entente habe sicher nut dazut beigetragen, Die Londoner Verhandlungen Hinter geschlossenen Türen stattfinden zu Iosien. Landes, fand gestern in der „Fundatio Carol” eine Frauendersammlung statt, in der die Einführung des Frauenmwahlrechtes gefordert wurde. Eine Abordnung von Frauen wurde mit der Ueberreichung einer Denfsärift an den Ministerpräsidenten betraut. Wie verlautet, wird diese Abordnung in den nächsten Tagen empfangen werden. Am 30 Juni allgemeine Handelskammerwahlen. Bukarest, 29. April Wie heute bekannt wird, wurden die Handelskkammerwahlen für das ganze Land auf den 30. Juni festgelegt Die Maifeier der Arbeiter. Das Umzugsverbot. — Seine Schulsperre. Bukarest, 30. April. Die sozialdemokratische Partei intervenierte beim Annenminister wegen des Verbotes freier Umzüge auf den Straßen am 1. Mai. In seiner Antiwort gab Unterstaatssekretär Jooani­ Bescu seinem Bedauern Ausdruck, daß d­iese mit Rücksicht auf die Öffentliche Ruhe und Si­cherheit nit gestattet werden können. Dagegen stehe der Abhaltung von Versammlungen in G Sälen und unter freiem Himmel außerhalb der Stadtgebiete nichts im Wege. " x Unterrichtsminister gibt im Zus­ammenhang mit der Feier des 1. Mai bekannt, daß die Schulanstal­­ten und die sonstigen dem Unterrichtsmini­­terium unterstellten Behörden am 1. Mai wie ge­wöhnlich arbeiten. Einvernehmen mit dem Zuckersyndikat. Bularefft, 29. April Handelsminister Mad­­gearu hatte heute eine legte Unterredung mit den Vertretern des Zuckersyndikates und gelangte mit ihnen zu einem Einvernehmen bezüglich der aus der Ruderindustrie zu Gunsten des Staates im Wege eines Gelegenttwurfes herauszuholenden neuen Ein­­fünfte. Nähere Mitteilungen wurden nicht ausgegeben. TREUE ’ Mittwoch 1. Mai 1028 Der Berliner Aufenthalt Hr. Schadts. Nuchwirkungen der unterbrochenen Sachverständigenberatungen. Berlin, 29. April. Der Dollarkurs hat si, wenn an nicht wesentlich, erhöht. Man betont offiziell, daß seine Ursache zur Nervosität vor« Banden sei und die Reichsbank verkündet, daß sie wieder in der Lage sei, die verlangten Devisen zum festgestell­­ten Kurs auszufolgen. Die Direktion der Neichsbank wird Mitte nächster Woche zu einer Lagung zusam­­mentreten. Dr. Schakht berichtet der Reichsregierung kein neues deutsches Angebot. Berlin, 29. April. Der Reichsbankpräsident hat im Laufe des heutigen Tages Besprechungen mit Mit­­gliedern des NReichsbankdirektoriums gehabt, die nie angenommen wird, der Vorbereitung der Dienstag und Mittwoch stattfindenden Generalrat­sigung der NReichsbank dienten. Diese Generals­ratsjigungen finden bekanntlich regelmäßig statt, bes deuten also nichts Besonderes, wie es auch eine Selbst­­verständlichkeit ist, daß an diesen Besprechungen der Präsident der Bank teilnimmt. Dr. Schadt wird Übri­­gen im Laufe des heutigen Tages dem sogenannten Reparationsausschug Des Reichstages Bericht über Die legten Geschehnisse in Paris erstatten, um die Neid­regierung über die Lage der Sachverstäm­­­­digenberatungen zu unterrichten. Die in der französischen und in Paris erscheinenden amerikanischen Regierungspresse aufgetauchten Vermutungen über ein neues deutsches Angebot werden von zustän­­diger deutscher Stelle nicht bestätigt. „Ein Sturz der Mark unmöglich.“ Berlin, 30. April. Wie der „Montag“ zur Aus­wesenheit des Reichsbankpräsidenten Dr. Shadt in Berlin erfährt, ist die frühzeitige Abreise Dr. Shadts aus herjenlichen Gründen erfolgt. Angeblich hätten Besprechungen nicht mehr stattgefunden. Nach den Be­­ratungen der deutschen­­ Reichsbank von Mittwoch seten Studentenfahrt ins Zuremburger Land, 3.—18. April 1929. — Ton Erhard Antoni. Schneedurchmwirbelte Aprilschauer schneiden unsers Ausfahrt am dritten Ostertag. Sonne und Dünnschnee­­mwolfen jagen in großen egen Dur­ Lahn- und Mosel­­terbe. Wir fingen und spähen der V­orheimat entgegen. Acht "Siebenbürgisch-jährliche Studenten. Es schwinden Schatten. Vom blanfen Himmel hebt sch Trier mit seinen Kirchen und Türmen und der D Mariensäule auf dem Schindelsberg ruhig ab. Dahinter furcht ji die Grenze ein, die das alte „Lucilins­burg“ von Deutschen Reihe trennt. Am Bahnhof der Hauptstadt erwarten und P­rofes­­sor Dr. W. Goergen, unser väterlicher Berater und geistiger Wegebner unserer Fahrt, und eine Studienab­­ordnung. Fest und herzlich ist der Handbruch zwischen uns. Spätnachmittagsonne leuchtet Über der Stadt, durch die wir bis zum Abend streifen. Burgartig noch die Altstadt von Quremburg, die ein tiefer Flußgraben umringt. Zwei große Brüden sind darüber zum ans­deren Stadtteil geschlagen. Und wie eine stolze Bastfort hebt sie der steile Brüdenring über den Graben, mit einer­ in der Blütenzeit blumenleuchtenden Terrasse geziert. Un der „Stuff“, mo wir zu Abend ejsen, grüßen­­ uns Heimatliche Teller und Krüge von den Wänden. Zu feillichem Aufschwung ist der nächste Abend gestaltet, Akademistersommers im Volkshaus. Rauschen­­de Begrüßungsfreude klingt uns entgegen. Deutsche Studentenlieder quellen aus jungem Mund. Ein Fran­­zose Hält die Festrede. Wir selbst dürfen unsere Tie­­ben Bosislieder singen und auch ein Feines Bühnen­­spiel in der Mundart ist uns eingeräumt. — Einge­­fünstelte Kameradschaftlichkeit steigt in allen studenti­­schen Herzen von hüben und drüben auf. Und zum Tanze führt man der von uns eine der lieblichen „So7­­fern“ von Luxemburg. Der nächste, don Negenwolfen verschleierte Tau führt uns in das von der Unrast großer Hütten- und Bergiwerke erfüllte Eid a. d. Wette. Professor Dr. 3. Heß, dessen Werk über Quremburgische Rollstunde demnächst erscheinen wird, kann uns sogar bei eins»­zelnen Eier Familien unterbringen. Das ist uns große Freude­n, fühlt man fi doch glei viel mehr an geheimelt und geborgen. Ein Stüc Luxemburgischen V­ollstums lernen mir bei einer Hausversteigerung kennen, die wir zufällig in einem Kaffeehaus mitan­­hören. — In Eich auch unser erster selbständiger Spiel» abend (Theater, Lieder, Musik, Lichtbilder von Sieben» bürgen). Darauf ein Nuhetag in Melch. Es überwiegt Bier wie sonst im Lande die lothringische Bauart der Häuser. Der hier gebräuchliche Brabanterpflug wird auf Schlit­­tengestell zu Feld gefahren. Doch war früher auch die Beförderung auf zwei Schleifhölzern bekannt, wie sie bei und im Emifchenfpfelgebiet vorkommt. Am folgenden Sonntag führt uns Dr. Thinnes jr. in die zum großen Teil unter seiner Leitung freige­­legten Grotten bei Schönfels, die z. T. noch aus der Römerzeit stammen und beim Volt als von Wichtel­­männern bevölkert gelten. Wundervolle Ausblicke auf das Eichtal eröffnen sie uns beim Weitergehen. Zum Kloster Marienthal („Mergendol“ “ bei uns Mergeln) der „weißen Herren” steigen wir ab. Airifamissionare in weißen Mänteln und roten Mühlen. Seitlich ist der Empfang in Hollenfels. Der Männer­­gesangverein erwartete uns mit seiner Fahne am Dorf­­eingang. Lehrer Kayser, ein Freund und Bekannter unserer siebenbürgisch-jährlichen Lehrerschaft, Hat alles aufs sorgsamste vorbereitet. Die Dorfbewohner selbst und sichtlich gerührt von dem Gleichklang der S­prache. Familiennamen wie Schuller, Baltes, Eljen kringen so heimatlich. Am Abend spielen wir in der Schule unser luftiges. Stüdchen und jung und alt lat mit. Unmeit von Hollenfels ersteigen wir die alte Anfem­­burg. Von hoher Zinne singen wir unseren Begleitern jährliche Lieder. Dann reißt uns eine Wegverästelung wieder auseinander. Allein. geht nach dem Norden, Am Abend sind wir in Ettelbrüch. Die einzige staat­­liche Aderbaufchule des Landes ist in einem veralteten Bau untergebracht. Schon aber ersteht ein großzügiger Neubau mit besonderem Saulhaus, Internat und einer Kapelle. Der Schule sind nur Versuchsfelder, sein Guts­­betrieb angeschlossen. Professsor Dr. Stoffel rennt uns­­eren Abgeordneten Sir Connerth von seiner Stud­ienzeit in Hohenheim. Eine Art V­ersfuhsring nach eutschem Muster ist mit früheren Aderbauschülern auf« gestellt. In leichtem Negen fahren wir nach Wil (mund­artlich Woulz — erinnert an unser Wölz). Herr Sin­­ner-Dupret aus Luxemburg juht uns mit seinem Auto auf. Er will im Herbst siebenbürgische Jagd kennen lernen. Die Wilger Mundart erinnert stärker als sonst an Südsiebenbürgen. Im „Islent“, dem Norden Luxem­­burgs, überhaupt fließt die Nede leichter zu ung. „Is­len?" mit feinen Schieferbergen und Lohheden und den rauhen Hochflächen! An ganz teilen Berghängen wird noch Korn gebaut. Die jungen Eichenstämme werden geschält, die Waldrasenschicht verbrannt, „gesengt“ (all die Schweine werden wie bei uns gesengt). Solcher Boden trägt gutes Korn auf kräftigem Stroh, mit dem Die Häuser gedeckt werden. Unser nördlichstes Ziel ist Elerf. Kaufmann 3. Kragenberg ist unser freundlicher Führer der Pfarre fire, Benedik­inerabtei (wo auch Dito, Sohn der Kais­­erin Rita, erzogen wurde), Wildparf und Burg — Wir spielen wieder. Dean versteht und. Auch der frühere Staatsminister Prüm fit im Saal Am nächsten Morgen trägt uns ein Auto zur Hochfläche hinauf. Die Osttürme der Hofinger Kirche erinnern mich auffallend an die früheren Osttürme der Stoßihenfer Kirche. Zwei von uns machen den Umweg über das Dörfchen Neidhausen, das ja auch an unser Harbachtaldorf erinnert. Etwas mühsam dann die Fuß­wanderung die Hochfläche hinab ins Urtal in scharfem Wind, der uns den mwässerigen Schnee entgegenflau­cht. Zalab an der deutschen Grenze über der glasflaren Ur. viele Strohbäder leuchten hier noch ihr mufiges Grün. Eine Bäuerin zeigt uug ein altes Spinnrad, das immer mehr in Vergessenheit gerät, mit dem „Roden“. An einer Rundung der Ur liegt Burg und Dorf Stolzemburg. Pfarrer Lahier Hat uns Unterkunft und Verpflegung besorgt. Auch ein gemütliches Stündchen Dee

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