Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1929. November (Jahrgang 56, nr. 16901-16926)
1929-11-01 / nr. 16901
Hex iS Kenn Seite 2 — Nr. 16901 Giebendingl-Deutiges Sageblatt Aus verwandten Gründen scheiterte Die Serabrüstungs- Konferenz des Präsidenten Goolidge im August 1927. Der Böllerbundpeaftt hat die Lage zwischen Amerika und England bedeutend verschärft und Der Kelloggpart hat nichs geholfen. England muß infolge seiner Gesamtlage in Kriegszeiten von Seehandel der Neutralen kontrollieren dürfen und können. Amerile will auch im Kriege Handel treiben, wo ein Gewinn zu erwarten ist. Im Krieg ist er erfahrungsgemäß viel größer als in Friedenszeiten! Der Bölferbund richtet Das Recht zu, Blocladen zu verhängen und der Bölferbundpaft ging ursprünglich darin sogar ziemlich weit. Die Entsceidung hätte Der Bölterbundrat zu fällen gehabt und eine Widerleglichkeit schien anfangs für Mitgliedsstaaten ziemlich fäcierig. Deshalb — neben anderen Gründen natisch — trat Amerika dem Böllerhunde nit bei. So braucht Amerita Blodadenau des Völlerbundes nicht zu beachten und der amerikanischen Macht gegenüber wäre der Völkerbund machtlos. Ein Konflikt Ameritas mit dem Völterbunde würde für ausschließlich der englischen Kriegsmarine zur Last fallen. Daher war Engeland seit 1920 ziemlich erfolgreich bemüht, mittels ges Ichichter Auslegungskräfte die Blodadebeschlüsse des Bölferbundrates unverbindlich zu machen Aber ganz ausgeschaltet war der Konflikt damit noch nicht einmal für Bölferbundblodaden, wo weniger natürli für eine von England allein verhängte Blocade, auf die England nur einmal dann ganz verzichtet, wenn es eine Arbeiterregierung hat. Der Kelloggpalt spricht eine sehr hart klingende Aechtung des Krieges aus, aber er gestattet den „legitimen Verteidigungs- Krieg“ ebenso, wie der Völterbund den Krieg gegen den „Angreifer“ gestattet. Wer der „Angreifer“ ist, würde der Völkerbundrat gerne unwidersprochen allein dekretieren wollen.Doch fehlt ihm zufolge der oben erwähnten englischen Auslegungssabotage und des Scheiterns des Genfer Protokolls vom 2. Oktober 1924 die Kompetenz. Für den Kelloggpatt gibt es zur Definition der „egitimen Verteidigung“ gar seine Stelle. € 3 künnte vielleicht sein, daß Amerika mit einem Bezieher Des Kelloggpattes seinen Handel würde treiben wollen; aber einstweilen würde Amerika selbst und allein bestimmen, wer D dieser „legitime Verteidiger“ “f. Das aber genügt weder England noch dem Völferbund. Da der Wölferbund seine geeignete Flotte befigt, um England zu blodieren, kann er niemals in die Lage kommen, England als „Angreifer zu erklären “ ebenso wenig, als der Wölferbund mangels einer den Franszosen gewachsenen Armee daran denken konnte, gegen F Stanfreih zu Lande vorzugehen. Man begreift, warum Steanfreih und England, wenn auch in verichiedenereise, Bölferbundanhänger sind. Der Berjuch des Völferbundes, Amerika zur Anerkennung des Haager Bölferbundgerichtshofes zu bewegen, der Dann eventuell dazu dienen könnte, den Völkerbund- oder Kelloggpatt auszulegen, it nicht gelungen. Amerifa it zwar Dem Haager Statut im Prinzip beigetreten, aber es Hat fi Das Nedjt bewehrt, per Abgabe eines Haager Gutachtens fi aus dem Haag zurückziehen zu dürfen, was ihm ausdrückliich nut als Linfreumdlichkeit oder verweigerte inter- Nationale Zusammenarbeit ausgelegt werden darf. Das Dann später vieleicht so erbrachte Haager Urteil bindet ein aus dem Haag zurückgetretenes Amerikta nicht. Man ist also genau so weit als vorher. Der Verlag Briands vom Juni 1927, jeden Krieg ohne Ausnahme zwischen Amerifa und Franfreid auszuschenken, miglang völlig. Amerifa lehnte einen Sonderpart mit FSrcanfreid sogar ziemlich ironisch ab. Eine geringfHätig-mißtrauische Auffassung Amerifas Hinsichtlich Sranfreih3 war Dabei nit zu bverfenner und «es brauchte einen Briand, um darüber hinnweggleiten zu können. MacDonald fhichte feine Schmeichelnd friedliche Netze nach Washington. Er fuhr selbst über das Meer. Der Widerspruch zwischen Belferbund und Kellngg»Pali trieb ihn hinüber. Man wird kaum jemals erfahren, was Hoover und Mac Donald abgemacht haben. Er seint, daß Mac Donald auf Schaffung einer Instanz ausging, Die mindesten zwischen Amerika und England und wenigstens den Kellogabart verpfilgtend auslegt. Diese Instanz brauchte gar nicht öffentlich in die Erscheinung zu treten; sie künnte auch in gewissen bündnisähnlichen, Die beiderseitigen Sertereisen ausgleichenden Seststellungen bestehen. Ob etwas und was gelungen ist, wird man auf der Zon- Doner G Seeabrüstung stonieren; im Januar 1930 und ‚bei der späteren Tagung der Vorbereitenden Büfferbundabrüstungskommission aus dem Verhalten der Admirale und Generale fliegen können. Man wird wohl für die beiden angeljährigen Marinen einen „oberen Rüstungsplafond" (Höchstrüstungsausmach) feststellen. Und man wird sehen, inwieweit die Admiralitäten in London und Weashington — natürlich in Befolgung der Weisungen der international und national allein verantwortlichen Staatsmänner — die erlaubten Grenzen ausnügen. Staatreich und Italien wollen ihre Nilfungsstreitigkeiten vorläufig zur See etwa nach dem gleichen Verfahren regeln. Zu Lande haben beide die denkbar größten Rüstungsmöglichkeiten, doch hal das ärmere Sitalien davon deinen vollen Gebrauch und Staatreich fühlt sich militärisch an einem wollreicheren Italien gegenüber des Grieges völlig sicher. Die Seerüstungen sind no) viel teuerer als die Landrüstungen. Die Rüstungsgleichbefestigung wird Frantreich den Italienern auch zur See kaum lange mehr bestreiten können, aber Frankreich fürchtet die italienische Marine mehr als das italienische Heer. Es scheint, wie wenn Frankreichh den ihm mit Italien gleich hoch festzustellenden „Seerüstungsplafond“ so Hoc anregen mollte, daß das ärmere Italien, das seine deutschen Milliardentribute bezieht, einfach nit nahhkommt und die französische Marine derart überlegen bleibt. So sieht er jet mit dem Pazifismus aus... Zur Regierungsumbildung Neue Schwierigkeiten und Kombinationen Bukarest, 31. Oktober. Das Problem der Regierungsumbildung wird, wie „Gurentul”‘ behauptet, da- Dur‘), kompliziert, daß si Die Forderungen der zaranistischen Minister nicht nur auf Verteilung der Ministerien beziehen, sondern auch gegen junge Personen richten. Deren Aufnahme in Die Regierung fi Die Baronisten noch immer widerlegen. Das Blatt behauptet, der Michel Bopono sei, um ihm eine Genugtinung zu bieten, zum Sommerpräsidenten gewählt werden wird. Eici-Bop werde das Präsidium des Rates der nationalen Verteidigung oder das Justizministerium übernehmen. Im festeren Fall werde Junian das Innenministerium erhalten und zum Witerstaatssekretär Dr. Aurel Dobrescu haben. Baida-BoevoDd übernehme dann das Außenministerium an Stelle Mironescus, der ji für längere Zeit aus Gesundheitzradsichiert ins Ausland begebe. Das Verkehrsministerium werde Eduard Mirto und das Arbeitsministerium Dr. Lopanigescu anvertraut werden. Madgearu erhalte das Finanzministerium, 9ugojaru das Industrieministerium. Zum Unterstaatsen im Ministerpräsidium werde Gafencun ernannt werden. Der liberale Laupikongreß doch heuer Ein veues Blatt Argeisianus Bukarest, 31. Oktober. Der Liberale Barteilungreß ist auf den 8. Dezember festgelest worden. Man hofft, daß bis Dahin der Konflikt Vintila Bratienu-Argetoianu, der bis fest an keiner der Kundgebungen der Partei teilgenommen hat, beigelegt sein wird. Wie s von anderer Geste verlautet, sollen diese Meinungsverliedenheiten jedoch bereits beigelegt sein. Argetoianu wird am 1. November eine Zeitschrift „Saptamana politica” herausgeben, in der die Seen der nationalliberalen Partei vertreten werden sollen. Freitag I. Nobentier 1929 Ein Angriff gegen den V Patriarchen ‚Ungefegliche Beziebung von Pfarrstellen in Bukarest? Bukarest, 31. Oktober. Unter der Heberchrift „Ein Hohes Beispiel der Ungefehlichkeit” befaßt si der heute erschienene „Euvantul“ mit den von Patriarch Miron vorgenommenen Ernennungen in erledigte Pferrstellen in Bukarest. Das Blatt fehre ist, Das Die Ernennungen im Sinne des Geldes von dem Verwaltungsrat des Erzbistums hätten vorgenommen werden müssten. Durch das Gejeb Lapedatır sei dem Patriarchen jedes Recht genommen, sich in Verwaltungsangelegenheiten eingemengen. Die zurückgewiesenen Beiwerber vor Pferrstellen, werden, wie „Cubantul“ behauptet, zur Wahrung ihrer Rechte den Rechtsweg betreten. „Zur Wiederherstellung des Ansehens der Regentschaft“, so sagt Das Blatt anschließend wörtlich : „Die das Land in höchstem Grade interessiert, fragen wir Die Regierung: Was gedenkt sie zu tun, um Diese wiederholte Nißachtung des Gewebes von so Hoher Stelle zu verhindern?” Rationalzaranistiiche Amtwort-Stundgebung Bukarest, 31. Oktober. Am 10. November, dem Jahrestag der Betrauung der Nationalzaranisten ,mit der Regierungsbildung, findet in Bukarest ein fron= greß der nationalzaranistiigen Parteiorganisationen der Komitate Zlfov und Vlasca unter Vorsig Unterstaatssekretärs D. R. Joaniescu statt. Die Regierung beabsichtigt, Dieser Tagung eine besondere Aufmerksamkeit zugumwenden und sie zu einer Gegenfundgebung auf Die averescanische Veranstaltung von Sonn= tag auszugestalten, &3 sollen allein aus den genannten beiden Bezirken ungefähr 40.000 Teilnehmer in der Hauptstadt versammelt werden,wodurch der Beweis erbracht werden soll, da die Negierung nach wie vor von Den Bollsmasjen unterstüßt wird. Die Teilnehmer am Kongreß werden, wie es von Geiten der Anerescaner geschehen ist, eine Straßenkundgebung veranmte Der Borbermarsch soll ungefähr 5 Stunden ein. Kiitik im eigenen Lager Bukarest, 31. Oktober. Im „Adenerul“ befaßt sich Cerutator mit der allgemeinen politischen Lage und beschuldigt Die Negierung, seit dem Tode des Regenten Buzdugan mehrere Fehler begangen zu haben. Einer Dieser Fehler sei bei der Regentenwahl nicht etwa Dadurch begangen worden, daß Die gewählte Berfünkichfeit nicht geeigniet sei, sondern dur die Art und Weise, wie die Wahl durchgeführt wurde. Ein schwer wieder gutzumachender Fehler jinu der erzwungene Rücktritt Bopopicis. Die unverzüglige Umgestaltung des Kabinett sei nötig, um Diesen Sehler auszumerzen. In der Agitation des General Averescu erblicht Serutator ein Manöver der Liberalen, die aus ihre selbst Nasen ziehen wollen. Von einem Rücktritt der Regierung und der Berufung einer nationalen Regierung künne gegenwärtig mit Die Rede sein. Die Wirtschaftslage des Landes fünne nur zur Fortlegung der Aktion der Regierung gerettet werden. Aber auch Anerkennung Bufarest, 31. Oktober. Zu den Beschlüssen des Ministerrates bezüglich der Vorfälle von Qupent foyreibt „gupte" in Ausdrücken der Anerkennung, daß zum erstenmal eine Regierung die Schuld eines hohen politischen Beamten zugegeben und ihn bestraft habe. Das Blatt führt verschiedene Fälle aus der Vergangenheit an, in denen schuldtragende hohe Beamte ohne Strafe davon gekommen seien. Die Liberale Bartet sei seinestwegs berechtigt, das Vorstehen der Regierung in der Frage von Lupeni herabwürdigend zu beurteilen. Die Ereignisse von Lupeni dürften nit politisch ausgebeutet werden. Zu der gleichen Frage äußert sie neuerdings auch „Adevernl“, das die verhängten Strafen nur als Beginn einer Genugtuung zu betrachten seien Die Deffentlichkeit habe den Eindruck gewonnen, dag die Regierung, deren Tätigkeit eine mehre Wera bedeuten sollte, eine zögernde Haltung einnehme, sobald es sie Darum handle, den Parteigeist von Sitevesjen höherer Gerechtigkeit zu opfern. Die nationalzaranistische Regierung, die auf Grund des Vertrauens der Oeffentlichkeit zur Macht gelangt sei, Habe zum Unterschied von aberescanischen u und liberalen Negierungen die öffentliche Meinung nir außer Acht lassen dürfen Die Beichlüfse, die im Testen Ministerrat gefaßt wurden, seien ein Beweis dafür, das die Akte der Unentschlossenheit überwunden wurde ,3 sei zwar bedauerlich, Daß Diese Beichlüsse exitießt zufriende Tamen, die Deffentlichkeit begrüße sie jedoch auch Heute mit Genugtuung, Da sie einen glüliihen Präzedenzfall getroffen haben. Zur Beschleunigung des Haushaltplanes Bukarest, 31. Oktober. Heute vormittag hatte der interimistische Finanzminister Madgearu sämtliche Generalsekretäre der einzelnen Ministerien in das Finanzministerium berufen. Der Minister legte Die Notwendigkeit der rasheiten Schaffung des Staatsporanschlages dar und forderte die Generalsekretäre auf, alle Anstrengungen zu machen, um die Vorlage der Budgets der einzelnen Nessorts in längstens acht Tagen zu ermöglichen. Um Dies zu erreichen, wurde verfügt, daß die Generalsekretäre ihre Arbeit innerhalb Dieser Frist ausschließlicher Fertigstellung der YBuds gets zu widmen und sämtliche Empfänge zu fistieren haben. Der Konferenz wohnte auch der französische Sachverständige für Buchhaltung Poision Bei. Rekordhettenfrend Bukarest, 31. Oktober. Mit dem gestrigen Tage verfügte der Staatziheh über 218 Millionen Zei, eine Rekordsumme, wie sie schon seit Jahren nicht mehr zu verzeignen war. Entwurf zum englisch-rumänischen ssandelsvertrag Bukarest,31.Oktober.Die englische Gesandtschaft überreichte heute im Namen der englischen Regierung dem Außenministerium den Entwurf zu einem englisch-rumänischen Handelsvertrag Der Inhalt des Entwures wurde sofort dem Handelsministerium zur Kenntnis gebracht Die Pensionierungen Bukarest,31.Oktober.Im Sinne der letzten von der Regierung gefaßten Beschlüsse wird in der Frage der Pensionierung der Staatsbeamten keinerlei Ausnahme gemacht werden.Jeder Staatsbeamte,der am November das 6.Lebensjahr erfüllt oder 70 Dienstjahre erreicht hat,wird in den Ruhestand versetzt.Die Gesamtzahl der zu Pensionierenden beträgt 1700,ausgenommen die Beamten der autonomen Institutionen wie Eisenbahn,Post usw.Beim Finanzministerium einschließlich der Monopolregie werden sYO Beamte in den Ruhestand versetzt Eine sehr geringe Ans zahl höherer Beamter,die pensioniert werden sollen, werden nach der Versetzung in den Ruhestand verschiedenen Diensten der autonome Institutionen zugeteilt werden, « ser Die Krise der Osttribute Rückwirkung auf die Sadger 2. Konferenz Bukarest, 31. Oktober. In einem Auflas, der sich mit der Vorgeschichte der Konferenz über die Distribute und mit der Optantenfrage befaßt, führt heute die „Supra“ aus, daß die „ungerechte Forderung Ungarns nir von sämtlichen Verbindeten mit genüsgendem Nachydruch abgelehnt wurde.” In den gegenwärtigen Lage seien zwei Lösungen möglichzentiweder bräche der Youngplan infolge der Weigerung Rumäniens oder der Tichechoslowakei, den Plan zu unterzeichnen, zusammen oder es werde „im Sinne der Friedensberträge” ein Beschlag ohne Zustimmung Ungarns erbracht. Die „Lupta” gibt der Hoffnung Ausdruck, dab Die großen Verbündeten endlich auf Seite Rumäniens und nicht der ehemaligen Feinde treten werden. (Die „großen Verbündeten“ haben heute andere Absichten als vor 10 einhalb Jahren. Ungarn hat starke Freunde und mit dieser Tatsache muß jeder rechnen, der sich nit irren will.)