Siebenbürgisch-Deutsches Tageblatt, 1932. Juli (Jahrgang 59, nr. 17759-17785)
1932-07-22 / nr. 17777
— Taxele plätite in numärar ord. Dir. Gen. P. T.T. 223720/926 Allgemeine Volfszeitung für das Deutschtun in Rumänien Schriftleitung: Hermannstadt, Honterusgasse Nr. 11 Fernsprecher: Nr. 11 und Nr. 130 — Verwaltung: Königin Mariastraße Nr. 25 Fernsprecher Nr. 237 — Bezugspreis für einen Monat: Hermannstadt: ohne Zuftelung 9 Lei; mit Zuftelung 100 Lei; mit Bostversendung: Inland: 100 Lei; Ausland: 135 Lei. Einzelnummer 5 Lei Nr.17777.Hermannstadt, Steitag den 22. Juli 1932 59, Jahrgang · nee Diese r echten Ansprüche n.In seinen Erklärungmindieresse hat Ministerpräsident Baida am 19.d.M.bezüglichdw Volksminderheiten Rumäniens den kurzen Satz gesprochen,die rumänische Regierung sei für Erfüllung der gerechten Ansprüche der Minderheiten.Dieser Satz enthält eigentlich alles,was wir als Mnderheiten verlangen können Wann unsere gerechten Ansprüche befriedigt werden so hab m wir weiter nichts mehr zu wünschen Und doch müssen wir sagen daß wir den kurzen Lastz lieber in weniger allgierismer Fassung gehört hätte Daß eine Regierung die gerechten Ansprüche an Staatsbürgern erfüllen wirh ist vollkommen selbstverständlich;das Gegenteil davon ist gar nicht denkbar.Es bleibt aber die Fragse offem weig wies denn diese gerechten Ansprüche sind:Wir wisse es,was.wir selber verlangen,wisse aber nicht,wie weit die Regierung unsere Wünsche als»gerecht«tunsieht Und so hätte es nicht geschadeh wemt der Mnisterpräsident mit zwei Worten erklärt hätte,ettwa daß die Ansprüche der Minderheiten sich un auf die Karlsburger Beschlüsse und auf den Minderheitenvertrag vom 9.Dezember»1919 stützten und,bin dies subsiding eig.,der Rahmen für die Lösung der Minderheiten fragte gegeben sei. € 3 erscheint wohl zu früh, an Die neue Negierung mit eingehend formulierten Wünschen heranzutreten. Schon aus dem einfamen Grunde, weil wir heute noch nit tiijen, wie die fommende Regierung eigentlich beschaffen sein wird. Wie es heißt, sieht sich die nationalzaranistische Partei, die in den Wahlen nicht die Mehrheit erreicht hat und nur mit Hilfe jener mehr als zweifelhaften Verfügung des Wahlgejdes über die sogenannte Prämie die Mehrheit der Mandate erhalten wird, nicht als berechtigt an, die Regierung allein zu bilden. Es ist nur unwahrscheinid, dag man doc eine Konzentrationsregierung oder zum mindesten eine Koalitionsregierung, die sich außer auf die national zaranistische audy no auf eine zweite rumänische Partei stößt, gebildet wird. Damit aber fannt man unwohl ala fiher recinen, daß die Nationalzaranisten und unter ihnen in erster Reihe Merander Baida der fünfzigen Regierung angehören werden. Da erscheint uns doc die Erwartung nicht unangebracht, da& Diese Politiker, die die Karlsburger Beischlüsse geschaffen und den Minderheitenvertrag unterschrieben haben, als einen ihrer Beiträge zu dem Programm der neuen Regierung Mar umscriebene und im Einde jener grundtäglichen Festlegungen gehaltene Forderungen bezüglich der Minderheitenfrage aufstellen werden. Es und ja erst 16 Monate vergangen, seit wieder die nationalgaranistische Partei an der Regierung war. Die hatte, wie gesagt wird, nicht die Zeit gehabt, ihre Versprechungen betreffend die gewegliche Regelung der Minderheitenfrage zu erfüllen. Wie erinnerlich, war das fest zugesagte Minderheitengeset über das Stadium der ersten Vorbereitung nit Hinausgenommen Ein Mann, zudessen guter Gesinnung wir volles Vertrauen haben, USIS, Ghita Pop, hatte eben seine Studienreise in andere europäische Staaten mit nationalen Minderheiten beendet und sollte angeblich seinen Bericht darüber dem Ministerpräsidenten Miromescu einreichen. Da wurde die Lage des Kabinetts unsicher und sehr bald darauf kam es zu dessen Rücktritt und zur Bildung der Regierung Sorga. Was Ghiga Pop ohne Zweifel mit viel Fleik und Gewissenhaftigkeit an Material zusammengetragen und an Schlußfolgerungen daraus gezogen hatte, ist ja nit verloren, die neue Negierung braucht e8 nur eben Dort wieder einzufegen, t wie sie ihre Arbeit vor anderthalb Jahren im Stiche waffen mußte. " Wir heben nur Dieses eine grundjägliche Moment hervor, die Schaffung der Rechtsgrundlage, auf der sich die Lösung der Minderheitenfrage in Rumänien aufbauen soll. Alles andere fest vorzubringen, wäre, wie schon gesagt, verfrüht. Wir wollten aber nur eine bescheidene Erinnerung und Mahnung ausspreen. Wenn wir sie an Merander Vlaida-Boevod, den gegenwärtigen und möglicherweis auch Finffigen Leiter der rumänischen Regierung, richten, so tun wir es im Verdenken am ein gutes Wort, das er vor wenigen Morgesten selbst gesprochen hat. Anfang April brühte er in einem Interbieiv mit der „Zupta“„ seine Ueberzeugung aus, daß ohne Die Lösung der Minderheiten frage immer wieder Schwierigkeiten entstehen werden, die jede Verständigung verhindern. Dieser Say enthält nicht eine Versprechung, eine solche hätte wenig Wert. Denn im der Riolitis sind Versprechungen meist vergänglich, wie der Schaum, der auf Dahinfliegenden Wellen bildet, sondern es ist der Ausbruch einer Elfenminis gewesen, die es bei ersten Männern nicht von heute auf morgen zu ändern pflegt. Wir sind überzeugt, daß Baidano auf derselben Grundlage steht, wie vor einem Vierteljahr und zu wünschen bleibt uns nur, daß er die Kraft haben möge, aus solcher Erkenntnis an die praktischen Folgerungen abzuleiten. Geschieht dies, damit es uns um die Erfüllung unnserer gereiten Ansprüche nicht bange! ««Y;·«sGtchtliM-Doku«—metikenän tatkräftiges Eingreifen der Deutschen Reichsregierung in Brengen Enthebung der unbotmäßigen preußischen Regierung — Ernennung Des Reichskanzlers zum Regierungskommissär in Preußen Die in unserem gestrigen Berliner Bericht mitgeteilte Ankündigung, daß die Reichsregierung in dem Kampf zur Niederringung des Kommunismus gesgebenenfalls„ über die Versammlungsverbote hinaus weitere Maßnahmen treffen werde, Hat sich sehr “bald erfüllt. Heute, Mittwoch den 20. d. M., kommt die hochwichtige Meldung an Perlin, Daß die Reichsregierung mit vollster Entschiedenheit gegen die preußische Regierung aufgetreten ist, die sich aus Parteimäßigen Gründen den gegen den Kommunismus getroffenen Anordnungen nicht fügen wollte. Sie hat das Kabinett Braun kurzerhand enthoben und damit ein Haupthindernis der Herstellung der Ordnung beseitigt. Im Nahttef enden unsere Berliner Meldungen: Widerspenstigkeit der preußischen Regierung Berlin, 20. Juli. Heute vormittag hat Reichskanzler vd. Papen einen Vertreter der preußischen Regierung zu sich gerufen. &erjchten Innenminister Severing, dem der Reichskanzler mitteilte, daß er vom ihm E Sicherheiten dafür verlange, daß in Zukunft Ausschreitungen der Kommunisten in Breugen nicht mehr geduldet und ihre Terroratte verhindert würden. Severing wies dies Verlangen an« gesichts der gegebenen Sachlage zurück, worauf ihm der Neichskanzler mitteilte, daß er sich dann genötigt sähe, vom Reichspräsidenten eine Notverordnung zu eriwirten, die ihm die Regierungsgewalt in Preußen übertrage, und das Ministerium Braun zu entlassen, was auf Grund des Paragraphen 48 der Verfassung vomeichspräsidenten geschehen künne. Severing protestierte gegen Diese Auffassung und teilte mit, daß die preußische Regierung sich einer solchen Verfügung nit beugen und nur der Gewalt weichen werde. Die Enthebung Die enthoben-n preußischen Winkler verharren in der Widersetzlichkei t Der Reichskanzler führte dann mit dem Neichspräsidenten ein kurzes Telephongespräch, in dessen Verlauf er die erbetene Ermächtigung zu den angekündigten Schritten erhielt. Kurz darauf erschienen die Verfügungen im Neichsgeiegblatt, mit denen Reichstanzler vd. BPapen zum Regierungskommisssar in Preußen und der Essener Oberbürgermeister Bracht zu seinem Stellvertreter und Innenminister ernannt wurden. Im Besitz Dieter Vollmachten verkündete Paapen in einer Ertraausgabe des preußischen Amtsblattes für Brandenburg und Großberlin den Ausnehmszustand. General Graenstädt wurde zumberkommandanten der Stadt und Vororinz ernannt und die Reichswehr in Marm bereitschaft gefest. Öffentlichen Gebäude wurden mit militärischen Wachen belegt, Panzerautos und Maschimengeswehre überall aufgestellt, was bis nachmittag 3 Uhr vollzogen war. Der Neichstommissar für Preußen hat in einer weiteren Verordnung den Polizeichef von Berlin Grefinsti und seinen Stellvertreter Dr. Weih des Amte enthoben. Berlin,20.Juli.Die preußische Regierung hielt einen Miisterrat ab und beschlodMchicik verfügung seine Folge zu leisten, die Minister werden ihre Wenterr nicht übergeben , ist unbekannt, wo ji Das preußssche Kabinett nun aufs hält. Jedenfalls hat es sich an das Reichsgericht mit einem Protest gewandt. Berlin, 20. Juli. Die bisherigen preußisgen Minister hielten um 11 abe 30 Minuten eine Beibrechung ab, doch sollen sie gleichzeitig an dem bisheriger Ministerpräsidenten Braun eingeladen worden sein, in dessen Amtsräumen eine Beratung abzuhalten. Gegen 11.35 Uhr wurde die Wache im R Reichskanzlerpalais, wo ei vorübergehend an die Wohnräume des Reichspräsidenten befinden, um einen Zug Infanterie mit einem leichten Maschinengewehr verstärkt, weil Ministerpräsident Braun angeblich nicht zurücktreten will. Die amtliche Meldung Berlin, 20. Juli. Amtlich wird mitgeteilt, daß im Sinne der Verordnung vom %. Juli der Reichskanzter zum Kommissar für Breusen neben der Führung seines ständigen Amtes betraut wurde. Ministerpräsident Braun und Innenminister Severing sind ihrer Vemter enthoben worden. Die Betrauung von PBapens und die erwähnten Enthebungen berühren jedoch weiter Die Selbständigkeit Preußens im Rahmen des Reiches nicht. Die Neidigregierung hofft vielmehr, das der Ausnahmezustand bald beendet werden wird. Doch stellten die blutigen Unruhen, die von den Kommunisten hervorgerufen wurden, die Neidregierung vor die Notwendigkeit einer Entscheidung und zeitigten diesen verantwortungsvollen Entschluß. Während in den übrigen Teilen des Reices infolge der straff organisierten Polizei keinerlei Ruhestörungen zu verzeichnen sind, mußten in Preußen besondere Verfliegungen getroffen werden, obgleich die örtliche Polizei in den meisten Fällen vollauf entsprochen hat und die Polizeibeamten in jeder Hinsicht ihre Pflicht taten. Weitere Enthebungen preußischer Minister Berlin, 20. Juli. Der Reichskanzler von Bapen hat die preußischen Minister Hirtsiefer, Steiger, Klepper, Scheiber und Schmidt von der Führung der Laufenden Geschäfte als Staatsminister enthoben, weil sie abgelehnt hatten, der Einladung des Reichlangeler zum Erscheinen zu einer Lisung unter seinem Borsig als Reichskommissar Folge zu leisten. Sein Wunsch, mit ihnen zusammen zu arbeiten, so wird in der amtlichen Mitteilung ausgeführt, sei Durch dieses Verhalten duchkreuzt worden, womit eine neue Lage geschaffen wurde. Der preußische Innenminister Severing, der sich geweigert hatte, seine Amtsräume zu verlassen und nur Der Gehalt gewichen ist, wurde ebenfalls des Amtes entjegt. Die Geschäf des Innenministeriums wurden von Dr. Bracht am Abend übernommen. Der bisherige Ministerpräsident Braun, der sich auf Urlaub befindet, erhielt ebenfalls die Entlassungsurkunde zugestellt und hat sie einfach entgegengenommen. Die neue Bewegung der Ministerien ist morgen vormittag zu erwarten, so dass morgen mittag voraussichtlich von das neue Karinett seine erste Lisung abhalten wird. Alle Jus-:- . -