Tagblatt, Januar 1929 (Jahrgang 7, nr. 1-26)

1929-01-01 / nr. 1

:W"-sws—i-sssr-s f Seite 2. ms z EEE ET .,, Dienstag . ee RA Ei Tagblatt ; · a TEEN RETTET a­a AZÁS Ächen: erfüllen? Sicher nicht alles! Möchte es immerhin möglichst viel­­en! Wir nehmen uns jedenfalls vor, von uns aus alles dazu zu tun, was wir dünnen. Denn unser Schiesal liegt zwar nicht ganz, aber Doch immerhin zu einem nicht unbedeuten­­den Teil auch in unseren eigenen Händen. Berragen wir selber nicht, sol werden hof­­fentlich au; die Fügungen des Schieffalls nicht ganz verjagen. Sat es eigentlich überhaupt Sinn, den Jahres­wechsel als ein Fest zu feiern? Im Grunde genommen sind do auch diese beiden Tage, der Sekte des alten und der erste des neuen Jahres, Q Tage wie alle enderen ouch. Unnsere Arbeit wird more­gen weitergehen, so wie sie big gestern iweiterging. Wir legen einen Tag der Nähe ein, wie wir das allwöchentlich ge­­wöhnt sind. P Vielleicht kommen wir gar nicht einmal dazu, diese Tage so ganz zu feiern und zu rubhen, i wie wir möchten. Der Lauf des Lebens steht ja auch bei der Jahresswende nicht still. Wir machen mit unserem Kalender einen Einschnitt in die Zeit, wie wir mit dem Stod einen Ein- Schnitt machen in den Lauf­ eines Stromes. . Wir sehen die Grenze, so lange wir sie durch unser künftliches Werkzeug kennzeich­­nen. Legen wir unser Werkzeug aus der Hand, so it die Grenze nicht mehr da. Der Strom der Zeit rennt so wenig einen Ein­schnitt und einen Stillstand, wie der Maf­­feistrom, der von den Bergen kommt und zum Ozean will. Die Berge, von denen wir hek­ommen, von denen das Leben der Menschheit herkommt, rennen wir nicht. Mir willen auch nichts von dem Ozean, in den unser Leben und das Leben der Menschheit einst münden wird. Wir sind Tropfen in diesem evig­rollenden Strom. Ste ilt sonderbare Tropfen, von denen i­ jeder jeder eine Welt für sich darstellt, jeder ein Gehirn mitbenommen hat, um sie mehr oder weniger dessen bewußt zu sein, wie er eine Zeitlang in dem geb­alti­­gen Strom der Weltgeschichte mitrofft, dessen Ursprung und dessen Ziel er doch nicht kennt. In einem schönen Gedicht schildert als ben Strauß und Torney das Ende eine alten Bauern, ‚„Lebte Ernte” heißt es: Ich brachte in siebzig Jahren viele Ernten ein. Dies soll mein fettes Fuder wohl gewesen­ sein! Und dann wird geschildert, wie der Alte mit seinen Pferden­ verunglückte, wie er auf dem Sterbebette noch an all die kleinen Altagspflichten denkt, die ihn bis dahin im regelmäßigen Wedel der Sabre tagtäglich beschäftigt haben: Viele Hände braucht die Ernte. Der Herrgotti hat­ gewußt. Gottlob, daß ich­ nicht früher habe fortgemußt! Und wenn ich Feierabend heute machen soll — § Gemäht sind die leigten Aehren, und alle Scheuern, voll! Aber eben in die Arbeit des Landman­­nes machen die Jahreszeiten die regelmäßi­­gen Abschnitte, und von einem­ Abschnitt zum anderen muß er sich besinnen, was jetzt sein Ader und das Wetter von ihm ver­­langt. So kommt doch durch den Kmer aller Arbeit ein großer, padender Rhyth­­mus in den Verlauf der Dinge, ebenso: gleichmäßig ist die Arbeit anderer Berufe gegliedert. Je mannigfaltiger die Arbeit des modernen Menschen geworden it, um für weniger bindet sie sich mehr an Tag und Nacht, an Sommer und Winter. Aber das Bedürfnis nach einem großen, ordnenden Rhythmus beibt. Es ist ein ele­­mentares Bedürfnis, wie umwachen und schlafen, wie hungern und essen, wie Hir­­sten und trinken. Wir werden nicht so hin­­getrieben, wie die willenlosen Tropfen im Strom, sondern wir haben doch alle unsere Bwede, näherliegende oder fernerliegende Bivede, je nach unserer Art. Und wir haben den wir für die Erreichung unserer Zmmede einseßen. So brauchen wir auch das Nachdenken über unsere Zmwede, um unseren Willen an der richtigen Stelle einzufegen, um­ unsere Kraft­ unserer 3vede entsprechend zu ver­­wenden. Deshalb brauchen wir inmitten aller rastlosen Tätigkeit die Einschnitte, zu denen uns die Natur zwingt, wenn wir ermichen, die Einschnitte, die uns der Lauf der Zeit deutlich macht, wenn Monde und Jahreszeiten wechseln; die Einschnitte, die wir selber machen, um­ uns unsere Arbeit vernünftig einzuteilen und uns auf ihren Umweg und ihre Zinnermäßigkeit zu be­sinnen.­­ Und das ft wohl der tiefste Sinn des Neujahrsfestes: Es ist und bleibt ein gro­­ßer, allgemeiner Einschnitt, auf den sich nir nur die Arbeit der einzelnen Men­­schen, sondern unser gesamtes Arbeits- und Wirtsch­aftsleben eingestelt hat. Es wird ein Augenblik der Besinnung in den uns unterbrochenen Betrieb der Maschine ein­geflochten.. Wir brauchen diesen Furzen Augenblick, um uns Medenschaft zu geben über das, was wir noch leisten wollen. Die Erinnerungen der Vergangenheit sollen schll­eßlich doch mehr sein als Bilder, die langsam­ verblassen. Wir sollen von ihnen auch Lehren und Warnung ziehen, die noch als Gefährten durc das Tor des neuen Jahres mit uns sehreiten. Wir wollen aus dem vergangenen und V­ergänglichen her­ausholen, was des Bleibens und Festhal­­tens wert­et; was noch ein Stud Zukunft in sich trägt; was legten Endes ein Stück Ewigkeit in ich birgt. Dann verlieren wir auch dieses Gefühl ängstlicher Unge­­­wißheit; dann gehen wir auch nicht mit­­ gefährlichen illusionären Hoffnungen in die kommenden Tage hinein. So flarer wir uns den zurückgelegten Weg machen, um­ jo deutlicher erkennen wir auch, wo wir heute stehen, und können daraus unsere Schüijfe ziehen, wie weit wir wohl noch­ kommen werden. Es sind geweihte Augen­­bilde des Menschenlebens, die dieser Me­chenschaftsablage vor uns selbst gewidmet sind. Geben wir dem Neujahrsfeste diesen seinen wichtigsten Sinn! Dann wird er im raschen Fluß unserer Tage tatsächlich immer wieder seine besondere, wertvolle Bedeutung haben. ‘auch alle unseren Willen, Nicht“ Radio-Programm. Susan | Imre, , Sagem | ERZETT | Samen | terms 6 Montag, den 31. Dezember. Wien, 11 und 16.15: Konzert. — 18.20: Silvesternacht im alten Wien. — 19.20: Seitz­zeichen, Wetterbericht. — 19.30: Uebertragung aus der Wiener Staatsoper: „Die Fleder­­maus”, romische Oper in drei Akten nach Maill­hac und Halevy. Bearbeitet von­­ Haffner und Richard Genese. Musik von Johann Strauß. — 22.15: Silvesterfeier. — 24: Webertragung des Geläutes aus der Liechtentaler Kirche. Budapest. 9.15: Vormittagskonzert. 12.20: Klaviersongert. — 16: Vorlesung: Bes­töff. — 17.10: Ueber die Kämpfe der englischen Diplomatie während der jüngsten Geschichte Europas und Asiens. 17.45: Zigeuner­kapelle. — 18.45: Silvesterandacht. — 19.30: Uebertragung aus der fün. ung. Oper: „Die Wledermaus“, Operette in drei Akten von Nos­mann Strauß. — Anschließend: Silvesterabend im Studio: 1. Ein dramatisches Spiel von Lud­­wig Zilahy mit Musikbegleitung. 2. Silvester Scherze. 3. Konzert der Musikkapelle des 1. Hons bed-inf.Reg. und Zigeunermusik. Dienstag, den 1. Jänner. Wien: 11 und 16: Konzert. — 17.35: Der Kampf um dem Südpol, aus „Sternstunden der Menschheit", von Stephan Zweig. Kazimierz Wierzynski: Lied von Amundsen. — 18.20: Das befreiende Lachen. — 18.45: Esperanto­­werbung. — 18.55: Was muß der Arbeiter und Angestellte als Erfinder vom Patentgefet missen? 19.25: Zeitzeichen, Wetterbericht. — 19.30: Uebertragung aus der Staatsoper. — Anschließend: Leichte Abendmusik. Budapest. 9.15: Vormittagskonzert. 12.20: Trio Temesvary-Kerpely-Bolgar. 15.30: Morfefurs. — 16: Ratgeber für Frauen. — 17.15: Zitherkonzert. — 18.20: Ratschläge für Rundfunkamateure. — 18.50: I­talienisc. — 19.30: Schallplatten. — 20.30: Konzert. des Streichquartetts Melles. — 22: Bigeunere Kapelle. Zwinz Testverek Sopron, Rákóczigasse Nr. 3. s. int. Telephon Nr. 575 und 260. Autos, Lastenautos, Traktoren, Motorräder, Fahrräder, Ford-, Fordsonfabrikate u. sämtl. Bestandteile. — Sämtliche Fabrikate der I. Ung. Landwirtschaftl. Maschinen­­fabrik, besonders Dreschmaschinen, Lokomobile, einfache und kombinierte Sämaschinen, System Losonci, Mühleneinrichtungen. TÁL eg árán 1. Januar 1929. Nr. 1. Mittwoch, den 2. Männer. Wien, 10.20: Orgelvortrag. 11.15: Wedertragung aus Leipzig: Bon der Kunst zur Wissenschafl­e — 11.45: Konzert des Wiener­ Konzertochesters Wilhelm Wacel. — 16.30: Vebertragung aus dem Musikvereinssaal: „Johann, Zosef und Eduard Strauß.“ Musikal­lische Leitung: Johann Strauß (Enfel). 18.30: Vom neuen Jahr. — 19.10: Kammer» musif. — 19.45: Zeitzeichen, Wetterbericht. — 19.50: Zwischen Hof und Nashmarkt. Allerlei lustige Geschichten. — 20.30: „Die verhängnis­­volle Falchingsnacht”, Posje mit Gesang in drei­­ Aufzügen von Johann Nestrop. — Anschließend: Abendkonzert. Budapest.9:Reformierter Gottesdienst. ——9.15:Vormittagskonzert—10:Festtesss aus der inner­städter Pfarrkirche. 12.15: Konzert des Opernorchesters. — 15.30: Bela Bauhinig Märchennachmittag. — 16.30: Kons­­ert des Kalmar-Orchesterd. — 17.45: Konzert der Musikkapelle des 1. Honved-Inf.-Reg. 19: Ratgeber. — 20: „Die gute alte Franz­­stadt." Budapester Rundfunkspiel von Dr. Béla Bevilaqua-Borfodi. Ein Hörspiel aus dem AL­tagsleben. — 21.20: Vokalquartett Beteffy. —­­22.15: Sagzband, Unser neuer Roman Die Schwester mn LIHITTITTTTTTTTEITTTTTTT ES TTETEETEE IT Roman von Carl Holm Der neue Roman von Carl Holm. bringt die Geschichte einer Krankenschwester, die, aus Ruhland vertrieben, sich dem Nihilismus im die Arme wirft und die i­ot ihrer glänzenden Anlagen in ihrer Unruhe elend ums Leben kommt. Sie begleitet ein Ehepaar auf die Reise und sucht den Ehemann zu umgarnen. Nach­dem die junge Frau der Cholera zum Opfer gefallen ist, bleibt sie bei dem Witwer als Ers­­teherin der Rinder. Ahnungslos vertraut der Mann der ebenso schönen wie geheimnisvollen Berson, bis ein Zufall plößlich die Vergangens­­heit der „Schweiter“ enthüllt. Ein Roman voll großer Bilder, starrer Szenen und spannender Gesc­hnisse. Wir sind überzeugt davon, daß unsere Zefer das Schiefal der Krankenschweiter und des Ehepaares mit der größten Anteil» nahme und der größten Spannung verfolgen werden. Silvester - Punsch Sean Doktor Marteng stand auf dem Balkon des ersten Stockwerts und sah die Strafe hinauf. Jenseits übergoß die Morgentonne eines strahlenden Sonntages die alten, jpigen Giebel mit warmem Licht. Hier, auf der Ostseite des Rödinggmarstes, die im Schatten lag, war es fahl in dem frischen Windhauch, der vom Hafen bherauf­­strich. Die Frau den Schläfenlöchchen der jungen Frau flatterten, und der lose her­­abfliegende Morgentad bauschte sich um die schlanken Glieder der hohen Gestalt. Pert der­ Rechten strich sie glättend über das Zastanienbraune Haar, während sie sich über die niedrige Brüstung vorbeugte. Koch­ immer nit! Schon eine Viertel- Stunde über die gewohnte Zeit! Grolfte ettwag passiert sein? Unsinn — was sollte passieren! Wer ihn so oft auf dem­ Pferde­­rücen gesehen hatte i wie sie, der mußte: Den geschi­eht nichts. Und do! Wie lange j die Schmeiter. Roman von Earl Holm. Copyright by Martin Feuchtwanger, Halle a. d. S. Tee, Teebäckerei, Dessertweine, Champagner mit Johann Gruber verletzten Etiketten per, Flasche P 4 ° 80. Billiger Likör- J N markt: !/, Lit. P 198, "/, Lit. P 3'40, Rum I Lit. P3­ 60 06 war's her — ein paar Wohlen — da hatte den tü­chtigen Veiter Herrn Weber sein scheuender Gaul über die Sperrfette beim Ferdinandstor geworfen, daß der vorü­ber­­braufende Zug ihn fast­ überfahren hätte. Sie dedte einen Augenblick die Hand über die Augen. Da — ein rascher Tritt, ein leises Klingen von Stahl um­ die nächsste Ehe aus der Steintichete. Ein zweißes Tuch flatterte im Morgenwinde, schon stürmten eilige Tritte die Treppe herauf. Ein Ruf brannte ihr auf den Lippen, ein kräftiger Arm preßte sich um ihren Leib. „So fomme sofort, Schaf! Nur die Stallluft vom Leibe — schein' unterdes ein — um halb zehn hab­ ig Termin und muß noch vorher —." Die klappende Tür verschlang­ seine leichten Worte. Sie lächelte, strich sich über das Haar und ging ins Ballonzimmer zurück, wo der Kaffeetu­ch gedeckt stand. Stehend zerschnitt sie ein paar Brötchen, strich Butter darauf und hob den Kaffeewärmer von der Por­­zellanfanne. Dann drückte sie auf den Delikatessen­­händler zu: Sopron, Grabenrunde Nr. 107a Telephon Nr. 375, Sinopf der elektrischen Glode und nahm ihren Blaß am Trjcede ein. Gleich darauf trat Schnell ihr Mann herein. Das M­eit­­fortüm hatte er mit einem schrwarzen Anzug vertauscht. „Es war wieder famos, du i­ch wollte, du hättet ung­­eben Fannen. Gerade wollte ich losreiten, da fam der die Beyer­­mann und bat, einen Mugenblic zu war­­ten, er wolle mit, wenn's mir recht sei. Warum nit? So wartete ich. Es wur­­den freilich gut zehn Minuten.“ „Ich meine, Nobby — WBeyermann — it das nicht der, den ihre immer aufzieht mit seiner P­allion fürs Neiten? Sagtest din mit, er könne einen Drosd­­engaul nit von einem Rollblut unterscheiden ?” „Leerlich! Freilich!” Er machte sich über die Spiegeleier, die das Mädchen gerade hereingebracht. , Aber ein präc­htiger Kerl! Nenn man so gemächlich hindammelt auf den Nestwegen, läßt es sich gut mit ihm plaudern. Auf seinem Felde­st er famos beschlagen. Bon Kaufmann­ kann man allerlei lernen, was wir Rechtsverdreher gut brauchen können. Und heute famt mir" 8. gerade gelegen — megen der Kniffr­lichen Sache Bandmann fontra 5. E. 3le­gel. Die fommt heute dran.“ , Aha — ich verstehe — zu Pferde zahlt man feine Sachperständigengebühren wie?" ‚Richtig, Schag! Richtig geraten! Und vom Mann geht ganz anders aus sich her­­aus, wenn man ihn draußen allein hat, als vorm grünen Tisch und den feierlichen Ge­­sichtern der Herren Richter — Hand ho — so wahr Gott helfe amd so weiter! Ha — ich habe den Diden ordentlich ausger pumpt!“ --x.---«- (Fortsetzung­ folgt:) 1 „Und dabei ist es so spät geb­orden?“ „Dabei? Mein , das erledigte sich so nebenbei. Die V­erspätung kam anders. Du mut nicht schelten, Schaß!" „Bist dur das gewohnt?“ Er beugte sich zu ihr und Fühte ihre Hand. ng

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