Transsilvania - Beiblatt zum Siebenbürger Boten, 1845 (Jahrgang 6, nr. 6-103)
1845-01-28 / nr. 8
1843. Beiblatt zum Siebenbürger Boten. Sechster Hermannstadt am 28. Januar. Jahrgaung. “.. Motto: . " Fr. P. G. Guizot, TRANSILVANEA. Die Völker wie die Regierungen sind alle heutigen Tages der Prüfung, Beurtheilung und Verantwortlichkeit unterworfen. Halten wir uns fest und treulich an die Grundlage unserer Civilisation , an Gerechtigkeit, Geseglichkeit, Oeffentlichkeit, Freiheit. — === Erläuterung der Gründe gegen die bedingte Oeffentlichkeit. "Die Reform ist eins von den Dingen, die, um zu gefallen, aus einer gewissen Entfernung erblickt werden wollen; die, welche davon am meisten ergriffen zu sein scheinen, lieben sie mehr in der Speculation, als in der Wirklichkeit. Wenn sie eins von ihren alten Vorurtheilen berührt, irgendeinem persönlichen Interesse nahe tritt, so werden sie zweifelhaft, zweideutig; jeder macht seine besondere Ausnahmen; der Eine reißt sich schwarzes, der Andere graues Haar aus. Dieß sagte ein in Staatsgeschäften ergrauter, wegen seines Genies und Thatenreichthums allenthalben hochgepriesener Mann, der dem Lebensende sich näherte. An der Spike eines Versuches, die mannigfachen Einwürfe , welche gegen den allerersten unserer Fortschritte, gegen die Einlassung von Zuhörern in unsere volksvertretenden öffentlichen Versammlungen gemacht werden, ins gehörige Licht zu stellen, dürften wohl jene Worte, welche gleichmäßig das Gepräge glänzenden Verstandes , hoher Weisheit und gediegener Erfahrung an sich tragen, Etwas zu bedeuten haben; denn sie sind es, die sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft der Frage der bedingten Oeffentlichkeit einen mildthätigen Fackelschein werfen. Mildthätig, meinen wir, einerseits für diejenigen edlen Seelen, welche innig durchdrungen vom Wunsche und der entschiedenen Nothwendigkeit, daß doch einmal ein wirklicher Schritt in der Lösung der berührten Frage gethan werde, immer nichts Namenswerthes wahrnehmen;* andererseits aber für jene guten Gemüther, welche den resignirten Glauben hegen, was darin bis heute nicht geschehen sei, dürfte Behufs Erhaltung einer herkömmlichen Behaglichkeit und regungslosen Muße auf ewig unterbleiben. Es wollen aber die Einen so gut als die Anderen in reifliche Ueberlegung nehmen, daß jede Reform eine gewisse Reihe wechselnder die säle passiren muß, damit sie zu einer wahrhaften Verbesserung gedeihe. Alsdann werden die Einen, mit bestimmter Hoffnung auf einen gekrönten Erfolg, den Muth und die Ausdauer behalten, die nothig“ sind, um den Feingehalt der Sache an den Tag fördern zu helfen durch unermüdliche“ Beleuchtung ihrer verschiedenen Seiten, während die Anderen die Ueberzeugung gewinnen, daß die Frage der Oeffentlichkeit nicht mehr blos ein Mittel zum Zeitvertreib, deßhalb die kleine Mühe nicht länger zu scheuen sei, über die Sache nachzudenken , um Gründe, seien sie für oder wider, angeben zu können, welche Kopf und Hände haben. Ja beide Theile müssen sich auf diesem Wege in der gemeinschaftlichen Ueberzeugung “begegnen, daß“ der laute Wunsch nach erweiterter Oeffentlichkeit weder einem (ehampignon)Pifferling, welcher zufällig im Boden eines nachtumhüllten Waldreviers aufgeschossen ist, noch aber einer Sternschnuppe, welche im Spätherbst pfeilschnell an unserem Gesichtskreis vorüberstreift, zu vergleichen sei. Erweiterte Oeffentlichkeit ist vielmehr die erreichte, nothwendige Stufe im organischen Entwicklungsgange unseres bürgerlichen und staatlichen Lebens. Das Bedürfnis derselben verlangt vermöge seiner Wesenhaftigkeit » auch die rechtmäßige äußere Anerkennung; es will nunmehr in die Aderzüge, welche sich in unserm Volkskörper für seine Wirksamkeit ausgebildet haben, wirklich geleitet werden, indem ein längeres Zurückhalten unvermeidlich regellose Pulsschläge, Blutstörung oder Erstarrung hervorbringen muß. Geraume Zeit hindurch lebEofte man zwar: die erörterte Frage der bedingten Oeffentlichkeit gleich einem Phantasiefund, über dessen Anbetung und Bewunderung wir uns selbst vergessen; oder wem die Natur ein wenig Mutterwig mit auf die Welt gegeben hatte, der erheiterte damit einen geselligen Kreis, worin er die dazu erforderliche humoristische Stimmung antraf.