Verhandlungen und Mitteilungen des Siebenbürgischen Vereins für Naturwissenschaften zu Hermannstadt, 1911 (61. évfolyam, 1-3. szám)
1911 / 1. szám
gangener Erdperioden« in den Kreis pflanzengeographischer Untersuchungen einbezogen wurden. Es verging jedoch noch ein Menschenalter, bis die durch Darwin angeregte und vorbildlich angewandte biologische Forschungsmethode auch in der Pflanzenkunde zur uneingeschränkten Herrschaft gelangte. Sie liess nun erkennen, dass die Pflanze auch hinsichtlich ihres Auftretens und Vorkommens in den verschiedenen Zonen und Regionen nicht nur passiv den chemisch-physikalischen Agentien gehorche, sondern auch aktiv mitbestimmend eingreife. Nahezu gleichzeitig erschienen die zwei grundlegenden Werke der neuern Pflanzengeographie: »Das Lehrbuch der ökologischen Pflanzengeographie« von Dr. Eugen Warming und »Die Pflanzengeographie auf physiologischer Grundlage« von Dr. A. Schimper. Die erste dänische Auflage des Warmingschen Werkes ist datiert vom Jahre 1895, die erste deutsche Uebersetzung des Dr. Emil Knoblauch vom Jahre 1896. Schimpers Prachtwerk wurde zwei Jahre später, nämlich 1898, herausgegeben. Aeusserst klar hat Warming die Aufgabe der ökologischen Pflanzengeographie gekennzeichnet. Er sagt: »Sie belehrt uns darüber, wie die Pflanzen und die Pftanzenvereine ihre Gestalt und ihre Haushaltung nach den auf sie einwirkenden Faktoren, z. B. nach der ihnen zur Verfügung stehenden Menge von Wärme, Licht, Nahrung, Wasser u. a. einrichten.« Selbstverständlich schliessen sich die floristische und ökologische Pfianzengeographie gegenseitig nicht aus, sie ergänzen sich im Gegenteile und ermöglichen so ein Gesamtverständnis des Vegetationsbildes. Den grossen Rahmen für dieses bildet und die Zerlegung desselben in grosse Partien ermöglicht die floristische Pflanzengeographie, die dabei sowohl die geognostischen, topographischen und klimatischen, als auch die historischen Verhältnisse berücksichtigt. Ob wir diese oder jene Pflanzenart in dieser oder jener Zone oder Region finden, wird nicht nur von der gegenwärtigen Beschaffenheit des Erdreichs, dem gegenwärtigen Bodenrelief und dem jetzigen Klima abhängen, sondern auch von den erdgeschichtlichen Entwickelungen, die der betreffende Bodenstrich, die betreffende Gegend hinter sich haben. Wie wichtig diese geohistorischen Beziehungen sind, erhellt namentlich aus den Ansichten, welche sich die Forscher über die Entstehung der Alpenflora gemacht haben.