Banater Deutsche Zeitung, Juni 1926 (Jahrgang 8, nr. 120-143)
1926-06-11 / nr. 128
Sekte 2 2 „> beem en ir „Sanaier Deutsche Zeitung? Freitag, den 11. Juni 1986 Vor einer neuen Regierungskrise in Frankreich ? Poincaré wieder im Vordergrund — Unsicherheit auf der ganzen Linie Paris, 8. Juni. In der Kammer verlautete, daß mit der Möglichkeit einer Regierungskrise zu rechnen sei. Finanzminister Peret soll im Ministerrat den Antrag auf Umbildung des Kabinetts und Aufnahme von Vertretern aller republikanischen Rechtsparteien in die Regierung stellen, da das Kabinett in seiner gegenwärtigen Zusammenlegung weder dem französischen Parlament, von den französischen und ausländischen Finanzleuten, noch aus dem Volke Vertrauen einflößen könne. Sollte der Antrag Peret3 vom Ministerrat abgelehnt werden, dann würde der Finanzminister demissionieren. Im Falle der Annahme seines Antrages rechnete man mit einem Rücktritt des Gesamtkabinetts Briand. Doch dürfte Briand neuerlich mit der Kabinettsbildung beauftragt werden. Wenn aber, was man nicht für ausgeschlossen hält, Briand die Bildung des neuen Fachnetts ablehnt, dann rechnet man mit einem Kabinett Poincaré, Waris, 9. Juni. Die Gerüchte über einen bevorstehenden Kabinettswechsel haben sich verdichtet. Man spricht von einer kommenden Regierung ver früheren Ministerpräsidenten. Dem neu zu bildenden Kabinett sollen außer Poincaré auch Briand, Herriot, Painleve und Caillaux angehören. Der Kampf um den französischen Frank Paris, 9. Juni. In politischen Kreisen erklärt man, das französische Volk sei auch zu den größten Opfern bereit, um den Kampf zur Stützung des Franks siegreich durchzuführen. Es wurde bereits eine parlamentarische Gruppe,bestehend aus Vertretern aller Parteien, gebildet, die in Permanenz tagt und fortlaufend Vorschläge zur Bekämpfung der Valutaspekulationen und Hebung der Valuta unterbreiten soll. Die Kammer hat den Antrag zur Erhöhung der parlamentarischen Drurnen mit großer Mehrheit zurückgewiesen. Eine besondere Kommission zum Studium der Frage, wie der Luxus am zweitmäßigsten eingedämmt werden könnte, ist ebenfalls eingefest worden. Wirtschaftskreise erörtern auch eifrigst den Gedanken einer gemeinsamen französischn belgisch-italienischen Abwehrfront. Kontrolle wird erst in einem spätere Zeitpunkt eintreten. Der Beschluß wurde auf Grund eines vom Finanzkomitee vorgelegten Berichtes gefaßt. D ungarische Ministerpräsident Graf Bethlen erklär sich mit diesem Bericht des Finanzkomitees eingestanden und drückte den Wunsch aus, daß das ungarische Komitee den Zeitpunkt des Rücktrittes de Generalkommissärs Smith nunmehr festsete. Der britische Außenminister Chamberlai beantragte hierauf, die Ansicht des Finanzkomitees in dieser Sache einzuholen. TEEN) EEE EEE STEEL TRETEN EEE BEILAGEN ES DAR ZG ALERT EING ZERI Das Portarelsystem wird verbessert Die wichtigsten Bestimmungen der neuen Verordnun gus Bukarest wird gemeldet: Die Verordnung „bezüglich einer «Revision des Portarelsystems, das bekanntlich auch ein Hauptgrund für den Advokatenstreik bildete ist fertiggestellt worden und wird in einigen Tage veröffentlicht. : ea RT ke Se bestellt laut der neuen Zeitung für das Gebiet jedes Bezirksgerichtes Litern Perkarel, dessen Diäten um 50 Prozent 611471014 . Die Verordnung besagt weiterhin, daß die Exekutionsgebühren mit den Erolutionsansuchen gleichzeitig einbezahlt werden können und daß die Zustellungskosten einer Vorladung auch in Marken (Stempel) entrichtet werden können. Wichtig ist auch der Parfus, wonach die Vorladungen dort, wo es möglich ist, auch weiterhin im Verwaltungswege zugestellt werden. Das sind die wichtigsten Neuerungen im Portakelsystem. Sie wären nicht notwendig gewesen, wenn man das ganze komplizierte und veraltete System unter den Tisch geworfen und die früheren modernen und praktisch bewährten Einrichtungen beibehalten hätte, ; ; Einvernehmen zwischen Manin und den aranisten Bukarest, 9. Juni. Manitu, der heute nach Klausenburg gereist ist, hatte während seines zweitägigen Aufenthaltes in Bukarest Besprechungen mit Mihalache zahlreiche über das künftige Vorgehen des Oppositionsblokskes. Er wurde grundtäglich beschlossen, unter gar keinen Umständen irgendeine politische Kombination mit dem Liberalen oder Averescanern überhaupt auch nur in Erwägung zu ziehen. Als deutlichen Beweis seiner politischen Solidarität plant der Oppositionsblock eine große gemeinsame Trauerfeier in Bukarest für die Opfer von Hunedoara. Am 15. Juni tritt der der Nationalpartei zusammen, Vollzugsausschuß um Über die Frage des Vorsites endgültige Beschlüsse zu fassen. Es scheint, daß der Stantpunkt Argetoianus, der das Doppelpräsidium für unzuwedmäßig erklärt, Durchdringen wird. Faszistischer Größenwahn Wie die „Korrespondenz Herzog“ aus Rom meldet, beschloß die erste Versammlung der „Brennerwacht“, der auch Senator Tolomei beiwohnte, an die italienische Regierung die Bitte zu richten, „das mittelmäßige Denkmal des weniger als mittelmäßigen Minnesängers Walther von Der Vogelweide“ aus Bozen zu entfernen und es eventuell der Stadt Wien zu schenken. Die Versammlung verlangte ferner, daß „an Stelle des unerwünschten Gastes, den die Barbaren als falsches Zeugnis für das Dentschtum Südtirols in Italien aufgestellt“ haben, ein Drusus-Denkmal errichtet werde. Die Genfer Beschläffe über Ungarn Stufenweiser Abbau der Kontrolle Senf, 10. Juni. Die heutige Sitzung des ungarischen Komitees trat verspätet zusammen, weil Briand mit den Vertretern der kleinen Entente vertrauliche Besprechungen abhielt. Außer dem Vorligenden Scialoja nahmen an der Beratung teil: Chamberlain, Briand, Dr. Benesch, Titulescu für Ru von jugoslawischer Seite der Berner Gesandte Jovanovitsch, ferner Graf Bethlen mit den ungarischen Delegierte, die Mitglieder der verschiedenen Delegationen und des Finanzkomitees sowie Generalommissär Smith mit seinen Mitarbeitern. Das Komitee beschloß die stufenweise Aufhebung der vom Völkerbund ausgeübten Finanzkontrolle. Generalkommissär des Völkerbundes Smith wird Budapest in nächster Zeit verlassen. Dagegen wird auch weiterhin eine Kontrolle über die Verwendung des Restbetrages der Anleihe, der sich auf 83 Millionen Goldkronen beläuft, sowie über diejenigen Staatseinnahmen, die für die Amortisation der Anleihe verwendet werden, durch Völkerbundorgane an Ort und Stelle ausgeübt werden. Eine definitive Abschaffung dieserumänien, Im! WR Kra zer sch mals die! CADER pom drin ! Ihnen sofortige Linderung. a + ESK TENS RE ET er seinen Ehering heimlich in die Tasche gleiten und freute sich mit lächelnder Genugtuung auf ein schönes und unerwartetes Abenteuer. In einem reinen Vorstadtgasthaus aßen sie zu Abend. Es gab wenig Gäste um diese Zeit. So fand Fajans mühelos eine ungestörte Ehe, wo sie, unbehelligt von fremden Bliden, aneinanderlehnen und leise Zärtlichkeiten austauschen konnten. Einmal wachte Fajans an seine Frau, flüchtig, fast unwillig. Gleich schob er diese unangenehme Vorstellungskette wieder von sich. Durch das geöffnete Fenster kam der süße und betörende Duft des Flieders, der eben in schwerer Blüte stand, und das Blut des Mannes begann heiß und seltsam zu rauschen. Schließlich, wer von uns Menschen weiß, aus welchen geheimen Quellen die Wünsche und Sehnsüchte unseres Blutes gespeist werden? Doktor Fajanz küßte mit einer fast feierlichen Inbrunst Diese weichen Frauenlippen, die durch Reife nichts an Süße eingebüßt hatten. Streichelte das schlangendunkde, schimmernde Haar und küßte sie immer wieder — immer wieder. Bis das Mädchen, nach einem flüchtigen Blic auf die Uhr, plötzlich erschrenkt ausrief: „Schon zehn Uhr? Um Gottes willen, wir müssen aufbrechen — ich muß unbedingt um halb elf zu Hause sein.“ Dr. Fajan3 widerstrebte ein wenig, aber da er sah, daß ihr Entschluß feststand, da er des weiteren bedachte, daß ihm noch vier volle Wochen der Freiheit verblieben, so sträubte er sich nicht länger. Langsam wanderten sie, in verständigem Gespräch, zur Stadt zurück, und vor ihrer Wohnung verabschiedete er sich herzlich, ja ehrerbietig, nicht ohne ein neues Zusammentreffen vereinbart zu haben. Er wanderte dann noch alleine durch die duftenden, blühenden Anlagen, da sein aufgewühltes Blut ihm vorläufig keine Ruhe schenken würde. Gerade aber, als er heimkehren wollte, lief ihm ein schreiender Junge fast zwischen die Füße. „Extrablatt!“ schrie er: „Schweres Eisenbahnunglück, D-Zug berg— Berlin entgleist. Vierunddreißig Tote!“ Königs- Dr. Fajan3 fuhr zusammen. Taumelnd griff er mit den Händen in die Luft. Der Junge bliäte ihn grinsend an. Ein Betrunkener? Doch da mochte in dem Hirn des Kindes eine dunkle Erkenntnis auftauchen. Der Arzt suchte nach einer Münze, die er dem plößlich ernstgewordenen Kinde in die Hand rückte. Aber er wagte nicht, das Blatt zu entfalten, als er schwankend weiter ging. Wie er dann nach Hause gekommen war, wußte er später selber nicht. Er sah sich plößlich — wie einen Fremden sah er sich selbst — am Schreibtische sie, in bebenden Fäusten den zerknitterten Zettel, der sein Leben zerbrach. Und stummelnd wie ein Kind buchstabierte er immer wieder diese Worte: „Der fahrplanmäßig um 12.30 Uhr mittags von Königsberg abgehende Berliner D-Zug ist heute abend 10 Uhr unmittelbar vor Küstrin entgleist. Der lezte Wagen wurde über die Böschung geschleudert und vollständig zertrümmert. Aus den brennenden Trümmern sind bisher die Leichen von vierunddreißig Passagieren geborgen worden. Die Aufräumungsarbeiten dauern fort.“ Dr. Fajan3 vermochte nicht zu denken. Während sein Körper in Fieberschauern zuckte, sah er immer nur zwei Bilder vor der Augen: das eine, wie er mit seiner Frau auf dem Bahnsteig in Erwartung des Königsberger Zuges auf und ab ging, wie er dann bei der Abfahrt neben dem lezten Wagen einherlief, aus dem ihm ein weißes Tuch Grüße winkte — und das andere, wie er draußen, in dem kleinen Gartenrestaurant, Giselas Lippen küßte, immer wieder küßte, bis sie plößlich sagte: es ist zehn Uhr — wir müssen nach Hause. Zehn Uhr! Um diese Stunde geschah, zweihundert Kilometer weiter, das Gräßliche. Er suchte sich vorzustellen, wie der verstümmelte Körper seines Weibes vort irgendwo lag, unter Trümmern noch oder notdürftig aufgebahrt, zwischen dreißig und mehr anderen Toten, in der grausamen, süßen Frühlingsnacht... . Und während das Herz des Mannes unter den Hammerschlägen eines furchtbaren Schicsals zerschmolz, sah er in sein bisheriges Leben wie in ein farbloses Glas. Sah seine Schuld und sah sich getrieben von flüchtigen und verächtlichen Begierden, haltlos, hemmungslos, ohne Kraft und Willen zum Widerstand, des Wichtigsten entbehrend, was Menschen Wert und Würde gibt -- der Treue, dem Diese Stunden einsamen Hirn brütend, zerstörten die Achtung vor seinem Selbst; er wußte, daß er sie nicht wieder gewinnen könnte, er sei wenn durch ein völlig neu aufgebautes Leben. Aber da er den Gedanken an das Leben an sich nicht mehr zu ertragen vermochte, war er endlich entschlossen, die Schuld, über die er nicht hinwegkam, durch den eigenen Tod zu sühnen. In diesem Augenblicke schredte ihn ein Läuten ver Türglode auf. Ein Telegramm. — Zitternd nahm er es an sich. Sicher benachrichtigte ihn die Bahnbehörde — jekt, in diesem Augenblick, entschwand der letzte Rest einer tief im Herzen bewahrten Hoffnung. Und dann las er diese Worte: „liebster, ich bin in schneidemühl ausgestiegen um tante berta zu besuchen, plößlicher einfall, wollte morgen weiterfahren, wie gnädig hat mich gott bewahrt sei, geküßt annemarie“ EE 5 Und jeht erst, während sein Herz vor wahnsinniger Freude zu zerspringen drohte, fanden seine Augen die ersten Tränen. = eim men 8.5088 m eitale 5003 cl