Banater Deutsche Zeitung, Januar 1927 (Jahrgang 9, nr. 1-23)

1927-01-15 / nr. 11

Seite 2 en ein 8 WE REISE REIHE INSANE ZEE] 2­2:9 „Banater Deutsche­­ Zeitung“ Se | 7 _ Samstag, den 15. Jänner 1927 ; : | Verlauf des Prozesses der Waf­ fen , die Optanten verlangten — Der Standpunkt der rumänischen Regierung Eine Erklärung des Ministers des Aeußeren Das Schiedsgericht, das die Forderungen der ungarischen Optanten verhandelte, hielt im gan­­zen acht Sitzungen ab. Den rumänischen Staat ver­­traten der Millerand, gewesene französische Ministerpräsident der Bukarester Advokat Rosen­­thal und der Vertreter der Regierung Pop25cu- Sion. Die ungarischen Optanten Advokat Bru­­net und Universitätsprofessor Barthelemy, beide aus Paris. . . ' Brunet sagte, enteigneten Güter Die Entschädigungen für die machen nicht einmal 0,80 Prozent ihres Wertes aus. Sehr viele bekamen­ aber selbst diesen Betrag nit, da sie zur Zeit, als sie durch das Dekret vom 3. April 1924 aufgefordert wurden, eine Erklärung abzugeben, daß sie keine weiteren Forderungen stellen werden, nicht im Lande waren und demzufolge so betrachtet wurden, als ob sie auf die vom Gesetz vorgeschrie­­bene Entschädigung verzichtet hätten. In der Angelegenheit der sogenannten Absen­­tisten (Abwesenden) führt Brunei aus: Nach dem Agrargeset wurden alle ungarischen Grundbesitzer, die sich zwischen 1. November 1918 und 21. März 1921 (27 Monate) nicht in Rumänien aufhielten, ein­­fach als abwesend betrachtet und vollständig enteig­­net. Für die Grundbesizer im Altreich wurde die Frist der Abwesenden mit 5 Jahren festge­­setz. Viele ungarische Grundbesitzer verließen beim Einzug der rumänischen Truppen das Land, viele wurden an­gewiesen. All diese können nicht als abwesend betrachtet werden, da sie mehrmals den Versuch machten, zurückzukehren, konnten aber keine Erlaubnis bekommen. Auch Kranke, wie z. B. Baron N­opc 3a, der sich in Davos behandeln ließ, wurden als abwesend ganz enteignet. Brunets Antrag lautete: Das Schiedsgericht erkläre, daß die Enteignung gegen den Artikel 250 de3 Friedensvertrages8, der die Ver­­mögensliquidierung verbiete, verpflichte den rumänischen Staat, verstoße, und die ent­­eignetem Güter den Optanten in dem 'Zarst­a­n­d'e zurückzugeben, wie sie bei­­ der Enteig­­nung waren und auf die Zeit, die seit der Enteignung­ verlief, für die Ausmießung eine Entschädigung zu bezahlen.­­ Die Vertreter des rumänischen Staates erwider­­t Rosenth­al:­Die Liquidierung ist eine­ Kriegs­­maßregel, der Staat nimmt etwas für sich. Durch die Enteignung in Siebenbürgen ud­m Banat erhielt der Staat nichts. Es kann also einer Liquidierung nicht die Rede sein. Daß die Entschädi­­gung nicht einmal 1 Prozent des Wertes aus­­macht, daran ist der rumänische Staat am aller­­wenigsten schuld. Die Entschädigung ist bekannt­­lich infolge des Wertrückganges des Leu zusammen­­geschmolzen. Die Gründe­ der Valutenentwertung waren vom Willen der rumänischen Regierung ganz unabhängig. Unter der Entwertung haben die ungarischen Optanten rumänischen Grundbesitzer des Altreiches im gleichen Maße zu leiden. Als die Enteignung 1917 be­­schlossen wurde, hatte der Leu noch seinen vollen Wert. Bei der Durchführung der Enteignung in Siebenbürgen war der Leu und 32 centime wäre es den Optanten nicht eingefallen.­­ Gold­­wert. Hätte der Leu diesen Wert bewahrt, gegen den rumänischen Staat Klage zu führen. Das rumänische Agrargeseß ist gerecht und wenn jemand Verlust litten hat, so findet sich dafür im Wertrückgang des Leu die Erklärung.­­ In Siebenbürgen und­­ Desavonieren würde. Banat wurden insge­­samt 5259 Grundbesitzer enteignet. Darunter wur­­den nur 272 als abwesend behandelt. Es wurden 2.800.000 Jochh enteignet, wovon 1.600.000 Joch (60 Prozent) ungarischen Grund­­besigern gehörten. Von den 310.000 Bauern, unter denen der enteig­­nete Boden aufgeteilt wurde, waren 227.000 Ru­­mänen. Die übrigen 83.000 waren anderer Volkszu­­gehörigkeit. Ungarn waren darunter 43.700. Das Abkommen von Brüssel stellte fest, daß die rumänische Agrarreform den Friedensvertrag von Trianon nicht berührt. Offen blieb nur die Frage des Preises Diese zu erledigen sind un­­mittelbare Verhandlungen zwischen Bukarest und Budapest berufen und nicht das Schiedsgericht. Der ehemalige französische Ministerpräsident Millerand sagte: Der rumänische Staat schuf ein Agrargeset, das zu Folgen führte, von denen Un­­garn und Rumänien gleichmäßig betroffen wurden. Die Agrarreform ist keine Kriegsmaßregel gegen die gewesenen Feinde, sie ist keine Liquidierung und fällt­­ demzufolge nicht unter die Kompetenz des Schiedsge­­richtes. Die Angelegenheit wurde schon zweimal ent­­schieden: von der rumänischen Gerichten und vom Völkerbund. Umsonst wurde die Geduld des Schieds­­gerichtes in toller Hoffnung auf den Skandal miß­­braucht, daß das Schiedsgericht was übrigens gar seine Folgen hätte — von Völkerbundrat . B Popescu Pinom: erklärt ein: Die“ rumänische Regierung vetrachtet das Schiedsgericht als in­­kompetent. Wenn sie sich trogdem vertreten ließ, so geschah was aus Chrerbietung, doch hält sie ihre Aktionsfreiheit aufrecht. .­­Bukarest, 13. Jänner. Außenminister Mitih­­­nen erklärte heute im Zusammenhang mit der ge­­stern gemeldeten Entscheidung des Pariser rumänischungarischen Schiedsgerichtes in der Enteignungsfrage der ungarischen Optanten vor Journalisten: — Die öffentliche Meinung hat keine Ursache, sich über dieser Vorfall irgendwie zu beunruhi­­gen. Abgesehen davon, daß es sich vorläufig ledig­­lich um eine rein formelle Entscheidung handelt, durch die das Meritum der Frage nicht berührt wird, wird Rumänien rechtzeitig dafür Sorge tragen, daß seine Souveränität durch derartige Instanzen nicht tangiert werde. # m­ens3 zum Siege verhelfen wird. Ich bin überzeugt, daß Der weitere Verlauf der Ereignisse dem berechtigten Standpunkte R­u­m .­ Hiezu erklärt man in hiesigen politischen Krei­­sen, die Enteignungsfrage der ungarischen Op­­tanten sei bereits im vergangenen Jahre sowohl auf der Brüsseler Konferenz im Einvernehmen mit dem Ungarn, als auch durch die verschiedenen Entscheidungen des Völkerbundes über die Agrar­­frage als end­gültig, erledigt anzusehen. II Ein Teil der Hauptstadtpresse richtet heftige An­­griffe gegen den schwedischen Vorsithenden des Schiedsgerichtes, dem vorgeworfen wird, er habe nicht die nötige Unparteilichkeit gezeigt. Die Frage des bessarabischen Regierungs­­kommissärs Bukarest, 13. Jänner. Eine Abordnung der bessarabischen Parlamentarier unter Führung­­ des Ministers Nita sprach heute beim Ministerpräsi­­denten vor und erklärte sich namens der averescani­­schen Bezirksorganisation in Bessarabien mit den jüngsten Erklärungen Averescus über Zmed und­ Kompetenz des neuerrichteten Kommissariates ein­­verstanden. BERLINER Averescu erklärte, daß er diese Erklärung, als ein besonderes Zeichen politischer Einsicht mit Befriedigung zur Kenntnis nehme. Geseßentwürfe, die nicht eingebraut werden Bukarest, 13. Jänner. Der jüngst gemeldete Entwurf betreffend die Reorganisation des Richter­­standes, gegen den bekanntlich im Richterkreisen hef­­­tiger Widerstand zum Ausdruck kam, dürfte in­­folgedessen, laut verläßlicher Informationen, vom­ Justizminister Cu­dalbu wahrscheinlich zurückge­­en beziehungsweise nicht eingebracht wer­­en. Ebenso spricht man von bedeutsamen Rende­­­rungen im Entwurfe­­ über Das­ neue Pre­sse­g­e­­seb, gegen dem sich sämtliche Zeitungen,­ ohne Parteiunterschied, kehrten. aaa von | | - er=. : Die Arbeitsgeber haben z­wei Wochen­­gebühr nach jedem Arbeiter zu entrichten Die neuen Taxen für Freistechung und Gemerbes­scheine.­­ Aus Bukarest wird gemeldet: Die legte Nummer, des „Monitorul Oficial“ bringt das­ Gesetz über die Vereinheitlichung der Gebühren für Freisprechung, der Lehrlinge und Gewerbescheine für Meister. Die­­­­ neuen Gebühren sind die folgenden: Kontrakt über Zehrlingsaufnahme 30 Lei, Freisprechung (Arbeits­­­­buch für Gesellen) 300 Lei, Gewerbeschein 500 Lei? .. Arbeitsbuch für Arbeiter ohne Fachausbildung Lei. Diese Summen werden dem Arbeitsministerium­­" zur Aufrechterhaltung der Lehringsheime und Fort­­bildungsanstalten für Arbeiter verwendet. Die Meister haben zu diesem Zwe nach jedem Arbeiter wöchentlich je zwei Lei zu entrichten. Die Werk­­­stätten, die weniger als zwei Arbeiter beschäftigen, als auch die Betriebe, die auf eigene Rechnung Bil­­dungsanstalten für die Arbeiter ins Leben rufen, kann das Arbeitsministerium von dieser Gebühr ent­­heben. ee zn j j Der Gefangene Skizze von Franziska Frankel Er machte sich sonst nichts aus dem Gasthausle­­ben und suchte nur selten Wirtshäuser auf. Aber in das Wirtshaus „Schwan im Felde“ kam er von Zeit zu Zeit immer wieder. Da war ein kleiner, fremder Junge, ein Mündel des Wirtes, der aufwuchs zwi­­sc­c­ Tonbank und Stammtischen. Der Junge hieß Frißel. So wunderlich weiß schimmerte sein helles Haar in dem Dunkel der rauchgeschwärzten Wände. Er hatte die bleiche Farbe der Röhren. Und seine Augen waren­ hellbraun wie Haselnüsse. So sorglos, so fröhlich, so unschuldig sahen diese Augen drein, die far waren wie ein Waldquell. Es war ihm eine Erfrischung, in diese heiter sorglosen Augen zu sehen oder mit der Hand über das runde Köpfchen mit dem hellen Har zu streichen, das sich an den Spitzen ein wenig lockte. Er, Drisen, war Gefängnis­wärter. Und die langen Jahre seiner Amtstätigkeit hatten ihm so viele Augen gezeigt, unrein und fladernd, lüstern und stumpf, frech oder gehett, gierig oder trotzig, daß es ihm eine Wohltat war, in dieses Kindes stille Augen zu sehen, die die klare Seele diess sanften Geschöpfes zeigten, so wenig erregt wie der Wasserspiegel eines See an einem Sommermittag mit trägem Wind. Um dieses Jungen willen kam er oft in die Gast­­stube und sah dem Kinde zu, wie es sich, heiter und still, im Raume bewegte, mit glücklich geöffneten Händen eine Frucht auffing, die man ihm zumwarf, oder sich nach einem flirrenden Geldstück bückte. Für den Gefängniswärter war es dann eine Freude zu se­­hen, wie dieses Geschöpf das Metall, um dessentwil­­len schon fo­rmand­er zum Dieb oder zum­ Mörder ge­­worden, in Empfang nahm, ganz ohne Gier, ja, ohne jede Bestierfreude. Wenn­ er so bleibt, "dachte Driefen, wird "er an­­ Neid nicht kennt. Einer, der Schönheit nur um der Schönheit willen bewertet und sie nicht taxiert nach dem Gewinn, den sie bringen kann. Einer, der heiter ist und unschuldig, der pflanzenhaft sein Leben lebt, beglückt schon dadurch, die Dinge um sich zu haben, die der Himmel gibt: Sonne, Wind und Regen, Glanz­ und Wolken wandern und Vogelflug. Der Driesen, der in seiner neunjährigen Ehe mit sei­­gutmütigen, aber ein wenig einfältigen Frau nur ein Kindchen gehabt, das im ersten Lebensjahre an einem Zahngeschwür gestorben, nahm sich des Jungen auf väterliche Weise an. Oft brachte er ihm ein Spielzeug mit oder einen nüßlichen Gegenstand. Auf einer Schiefertafel lehrte er ihn die ersten Buch­­staben schreiben und lächelte über die Zeichenversuche des Bürschchens, das sich mit eifrigem, heißrotem Kopfe bemühte, ein Haus zu zeichnen oder eine Kuh. Dieses Kind war seine ganze Freude. Es war die einzige bunte Blume in der dürren Landschaft“­mn ihn herum, die ihm grau erschien wie die Trachten der Sträflinge. — Dann wurde Driesen in das Gefängnis der Hauptstadt verseßt. Er hatte sich vor Jahren um jene gutbezahlte Stelle beworben, aber ein Mann mit längerer Dienstzeit war ihm vorgezogen worden. Jener Beamte war jetzt einem Lungenleiden erlegen, und Driesen nahm den gebotenen Posten an. Die Trennung von dem Kinde wurde ihm­ sehr schwer. Er schenkte ihm zum Abschied ein ganz jun­­ges Lamm, und als er den Jungen zum legten Male sah, kniete er auf der Erde neben dem Lämmchen und schnitt ihm mit einer­­ kleinen Stichfchere am Nacken ein wenig Wolle ab. Er war ganz vertieft in seine Beschäftigung und hörte nicht auf den Schritt, der sich näherte. Und Driesen zog sich zurück, ohne sich bemerkbar zu machen. Er fürchtete, die­ Fassung würde ihn verlassen, wenn er den Jungen beim Abschied­­ in die Arme nahm. Viele Jahre gingen. Viel Zeit verrann im Sand. Haselnüsse. er ER Driesen war ein alter Mann geworden. "Er merkte, sein Schritt wurde immer schwerer­­ und schleppender, wenn er die Treppen im Gefängnis auf- und niederstieg und die langen Korridore hin­­abging, hinter deren Türen jene atmeten, die die soziale Gesellschaft ihrer Verfehlungen wegen aus­­gestoßen aus ihren Reihen. Hinter jenen Türen barg sich viel Schicksal, viel Schuld und wenig Menschen­­hoffnung und wenig Menschengüte. An einem Herbstmorgen, als Driesen den Hof­­plaß überquerte, kam ein Wagen an, der Sträflinge ablieferte. Die Tür öffnete sich gerade in dem Augen­­blik, in dem Driesen vorbeiging. Er warf­ einen Blick hinein. Da saß ein Gesindel, dass man in der Nacht in Gassen und Schänken aufgegriffen, meisten musterten ihn frech. Man sah ihnen an. Die sie kamen nicht zum erstenmal hierher. Aber einer saß da, der hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Ein junger Bursche anscheinend noch. Wunderlich weiß schimmerte sein helles Haar aus dem Dunkel des Wagens. Und als er jezt langsam dem­ Kopf hob und sich anschickte sich zu erheben, um­ auch aus­­zusteigen, da sah Driesen zwei Augen, Hellraun wie Nie hätte diese Augen und dieses Haar! Als er die Augen zum lettenmal­ gesehen, da hatten sie den Bli auf ein Lämmchen gerichtet, und das helle Haar stand um ein unschildiges Köpfchen, das einem Wesen gehörte, das er über alles liebte. In diesem Augenblick, da der junge Mensch bleich, verstört entseßt und schaudernd in die nebeligs Frühe des Gefängnistores taumelte, schien es Drie­­­ sen, dieses Wesen wäre Lämmchen, Nacken die böse, dunkle Hand des Schicksals sich legte, um ihm Gewalt anzutun. — Das helle Haar war geschoren. In der ST seltener Mensch werden. Einer, f der ü >r Habsucht und . . .­­ dessen Das Gesicht es wiedererkannt. Aber war verändert, selbst ein ; an + -

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