Banater Deutsche Zeitung, Juni 1927 (Jahrgang 9, nr. 120-142)

1927-06-01 / nr. 120

T Belle |] a­fin er Fe Ganaier Menifae Senung“ , pinnen vdo­rum weren Mittwoch, den 1. Juni 1927 Die Raubwirtschaft im Waldbetrieb als eine Ursache der Hochwasserkatastrophen (P. M.) Die Überschwemmungen des Mississippi geben Anlaß zu zeitgemäßen Betrachtungen über die Umstände, welche dieses Unglück herbeigeführt haben. Gewiß sind es mehrere Ursachen, die wirkt haben. Es wäre nämlich verfehlt, dabei mit je­­hen Nieder­­schlägen, dem großen Regen allein die Ursache zuzu­ ichreiben. Vielmehr ist es außer Zweifel, daß Men­­­schenwerte, wenn auch von langer Hand her, an die­­ser Katastrophe mitgewirkt haben, sei es auch nur unbewußt. Für uns sollen diese Ueberschwemmun­­gen eine Lehre sein, denn auch­ Bei uns sind ähnliche Ursachen am Werke, die ähnliche Auswirkungen zeiti­­gen können, wenn auch nicht in so kolossalen Dimen­­sionen wie beim Mississippi, da unsere Flüsse eben kleiner sind. sei Daß auch bei uns die Hochwasserschäden in den lezten 10 bis 20 Jahren in rascher Folge — heute hier, morgen dort­­ auftreten, ist Grund genug, nach den Ursachen zu forschen und sich nicht immer auf den lieben Himmel berufen, daß er uns zuviel Regen ge­­sendet hat. E83 handelt sich hier um Ursachen von le, die als kulturfeindlich zu bezeichnen und. Im Urzustand der Gewässer, bei unkultivierten Ländereien spricht niemand von Hochtwasserschäden. Wo Sumpfland überschwemmt wird, erleidet dieses seinen Schaden. Dieser beginnt erst dort, wo durch Menschenhand geschaffene Kulturen zerstört werden. Kulturen geschaffen durch die Regulierung der Flüsse — also durch Menschenhand zu verschiedenen Zwecken Ländereigewinn, Kraftanlagen u. dgl. Für Regulierungen bestehen festgelegte Naturgesete, solche Mit der Verknüpfung der meteorologischen und geologischen Kenntnisse, der Land- und Waldwirt­­schaft und der Hydromechanik wurde vor etwa 100 Jahren durch den französischen Ingenieur Belgrand ein neuer Zweig der Naturwissenschaften unter dem Namen Hydrologie geschaffen, welche sich zur Aufgabe gemacht hat. Durch Beobachtungen und Ver­­suche, die Gefege und Erscheinungen zu bestimmen und zu begründen, nach welchen sich die Bewegung des Niederschlagwassers in seinem Rinnsal von Ur­­sprung bis zum Meer vollzieht und wie sich die ein­­zelnen Faktoren bei dieser Bewegung verhalten. Sie erstreckt sich auf die Niederschläge, deren Menge und Verteilung, deren Abfluß, auf Hoch- und Nieder­­wasser, auf das Gefälle und Flußbett, das Geschiebe und Ablagerungen, den Boden, seine Kulturen, Be­­schaffenheit des Quellgebietes, Waldwirtschaft, auf die Wirkung einzelner Bauten, Dämme, Brücken, Schleußen mit einem Wort auf alle Fragen, welche bei der Regulierung der Flüsse zu bestimmten Direk­­ten in Betracht kommen. Die Kenntnis dieser Gesetze­­ ist für die Regulierung von größter Wichti­gkeit, ohne welche eine Regulierung nur ein Tasten im Finstern wäre. Bei der Vielfältigkeit und Verschiedenheit der einzelnen Faktoren lassen sich diese Gefege nicht in mathematische Formeln von absoluter Sicherheit bringen — und darin liegt eben die Schwierigkeit die­­ser Wissenschaft, wohl aber sind es Erfahrungssgeseße, durch die Tatsachen begründet. Zur Aufgabe der Hydrologie gehört auch die Er­­forschung der Natur der Flüsse und sie hat in die­­ser Beziehung vieles aufgeklärt. Denn jeder Fluß hat seine eigene Natur und außer den allgemeinen Re­­geln gibt es solche, welche nur unter gewissen Bedin­­gungen gelten. Die Regulierung muß demnach der Natur des Flusses angepaßt werden, soll diese ihren Zweck erreichen. So geschah es auch beim Mississippi. Lange vor Beginn der Regulierung, bevor man das Gebiet in­ die Kultur einbezog, hatten Ingenieure in den Jah­­ren 1838­–1851 unter der Leitung Humphreys und Abbot Studien über die Verhältnisse gemacht und all ee derselben das System der Regulierung fest­­geseßt. Damals war alles noch im Urzustand: mit Ur­­wald bedecktes Gelände auf den höher gelegenen Gebieten. Sumpfland in den Bertiefungen. Der Zwe der Regulierung war eben: Ländereigewinn. Zum Gewinn von­ Ackerboden wurden die Ur­­wälder teils niedergebrannt, teils ausgerodet, mehr als es notwendig und klug war, so daß aus der wald­­reichen Union schließlich ein Holzarmes Gebiet wurde. Eine rationelle Waldwirtschaft ist in der Union unbe­­kannt. Laubwt­schaft und rasche. AusLeuten der Naturschäße auf allen Gebieten is: 93 Erz, Kohle, Erdöl oder Wald. Dieses Austeutun­gssystem, rächt sich nun bitter bei den Flüssen, wo das Gleichgewicht im Abfluß um­ die­­ Entwaldung gestört wurde. Denn die Wälder wirken mäßigend auf den Abfluß des Wassers im Quellgebiet.Sie halten das Niederschlagwasser, insbesondere bei Schneeschmelze zurück. Durch die Entwaldung hat dieser mäßig eine Einfluß aufgehört. Es ist dies ein wesentlicher Faktor, eine Ursache von großer Deutung, wenn auch nicht die einzige zur Herbei­­führung der Hochwasser. Die Urbarmachung der Sümpfe längst des Mississippi konnte nur durch Eindämmung des Haupt- und der Nebenflüsse bewerkstelligt werden, ganz ähnlich, wie es seinerzeit bei der Theißregu­­lierung geschah, welche der Mississippi-Regulierung voranging. Beide Gewässer, Mississippi und Theiß haben gleiche Naturen. Sie hesiten das Gefälle aller Ströme auf Erden, im Erdlauf geringste kaum 2 Zentimeter auf ein Kilometer, sind langsam ansteigend und von langer Wochen lang schwebt das Hochwasser zwischen Dauer, den Dämmen in bedeutender Höhe über dem geschühbten Boden der Landseite gefahrdrohend und ein Dammbruch ist ein Verderben. Der Hochwasserschutz, die en Dämm­e ist ein Kampf und zu diesem Kampf gehört geschultes Personal, strasse Organisation. Diese Frage ist bei der Theiß in mustergültiger W­eise gelöst. Die Materialien zur Verteidigung sind im Vorhinein beschaffen, auf den Dämmen verteilt, Schutzhütten hergestellt, jedem Manne seinen Plad angewiesen, die Wächter gehen Tag und Nacht ihre Streen ab, sind mit­einander und mit dem leitenden Ingenieur durch Telephon verbunden und starten stündlich Mel­­dung ab. Zu diesem Zweck steht immer eine ent­­sprechende Mannschaft in Bereitschaft, denn es ist von großer Wichtigkeit, sofort einzugreifen und die Gefahr im Keime zu ersticken. Bei eingedämmtem Fluß geht die Flutwelle höher als es im ungeregelten Zustand des Flusses geschah. Durch die Eindämmung hebt sich der Hoch­­wasserspiegel, wie es sich leicht erklären läßt. Eine weitere, sehr wichtige Regel ist, das Wasser in den oberen Gebieten, im Quellgebiet zu­­rückzuhalten, im unteren Gebiete des Flusses zu be­­schleunigen. Bewaldungen, Talsperren, waagrechte Gräben, Kraftanlagen, Bewässerungen sind die Mittel zur Verzögerung des Abflusses. Die Entwal­­dungen, insbesondere die Kahlabholzung arbeiten dieser Regel ganz entgegen und darin liegt die Ge­­fahr, die dann zur Katastrophe führen muß, denn das Gleichgewicht wird gestört. Unsere heutige Waldwirtschaft geht diesen ge­­fährlichen Weg. Schon reichen die Hochwasser bis zur Dammfront, wo­ diese doch seinerzeit ein Meter über den höchsten Wasserstand errichtet wurden. Das Flußbett wird durch das viele Geschiebe und die Ablagerungen der Wasserrisse verlegt, verschlammt, seine Aufnahmsfähigkeit verringert, was wieder zur Hebung des Wasserspiegels beiträgt. Durch die Bildung von Wasserrissen im entwal­­deten Gebiet vermehrt sich das Geschiebe und die Straßen im wasserrissigen Gebiet lassen sich nicht erhalten. Auch mit großen Kosten nicht. Nur der Verbau der Wasserrisse und ein Schutzwehrstreifen längst der Straße kann dem Uebel abhelfen. Was ist nun die Lehre für uns, wo die Wald­­wirtschaft einen falschen Weg geht, wo dadurch unser Hochwasserschuß bedroht ist, wo die Wasserschäden Jahr für Jahr sich vermehren? Ein strenges Waldgeheg für die Erhaltung der noch bestehenden Wälder. Eine großzügige A­u­f­­forstungtätigkeit, in erster Linie die Ver­­bauung und Bewaldung der Wasserrisse. Die Aufforstung aller st Ziegenweiden, eilen Lehnen, Abschaffen der Herstellen von Schu­bwäl­­der, dabei eine stramme Forstverwaltung durch den Staat — auf der ganzen Linie — auch bei den Gem­eindewäldern. Nur so wird es möglich sein, die Gefahr zu bannen, der wir entgegen gehen. Be­­Die Hochwasser WERDEN ER ALZ TZ ZL LE GM << le eee vn IJ eee] dem Felsloch, auf dem Grat, das dem Weg den Na­­men gibt, durchbricht die Sonne den Wolkennebel und beleuchtet die Täler, die sich zu beiden Seiten von uns ausbreiten. Während wir dort halten — zu Don Felipes verständnislosem Grimm — und uns an der Schönheit freuen, kommt ein Trupp Berg­­bewohner von Santa Maria uns entgegen, der zur Ernte nach Tucuman hinunterzieht. Sie reiten ihre Hennen zähen Pferd­en meist familienweise. Die Frauen, in ihren farbenfrohen Kleidern und der schwarzen Manta um das braune Gesicht haben immer einen Sprößling auf dem Schoß und ein bis zwei liegen irgendwie hinten auf der Pferdetruppe. Das. heißt man hierzulande „en anca“ reiten und würde in einem heimatlichen Zirkus immerhin Ein­­druck erwecken. Die Männer tragen den leuchtend ro­­ten Vond­o von Santa Maria und haben die älteren Familienjahrgänge Hinter sich. Große Mädchen sitzen immer seitwärts und trommeln vergnügt mit den nackten Beinen in Lackschuhen auf den geduldigen Pferdchen, denn vergnügt sind sie alle und La&schuhe GEDOTEN, bis in den tiefsten Urwald hinein zum glten Ton. „Que le vaya bien!“ (daß es Euch wohl gehen möge!) grüßen wir und gegenseitig zum Abschied . Steilab geht es vom Grat. Dann wechselnd, weniger steil, bergauf, bergab. Weite Steinflächen d­urchrei­­ten wir, unterbrochen von niederen­ Gestrüpp und kurzem, saftgrünem Gras -- ein Eldorado für un­­zähliges Rindvieh. Neben uns braust der Rio de la Angostura. „Da ist die Tafe del Valle“, sagt Don Felipe einige Stunden später. — „Wo2“. Man sieht die Berge sich um ein Teil zu Einzelgruppen gliedern, aber in diesem Tal scheint nichts zu sein, als herr­­liche Hängeweiden. Er lacht: „Tafe hat über 2000 Einwohner, Kirche, Schule und Warenläden.“ Nach “grum der erholungsbedürftigen Tucumaner einstündigem Ritt in der glühenden Nachmittags­­sonne sehen wir das erste Haus, dann folgt Gehöft auf Gehöft — jedes verhüllt von seinen Weiden, wie von einem Mantel. Es sind Trauerweiden, wie wir sie nicht kennen,­­deren mehrere Meter lange Zweige wie grüne Wasserfälle rieseln. In den Kop­­peln grasen zwischen den Kühen und Pferden auch Lamas z und beäugen uns neugierig aus großen, dunklen,­­langbewimperten Augen. Der Rio de la Angostura teilt den ausgedehn­­­ten Ort in zwei Teile. In der Regenzeit durchat15, dann ist er zu Pferde unpassierbar, und eine Brücke gibt es nicht. Auf den unvernünftigen Gedanken, jemals zu Fuß zu gehen, kann überhaupt nur ein verrückter Gringo kommen. Etwas erhöht, mit wundervollem Blick über das Tal, den Fluß und in die Berge haben die Jesuiten sich eine Sommerfrische geschaffen. Ein liebenswürdi­­ger Vater zeigt uns am folgenden Tage diese­ Reftt- Geist­­lichkeit und führt uns voll Stolz in die Heine Kirche. Am ü­berraschendsten aber war mir der herrliche Ovst­­aarten unseres Wirtes, des lustigen alten Senior Biobravo, in dem die köstlichsten Birnen und Aepfel in einer Höhe von 2000 Meter wuchsen. Unsere einfache Lehmbodenstube liegt an der sehr belebten Dorfstraße. Sie hat nur eine Tür und sein Fenster. Natürlich steht diese Tür den ganzen Ta­uber offen, und auch als wir weiter in die Berge auf Granacojagd gehen, blieben innsere Sachen ru­­­­­hig in dem offenen Zimmer an der Landstraße. „Stehlen“ scheint in dieser Ortschaft ein unbekannter Begriff zu sein. Es wohnen stolze, schöne, gesunde Menschen hier oben — vielleicht sind es Abkömm­­linge vom­ Stamme der Inkas. Rußland und Asien London, 30. Mai. Laut einer Meldung aus Moskau haben die Sowjets im Zusammenhang mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen durch Großbritannien einen Aufruf an die asiatischen Völ­­ker gerichtet, in dem­ sie erklären, seinerlei aggressive Absichten zu hegen und den dortigen Völterschaften Schutz und Unterstützung gegen jeden englischen Angriff versprechen. Gleichzeitig sollen aber die letz­­ten fünf Jahres­klassen der roten Armee zwecks Ver­­teilung an der sibirischen Grenze mobilisiert worden sein. Das Chaos in China Entserdung neuer japanischer und amerikanischer Truppen S­hanghai, 30. Mai. Die japanische Regie­­rung hat als Vorsichtsmaßnahme die Entsen­­dung von 2000 Soldaten nach Tsing­­tau verfügt. Es verlautet, waß in Schanghai ein amerikanischer Transportdampfer bereit stehe, mit 2300 amerikanischen Seesoldaten nach Tientsin auszulaufen. Ein zweiter Transportdampfer hat­ die Weisung erhalten, sich für die Abfahrt nach Ma­­nila bereitzuhalten, um von Dort 1300 Marinesolda­­ten wahrscheinlich gleichfalls nach Tientsin zu beför­­der. nichtoffiziere Nachrichten aus Hankau bestäti­­gen die Meldungen, wonach Die Nationalisten bei Honan Verluste in der Höhe von 14 000 Mann erlitten haben und sich vor den Nordtruppen zurück­­ziehen. In Hankau treffen unaufhörlich V­erwun­­dete ein. Die Schlacht dauert fort, da die entschei­­dende Niederlage die Nationalisten zur Rämmung von Hanfau nötigen dürfe, listen Zu gleicher Zeit rücken die gemäßigten Nationa­­lnter Tshangkais Werk fast ohne Wider­­stand auf Tientsin vor, während sich die Nordtrup­­pen gegen Tsinanfu zurücziehen, Die russischen Oh­re gegen England — ein Bluff Zürich, 30. Mai. Die über die internationalen Beziehungen stets sehr gut unterrichtete „Neue Züricher Zeitung“ schreibt vor englisch-russischen Beziehungen; zu dem Abbruch Dem nicht parteipolitisch gebundenen englischen Publikum wird man wohl weiszumachen versuchen, daß der Bruch mit Rußland den auswärtigen Hans der Englands schwer schädige und mit Die Krise der britischen Industrien, die sich seit Jahren bins schleppt, neuerdings verschärfe. Während man aber vor einigen Jahren, als das britisch-russische Experi­­ment noch nicht eingeleitet oder noch in den ersten Anfängen war, sich gutgläubig über die Aussichten des direkten Handels zwischen den beiden Reichen Illlusionen hingeben mochte, die freilich schon damals einer kritischen Prüfung der tatsächlichen Verhält­­nisse nicht standhalten konnten, haben seither die Er­­gebnisse, die der direkte Handel unter dem Regime eines Abkommens, das den Russen ganz ungewöhn­­liche Privilegien sicherte, jedem die Augen öffnen müssen, der wirklich sehen wollte. Ueber zwerghafte Anfänge hinaus ist dieser Handel nicht gediehen. Die Fl Drohungen wirken daher als ein leerer uff. ;

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