Banater Deutsche Zeitung, November 1927 (Jahrgang 9, nr. 246-270)
1927-11-01 / nr. 246
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November 1927 ERR SNR RE RISSE EEE SII IREN HRADEC Deutsche Souveränität "und Wirtschaft Von Dr. Paul Rohrbach Der viel erörterte, unnüßerweise als ein halbes Geheimnis behandelte Schritt des „Reparationsagenten“ Parker Gilbert hat daran erinnert, daß Deutschland seit dem Frieden von Versailles kein eigentlich souveräner, sondern nur noch ein halb- souveräner Staat ist. Es gibt sogar Leute, die behaupten, es sei eigentlich nur noch eine Kolonie der sogenannten Siegermächte, mit ausnahmsweise weit gehaltenen Selbstverwaltungsrechten. Diese Uebertreibung — vorläufig ist es noch eine — hat den Vorzug, daß sie, wenn auch in zugespibter Form, den eigentlichen Kern der Frage trifft, um die es sich hier handelt. Wenn von den Einschränkungen der deutschen Souveränität durch das Friedensdiktat die Rede ist, so wird meist auf das Verbot einer angemessenen Wehrmacht hingewiesen, sowohl was die Zahl der Einheiten als auch ihren Wert der Kampfmittel, die Herstellung von Munition usw. betrifft. Auch daß Deutschland und Oesterreich sich nicht vereinigen dürfen, trozdem diese beiden auseinandergerissenen Teile des deutschen Volks danach streben, hebt an einer sehr wichtigen Stelle die praktische Souveränität auf, die zum Vollbegriff des Staates gehört. Den meisten fallen die Einschränkung nicht auf, namentlich denen nicht, die sich weniger mit öffentlichen Dingen beschäftigen. Jett greift mit einem Mal die Tatsache der bloßen Halbsouveränität Deutschlands nicht nur an das nationale Gefühl im allgemeinen, sondern auch an die materiellen Lebensinteressen von Millionen Deutscher. ..8 ist zwecklos, um die Denkschrift des Reparationsagenten viel herumzureden: Sie sei nichts Außerordentlichen, sie sei nur „im Fortgang“ der laufenden Meinung S38 austausches überreicht usw. Der „Agent“ hat mit ihr gezeigt, was er in Wirklichkeit ist, nämlich der von den Empfangsberechtigten der deutschen Jung bestellte Aufseher über Kriegsentshädtdie deutsche Finanzwirtschaft. Schon vor einigen Monaten hat er einen kaum verhüllten Wink gegeben, des Inhalts, daß er wegen dieser Finanzwirtschaft jen habe. Es handelte sich dabei gewisse Redenum die miteinander verbundene Aufgabenpolitik des Reiches, der Länder und der Gemeinden. Jett ist durch den Artikel einer amerikanischen Zeitung bekannt geworden, daß es sich in dem kürzlich übersandten Memorandum wieder um dieselben wichtigen Fragen handelt, außerdem aber noch um die Erhöhung der Beamtengehälter. Der Agent sagt: Eure Verwaltung ist unzweimäßiger und kostspieliger als sie zu sein braucht, und die Besoldungserhöhung für eure Beamten legt die Frage nahe, ob sich die vermehrten Bezüge mit euren Verpflichtungen gegen die Reparationsgläubiger und mit jenem Punkt in den Friedensbedingungen vertragen, daß die deutschen Lasten (d. h. die Belastung des deutschen Lebens) nicht geringer sein DETER als die Lasten in den alliierten Lanern. Das Memorandum selbst ist sachlich gehalten, und seine Schärfe liegt weniger in seiner Fon als in dem Umfang und in der Selbstverändlichkeit der Kritik, die es ausübt. Um es richtig zu würdigen, muß man zweierlei berücksichtigen. Das Erste und Wichtigste ist die Tatsache, daß fast überall in der Welt die Ueberzeugung von einer außergewöhnlichen, überraschenden Regenerationsfraft und einer aufnehmenden wirtschaftlichen Blüte Deutschland 3 besteht. Das fing an mit der Stabilierung der Mark, Ende 1924 einem Vorgang, der wie kein anderer seit dem Kriege der Welt imponierte. Verhältnismäßig am nüchternsten in der Beurteilung Deutschlands ist man noch in Amerika. Der Direktor der Beratungsstelle für den Innen- und Außenhandel im Handelsministerium in Washington, Klein, spricht sich aber auch dahin aus, daß kein Land Europas lebhafteres Interesse an amerikanischen Wirtschaftsmethoden zeige als Deutschland , daß 156? kein Zweifel bestehen könne an Deutschlands rapidem Fortschritt im Aufbau eines leistungsfähigen Apparats zur Bewältigung der Wirtschaftsaufgaben der Nachkriegszeit — und an der Besserung der deutschen Lebensverhältisse im Ganzen. Klein zieht dazu die Statistik der Konsumvereine, den Verbrauch von Luxuswaren und Bier, das Anschwellen der Spareinlagen und die Ausgaben für Vergnügungsumwede in gleicher Weise heran. Als ein besonderes Moment betonte er außerdem die Stärke des deutschen Willens, die jedermann beobachten könne. Man mag nach Frankreich, nach England, nach Jugoslawien, nach der Türkei, nach Sowjetrußland gehen: überall trifft man auf die mitunter bis ins abergläubische gesteigerte Vorstellung von Deutschlands aufsteigender Wirtschaftskraft und Blüte, von den in Deutschland gemachten und noch bevorstehenden Erfindungen und von der unwiderstehlichen Energie der deutschen Ausdustriellen. Diese Ideen sind sehr gefährlich. Sie führen notwendig dahin — und damit berühren wir den zweiten zu erwägenden „Punkt — daß sich im Auslande und besonders auf der Seite der „Sieger“ die Frage erhebt, ob man es sich gefallen zu lassen brauche, daß Deutschland, der Besiegte in Weltkrieg, anfange, besser zu leben als die Sieger? Die Erfahrung lehrt, daß wenn sich einmal ein falscher Gedanke in der öffentlichen Meinung der Welt festgesebt hat, es Schwer oder unmöglich ist, ihn wieder auszurotten. Ein solcher Gedanke war vor dem Kriege und im Kriege der, daß Deutschland nur an die Gewalt glaube, nur die Gewalt anbete, und sehr ist es das Dogma von dem unerhört rasch wiederaufsteigenden Deutschland. Wir, die wir in Deutschland leben, wissen am besten, wie übertrieben dieser Glaube ist. Auch wir sehen die Fortschritte und freuen uns ihrer, aber uns braucht niemand daran zu erinnern, wie tief unter der Vorkriegszeit wir noch stehen, und wie bedingt das meiste von dem was wir wieder erreicht haben, durch fremde Kredite ist. In die Bewunderung, die D rezollt wird, mischen sich Neid und Berger, stärksten ist das in Frankreich der Fall. Hier ist das Memorandum Parker Gilbert 3_ deshalb auch mit lauten Ausbrüchen der Schadenfreude begrüßt worden. Es wird großer Ruhe und Sachlichkeit bedürfen, um wenigstens diejenigen Stellen, die nach dem Dawesplan ein Recht auf Kritik an der deutschen Finanzwirtschaft beanspruchen. Davon zu überzeugen, daß es sich bei der Reform der Beamtenbesoldung nicht nur um ein Mehr von soundsoviel Gehaltsprozenten handelt, sondern um eine Frage des deutschen Kulturbesitzes schlechthin. . R BU; EREPIITFIPE:EBHREHD Be |Die Untersuchung gegen Manoilescu nody nicht abgeschlossen Die schwierige juristische Qualifizierung des Bergehens — Weitere Verhaftungen bevorstehend — Ein energischer Protest der Averescaner gegen die Regierung zu diesem Zeitpunkt Bufarest, 30. Oktober. Die Untersuchung des Falles Mandlesen, der nach wie vor die Gemüter beschäftigt, hätte bis gestern abgesclossen werden sollen. Das von Tatarescu angekündigte Erpose wurde nicht abgehalten. Als Ursache dieser Verschiebung wird weiten Personen die Tatsache angegeben, von eingedaß sich mehr zu untersuchende Fälle ergeben hätten, als ursprünglich angenommen worden ist. Und diese Fälle sind alle in Verbindung mit Paris. Fernex soll auch die Qualifizierung des Vergehens Schwierigkeiten bereiten, da sich im Militärstrafgesetzbuch kein Artikel findet, der das Vergehen Mandlescus entsprechend definieren könnte. Darum wird, wie verlautet, der Militärtaatsanmalt die Anschuldigung auf die Artikel 78 und 80 des Zivilstrafgesetzes, kombiniert mit Artikel 3 des Gefeßes über den Ausnahmezustand, aufbauen. Der nach der Hauptstadt gebrachte ehemalige averescanische Präfekt Axenti erklärte während der Untersuchung, gehalten, welche zum Gegenstand den Fall Majer nehme alle Verantwortung für die Verteilung der Manifeste, welche das seinerzeitige Interview des Exthronfolgers Karl im „Matin“ enthalten, auf sich nehme. Auch die Untersuchung gegen Stabschef der Fliegertruppen Oberst, den gewesenen Teodorescu dauert fort. Bei der Hausdurchsuchung wurde eine belastende Korrespondenz, Dokumente, sowie ein Chiffreschlüssel zu Tage gefördert. Gestern abends fand eine Besprechung zwischen den Seiten der Polizei und Untersuchungsbehörden mit den Staatssekretären Tatarescu und Franasovici bei der Siguranka statt. Bulagarest, 30. Oktober. General Averescu hat gestern mit seinen Freunden eine Beratung abweilesen hatte. Ein Beschluß wird erst nach dem Bekanntwerden von den Anklagemomenten möglich sein. Im Anschluß hieran hielt die Sifover Komitatsorganisation unter dem Vorsitz Trancu-Safis eine Beratung ab. Im Falle Manvilescu wurden Proteste gegen die Regierung erhoben, die innere und äußere Politik der schärfsten Kritik unterzogen und deren Mißwilligung ausgesprochen.Es wurde beschlossen, daß sich alle Advokaten und Offiziere, die Anhänger der Partei sind, zur Verteidigung Manolescu38 melden sollen. An den leiteren wurde ein Gruß gerichtet, der die Versicherung enthält, daß die Organisation alles für ihn tun werde. Die Amnestieverordnung Bukarest, 30. Oktober. Der Ministerrat genehmigte in seiner legten Sitzung die vom Justizminister verfaßte Amnestieverordnung, die nach der Adreßdebatte dem Parlament den hauptstädtischen Blättern vorgelegt wird. Zach soll die Verordnung folgenden Inhalt haben: 1. Die Deserteure der Kriegsjahre 1916-128 bekommen Amnestie. 2. Begnadigt wurden all jene, die sich vor Kriegsausbruch (1916) vom Militärdienst entzogen. Darunter gehören auch diejenigen, die ins Ausland geflüchtet sind. Die Amnestie erstreckt sich auf jene Militärpflichtigen, die in der Zeit zwischen 1913 und dem Ausbruch des Weltkrieges fahnenflüchtig geworden Dieser Teil der Amnestieverordnung bezieht sich auch auf die rumänischen Staatsbürger, die infolge des Kriegsausbruches in ihre Heimat nicht zurückehren konnten. 3. Der Amnestie werden auch alle Personen teilhaftig, die sich gegen die Mobilisierungsvorschriften vergangen haben. 4. Begnadigt werden schließlich diejenigen, die ihre Vorgesetzten tätlich insultierten. Bei diesem Punkt kommen nur solche Fälle in Betracht, wo ein kriegsgerichtliches Urteil gefällt wurde. sind. EE 3 DI „IW 33 4 |