Banater Deutsche Zeitung, Dezember 1932 (Jahrgang 14, nr. 272-295)

1932-12-08 / nr. 278

DE Vs 4 Be 2 72 ; 5 Preis 3 Lei FESTE, H ganzjährig 809 Lei, halbjährig 400 Lei, vierteljährig 200 Lei, monatlich 70 Lei — Bu ug in Temeswar 10 Lei monatlich. =“ Ausland monatlich 120 Lei, — Erscheint itglich­er nachmittags, mit Ausnah­me von Sonn- und Feiertagen, — Anzeigen nach Tarii, 14. Jahrgang Timisoara-Temeswaar, ng und Verwaltung: Temeswar, Stadt, Deut­sches x. 14—18. Verwaltung vo ? Haus, 66.­ernsprecher: Schriftleitung ud und Berlag der Schwäbischen Verlags - Aktiengesellschaft, Temeswar. Donnerstag, 8. Dezember 1932 Nr. 278 SSS Ar nme me ­ 7 Ein Südou­dentischer fährt ins Reich Von Heinrich Zillich Der Kronstädter Dichter Heinrich Zillich, auch aus Banatern ein guter Bekannter, der mit seiner bedeutsamen Zeitschrift „Klingsor“ eine deutsche Kul­­turausgabe von großer Tiefenwirkung erfüllt, berichtet hier über seine Eindrücke von einer „Fahrt ins Reich.“ Die Gedanken, die für die Berliner „Tägliche Rundschau“ geschrieben und uns freundlichst zum Audruf zur Verfügung ge­­stellst wurden, durchglüht eine Erlebnisstärke von bekenntnishafter Intensität. Warum überfällt uns, wenn wir nach Deutsch­­land fahren, an der Grenze immer das große Gefühl der Befreiung, der Sicherheit? Eilzüge sind wie Kor­­ridore, die über die Erdteile gelegt wurden. Ihr In­­neres bleibt sich gleich. Die Schaffner wechseln und der Diensteifer. Die Fahrgäste wechseln und die Sprachen. Die Wände bleiben. Man kennt seit zwei Tagen das Muster der Vorhänge. Man kennt die wechselnden Kinobilder der Landschaft, die an den Fenstern vorüberzog. So vieles bleibt gleich und ändert höchstens ein wenig seinen Ausdruck. Es ist also nicht das Land, das durch die Fenster maßvolle und großgefügte Bild­ der Sander­deutschen Grenze fast 5 - zt überflit­et. ES U DAG zu uns geheimnisvoll spricht. Wir suchen nach seinem Kern, tappen wie Blinde nach dem Sinn Wunder 3, während wir im gleichen Augenblik dieses das Wesentliche längst traumhaft erfaßt haben und nur nach dem Worte fahnden, um unsere so oft empfun­­dene Rührung zu klären. Wir glauben vielleicht, e3 sei die Ordmu­ng, das Gefühl des sicheren Rechtes, Da3 un3 östlichen Menschen hier die westliche Kultur gewährt, wie jedem Wanderer, der diese Grenzen überschreitet. Nein — nein — e3 ist nicht dies, es ist — — Deutsc­hland. Und doch ist e3 auch der Westen, das mitteleuro­­päische Kulturland. E3 gibt auf der Erdkugel nur diese Gegend, die seit vielen Jahrhunderten die für ma alle maßgebende äußere und weitreichend auch die innere Weltform bestimmt und schafft. Kein Strich der Erde, der durch diese schöpferisch ausstrah­­lende Quelle nicht ununterbrochen umgewandelt wür­­de. Was abseits liegt, ist Land der Empfängnis. Es ist Provinz. Hier, an Deutschlands Grenze — die wir wissenhaft an der Leitha spüren, nicht bei Salzburg — beginnt und ist das Land des Geistes, der Aus­­saat, der Kraft. Wer könnte Kraft in Worte fassen? Wer empfände sie nicht? Wer erfühlte sie nicht dop­­pelt, wenn er ihr aus einer Gnade des Blutes und der Sprache leiblich verwandt ist? Dieses Erlebnis des Glüces ist die Grundlage jeder Reise, die ein Auslandsdeutscher ins Reich un­­ternimmt. Und wen­n er, der doch eine Reise moch­­te, nachher erzählen soll, so kann er nur dies als das erlebte Große erzählen, als das bleibende Große. Er kann — aber das sagt man eben nicht oft — sagen: er it schon alles recht an seinem Fleß und in guter Ormwaga, denn es gibt noch ein geheimnisvoll wer­­bendes und und un3 begrüßendes Deutschland. Und wenn er dabei ein wenig nachdenkt, spürt er mit noch tieferer Begrüßung, daß dieses Deutschland eigentlich in ihm selbst steht, genau so wie das Echo zum Ton gehört. Und das kaum aussprech­­bare, noch heimlichere Wunder ist es, daß Echo und Ton, Ruf und Antwort vertauschbar sind. Wunder des Blutes, des deutschen Schiksal38 und dieses Volk mit tausend Heimaten, die alle, einmal diese, einmal jene, tiefer an­ dem Born des gemeinsamen Wesens lauschen und so ein ewig sich gegenseitig befruchten­­des Hin und Her der Gemeinsamkeit, sind die leider noch nicht zur Frucht­­ der ehernen Gemeinschaft auf­­wuchs. Vor diesem gewiß stolzen Gefühl wird das alte Mutterland in dem Augenblik, wo man es be­­tritt, auch zum empfängnisbereiten Schoß der fernen deutschen Abwandlung, die man selbst verkörpert. Aber wir staunen doch in gleicher Wortlosigkeit, daß es diese Grenze überhaupt gibt. Welche Ent­­täuschung für uns, daß der satte oder hungrige All­­tag des Reichs einer solchen tragischen Verstrickung unseres gemeinsamen Geschides kaum inne wird. Denn dann müßten jene Grenzen, unberührt von den Staatsschanzen, erst enden, wo der lezte Deutsche hinter dem Pfluge geht. E3 müßte ein ewiges Deutschland unsichtbar, aber stählern und schwin­­gend über die Erde gespannt sein. E3 müßte um 3 aneinander nieten und füreinander leben lassen, daß wägbar Leben dD ig ihmer3e L Dy. 4 nn eder eigenen Art, die­ ­­­ M Lei I 7% 15 8 M­­­­ANA FRANZ BRANNTWEIN | SETE BE 926 € SBRS, “ ; ti [996.159 | || [| Zehntausende Arbeitslose unter roten Fahnen — Kaffee und Sandwiches zur Ber­­uhigung der Gemüter — Militär und Polizei stößt die öffentlichen Gebäude mit Tränengasbomben SABRES 1) IE 2 EIB Newyork, 7. Dezember (Dp) In Washington Hat die Hungerarmee der Ar­­beitslosen gestern ihren ersten Rieffendemonstrations­­zug in Bewegung gesetzt. Mit polizeilicher Bewilli­­gung und unter polizeilicher Bewachung zogen die Zehntausende unter roten Fahnen und mit den Ru­­fen: „Wir wollen zuerst Brot und nicht Bier!“ durch die Strafen. Sämtliche öffentliche Gebäude der Stadt sind von Polizei- und Militärabteilungen be­­setzt. Das Schatzamt wird von einer Militärabtei­­lung, die mit Tränengasbomben ausgerüstet ist, be­­setzt gehalten. Die Straßenzüge, dur­ dhe sich der Demonstrationszug bewegt, sind mit einer dichten Kette von Polizisten, Marinesoldaten und Fe­uter­­­­mwehrleuten besetzt. Auf den öffentlichen Plätzen se­­hen Truppen, mit Maschinengewehren, zum Ein­­schreiten bereit. Die Demonstranten haben, bevor sie ihren Zug durch die Stadt antraten, Kaffee und Sandwichs verabreicht bekommen, was ihre Laune sichtbar bes­­serte. Die Polizei lenkte den Demo­nstrationszug so geschi>t, daß er auf keinen Fall zum Capitol gelan­­gen konnte. Die Demonstranten haben im Laufe des gestrigen Vormittags an den Vizepräsidenten C­u­r­­tie und Carner Denkschriften überreicht, in wel­­chen Jung sie eine rasche Regierungshilfe und die Einfuh­­rer zwangsweisen Arbeitslosen­­versicherung fordern. 4 | SRP UIEES Wendung in Genf: ‚die Berechtigung der Forderung Deutschlands nach Rüstungsgleichheit anerkannt. Die Anerkennung des prinzipiellen Rechtes auf Wehrgleichheit bezieht sich nicht nur auf Deutschland, sondern auf sämtliche renz Die gestrige Nachmittagssizung der Mächtelenie­­in Genf hat eine sensationelle Wendung im Verhalten Frankreichs den deutschen nach Wehrgleichheit gegenüber gebracht. Forderungen Herriot ‚Hat ganz unerwartet seinen bisherigen starren Stand­­punkt der unbedingten Ablehnung aufgegeben, und, vorerst zwar nur im Prinzipe, aber den­noch ‚Jungen der Abrüstungskonferenz teilnehmen Mächte, die zufolge Verfügung der Friedensverträge abgerüstet wurden. Der deutsche Außenminister v. Neurath, der nach der Erklärung Herriots gefragt worden ist, ob er auf das hin an den weiteren Beruf wird, hat sich in undurchdringliches Schweigen gehüllt. Wie verlautet, steht er nach wie vor auf dem Stand­­punkte, daß Deutschland weniger des Prinzipes, wie vielmehr der tatsächlichen Gleichbereiti­­gung bedarf, um sich sowohl nach innen, wie auch nach außen als geschützt betrachten zu können Herriot ernennt Deutschlands Forderung nach Wehrgleichheit im Prinzip an Bon der tatsächlichen Gleichberechtigung no< immer sehr weit Genf, 7. Dezember (Dp) „40mm

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