Bukarester Gemeindeblatt, 1907 (Jahrgang 3, nr. 14-52)

1907-04-08 / nr. 14

2 In Schriften und Gegenschriften ist dieser Streit seiner Zeit zur Genüge abgehandelt worden. Nunmehr ist er vorüber. Die durch ihm der Gemeinde geschla­genen Wurden sind vernarbt. Neue Kräfte haben sich mit voller Hingebung und vollem Erfolge der Konsoli­dierung der Gemeinde und dem weiteren Ausbau der­eiben gewidmet. Der letzte Jahresbericht 1905/6 weist Ziffern aus, die geradezu glänzendes Zeugnis hierfür ablegen. Die Zahl der Schüler und Schülerinnen ist auf 1225 angewachsen. Das Budget von 290.000 Frcs. er­scheint durch die Einnahmen gedeckt, und der Re­servefonds, der durch eine eingeleitetc Sammlung gebildet wurde, hat eine Höhe von 40.743 Frcs. Wie sehr die Gemeinde ihrer kulturellen Aufgabe gerecht geworden, wie sehr sie durch Erfüllung die­ser Aufgabe in wirtschaftlicher Hinsicht zur Förde­rung der deutsch-rumänischen und österr.-ungarisch­­rumänischen Handelsbeziehungen mit beigetragen hat, wird erst in späteren Jahren zur vollen Geltung kommen, wenn die Schulanstalten der Gemeinde, zur vollabschliessenden Handelsschule ausgebaut, ihre fürs praktische Leben tüchtig ausgebildeten Absolventen abgeben können. Aber heute schon kann man sagen, dass die Geschichte der Gemeinde und deren Entwickelung so eng mit der Entwickelung von Handel und Gewerbe Rumäniens verknüpft ist, von allem Anbeginn an verknüpft war, dass mit Fug und Recht gesagt werden darf, dass der evangel. Gemeinde in Bukarest ein gut Teil des Anrechtes an den kulturellen Erfolgen und dem wirtschaftlichen Aufschwung Rumäniens zuzuschreiben ist. E. Mangesius. Für das Deutschtum in der Dobrogea. „Lass aber du, o Vaterland, dich mahnen, Vergiss sie nicht, die Kinder m der Ferne, Sie werden segeln unter deinen Fahnen, Drum sorge du, dass man sie achten lerne, Und ziehn sie auch von Pol zu Pol die Bahnen, Sei du mit ihnen wie die treuen Sterne, Und halte jedes einer Welt zum Trutze, Je ferner dir, je näher deinem S-hutze.“ Friedrich Hebbel. In der Dobrogea, der jüngsten Provinz des aufblühenden Königreiches Rumänien, zwi­schen der Donau und dem Schwarzen Meere gelegen, wohnen zahlreiche deutsche Bauern­familien, zum allergrössten Teil Einwanderer aus Südrussland, wohin ihre Stammväter einst aus Württemberg oder aus Norddeutschland gezogen sind, gegenwärtig wohl etwa bis 5.000 Köpfe stark, zu allermeist evangelischen Glau­bens. Aus Russland, wo ihnen der Raum zu eng und der Boden zu teuer wurde, sind sie in dies benachbarte Rumänien gezogen und haben sich hier in der Dobrogea niedergelassen, in der bis vor wenigen Jahren noch Ackerland in Menge vorhanden war. Nach Jahren schwerer Kämpfe und wirtschaftlicher Sorgen ist es der Mehrzahl von ihnen gelungen, ein gesichertes, wenn auch meist noch recht knappes Aus­kommen zu finden. Jedoch besteht die Aus­sicht, dass die äusseren Verhältnisse der deutschen Dobrogeabevölkerung sich nach und nach, wenn auch langsam weiter bessern werden. Umso trauriger sieht es dagegen bisher um die kulturellen Güter derselben, um Kirche und Schiile, aus. Wohl sorgen zwei evange­lische Pfarrämter (in Constantza und Atmagea) sowie zwei katholische (in Constaritza und in Caramurat) nach Möglichkeit für die weit zer­streuten, grösseren und kleineren deutschen Bauernkolonien, doch sind die Sprengel zu gross und die Entfernungen zu weit, als dass die Gemeinden so versorgt werden könnten, wie es sein sollte und möchte. Immerhin ist anzunehmen, dass wenigstens in dem beson­ders schwierigen und grossen evangelischen Pfarrsprengel Constantia mit seinen 11 Ko­lonien (Constantza mit dem Vorort Anadolchioi,' Neu-Constantza, Cogeali, Horoslar, Copadin, Alacap, Sofular. Mamusli, Sarighiol, Mange­­punar, Faehri), deren kirchliche Bedienung ge­genwärtig lediglich von einem Geistlichen be­sorgt wird, durch Anstellung eines Hilfspre­digers eine Besserung bald eintreten wird. Im übrigen vertreten die Lehrer den Pfarrer, der natürlich nicht überall zugleich sein kann, durch Abhaltung von Lesegottesdiensten und Bibel­stunden, im Notfälle auch durch Vornahme von Amtshandlungen, zumal Begräbnissen. Schlechter noch als um die kirchliche Ver­sorgung aber steht es um die deutsche Schule in der Dobrogea. Es ist selbstverständlich, dass der rumänische Staat nur rumänische Schulen errichtet, in denen allein rumänisch unterrichtet wird. Deutsche Kinder, die ledig­lich durch diese rumänischen Staatsschulen gehen und in ihnen ausschliesslich rumänisch erzogen werden, müssen aber dem Deutsch­tum mit Notwendigkeit verloren gehen. Ja, es ist klar, dass nur durch deutsche Schiden deutsche Sprache, deutsche Sitte, deutsche Kraft und Liebe zur alten deutschen Heimat, an der auch heute noch die allermeisten der hiesigen deutschen Bauern mit zäher Treue hängen, auf die Dauer erhalten bleiben kann. Zudem befinden sich auch durchaus nicht auf allen von Deutschen bewohnten Dörfern rumänische Staatsschuld!, so dass an sehr vielen Orten #

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