Bukarester Gemeindeblatt, 1913 (Jahrgang 9, nr. 1-53)

1913-12-08 / nr. 50

RT © Sonntag, 8./21. Dezember 1913. ] [ * No. 50. IX. Jahrgang. Aufruf! Seit dem 5. Mai 1912 besteht in Piatra, Distrikt Neamb, Rumänien, eine deutsche evangelische Kirchgemeinde, welche einstweilen vierteljährlich vom Herrn Synodalpfarrer O. Martin zur Abhaltung von Gottesdiensten und andern Amtshandlungen besucht wird. Diese junge Kirchengemeinde, die zur Zeit noch eine geringe Anzahl Mitglieder aufweist, verfolgt die Aufgabe, die evangelischen deutscher Zunge einander näher zu brin­­gen, deutsce Kultur und evangelisches Glaubensbewußt­­sein zu pflegen und die bis jetzt leseren Bande unter den Glaubensbrüdern in ihrem Bereiche immer enger zu knüpfen. Leider verfügt die Gemeinde über keine zweckdienlichen Räumlichkeiten, um diese Ideale entsprechend zu pflegen, sondern sie ist auf Lokale zur Abhaltung von Gottesdiensten angewiesen, die den Cinen und Andern als ungeeignet für diesen Zwe erscheinen mögen. In der konstituierenden Sißung hat denn auch schon der Gedanke an die Erbauung eines eigenen kleinen Kirchleins, nach dem Vorbilde der hiesigen Katholiken, Grund gefaßt, ein Gedanke, dem sich einzig die völlige Mittellosigkeit der Gemeinde hemmend in den Weg stellt. Der Vorstand hegt jedoch die Hoffnung, eingedenk des Sprichwortes „Gut Ding will Weile haben“, daß mit gutem Willen und Ausdauer der Vorsatz mit der Zeit der Gestalt annehmen werde, und beschloß daher, eine Subskription unter den Mitgliedern der Gemeinde zu ver­­anstalten, und auch an weitere Kreise mit der Bitte um freundliche Zuwendungen zum Bau eines beschei­­denen evangelischen Kirchleins in Piatra- Neamt heranzutreten. Alle freundlichen Geber seien im Voraus unseres verbindlichsten Dankes versichert. Der Vorstand der deutsch-evangelischen Kirchengemeinde Piatra-Neams. Unter Bezugnahme auf den vorstehenden Aufruf richten wir an die verehrlichen Mitglieder unserer Gemeinde die Bitte um Leistung von freiwilligen Beiträgen für den Bau einer evangelischen Kirche in Piatra- Neamz. Die Beiträge­ können direkt an den Kassierer der evan­­gelischen Gemeinde in Piatra-Neanitz, Herrn W. Eichler, mittelst Postanweisung übersandt oder bei unserer Ge­­meindefasje Strada Luterana 10 für Rechnung der ge­­nannten Gemeinde erlegt werden. Der Vorstand der Evang. Gemeinde zu Bukarest. “­ ­ Schriftleitung: Pfarrer R. Honigberger. Geschäftsstelle : Gemeindekanzlei, Str. Luterana 10. Eine Dobrogenfahrt­­­­ Vom Evangelischen Oberfirchenrat in Berlin war mir der Auftrag zuteil geworden, in Gemeinschaft mit dem Con­­stansaer Kollegen den neuernannten Pfarrer des Dobrogen­­dorfes Atmagen in sein Amt einzuführen. Der Reiseplan war bald gemacht. In Constantza wollten wir uns treffen und dann gemeinsam nach unserm nördlich gelegenen Be­­stimmungsorte fahren, von dort sollte es weiter gehen nach Macin und dann donauabwärt­8 nach Braila und wieder heimwärts ; mit anderen Worten : es galt die ganze Dobrogea von Süden nach Norden hin zu durchqueren. Noch dazu im Monat März. Wir kannten einen berühmten Reisenden, der öfters von Rußland her über die Dobrogea nach Rumänien kam, mit besonderer Vorliebe im frühen Frühjahr. Das war der Grivetwind, ein gar unliebsamer Geselle. Um die Berührung mit ihm und seinem untrenn­­baren Gefährten — der Kälte — möglichst zu verhindern, versahen wir uns mit recht warmen Kleidern und gewal­­tigem Pelzwerk. Als wir und in unserer Ausrüstung zum ersten Male in Augenschein nahmen, da hatten wir beide das Gefühl, daß ein ausgewachsener, vollgefressener Bär im Vergleich dazu ein sehr graziöses Tier sei. Aber was tut der Mensch nicht alles in der Angst seines Herzens! — Noch­ ein anderes schien mir auf solcher Fahrt unent­­behrlich : ein photographischer Apparat. Zwar hatte ich noch mein Lebtag nie „geknipst“, aber das war ja höch­­stens ein Vorteil, denn so konnte ich mich auf den Stand­­punkt jenes’ Fuhrmanns stellen, der auf die Frage, ob er Griechisch könne, die höchst vernünftige Antwort gab.: er *) Die hier auszugsweise wiedergegebene Plauderei ist zuerst in der siebenbürgisch-sächsischen Zeitschrift „Die Karpathen“ (Jahrg. VII, Heft 4) erschienen. | ;

Next