Bukarester Gemeindeblatt, 1921 (Jahrgang 13, nr. 1-40)

1921-07-31 / nr. 19

Jahrgang XIII. Schriftleitung: R. Honigberger. I öeschältsstsüe: GemeindeKanzlei, Str. Lmtherana 10 Sonntag, 31. Juli 1921 Bukarester (rememdeblatt No. 19 Die Reformatioo u. Gegenreformation der „Sasove“ (Siebenbürger Sachsen) in Rumänien. Von Dr. Emil Fi sc h er (Bukarest). (Forsetzung u. Schluss.) Irn J. 1646 berichtete M. Bandini aus „Bajae“ (Molde) das Curiosurn, dass dort (Jacobus Otth, Apo­­theeae Magister“ „Episcopus“ war. Also ein ähnli­cher, nur noch kühnerer Fall, als der des „Goldar­beiters“ Morei in Câmpulung, wo der Laie sich mit dem „vicém pastoralem t e n e r e“ begnügte, während es von Otth heisst, dass er den „Episcopus egit.“ Doch ein merklicher Unterschied. Im J. 1708 richtet der Kronstädte*. Stadtpfarrer Markus Fronius jenen Mahnbrief an seing Glaubens­genossen in Rumänien des „Maddensackes“ wegen, dessen Pflege nicht der einzige Lebenszweck' sein dürfe. Im J. 1735 sagt uns ein Richterbrief aus Câm­pulung, dass die alten Privilegien23) „der verstorbenen Fürsten in dem Kloster aufbewahrt wurden und dass erst kurze Zeit vorher etliche dieser hochbedeutsamen Akten den Vorstehern desselben entrissen worden seien,"um gewisse Sachen und Gewohnheiten der Ştadt daraus zu erkunden.“ Selbst noch im J. 1783 verwahrten die wenigen übriggebliebenen Katholiken das ehrwürdige alte Stadtsiegel (Magazinul istoric. S. 62). Im ]. 1779 schrieb der Franziskaner Bonaven­­tura Adreini an Franz Sulzer : „Brevi temporis spatio Catholici in oppido dicto Compolong in tantum fuere multiplicaţi, ut Valachos sehismaticos in numero longe superaverint24) ac eo judicesinclusive usque ad bellifm, quod nostra Aula cum Turcis habuit ultimum semper eCatholicis fue­­r i n t elect!.“ 1717 wird das Franziskanerldoster von Tataren ge­plündert und viele Urkunden werden vernichtet. Ein kleiner, geretteter Rest, wird j< tzt in Budapest aufbe­wahrt .(Besitz-Urkunden,). 1731 Martinus Wagner, der erste urkundlich nach­weisbare Pastor zu Bukarest. 1736 Die evang. Gemeinde in Bukarest zum ersten­mal urkundlich uachweisbar35). 1780 Pastor Andreas Scharsius in Jassy. 1778 Pastor Glöckner (Bukarest). 1907 Erste Tagung des Synodalverbandes der evang. Gemeinden an der Untern Donau. 1919 Gemeindeversammlung in der Evang. Kirche in Bukarest am 18. Mai. Die Gemeinde ändert auf Ver­langen dér rumân. Regierung die beiden Paragrap­hen ihrer Statuten § § 37 und 42 und sagt sich in­folgedessen von ihren beiden bisherigen Schutzmäch­ten (Oesterreich-Ungarn und das Deutsche Reich) los, von nun an also: eine auf rumän. Böden stehende, v o n a u s w ä r t i g e n M ä c h t e n u n ab­hängige, religiöse Gemeinschaft bil­dend.26) Ihre weitere Entwicklung, zunächst ihr et­waiger Anschluss an die Evang. Kirche in Sieben­bürgen, bleibt der Zukunft Vorbehalten. Geplant ist sie von beiden Seiten. Möge sich" der altrömische Heilruf auch-an ihr gnädig erfüllen: Q. F. F. F. Q. S, * * * So haben wir denn einen kurzgedrängten Ueber­­blick über die ersten Anfänge, über die Blütezeit — wenn es anders eine solche hier gegeben hat — und die Bekämpfung der Reformation getan. Nieder­gerungen wurde sie hierzulande niemals völlig, wenn sie auch oft genug'die härtesten Kriegsnöte27) Schick­salsschläge. Ungeheure Brände, Erdbeben (z. B. in der Vorstadt Tabaci), Seuchen (Pest, Cholera 1832), Grosse Ueberschwemmungen (z. B. der alten Ghirla, in der Bukarester Vorstadt „Isvor“,. wo früher sehr viele Deutsche wohnten.) erdulden mussten; evang. ^Gläubige aus der nähern oder weitern Ferne bilde­ten in neuheraufgekommenen Städten, von denen wir bis zum XVI. Jahrh. selbst in der Landesgeschichte noch nicht oder kaum etwas hören (Bukarest, Ploeşti und Câmpina) Kolonien, die immer mehr erstarkend, ein Hort des Protestantismus wurden28). Dazu kämm dann die Errichtung und immer kräftigere Entwick­lung deutscher Schulen. Das hier gebotene mag einstweilen genügen. Es ist zwar nur ein Knochengerüst, aber ein verlässli- 23) Vrgl. meine „Kulturarbeit etc.“ und das Korrespbl­­in Hermannstadt. 24) Ob er woll wirklich genau gezählt haben mag? 25) Näheres darüber bei Scharai (Petersburg), W. Teutschländer (Bukarest), Dr. E. Fischer, Gemeindeblatt (Bukarest), Neurneister („Erinnerungen“) etc. 26) Vrgl. den sog. „Gemeindestreit“ in den J. 1896—98 (meine „Kulturarbeit etc.“ und meinen Aufsatz. „Der Aus­gang des Kampfes um die Autonomie in der Bukarester Evang. Gemeinde." 27) So floh (unter anderm) einmal die Bukarester Ev. Gemeinde vor den Türken (XVIII, jahrh , mit Kind und Kegel, auf 150 Wagen nach Siebenbürgen. Versammlungsort vor dem Abzug war Dudeşti. 28) ln Bukarest gab es vor dem letzten Krieg c. 9— 10.000 zumäst sächsische, reichsdeutsche, österreichische schweizerische Protestanten; darunter Sachsen allein gegen 5—6000. Nachdem Krieg sind sie sehr zusammengeschmolzen, da viele Reichsdeutsche (Lehrer, Industrielle, Handwerker Kaufleute etc.) abgewandert sind.

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