Bukarester Gemeindeblatt, 1927 (Jahrgang 19, nr. 1-52)

1927-01-02 / nr. 1

Kr. 1 BUKARESTEK GEMEINDEBLATT 3 das unentbehrlichste Buch. Uns aber verbleibt nur, unserem Bischot auch für diese Gabe zu danken, zugleich aber dagegen zu protestieren, dass es feexne „letzte Gabe” sei. Wer so viel empfangen hat, wie unser Bischof, der darf wohl gerecnter ■Weise eie Festsetzung der Grenzen für sein Geben nicht selbst vornehmen, sondern muss sie einem andern überlassen. Dieser andere hat aber — wir danken ihm dafür — das letzte Wort noch nicht gesprochen. So mag es denn als einer unserer oesten Ntujahräwünsche ausgesprochen sein, dass es Bischof deutsch, als dem1 bedeutsamsten Träger unserer jüngsten Volksgeschichte, vergönnt sein möge, nicht nur in Schritten, sondern auch in Wor­ten und Taten immer neue Gaben auszuteilen. Wir aber möchten unsern Hinweis auf dies Werk nicht schliessen, ohne die letzten Abschnitte des Werkes hier gewissennassen als’ „Leseprobe” abzudrucken: „Alles zusammengenommen: in keinem an­deren Zeitraum1 hat Isidr wohl mehr das Dichterwort erfüllt als in diesem: Was du ererbt von deinen Vätern hast, , Erwirb es, um es zu besitzen — und auch in diesem hat sich bewährt, dass, was feste Wurzeln hat und in sich selbst stark ist, bleibt. , ! r ,i— Während die politischen Rechte langsam fast alle verloren gingen, stieg der Wert des inneren Besitzes, der nationalen Güter, und bewusster als früher und auf breiterem Grunde ist der Kampf dafür geführt worden. Der Besitz selbst ist gerettet worden. Es wird darum immer schwerer, ihn zu halten, weil in der Gegenwart die Zahl schwer ins Gewicht fällt — und die ist gegen die Sachsen; schwerer noch, weil die in sich geschlossene Volkskultur, die bis­her die Sachsen zusam nengehalten hat, Risse be­kommt und ihre Einheit Schaden leidet. Die Wunden und Narben, die der Kampf für diese Kultur geschlagen hat, verwachsen, aber sie bleiben kennbar. Das Tröstliche ist, dass der innere Besitz unabhängig von der Zahl ist. Wollte zum Schluste aber jemand fragen: was bedeutet denn diese bald achthunderfjährige Arbeit und der ebenso lange Kampf der Sachsen für die Menschheit, für die Gegenwart und ihre Gedanken­welt, so antwortet darauf die Geschichte: Dieser kleine Volksstamm hier hat den Gedanken, den ei­gentlich erst der Weltkrieg zur allgemeinen Er­kenntnis gebracht hat, erlebt und gelebt schon in früher Zeit, wo er sonst nicht bewusst vorhan­den war, dasfe auch das Volkstum im Grunde zur Religion gehört, dass1 es ein Teil jener ewigen Güter ist, die der Mensch sich nicht nehmen und nicht geben kann, das1» er es mitbekommt als eine Gabe, für die er verantwortlich ist, dass Glaube und Volkstum miteinander fallen und stehen und voneinander nicht zu trennen sind, am wenigsten dort, wo der Deutsche in der Fremde eine neue Heimat findet. Wenn es „zum Wesen der Kirchen der Reformation gehört, sonderlich der Küchen, denen j^uther ihr (jepräge gegeben hat, dass sie mit demV6lkstum,dem sie dienen, innerlich verwachsen, dies Volkstum mit den Kräften des Evangeliums zu durchdringen trachten und eben damit es als Volkstum schirmen und stärken” (Rendtorff), so liefert auch die Geschichte aer Siebenbürger Sach­sen dafür den Wahrheitsbeweis. Und zum zweiten: wenn die Gegenwart, viel­fach zunächst bloss in der Theorie — aber die tatsächliche Durchführung muss sich in absehbarer Zeit ergeben — die Erkenntnis gewonnen hat, dass auch die Minderheiten im Staate ein Recht haben, für sich die kulturelle Entwicklung zu beanspru­chen, u. zw. mit Unterstützung des Staates, dass sie Anspruch haben auf Luft und Licht wie das Mehr­heitsvolk: das ^sächsische Volk hat für diesen Ge­danken gekämpft und gelitten, bewusst seit Jahr­hunderten. Und was ist endlich der ganze Da­seins- und Lebensinhalt des sächsischen Volkes im Laufe der Jahrhunderte anderes gewesen als die Durchführung des Gedankes der „kulturellen Auto­nomie” in einer Weise, wie sie ähnlich vielleicht nur noch bei den Balten nachweisbar ist. Der Rückblick in die Vergangenheit aber ruft zu neuer Arbeit, zu neuer Kraftentfaltung auf. Darum wollen wir nicht verzagen, wenn uns auch bange werden will vor der sicher schweren Zukunft. Sie erscheint u. a. darum so dunkel, weil im Unterschied zu den früheren grossen Wandlun­gen uer jüngste Uebergang Siebenbürgens von Un­garn an .Rumänien ohne die Garantien geschehen ist, die früher jede solcher Wandlungen begleite­ten. Als Siebenbürgen 1691 aus der Türkenherr­schaft oder aus seiner „Selbständigkeit” unter das Haus Habsburg kam, da geschah es durch den Vertrag, der im Leopoldinischen Diplom festgelegt ist, der genau alle Gesetze und Rechte bestimmte, die dem Lande, den Sachsen zukamen. Sie standen auf einem festen Rechtsboden. Das gleiche geschah 1868, als die Union Siebenbürgens mit Ungarn durchigeführt wurde, wo wieder gesetzlich fest­gelegt war,'welche alten Rechte, Verträge und Ge­setze die Grundlagen der neuen Entwicklung bil­den sollten. Bei dem Uebergang an Rumänien fehlt diese Grundlage, sobald die Karlsburger Beschlüsse und die Vereinbarungen vom 9. Dezember 1919 in Pa­ris nicht als solche anerkannt werden. Die Sach­sen stehen auf dieser Rechtsgrundlage und hoffen, dass diese heute oder morgen zur Anerkennung gelangen werde. Die Ansätze dazu mehren sich und das Weltgewissen beginnt zu schlagen. Aller­dings „wir leben nicht in einer Zeit der Erfüllun­gen; Untergänge und Anfänge sind es, zwischen denen wir unsern Pfad zu suchen haben, aus denen wir auch1 den Sinn dieser Wendezeit erkennen müs­sen.” — ‘

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