Bukarester Gemeindeblatt, 1938 (Jahrgang 30, nr. 1-52)

1938-01-02 / nr. 1

Nr. 1 5 BUteARESTER GEMEINDEBLATT re geschichtliche Bedeutung gegeben. Zum ersten März schied Herr Pfarrer Honigberger durch Uebertritt in den Ruhestand aus seinem Amt, das er seit dem 1. Januar 1905 innegehabt hatte. Mit unserem Blatte war er in besonderer Weise ver­bunden, da er dessen Schriftleitung von 1908 bis Ende August 1916 und dann wieder vom 1. April 1921 an geführt hat. ln den zwischen diesen bei den Abschnitten seiner Tätigkeit liegenden Jahren hat das Gemeindeblatt sein Erscheinen einstellen müssen; Weltkrieg und erste Nachkriegszeit nötig­ten hierzu. Ueber diesen Zweig seiner Arbeit hat Herr Pfarrer Honigberger in der ersten Nummer des abgeschlossenen Jahrganges, als er die Schrift­leitung in andere Hände legte, rückblickend berich­tet. Als dann mit dem ersten März der Tag kam, an dem er nach längerer, durch seinen Gesund­heitszustand notwendig gewordenen Beurlaubung endgültig seine Arbeit an und in unserer Gemein­de einstellen musste, hat er in Nummer 9 vom 28. Februar von dieser mehr als drei Jahrzehnte um­fassenden Tätigkeit unfer uns erzählt, ln diese Zeit fällt der gewaltige Aufstieg unseres Schulwesens, der durch die Beteiligung Rumäniens am Weltkriege verursachte jähe Absturz und die mühsame Arbeit des Wiederaufoaues in den ersten Jahren nach dem Friedensschluss. Wir wissen, dass Herr Pfarrer Honigberger, wenn er auch seinen Wohnsitz von Bukarest ver­legt hat, am Wohl und Wehe unseres Gemeinde­lebens lebendigen Anteil nimmt. Im Zusammenhang mit dieser Amtsniederle­gung stand die Frage der Wahl eines Nachfolgers. Es fanden vier Probepredigten statt; drei Bewer­ber standen am 25. Mai zur engeren Wahl. Die Entscheidung fiel zu Gunsten des Stadtpfarrers Al­fred Herrmann in Czernowitz, der am 27. Juni in sein Amt eingeführt wurde. Am. 26. November nahm uns der Tod die wertvolle Arbeitskraft des stellvertretenden Ge­meindekurators Dr. Adolf Frank. Am dritten De­zember fand in der übervollen Kirche der Trauer­gottesdienst statt; im Anschluss daran betteten wir seine sterblichen Ueberreste auf unserem Fried­hof zur letzten Ruhe. Seit dem Frühjahr 1903 hat Dr. Frank ununterbrochen der leitenden Körper­schaft unserer Gemeinde angehört und viel Mühe und Arbeit ihrem Ergehen gewidmet Sein Anden­ken soll unfer uns in Ehren bleiben! D * * Wer die Verkehrsverhältnisse auf den beiden, bei unserm Kirchengrundstück sich kreuzenden Strassen kennt, wird davon überzeugt sein, dass hier unbedingt Wandel geschaifen werden muss. Dies kann aber nur durch eine bedeutende Ver­breiterung dieser beiden Strassen geschehen. In­folgedessen müssen alle unsere Gebäude, die nach diesen Strassen zu gelegen sind, abgerissen wer­den und ihr Neubau kann nur um einige Meter von der augenblicklichen Strassenfront entfernt ge­schehen. Unserer Gemeindeverwaltung wird damit eine Aufgabe gestellt werden, wie sie umfangrei­cher kaum gedacht werden kann. Noch steht der Zeitpunkt nicht fest, an dem die Stadtverwaltung diese Strossenerweiferung vornehmen wird; damit uns aber der grosse Augenblick nicht unvorberei­tet treffe, ist im abgelaufenen Jahre ein Ideenwett­bewerb ausgeschrieben worden, durch den Vor­schläge für die künftige Raumverteilung auf un­serm Kirchengrundstück gegeben werden sollten. Ein Preisgericht hat diese Entwürfe geprüft und so sind die notwendigen Vorarbeiten geschehen, auf Grund deren die künftige Bebauung des wert­vollsten Teiles unseres Grundbesitzes erfolgen wird. Bach-Kantaten im Rundfunk. epd. Unter den deutschen Rundfunksendern hat der Reichssender Leipzig das schöne, aber ver­pflichtende Vorrecht, Sonntag für Sonntag eine Kantate von Johann Sebastian Bach den Hörern zu vermitteln. Jetzt, nach einem Zeitraum von sechs Jahren, hat er die Uebertragung sämtlicher Bach- Kantaten beendet. Träger dieser einzigartigen künstlerischen Leitung war der Thomanerchor un­ter dem Thomaskantor Professor Karl Straube. Insgesamt 200 Kantaten hat er im Rahmen dieser Funksendungen mit seinen Thomanern aufgeführt. Welche Höhe künstlerischer Gestaltungskraft, was für ein Mass an selbstloser Hingabe an das Werk Bachs steckt in diesen wenigen Zahlen! Nur ein Chor wie der Thomaner konnte sich an eine künst­lerische Aufgabe so hohen Ranges wagen. Und wenn man jetzt nach Abschluss dieser Sendungen nach dem Erfolg fragt und nach dem Lohn, der solchem künstlerischen Bemühen zuteil wird, so dürfen Straube und seine Thomaner das erheben­de Bewusstsein haben, dass unter den tausender­lei künstlerischen Darbietungen des deutschen Rundfunks keine eine so dankbare Hörerschar — ja, hier ist wirklich das Wort Hörergemeinde am Platze — gefunden hat, wie die sonntägliche Sendung der Bach-Kantate. Zahllos sind die Stim­men dankbarer Zustimmung, die der Reichssender Leipzig aus den Kreisen seiner Hörer erhalten hat; nicht minder gross ist die Zahl der Hörer, die ohne Bedenken die Bach-Kantaten an die Spitze des musikalischen Rundfunkprogremms stellen, viele Familien in allen deutschen Gauen machen es sich zur Regel, des Sonntags um die Mittags­stunde die Bach-Sendung aus der Stadt des Tho­maskantors zu hören. Man hat Bach den fünften Evangelisten genannt. Damit ist in der Tat das innerste Wesen seiner Musik getroffen. Hier in den sonntäglichen Sendungen erlebt eine unüber­sehbare Hörergemeinde etwas von der Kraft der Verkündigung, die in den Bechschen Kanteten Ge­stalt gewonnen hat. In allen deutschen Geuen, je.

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