Der Nachbar, 1909 (Jahrgang 61, nr. 1-52)

1909-09-26 / nr. 39

Zum 16.Sonntag nach Trinitatis. Matth.11,28—30.Kommt her zu mir alle,die ihr mühselig und beladen seid,Jch willeucherquicken.Nehmet auf euch mein Joch und leret von mir,denn ich bin sanftmütig und vonserzeti demütig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein 309 ist sanft und meine Last ist leicht. Z­«was verspricht er damit.Den Erquicker, Td die Erquickten und die Erquickung soll dies Wort uns zeigen. Kein anderer als Jesus Christus kann so zu allen Menschen sprechen: ch mill euch erquicken. Man hat wohl auch anderswo Erquickung gesucht, zum Beispiel in edler Kunst. Aber keiner wird behaupten wollen, daß in solcher für alle Erquickung liegt; es gibt Stunden tiefsten Schmerzes, wo selbst die Minderzahl von M­enschen, die für Kunstgenuß empfänglich sind, von ihm nichts wissen wollen; aber eben dann tritt der Herr an sie heran, sein Wort gilt auch dann noch: 34 will euch erquicken. Nichts von allem Sirdifchen, das dem Herzen Trost und Liabe ver­­spricht, reicht in allen Fällen aus, nur der Eine, dessen Herrlichkeit uns immer mehr aufgeht, je mehr alles Sir­­diische Reiz und Wert verliert. Aber soll Christus nur da­­durch wachsen, daß alles andere abnimmt? mollen mir warten, ihn über alles zu stellen, bis die Zeiten kommen, wo wir an allem irre werden? Nicht. der Vergleich mit irgend etwas anderm soll uns zeigen, wie hoch und herrlich er alles überragt; für sich allein soll seine Person uns heilig und göttlich erscheinen. Dasselbe ch, von dem Petrus und Johannes vor dem Hohenrat Zeugnis abgelegt haben, die Fischer vor den Obersten des Volkes, für das Tausende auf dem Scheiterhaufen erstickt und unter den reifenden Tieren verblutet sind, dessen sich in wilden Zeiten stille Ge­­­­müter selig getröstet haben, dessen Ruhm in der christlichen Gemeinde fort und fort erschallen wird, bis die Lobgesänge der Engel mit denen der Menschen zusammentönen werden ; dasselbe Ich, das uns in unserer Kindheit vor unser inneres Auge gemalt wurde, bis wir in erster Liebe dafür ent­­brannten, das uns aus unsern Berirrungen zurückrief, dem mir uns in den seligsten Stunden unseres Erdendaseins unaussprechlich nahe fühlten — D­ieses Ich spricht zu uns: 934 will euch erquicken. Und mit dem Worte: euch — zieht er einen Kreis um die ganze M Menschheit. Freilich, wer keine Erquickung nötig zu haben meint, stellt sich außerhalb dieses Kreises. Der Herr selbst aber schließt niemand aus, sondern spricht : Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid. Da es der Heiland der Sünder ist, der so spricht, so denken wir vornehmlich an die, welche sich abmühen, der Macht der Sünde Widerstand zu leisten und Gottes Gebote zu halten, aber sigh dabei dennoch von vielfacher Schuld be­­lastet fühlen, so daß sie verzagen und verzweifeln möchten. Aber wir wollen das Wort des Herrn nicht einschränken; alle sind hier genannt, die das Leben nicht wie ein leichtes Spiel ansehen, sondern in ihm eine Nahtat erkennen, die sie als sch­were Last drückt; auch du, Lieber Leser, denn du willst doch gewiß nicht zu denen gehören, die das Leben leicht nehmen. Allerdings kann der Heiland denen nichts sein, die ihm fernbleiben wollen. Daher ladet er mit aus­­gebreiteten Armen ein: Kommt her zu mir! Aus der nn nn u. - -

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