Der Nachbar, 1912 (Jahrgang 64, nr. 1-52)

1912-10-27 / nr. 43

Zum 21. Sonntag nad frinitatis. Eph. 6, 10. Zulet, meine Brüder, seid stark in dem Herrn und in der Macht seiner Stärke. 5 gibt Worte in der Heiligen Schrift, und dies, 4 welches über diesen Zeilen steht, gehört dazu, die sehen ganz leicht verständlich aus. Wer sie Liest, = der ist auch der Meinung, sie zu begreifen, was ist auch groß an ihnen zu enträtseln? So hier. Eine Mahnung zum Glauben und zur Kraft, die ja eben im Glauben wurzelt und aus ihm stammt, und die ihren eigen­­tümlichen und besonderen Inhalt erst empfängt durch das, was der Apostel ihr folgen läßt, durch die Beschreibung der Waffenrüstung, welche der Shhrist anlegen soll. Sie kommt ja häufig genug im Worte Gottes vor: Wachet, tedet im Glauben, seid männlich und seid stark, oder: Kämpfe den guten Kampf des Glaubens, oder wie die Sprüche heißen, wie ja gerade das Gleichnis des Kampfes vom Apostel gern und mit Vorliebe gebraucht wird, doch deshalb, weil es so außerordentlich treffend und die Mah­­nung zur Tapferkeit im Ringen um das Kleinod so not ist. Aber ich sage keinem Bibelkenner etwas Neues und spreche nur aus, was wir alle erfahren haben, wenn man in solche Worte sich vertieft, so kommen einem oft Fragen, an die man vorher nicht gedacht hat. Gedanken tun sich einem auf, die darin liegen, an denen man mer­ken­, viel­­leicht wie lange vorbeigegangen. Es geht einem, wie dem Psalmisten: Wie Köstlich sind vor mir, Gott, deine Ge­­danken! Wie ist ihrer eine so große Menge! Wenn ich aufmwache, bin ich noch bei dir. So sind es auch an unserm Spruche zwei Dinge. Man übersieht sie leicht. Aber sie geben zu denken und sind es wert, daß man sie überlege. Bewerst, waru­m sagt eigentlich Paulus: Zulest? It 27.08.1912 es bloß deshalb, weil er an das Ende seines Briefes gelangt ist und nun mit einer recht nachdrücklichen und eindring­­lichen Mahnung schließen will? Es wäre ja gewiß weder unrichtig noch ungeschickt, so zu tun, was man zuleßt sagt, haftet ja leichter und tiefer im Gedächtnis, gerade weil­tein anderes Wort es mehr verdrängt. Aber ihr seht, meine Lieben, daß das eigentlich nicht heißt, die Frage be­­antworten. Denn an ihre Stelle tritt bloß eine andere: warum stellt Baulus dann diese Mahnung ans Ende? Diese Mahnung, die gar nicht einmal, was er vorher an die Epheser geschrieben hat, zusammenfaßt, sondern eigent­­lich ganz Neues enthält. Doch wohl darum, und damit werden wir’s treffen, weil er sie für die wichtigste und nn­­wendigste hält. Wer den Himmel will erringen, der muß kämpfen wie ein Mann. Ohne Tapferkeit und Mut, ohne Stärke und Kraft erreicht man die ewige Krone nicht. Die, welche immerfort den Geboten und Kreuzen Gottes gegen­­über jagen, das kann ich nicht und das ist mir zu eher, kommen ebenso­ wenig ans Ziel, wie die, welche alle ihre Sünde und Übertretung­ mit ihrer Schwäche und Kraft­­losigkeit entschuldigen. Beides ist ja auch schließlich das­­selbe, die Feigheit, die gern selig werden möchte, aber am liebsten ohne Mühe. Nein, die Gewalt tun, reißen­ das Himmelreich an sich; um aber Gewalt gegen sich und die Berauchung üben zu können, muß man sie haben. Nur durch Müh’, Geduld und Streit kommet man zur Sicher­­heit. Also dies ist das erste: der wirklich. selig werden will, der werde stark. Zuleßt, meine Brüder — das ist die Krone, die allem andern erjft Wert gibt. Das bloße 64. Zahrg. Az. 43 XN Ver & DL = -

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