Die Karpathen, Oktober-März 1909-1910 (Jahrgang 3, nr. 1-12)

1910-01-15 / nr. 8

Stille stehn Welten und Zeiger,—stille Gedanken und Leid.— Lautlos schlürst die Nacht aus vollzogenem Wandel die Stunden. IV. Naht sich die Zeit, da wächst in geheimer Verwandlung der Gleiche jung aus des Alternden Spur: ein Bruder aus Brüdern geboren, denk ich auch­ dein, du mit dem blonden Gelocke voll Narben, die du mir sprangst auf dämmrigem Pfad aus den Schatten entgegen. Brachtest mir Kunde von prangenden Wiesen und schneeigem Lachen. Da nog quollen auf steinigem Grunde die lippigen Blüten, Da noch jauchzten die Arme und Füße jubelten Tanz. „Weil, vom dumpfen Geschicke zerbrochen,“ — allen die Nähte. Hord ich auch strenger hinein in den Augenblick, der sie teilt, immer das Niken der Welt, und immer erlaufch ich nur Flucht. V. Sterbender Wind noch einmal mit schwindendem Antli bring Frische, Letter des Tages, leßt er den Schmerzen des Abends entsprossen. Still, du Verirrter! Neid­, was du birgt, mir die Weihe. Mird es um mich rings so klar und von trübem Gewölke gereinigt? Quellen Jahre des Grams mir über vor Freude und Suchen? Sieh, aus entlegenem Tal naht schweigend der kommende Führer. Ahnt ich ihn kaum entkeimt seinem Grauen doch M­achsen und Altern. — Und die einchauernde Nacht umfängt den Ersehnten mit Dunkel. Halt stille, du Melt und lausd) in die Stunden der w­achsenden Zeit! Halt stille du Zeit! Es warben die Wunden der kreikenden Welt. „Die Nacht hat etwas unglaublich Süßes. Die heitern Ideen und Bilder nehmen einen sanftern, sc­hönern, in der Tat seelenvollen Ton an; dabei ist es, als ob man sie inniger genösse, da in der Stille nichts, nicht einmal das Licht sie stört." With. von Humboldt. . . . Mal dein Herz am heißen Tage Auch mit den Brüdern wild und rauh, So kühlt es dir zu milder Klage Die Nacht mit ihrem Tränentau. Zenau. —» >>» 226

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