Die neue Zeitung, Oktober-Dezember 1931 (Jahrgang 2, nr. 133-171)

1931-12-08 / nr. 162

S . Schriftleitung u. Verwaltung : Bermannstadt, Gen. Mosciugalie (Kleine Erde) Dr. 4 / Fernsprecher Dr. 7 / Erscheint jeden zweiten Tag / Bezugspreis für ein Monat 35 Lei, Einzelnummer 3 Lei, Bezugspreis fürs Ausland 70 Lei monatlich). Fr. 162 | Postihpekkonti: Leipzig 8937, Wien 93133, Prag 79629, Anzeigen übernehmen unsere Verschleißstellen und alle Anzeigenagenturen des In- und Auslandes, für bestimmte Plätze und Termine kann keine Verantwortung übernommen werden. Hermannstadt, Dienstag den 8. Dezember 1931 2. Jahrgang Unparteiisches Blatt für die freie Meinung der deutschen Bevölkerung Rumäniens „Das Leben geht meter Ruh vlme Bü... (H) Diese Worte zieren ein einfaches Holzkreuz auf einem einsamen Heldenfriedhof in den Karpalben. Niemand weiß an wen sie gerichtet sind, weil sie das Schicksal jedes Menschen sind. Sie sollen aber nicht nur die seelische Erschütterung in uns verkörpern, die, angesichts des unerbittlichen To­­des, alles zu Boden zwingt Wir drehen die Uhr der Zeit um einige Jahrzehnte zurück. Dir leben!!! Der persönliche Geltungswille hat au­cn unser kleines, stilles Beben seine entfeglichen Krallen versenkt. Zeder will etwas fein und etwas gelten. Man vergißt, daß diese Rolle nur jenen zufällt, die das Volk, aus seiner Mitte, zu Führern erwählt hat. Die andern haben nur eine Pflicht: anständige Menschen zu sein! 34 habe durch meine persönliche Verbindung mit allen Schichten unseres Volkes seltsame Sachen erfahren. Es ist ja nicht wahr, daß die Führer so unbeliebt sind, als die öffentliche Meinung behauptet. Der einfache Mann nahen würden. a. nac) Er­ würde es sicher noch schlechter machen, wenn ich der Führer wäre. Doch der Geltungswille lügt am Ast unseres Lebens. Lene, die wirklich die Verantwortung für unsere völkische Gegenwart haben, vergessen sich untereinander zu einigen. Sie umwaschen ihre schmäßige Morde vor der breiten Oeffentlichkeit und spielen die besten Karten in die Hände jener Dunkelmänner, die an trüben Tagen fischen gehn. Jeder Führer hat hundert oder mehr Gegenführer, die davon leben wollen, daß sie den andern klein machen. Die Seit ist fortgeschritten. Das Volk wird unruhig. Man ist nicht groß, wenn man den andern klein macht. FE ER · Parlamentsbericht. Gegen die Boßen Papierpreise. Georgifz Lascu fragt den Minister für Handel und Industrie, welche Maßnahmen er zur Senkung des un­gerechtfertigt hohen Papierpreises zu treffen gedenke. Das­­selbe ig Papier, das bei uns 17,50 bzw. 42 Lei fofte, fünfe man im Ausland zu 7 bzw. 15 Lei erhalten. Zur Revision der Friedensverträge. Abgeordneter Demetrescu, Braila, meldet eine Inter­­pellation über die Bestrebungen der Revision der Friedens­­verträge an. Beginn der Budgetdebatte. Stellungnahme der Liberalen. Slavesceu spricht zum Budget und beschuldigt den Staat einer verschwenderischen Geschäftsführung in einem armen Lande. Die Einteilung des Budgets in ein ordent­­liches und außerordentliches werde einen schlechten Ein­­druck im Auslande hervorrufen. Das Budget leide an zwei Möbeln: an der Ueberschagung einiger Einnahmen und an der schlechten Verteilung der Ausgaben. Daher müsse er und seine Partei es ablehnen. Rede des Bolfsparteivertreters (Averescu) Frauen-Just nur an Gehalts-und Pensionsrückständen im außerordent­­lichen Budget vermerkt.Auf welche Weise könnten diese innerhalb kürzererseit beglichen werden?Es sei zufü­rchs­ten, daß dies überhaupt nicht geschehe. Dann bemängelt Strancu-Fasi die falsche Bolität der Negierung, einerseits die Gehälter und den Lebensstandard im allgemeinen zu senden, andererseits aber die Steuern beizubehalten, ja noch zu erhöhen. (Unterstaatssekretär im Finanzministerium Bratescu sagt, das vom 1. Januar 1932 eine Senkung der direkten Steuer und der Globalsteuer um 10%), eintrete.) Besonders schmerz­­haft und ungerecht sei die Privatgehaltssteuer. Beriehlt sei die Maßnahm­e, die Hälfte der Lehrerbesoldungen den Gemeinden aufzubürden. (Brateseu: Dort, wo die Gemein­­den nicht genügend Mittel haben, erhöht der Staat seine Subvention — eine neue Möglichkeit, die Minderheiten zu benachteiligen. 9. SH) Schließlich bemängelt der averescanische Sprecher die Mehrausgabe fü­r die Presse­­abteilung, und erklärt, daß seine Partei sich gegen das Budget ausspreche. Cuza anerkennt das Budget. Er verlangt aber eine Neustabilisierung des Leu. Hierauf antwortet Cofteanu, der Regierungsreferent, in außerordentlich zuversichtlicher Weise. Die gegenwärtige Deflationsperiode werde eine Gleichstellung der landwirtschaftlichen und indus­triellen Breite bringen, worauf dann eine lange Zeit geruhigen fort­­schrittes komme. (Wir wünschen, daß diese voraussagen­­sie verwirklichen. 9. Schr.) »Volitische Kurzpost Never Militärattahe Romäniens in Rom. Emil Sheorghiu, Fliegermajor, is zum neuen Mili­­tärattache in Italien ernannt worden. Er hat seinen Bosten bereits angetreten. Die Untersuchungen im Budapester Butschversuch beendet. Die Polizei hat 20 Verhaftete dem ordentlichen Be­richte zur Aburteilung übergeben. Es soll von hier aus­ festgestellt werden, ob die Fälle vor ein Ausnahmsgericht gehören oder nicht. Harte Urteile gegen Kroatische Attentäter. Der Gerichtshof in Belgrad hat einige Arvaten, welche der Organisierung von Bomben-Attentaten gegen den Balast des Bans in Agram und der Gesellschafft „Groß-Jugosla­ vien“ beschuldigt wurden, mit Zuchthausstrafen von einem Jahr bis zu lebenslänglicher Zwangsarbeit verurteilt. Ein männliches Auftreten Hitlers. Einem englischen Journalisten gegenüber äußerte sich Hitler, daß die Nationalsozialisten nach ihrer Machter­­greifung weder den Vertrag von Bersailles noch die anderen internationalen Verträge anerkennen würden. Jeglicher unnüße Import würde untersagt und alle Kräfte der Er­zeugung im Lande zugewendet werden. „Wir find', sagt Hitler, „eine neue Generation, nicht dieselbe, die den Krieg gemacht, sondern die, die gekämpft und gelitten hat. Wir sind nicht mehr gewillt, Tribute zu bezahlen.“ Wie anders klingen solche Worte, als das emwine Sing-Sang der Sozialisten- und Kommunisten-Internationale, die die größten Verräter am deutschen Bolke sind. Der gefähr­­licste Feind Deutsc­hlands steht links und mit ihm muß aufgeräumt werden. Deutschland muß als Ganges erkennen, daß seine Aufgabe und sein Schicksal nicht darin bestimmt sind, feichten Weltverbrüderungsideen, die vielleicht über einige Jahrhunderte verwirklicht werden können, zum Opfer zu fallen. net — ‘“Wandernde deesen Roman von Anton Maly (48. Fortlegung) Die Anklageschrift bezichtigte Carlos Gonzales seine Ehegattin Elisa, geborene Almeda, in der Nacht vom 27. auf den 28. März 1910 nach vorhergegangener, kurzer Eifersuchtsszene, zu der der in St. Pölten in Oesterreich geborene Ricardo Gröne den Anlaß gegeben haben sollte, mit den Händen erwürgt zu haben. Lautlose Stille herrschte in dem überfüllten Saal, als der Borfigende die Frage stellte: „Ungefragter fühlen Sie sich­h huldig, Ihre Ehegattin getötet zu haben?" Seit und bestimmt lang das „Ja“ des Beschuldigten. Kurzes Stimmengemurmel brandete im Saal auf: „Sie haben mit Ihrer Gattin eine Eifersuchtsszene gehabt, in deren Verlauf sie sie mit den Händen zu Tode wirkten.“ A­bermals sang das „Ja“ des Angeklagten. Diesmal fast triumphierend. Da geh­te die Stimme Grönes durch den Gaal: „Es ist nicht wahr, nicht erwürgt, gemordet mit Aurare.“ Das Bublitum Hörte auf. Carlos Gonzales warf seinem Nebenbuhler einen haßerfüllten Blick zu. Der Ge­richtspräsident verwieß den Urheber des Zwischenrufes mit energischen Worten zur Ruhe. Da erhob sich der Staatsanwalt und sagte: „Hoher Gerichtshof, ich stelle den Antrag, den Zeugen, der zwar ohne Befugnis, aber immerhin eine Zwischenbemerkung gemacht hat, die unter Umständen auf das Strafausmaß nicht ohne Einfluß sein könnte, von diesem Gesichtspunkte aus einzuvernehmen. Es kann und darf uns nicht gleichgültig sein, ob der Mörder sein Opfer im Affekt erwürgt, oder es vorjäglic mit einem heimtüflichen Gift getötet hat.“ Im Zuschauerraum wurde Stimmengewirr laut. Der Verteidiger erbat das Wort und plaidierte: „Hoher Gerichtshof! Die Obduktion des Seignams hat er­­geben, daß der Tod doch Erfiidung eingetreten it. Der Zeuge, den ich übrigens wegen Mitbeteiligung an der Tat — was der Herr Staatsanwalt außer Acht gelassen zu haben scheint — für meine Person ablehne, hat schon vor dem Untersuchungsrichter des öftern das Wort „Rurare“ gebraucht. Was ist Rurare ? Ein Gift, das von den Indianern des Chaco und von den Ureinwohner des Amazonas und Orinocogebietes aus bestimmten Pflanzenarten bereitet wird und dazu dient die Pfeilfpigen zu tränfen, um die Wirkung der Geschäffe zu verstärken. Hoher Gerichtshof! Die Urbevölkerung in unserer und in den angrenzenden Provinzen ist verschwunden. Die Gebiete, wo Kurate er­zeugt wird — ob es auch heute noch der Fall ist, entzieht sich übrigens meiner Beurteilung — liegen tausende Kilometer von uns entfernt. Glaubt der Herr Staatsanwalt, daß der Borfah des Mordes, den der Beschuldigte wohl zerm­irscht und erfüllt von tiefster Neue eingesteht, und der Ad als unbedingte Affekthandlung erwiesen hat, so weit vorzu­ datieren it, daß der Angeklagte Zeit gehabt hat, aus uns fast unbekannten Gebieten Gift zu beschaffen, dessen Wirkung er überhaupt nicht, oder im besten Falle nur vom Hören» sagen fennen konnte und das er daher, selbst wenn er es gehabt hätte, nie und nimmer hätte anwenden dürfen, wenn es ihm darum zu tun war, die Tat mit sicherem Erfolg zu vollbringen.“ Der Staatsanwalt räu­perte sich und über das Gesicht des Gerichtspräsidenten glitt die Spur eines leisen Lächelns. Da merkte der Verteidiger, daß er Unsinn sprach. Aber unbeirrt glitt der Fluß seiner Rede weiter: „Hoher Gerichtshof! Der Herr Untersuchungsrichter hat sich durch den Zeugen beeinflußen lassen, eine Kommission nach dem Hause des Beschuldigten zu entsenden, um nach indianischen Waffen und vergifteten Pfeilen zu suchen, die der Zeuge angeblich dort in einem Glasschranf gesehen haben wollte. Ein Glasschranz fand sich wohl vor. Aber sein In­­halt bestand aus­­ Reifeerinnerungen und aus Antiquitäten, wie man sie in jedem vornehmen Hause vorfindet.“ . Das Gesicht des Zeugen Gaspar Gonzales verzog sich zu einem vernehmigten Grinfen. Dr. Chico aber fuhr fort: „Der Untersuchung­srichter hat es daraufhin unterlassen, den Aussagen des Zeugen, die Überdies Durchwegs verworren und voll Widerspruch sind, weitere Beachtung zu identen. Ein Beweisantrag auf neuerliche S Feststellung der Todesart, die da, wie der Herr Staatsanwalt, wenn er ehrlich denkt, selbst zugeben muß, einwandfrei erwiesen ist, würde die Verhandlung nicht nur unnötig verlängern, sondern auch unnötig erschweren. Der Angeklagte gibt die Tat unumwunden zu, ist ge­­ständig und sagt zu allem ja. Mehr kann auch der ver­­bisfenste Staatsanwalt von seinem Opfer nicht verlangen. 39 stelle daher an einen hohen Gerichtshof das Er­­suchen, den Antrag des Herrn Staatsanwaltes abzulehnen.” Lautes Beifallsgemurmel ging durch den Zuschauerraum. Der Gerichtshof 309 fieh zu kurzer Beratung zurück und verkündete nach einigen Minuten, Ablehnung des staatsanwaltsgaftlichen Antrages und Weitergang der Verhandlung. Ein triumphierender Biid des Angeklagten traf Ricardo Gröne. Der ja mit fahlem Gesicht, feuchender Brust und mit geballten Fäusten und feierte nach dem Verteidiger, der seinen Geisteszustand bezweifelte und ihn Lügen strafte. (Forregung folgt.)

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