Gutenberg, 1924 (Jahrgang 6, nr. 1-52)
1924-04-18 / nr. 16
ERSCHEINT jeden Donner«» tag mit dem Datum des nächstfolgenden Tages. ABONNEMENT samt Post» Zustellung Jährlich...........................Kc 40.— Halbjährig ...... Kc 20.— Vierteljährig................Kc 10.— Einzelnummer 80. REDAKTION Prag II., Smecky 27 neu. ZUSCHRIFTEN werden nur frankiert angenommen. Nicht- versiegelte Reklamationen sind portofrei und sind an die Expedition zu richten. Manuskripte werden nicht retourniert. VL JAHRGANG PRAG 18. APRIL 1924 NUMMER 16 ADMINISTRATION: O.Kinsky,Prag II,,Smecky 27 n. ZEITSCHRIFT FÜR BUCHDRUCKER UND VERWANDTE INTERESSEN IN DER CECHOSLOWAKISCHEN REPUBLIK POSTSCHECKKONTO: ________Prag 33.837.________ EXPEDITION . Deutsche agrarische Druckerei, Weinberge, ff. Marsala Fowie ANNONCEN werden bei der Administration angenommen und mit Kc 2.— pro Petita eile berechnet. Für eine einmalige Einschaltung werden berechnet: ganze Seite KC720, Drittel» Seite (eine Spalte KC 260, halbe Spalte Kc 150, Viertel»Spalte KC 85, Achtel»Spalte Kc 46 und eine Sechzehntel-Spalte Kc 19. Bei öfterer Insertion Rabatt. ZENTRALVEREIN DER BUCHDRUCKER- UND SCHRIFTGIESSERGEHILFEN BÖHMENS "TYPOGRAFICKÁ BESEDA". Voranzeige. Der Zentralausschuß gibt hiermit bekannt, daß die ordentliche Generalversammlung Sonntag, den 1. Juni 1924, stattfindet. Anträge, die auf die Tagesordnung der Generalversammlung gestellt werden sollen, sind spätestens bis Montag, den 21. April 1924, an den Zentralausschuß einzusenden. Prag, am 1. April 1924. Für den Zentralausschuß: Anton Farka, Obmann. Der Kapitalismus ist der Träger des Krieges. Von Th. Stauning, Mitglied des dänischen Folkething. Es vollzieht sich nichts in der menschlichen Gesellschaft, das sich nicht auf Interessen gewisser Bevölkerungsschichten zurückführen läßt. Die Raubzüge der Raubritter, die Kaperzüge zur See und die Interessenkriege der Städte waren die Vorläufer der Ausnützung von Nationalismus und Krieg durch die kapitalistische Gesellschaft. Der in der Waffenindustrie, am Bau von Kriegsschiffen, an den Pulverfabriken und am Flugzeugbau interessierte Privatkapitalismus ist eine wesentliche Vorbedingung für die Aufrechterhaltung des Rüstungswesens und der politische Einfluß der Kapitalsmacht ermöglichte die Erfüllung der privatkapitalistischen Wünsche. Die Kriege innerhalb der kapitalistischen Gesellschaft sind Interessenkriege zwischen Konkurrenten, die nach der Beherrschung der Märkte, der Rohstoffe, der Verkehrswege usw. streben. Es sind kleine Kreise in jedem Lande — und selbstverständlich nur in den größeren Ländern — die einen entscheidenden Einfluß bei der Vorbereitung des Krieges ausüben. Es wurde in weitsichtiger Weise gearbeitet, vor Ausbruch des Weltkrieges im Jahre 1914, und bei den Vorbereitungen wurden die nationalistischen Stimmungen, die staatlichen Interessen, die außenpolitischen Momente selbstverständlich in Betracht gezogen und ausgenützt. Mit Hilfe einer vom Kapitalismus bezahlten Presse werden die Bevölkerungen hypnotisiert. Sie werden mit nationalistischen Phrasen bearbeitet, mit angeblichen Kulturaufgaben und Volksinteressen, mit Versprechen über Friede und Freiheit, aber wenn der Kriegsrausch vorüber ist, sieht man, daß die kapitalistischen Interessenkreise die einzigen waren, die aus der Abrechnung Nutzen zogen. — Und dann beginnen die neuen Vorbereitungen für den nächsten Krieg unter der Devise „Friedens-Rüstungen“ und Wahrnehmung „nationaler Interessen", wie wir es aus der Geschichte der letzten 30 Jahre vor dem Weltkriege kennen. Die Arbeiterklasse muß Gegner des Krieges sein. Sie hat nicht gemeinsame Interessen mit der Kapitalmacht. Es ist vorzugsweise die Arbeiterklasse, die die Opfer sowohl bei den Vorbereitungen als auch während und nach dem Kriege tragen muß. Dies lehren die Erfahrungen der gegenwärtigen Zeit. Die Kriegsvorbereitungen müssen deshalb von allen denen bekämpft werden, die kein ökonomisches Interesse an Kriegsrüstungen und Krieg haben. Und hierzu kann eine wirksame Anti-Kriegspropaganda beitragen. Die großen Bevölkerungsschichten: Arbeiter, Angestellte, Beamte, Wissenschaftler und Künstler, die große Masse der kleinen Gewerbetreibenden, Handwerker, Kaufleute und Bauern, die außerhalb des kapitalistischen Interessenkreises stehen, müssen verstehen lernen, daß Krieg und Kriegsrüstung eine großkapitalistische Operationsbasis bilden, wobei die nationalistischen Phrasen nur benützt werden, um den wirklichen Tatbestand zu verschleiern. Sie müssen lernen, daß die kapitalistische Presse als ein im Dienste der kapitalistischen Interessen stehendes Werkzeug arbeitet und daß allein die sozialdemokratische Partei unabhängig von diesen Interessen ist. Wenn diese Aufklärungsarbeit gelingt, kann die politische Macht des Großkapitalismus gebrochen werden, und dann wird auch die Möglichkeit eines Mißbrauches der politischen Macht im Dienste der kapitalistischen Interessen — wovon die Geschichte so viele Beispiele aufweist — verringert. Der Arbeiterklasse, die die Gesellschaft von Krieg und Kriegsrüstungen befreien will, nützt es nichts, sich auf den Sieg von Ideen und Bewegungen zu verlassen. Die Arbeiterklasse muß, in einer nicht zu erschütternden Einheit zusammengefaßt werden und, national wie international, einen unversöhnlichen Kampf gegen den Krieg und das kapitalistische System führen. Sie muß dahin streben, diese Gesellschaftsordnung zu durchbrechen und sie durch Betriebsformen zu ersetzen, die im Interesse der Allgemeinheit sind. Um dieses Ziel zu erreichen, muß die Arbeiterklasse mit ihrer ganzen Kraft bestrebt sein, politischen Einfluß zu gewinnen. Fest und sicher, nach bestimmten Richtlinien, muß die Erreichung dieses Zieles erstrebt werden. Die Eroberung der politischen Macht durch Kampf, der überall notwendig sein wird, das ist der Weg zur Abschaffung des Rüstungswesens, zur Abschaffung des Krieges. I. G. B. Die Gewerbeinspektoren über die Betriebsausschüsse. Vor einiger Zeit erschien der amtliche Bericht über die Tätigkeit der Gewerbeinspektoren in der Tschechoslowakischen Republik für das Jahr 1922. Im selben Jahre trat aber auch das Gesetz über die Betriebsausschüsse in Wirksamkeit und die Gewerbeinspektoren bezogen nun auch die Tätigkeit dieser Institution in ihre Berichte mit ein und es ist daher äußerst interessant und lehrreich, von dieser Seite ein ziemlich objektiv gehaltenes Bild über die Arbeitsaufnahme, die Tätigkeit usw. dieser neuen Arbeiterfunktionäre zu erhalten, das die Licht- und die Schattenseiten des Gesetzes zeigt. Der Bericht, den wir der „Soz. Praxis“ entnehmen, ist ziemlich ausführlich gehalten, so daß wir leider verzichten müssen, ihn zur Gänze abzudrucken und uns daher lediglich darauf beschränken wollen, das für uns wichtigste mitzuteilen. „Die Betriebsausschüsse, deren Errichtung vom 1. Jänner 1922 an möglich war, wurden zwar in vielen Unternehmungen errichtet, indessen auch nicht entfernt in dem Maße, wie allgemein erwartet wurde. Besonders im ersten Halbjahr war eine bedeutende Zurückhaltung der Arbeiterschaft gegenüber dieser Institution zu beobachten, und erst im Herbst kam es zahlreicher zu Wahlen. Nur in nicht sehr zahlreichen Bezirken einiger politischer Verwaltungen wurden Betriebsausschüsse in der Mehrzahl der Unternehmungen oder schließlich auch in allen Betrieben gewählt, welche für die Wahl die gesetzlichen Voraussetzungen aufwiesen. Es ist aber interessant, daß das hauptsächlich in Bezirken mit deutscher Majorität geschehen ist, wie namentlich der Trautenauer Berichterstatter bemerkt, der festgestellt hat, daß in allen Unternehmungen, welche mit überwiegend deutscher Arbeiterschaft arbeiteten, Betriebsräte schon gewählt waren, während in den Fabriken mit tschechischen Arbeitern bisher nur vereinzelt Betriebsausschüsse errichtet wurden. In den histo Zum 150. Todestage Friedrich Koenigs. 17. April. Ueber unseren Altmeister Johannes Gutenberg, sein Leben und sein Werk werden bereits die Kinder in der Schule unterrichtet und so die Bedeutung der Erfindung dieses Mannes für die menschliche Kultur in gebührender Weise gewürdigt. Aber gerade deshalb ist es unverständlich, warum in diesem Zusammenhänge nicht auch des Mannes gedacht wird, durch dessen genialen Geist erst die Erfindung Gutenbergs ihre Krönung erhielt und ihren Siegeszug durch die Welt in einer Weise antreten konnte, dem wir heute staunend und bewundernd gegenüberstehen. Wenn wir des Erfinders der Buchdruckschnellpresse, Friedrich Koenigs, dessen 150. Geburtstag auf den heutigen 17. April fällt, voll tiefer Dankbarkeit gedenken, so bedeutet das durchaus nicht eine Verkleinerung des Genies Gutenbergs; die Größe seiner Erfindung steht über allem Zweifel erhaben da. Aber man muß auch des Mannes gedenken, der die Kunst des Altmeisters vervollkommnete, der ihr durch die Genialität seines Geistes, durch die Erfindung der Schnellpresse, den mühevollen Weg ebnete und befähigte, ihre Kulturmission mit einer ungeahnten Raschheit zu vollenden. Was Gutenberg begann: Friedrich Koenig hat es vollendet. Die Erfindung der Buchdruck-Schnellpresse war der Beginn einer neuen Epoche in der Kulturgeschichte der Menschheit. Es wäre daher nur recht und billig, wenn auch sein Name neben dem des Altmeisters Gutenberg genannt und die Bedeutung seiner Erfindung in ihrer ganzen Größe bereits den Schülern vor Augen geführt werden würde. Wir Buchdrucker erfüllen eine Dankespflicht, wenn wir aus Anlaß des 150. Geburtstages Friedrich Koenigs gedenken, sehen wir doch stündlich und täglich das Produkt seiner Genialität, die Schnellpresse, in all ihren verschiedenen Variationen in rastloser Arbeit tätig. Besonders wir Buchdrucker können die Erfindung Koenigs in ihrer ganzen gewaltigen Bedeutung einschätzen, wenn wir Gutenbergs Handpresse mit der Zylinder- Druckpresse vergleichen, wodurch am sinnfälligsten der Fortschritt zum Ausdrucke kommt, zu dem Friedrich Koenigs rastloser Erfindergeist den Grundstock gelegt hat. Wenn wir daher dieses Mannes gedenken, so tun wir dies auch deshalb, weil sich auch in unseren Reihen noch so manche befinden, die Friedrich Koenig und sein Werk wohl dem Namen nach kennen, denen aber sein Lebensweg noch ziemlich unbekannt ist. Aus diesem Grunde wollen wir im Nachstehenden einen kurzen Abriß seiner Biographie geben: Friedrich Koenig wurde in Eisleben, der Geburtsstadt Luthers, am 17. April 1774 als Sohn des Ackerbürgers Johann Christoph Koenig geboren. Der Tag seiner Geburt ist nicht ganz genau bekannt, da sich im dortigen Kirchenbuche lediglich eine Eintragung vorfindet, die sich auf seine Taufe bezieht, die am 20. April stattfand. Unter Bedachtnahme darauf, daß der damaligen Gepflogenheit gemäß die Taufe drei Tage nach der Geburt stattfand, kann man mit der größten Wahrscheinlichkeit annehmen, daß der 17. April als der Geburtstag des nachmaligen Erfinders zu betrachten ist. Ueber die Jugend Friedrich Koenigs ist nicht sehr viel bekannt. Er war von ungewöhnlichem Auffassungsvermögen und sollte sich daher der Studienlaufbahn widmen. Zu Johanni 1790 wurde aus dem bisherigen Gymnasiasten Friedrich Koenig ein Lehrling, der bei dem damals berühmtesten Meister der Typographie Johann Gottlieb Immanuel Breitkopf zu Leipzig zum Setzer und Drucker ausgebildet werden sollte. Wie eine Eintragung im Lehrlingsbuche dieser Firma besagt, wurde er zu Michaeli des Jahres 1794 freigesprochen, was beweist, daß er auch in dieser Zeit ausnahmsweise tüchtig gewesen sein muß, da ihm trotz der stramm gehandhabten Innungsdisziplin ein Dreivierteljahr seiner restlichen Lehrzeit erlassen wurde. Während seiner Lehrzeit und auch nachher noch besuchte er als Hospitant unter Entbehrungen die Vorlesungen an der Leipziger Universität. Die Erfindertätigkeit Friedrich Koenigs beginnt erst in der zweiten Hälfte 1802. Sein Leitgedanke