Kaschauer Zeitung, April-Juni 1874 (Jahrgang 36, nr. 26-51)

1874-04-08 / nr. 28

­ Neuestes aus Nah und Fern. — + Gräfin 3phigonia Csáky starb, wie der „Zipser Anzeiger“ berichtet, am 3. b. M. Die doge­­borene Frau Gräfin war allgemein geachtet, und wird der Todesfall dieser echten Christin gewiß alle ihre Verehrer mit Trauer erfüllen. An der k. I. Finmaner Marine-Akademie werden mit Beginn des nächsten Schuljahres 1874) eine größere Anzahl von Stiftungsstellen (1. Oktober und meh­­rere ganz und halb freie Stellen zu belegen sein. — Ge­suche um Aufnahme in dieses Institut sind durch die Ver­­wandten des Aufzunehmenden an das k. k. gemeinsame Kriegsministerium (Marine-Abtheilung) zu richten und sind im Wege des dem Wohnorte des Patienten zunächst liegen­­den militärischen Plage oder Heeresergänzungs-Bezirkskom­­mandos, durch welches die vorgeschriebene Qualifikations- Eingabe beizufügen ist, bis längstens Mitte August an das gemeinsame Kriegsministerium einzusenden. Ueber die Instruirung der Gesuche enthält die Nummer des „Buda­­pesti közlöny" vom 4. b. M. die erforderlichen Ausschüsse. — Ludwig Kossuth ersucht die vaterländischen Blätter, mitzutheilen, daß er Turin verlassen habe. Seine neue Adresse ist: Baraccone di Collegno, Provinz Turin. Er ersucht, an ihn keine Telegramme zu senden, weil deren Expedition von der Telegraphenstation bis zu seiner ein­­samen Landwohnung für ihn sehr kostspielig werden könne. Briefe bittet er blos frankict und nicht auch rekommandirt an ihn zu senden. Cabinets noirs gäbe es jetzt nicht, und wenn es solche gäbe, so würden sie auch die rekommandirten Briefe nicht schonen. Die einfach frankirten Briefe kommen eben so sicher an, wie die rekommandirten, und bei den letzteren sei der Uebelstand, daß sie in Italien nur den Adressaten selbst oder gegen eine förmliche Vollmacht desz selben ausgefolgt werden, was begreiflicherweise Kossuth viele Scherereien bereiten und auch das herbeiführen würde, daß solche rekommandirte Briefe Tage lang auf der ent­­fernten Poststation liegen blieben. — Rochefort, der berühmte „Laternenmann”, ferner die Kommunards Grousset, Jourde, Valliere und Andere sind von der französischen Straf-Colonie Men " Caledonien entwichen und in Newcastle in Australien ein­­getroffen. In französischen Regierungskreisen ist man über diese Flucht sehr wenig erbaut. — Rö­zsa Sándor ist von der k. Tafel in Buda­­pest, welche das auf lebenslänglichen Kerker lautende Urtheil der ersten Instanz am 30. März verhandelte, zum Tode durch den Strang verurtheilt worden. Einführung von Briefpostbunden und Renderung der Bestimmungen über die Aufgabe und die Expe­­dition der im Pränumerationswege bestellten, mit Zeitungsmarken fransisrien, inländischen Zeitschriften. Zur Erleichterung des Briefpostumkartirungsdienstes und zur Beschleunigung der Expedition, sowie zur Erzielung einer möglichst richtigen J­nstrudirung der Correspondenzen und Zeitungen haben bei der Kartirung und bezeichnungs­­weise Abfertigung der Briefpostkartenschlüsse folgende Bestim­­mungen zu gelten : Vom 1. April 1. 3. angefangen haben die k. ung. Postanstalten sowohl bei der Kartirung an stabile Postan­­stalten, als auch im Verkehre mit den fahrenden Aemtern und der letzteren untereinander und an stabile Postanstalten Briefpostbunde in Anwendung zu bringen. Briefpostbunde sind dann anzufertigen, wenn bei einem Postamte von den in einen Briefkartenschluß aufzunehmenden Briefen, Correspondenzkarten, Kreuzbandsendungen, Waaren­­proben und sonstigen zur Briefpost gehörigen Gegenständen eine größere Anzahl nach einer und derselben, über die Bestimmungsanstalt der Briefkarte hinausgelegenen Post­­anstalt bestimmt ist. In das Briefpostbund dürfen nur Briefpostsendungen aufgenommen werden, welche nach dem Bestimmungsorte des Briefpostbundes lauten, d. i. welche von dem Postamte, an welches das Briefpostbund gerichtet ist, zu bestellen sind. Von der Aufnahme in das Briefpostbund sind nebst den Correspondenzen, welche nur der Umkartirung halber auf die Postanstalt am Bestimmungsorte des Briefpostbundes gelangen würden, die unfrankirten portopflichtigen, nach dem Bestimmungsorte des Briefpostbundes lautenden Briefpost­­sendungen, ferner refommandirte und Expreßbriefe, dann mit Zeitungsmarken frankirte Zeitungen, endlich alle jene Briefe und Waarenproben ausgeschlossen, welche ihres un­­gewöhnlichen Formats oder Größe wegen zur Ber­adung in ein Bund nicht geeignet sind. In Die­ Briefpostbunde auf fahrende Aemter sind zunächst die Briefpostbunde und alle in dieselben nicht auf­­genommenen Briefe aufzunehmen, welche auf Postanstalten lauten, die an der Route, auf welcher das betreffende fah­­rende Amt verkehrt, oder über dieselbe hinaus gelegen sind. Briefpostbunde auf fahrende Aemter­­ über das fah­­rende Amt der eigenen Route hinweg, sind nur dann anzu­­fertigen, wenn deren Anfertigung Seitens des Vorstandes des betreffenden fahrenden Amtes für nothwendig erkannt und von diesem verlangt wird. In den Briefpostbund auf ein fahrendes Amt über jenes der eigenen Route hinweg sind in der Regel, alle diejenigen für stabile Postanstalten bestimmten Briefpost­­bunde und einzelnen Briefpostsendungen aufzunehmen, welche auf dem Wege und in der Richtung des betreffenden Zuges über den Punkte hinaus, an welchem das fahrende Amt getroffen wird, abzusenden sind. Dieses 3—4 Zoll breite Band besteht aus einem Papierstreifen von der Länge eines Bogens, der in dem oberen Theile die Bezeichnung „Levelköieg“ und den er­­forderlichen Vordruck enthält, um a) die Postanstalt, von welcher das Briefpostband angefertigt ist, b) den Bestimmungsort des Briefpostbundes und c) den Namen des abfertigenden Beamten ersichtlich zu machen. Mit dem Tage, mit welchem die vorstehenden An­­ordnungen ins Leben treten, haben auch in den Bestim­­mungen über die Aufgabe und die Expedition der im Prä­­numerationswege bestellten, mit Zeitungsmarken frankirten und mit der Post zu versendenden inländischen Zeitschriften mehrfache Renderungen einzutreten, welche speciell die Zei­­tungs-Expeditionen angehen, und darauf berechnet sind, dem Publikum den richtigen Empfang der pränumerirten Exemplare zu verbürgen, welche Verordnungen wir mit Freude begrüßen,­­ mittelten österr­­ing. Staatsangehörigen, die Freifahrt in der dritten, unbemittelte eventuell zweiten Classe zu gewähren, sowie an Ausländer zur Nachhausefahrt Fahrpreis-Er­­mässigungen zu ertheilen. Das Certificat, welches als Legitimation dient, muß entweder von einer Gesandtschaft selbst ausgestellt sein, oder mindestens das Visum einer k. k. Gesandtschaft enthalten.­­ RIE EPI GEN­IE SEEN ZET Eisenbahn-Nachrichten. Die k. ung. General- Inspektion für Eisenbahnbau hat seit 3 d. ihre Amtslokalitäten in Pest, Akademiegasse Nr. Freibeförderung 18, aus dem Auslande rück­­kehrender unbemittelter österr­­­ing. Staats­­angehöriger und Ertheilung von Fahrpreis- Ermässigungen an unbemittelte Ausländer zur Nachhausefahrt. Auf Anregung des k. k. österr. und f königl. ung. Handelsministeriums haben sich sämmtliche österr. - ung. Bahnverwaltungen dahin geeinigt, den aus dem Auslande kommenden mit Certificaten versehenen unbe- 1 Original-Correspondenzen. Sebe3-Kellemes, 5. April. Patentirte Spreng-Pasta-Fabrik. — Mord. — Selbstmord. Sculprüfungen. Wie ich Ihnen schon mittheilte, wurde zwischen Alss­­und Felsö-Sebes auf freiem Felde eine Pulverfabrik errich­­tet, die unter dem Namen „Spreng-Pasta-Fabrik“ h. O. auf 12 Jahre hinaus patentirt wurde. Wie­­ Ihre Leser schon wissen, hat die Oberungarische Creditbank in Eperies dem Patentinhaber, Herrn Bossard, einem tüchtigen Fach­­mann — wie es die Schweizer größtentheils sind — ener­­gisch unter die Arme gegriffen, und heute, da die Fabrik bereits in vollem Betriebe ist, kann sich genannte Bank zu diesem neuen Unternehmen nur gratuliren. Mit dem ersten Erzeugnisse dieser­ Sprengpasta wurde im Laufe voriger Woche vor Fachmännern eine Probe ge­­macht, die alle Erwartungen übertraf. G Lob­ dieser Pasta entwurzelte einen mächtigen Eichenstamm und es wurde con­­statirt, daß dieses Erzeugniß die doppelte Sprengkraft von Dynamit entwickelt, wird sich also besonders zu Waldaus­­rodungen eignen. Die Einrichtung der Fabrik selbst ist sehr sämmtliche dazu gehörigen Gefäße, Pippen, Röhren einfach, u. s. w. sind aus gebrannter Thonerde, die in Hrufhau (österr. Sclesien) fabrieirt wurden. Die zur Spreng-Pasta ver­­wendeten Rohmateriale sind : Salpeter und Schwefelsäure, aus welcher sich durch gelinde Erwärmung die Salpetersäure entwickelt und Clycerin. Zu einem Centner dieses Erzeug­­nisses werden für 45 fl. Rohmateriale verwendet, und wenn man bedenkt, daß man von den Abfällen no< 15­0 erzielt, so wird man sich von der Fructificirung des zu diesem Un­­ternehmen verwendeten Kapitals einen gehörigen Begriff machen. Zum Schusse füge ich noch die Bemerkung hinzu, daß außer der Sebeser Spreng-Pasta-Fabrik nur noch zwei solche auf dem ganzen Erdenrunde zu finden sind und zwar eine in Brasilien und eine in Prag.­­ * Die Ihnen von mir mitgetheilte Notiz über die Er­­mordung einer alten jüdischen Frau in Komlös habe ich dahin zu ergänzen, daß die Mörder bereits erüb­t wurden. Einer derselben, ein wohlhabender Bauer aus dem genann­­ten Orte, ist dem Arme der Gerechtigkeit durc Selbstmord entgangen, der Andere, ein Knecht des Ersteren, hat sich den Gerichten freiwillig gestellt. UE­be * im Laufe voriger Woche fanden bei uns die halb­­jährigen Prüfungen statt, die sich gleich der vierteljährigen eines großen Publikums zu erfreuen hatten. Besonders­ die Fortschritte in der ungarischen Sprache erregten gerechtes Erstaunen, und das Renomms dieser Schule ist so günstig, daß aus der dreiklassigen Trivialschule mit Anfang des Som­­mersemester eine vierklassige Hauptschule geworden, die von bereits angekündigten Schülern aus weiter Ferne frequentirt wird. Die Einschreibungen haben bereits begonnen und schon Sonntag fängt der geregelte Unterricht an, von Fortsetzung in der Beilage. . Troß dieser stolzen Frage, mußte sie in Stunden ohne Zeugen bekennen, daß ihrem Herzen eine schwere, vielleicht niemals vernarbende Wunde geschlagen ward , da sie sich in der Treue desjenigen getäuscht hatte, den ihre Liebe und ihre Fantasie — denn legtere hat ja hier die größte Rolle — über Alles in der Welt sich zum JZödeal hingestellt, verlor sie ihren Glauben an die ganze Menschheit. Der rosenfarbige Schleier, welchen die erste Liebe gewoben hatte, verschwand von ihrem Horizonte und ihre Fantasie schlug in das andere Extrem über : sie sah nur Todte und Elende in der verödeten Gegend.­­ In einem solchen Seelenzustande fand sie der mit Hoffnung erfüllte Kätai. Dies konnte man nicht in voraus berechnen; das Geheimniß dieser Erscheinung war in jenem Unterschiede verborgen, der Margit­ von den alltäglichen Wesen ab­­sonderte. „DSG habe Euch versprochen, Margit”, sagte er in der ersten Minute, in welcher er sich mit ihr allein befand, daß ich hier sein werde, wenn Eure Freunde Euch verlassen , daß Ihr auf mich zählen könnt : dieser Augenblic ist ein­­getroffen und ich bin da". „I< danke Euch für Eure freundschaftliche Theil­nahme“, erwiderte das Mädchen gleichgültig. „­ „Seht Ihr, Margit, habe ich nicht profezeit, daß das schnell aufgeflammte Feuer auch schnell verlöscht ? . . . Erinnert Ihr Euch noch unseres Vergleiches von dem auf­­schäumenden Weine, dessen Richtigkeit Ihr damals so stark in Zweifel gezogen habt ?“ „Ein Beispiel entscheidet nichts", sagte das Mädchen mit großer Seelenkraft, „der Wein entstammte keinem guten Weinberge, oder er war nicht das Erzeugniß eines guten Jahres". „Das heißt schon gut gesprochen, und dies ist auch­­ mein Glaube. Darf nun der echte Hoffnung hiegen ?" „I< bitte Euch, sprechen wir nicht von diesem Ge­­genstande. Ja finde es sehr sonderbar, daß der treue Freund sich beeilt, sogleich das erste Mißverständniß, welches­­ zwischen zwei verwandten Herzen entsteht, zu seinem Vor­­theile auszubeuten sucht“. „Mißverständniß? So wißt Ihr also no< nicht Alles, Margit. Stefan hält in zwei Wochen seine Hochzeit mit Margit Hagymäsi". „Ihr erzählt mir ein Märchen" , sagte das arme Mädchen bleich werdend. „Io glaubte, daß Ihr gekommen seid, um uns zu versöhnen, und Ihr wollt uns ausein­­anderreißen“. ő „Kennt ihr Bocskai's Handschrift ? Wie nicht ?" Margit erreihete und nickte bejahend. „Nun so leset seine eigenhändig unterzeichneten Ein­­ladungsschreiben“. Margits Augen verschlangen das Papier; sie sank in ihren Sessel zurück und den Kopf in die Hände sinken las­­send, sagte sie unter frampfhaftem Schluchzen : „Wahr! wahr!“ Sie gab sich einige Augenblicke ihrem stummen, aber um so tieferen Schmerze hin; dann fiel ihr ein, daß ihre Trauer einen Zeugen habe, der durch seinen Bericht dem Ungetreuen wohl noch einen Triumph bereiten wird. Ihr Stolz erwachte wieder, doch zugleich auch ihr Zorn gegen diesen Menschen, der durch das Vergehen seines Freundes sein eigenes Glüc erreichen will, den ihr Unglück zu beseligen scheint, der auf den Tod ihres Herzens seine Lufts<lösser baut, und der endlich vielleicht sogar das Werkzeug zu diesem Schlage gewesen ist, und wenn nicht, wenigstens der eilende Bote, und triumphirende Herold desselben war. „Was, wollt Ihr noch weiter von mir?" fragte­­ sie mit vor Leidenschaft zitternder Stimme. „Was ich will, Margit, was ich will?" fragte Kätai mit aller ihm möglichen Sanftheit.­ „Heilen will ich die empfangene Wunde, und mit der ganzen Wärme eines neuen und heiligen Gefühles bestrebt sein, daß Ihr diesen Schlag vergeßt". „Und hr glaubt, daß ich, da ich mich getäuscht habe in demjenigen, den meine Fantasie über Jedermann stellte, Vertrauen haben werde zu meinen Herzen nicht einmal Sympathie einem Andern, der in zu erwecken wer» mochte?­­ Nein, Katai. In fühle es, daß mein Herz nur einmal lieben, aber auch nur einmal getäuscht werden konnte. Zu mehr bin ich nicht fähig. In bitte Euch, achtet diese Trauer, und zerreißet nicht doch Eure Gegenwart mein Herz, welches Leben nöthig hat, um das Leben eines Zweiten, eines ehrbaren, greisen Vaters zu erhalten. “­­Ich beschwöre Euch beim Himmel, verlaßt mich, verlaßt mich !” Kätai sah alsbald ein, daß er sich verrechnet habe ; es war jedoch schon zu spät, den Fehler zu verbessern. Er hatte Margit zu jenen alltäglichen Mädchen gezählt, welche die Schande des Verlassenseins aus Stolz, oder auch aus Troß in der zweifelhaften Zukunft eines gleichgültigen Verhältnisses begraben. Er hatte sich getäuscht. Es blieb ihm nichts Anderes übrig, als den Hut zu nehmen und sich geschlagen zu ent­­fernen. IV, Gatte und Patriot. Bocskai suchte auf den Pfaden des Ruhmes Ent­­schädigung für seine verlorene Liebe. Der mahnende Cherub stand nicht mehr an seiner Seite, um ihm von der hinter seinem Rüden vorbereiteten Heirat abzurathen. Bei seiner Annäherung lernte er in Margit Hagymäsi eines jener lieben und milden Wesen kennen, deren Freundschaft und Anhänglichkeit das Leben auch ohne Liebe zu keiner Hölle macht. (Fortsetzung folgt.) | : - vise .

Next