Kaschauer Zeitung, Januar-März 1876 (Jahrgang 38, nr. 1-38)

1876-01-15 / nr. 7

WTI ‚, Kaschanu, Samstag 15. Jänner, XXXVIII. Jahrgang 1876. Erscheint jeden Dienstag, Donnerstag und Megjelen Samstag. minden kedden, csötörtökön és szom­­baton. Unfrankirte Briefe an die Redaktion werden nicht angenommen. Annonyme Briefe werden nicht bezüsichtigt. Prännumerations­-Bedingnisse Redactions- und Impeditions- Kaschau, Hauptgasse Nr. 60. Bureau Bränumerations-Bedingnisse P­a­lauf die „Kaschauer Zeitung“ und das , Illustr. Unterhaltungsblatt“ Ganzjährig für Kaschau: 5 fl. — kr. mit Postversendung 6 fl. — kr. ő. W. ig WEU N Mn Ganzjährig für Kaschau: 7 fl. — kr.­­ mit Postversendung 8 fl. — kr. G. W. Halbjährig­er M :50 fl. & 58 en a BLEI EISEN TB Sede­, ter 12 item verteljährig gén LM 2. 47; “ HA M BL INEE oigatng Budthnofungen Bränmmmotion an jDterfelläßtig „ m, IM. Th. MT : sk. auf die „Kaschauer Zeitung“ allein (ohne Wochen-Beilage): Nr. 7. Bei Inseraten wird die fünfmal gespaltene Petitzeile oder deren Raum mit 5 kr.­­ Manuscripte werden in keinem Falle zuzügestellt. 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Im Nachtrage zu unserem in der vorigen Nummer die­­ses Blattes mitgetheilten Bericht, betreffend die Generaldebatte über den Gesetzentwurf der Verwaltungs-Ausschüsse, haben wir ferner Folgendes mitzutheilen : Ludwig Mocsary will bei der Beurtheilung der Vor­lage sich nicht in die theoretische, weitläufige Erörterung des Selbstverwaltungs-Rechtes einlassen, sondern sich darauf beschrän­­ken, zu beurtheilen, inwiefern die Behauptung der Motivirung und des Referenten, daß durch den vorliegenden Geseßentwurf das Selbstverwaltungsrecht der Municipien in keiner Weise geschädigt werde, richtig sei. Redner sieht sich bemüssigt, es entschieden auszusprechen, daß der Gesetzentwurf die Selbstver­­waltung nicht blos schädige, sondern einfach zerstöre und direct zur strengen Centralisation führt. Wenn der Minister die Ver­­waltung zu einer harmonischen, einheitlichen, zweikentsprechenden gestalten will, so hätte er ganz andere Mittel dazu wählen müssen, als die Vorlage enthält. Um die Verbesserung der Administration zu erzielen, müsse man die gegenwärtige Muni­­cipal-Organisation erhalten und jene Mängel beseitigen, welche durch die Beschränkung der Municipalrechte entstanden sind und zwar durch Wiederertheilung der entzogenen Rechte. In nahezu einstündiger Ausführung sucht Redner, indem er die im Gesetzentwurfe den Verwaltungs-Ausschüssen zugewie­­senen Agenden einzeln anführt, nachzuweisen, daß dadurch keines­­wegs eine Erweiterung der Municipalrechte erzielt wird, sondern daß der B Verwaltungs-Aussc­huß einfach den Staatsorganen sub­­ordinirt, zur Hilfeleistung für dieselben organisirt wird. Ebenso werde durch die Stellung des Obergespans an die Spitze der Verwaltung, also eines ernannten statt eines gewählten Organes, dem Einflusse der Regierung ein größerer Spielraum gewährt, verwaltung verträgt, als sich mit der Freiheit und der Selbst- Es wird von den Vert­eidigern der Vorlage als Haupt­­argument angeführt, es werde durch die neue Vorlage dahin gestrebt, die Verwaltung einheitlich zu gestalten, das wird aber dur die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht erreicht werden, denn durch dieselben werde die Einheit der Verwaltung gelöst, indem die einzelnen Ressorts derselben getrennt und an die Spitze jeder Verwaltungs-Abtheilung ein besonderer Chef ge­­stellt wird. Ferner behauptet man, daß eine so zahlreiche Kör­­perschaft wie die Congregation die Verwaltungs-Agenden nicht rasch erledigen könne, dagegen führt Redner an, daß in Eng­­land in vielen Bezirken zweihundert Friedensrichter fungiren und dabei auch jurisdictionelle Gewalt ausüben. Wenn man eine einheitliche Administration wünscht, so müsse man den Municipien die vollständige Verwaltung der Steuern und son­­stiger wichtiger Verwaltungszweige übergeben. Nachdem Redner in sehr ausführlicher Weise seine An­­sichten über die Verbesserung der Municipalverwaltung dar­­gelegt hat, überreicht er folgenden Beschlußantrag : „In Anbetracht dessen, daß der vom Minister des In­­nern eingereichte Gesetzentwurf über die Verwaltungs-Ausschüsse die Selbstverwaltungs-Organisation der Municipien in ihren Grundlagen angreift ; daß von diesem Entwurfe, wenn er Ge­­setzeskraft erlangt, nicht die Sank­ung der auf administrativem Gebiete wahrnehmbaren Uebelstände zu erwarten steht, son­­dern im Gegentheil befürchtet werden muß, daß derselbe große Verwirrung hervorrufen und die rasche Erledigung der admi­­nistrativen Angelegenheiten behindern wird, möge das Abgeord­­netenhaus aussprechen, daß es diesen Entwurf nicht zur Basis für die Specialdebatte acceptirt". Unterzeichnet ist der Antrag von den Abgeordneten Ludwig Mocsäry, Ernst Simonyi, Béla Komjäthi, Stefan Lemberg, Josef Madaraß, Blasius Orbán, Edmund Kállay, Ignaz Helfy, Emerich Szalay, Ale­­xander Almasfy. betreffs . Die Fortlegung der Debatte über den Gesetzentwurf der Verwaltungs-Ausschüsse eröffnete Alexander Bu­janovics mit einer Rede gegen die Vorlage. Nach ihm ver­­t­eidigte Staatssekretär Baron Gabr­­kemény den Entwurf, welchen der folgende Redner, der sächsische Abgeordnete Karl Gebbel ablehnte.­­­ Alexander Bereczky sprach hierauf für, Benjamin Kállay gegen die Vorlage. Noch nahmen an der Debatte Theil: August Pulßky für, Graf Ferdinand Zichy gegen den Gesetzentwurf. Nach einer hierauf vorgebrach­­ten persönlichen Bemerkung August Pulßky's nahm Minister­­präsident Tipa das Wort, um sich gegen die bisher von den verschiedenen Seiten des Hauses gegen die Vorlage vorgebrach­­ten Einwürfe zu wenden. — Weder die Haltung der Pforte gegenüber dem Reformprojecte der Mächte waren in den jüngsten Tagen die widersprechendsten Gerüchte verbreitet. Aus angeblich guter Quelle verlautete — und die europäischen Börsen wurden davon nicht wenig afficirt­­, die Pforte habe den europäischen Reform­­vorschlag, den Graf Andrássy ausgearbeitet, von vornherein abgelehnt, während von anderer, nicht minder glaubwürdig scheinender Seite jener Behauptung mit dem einfachen Argu­­mente entgegengetreten wurde, es könne eine Ablehnung schon deshalb nicht erfolgt sein, weil der Vorschlag in Konstantinopel noch gar nicht notifieirt worden sei. Die Aufklärung dieses Widerspruchs wird durch das nachfolgende Konstantinopler Te­­legramm kundgemacht : „Der augenblin liche Stand der diplomatischen Action ist folgender : Die Pforten-Regierung erhob urspüng­­lich Trispace gegen jedwed­e Mittheilung irgend­einer Collectiv- oder identischen Note seitens der Mächte. Nachdem hievon sowohl das Wiener wie das Petersburger Cabinet verständigt worden, erklärten beide Cabinete sofort auf das entschiedenste, daß der Pforte schlechterdings nicht das Recht zustehe, eine blos die Erhaltung des euro­­päischen Friedens bezweiende Mittheilung von vorneher zurüczuweisen oder die Communication derselben an irgend, welche Vorbedingungen zu knüpfen; daraufhin verzich­­tete Rashid Pascha auf die anfangs erhobene Einsprache. Da es sich bestätigt, daß Frankreich und Italien den Vorschlägen der drei Kaisermäc­hte be­dingungslos zugestimmt haben und man auch dem Beitritte Englands entgegensehen zu können glaubt, erwartet man hier nun baldigst das Eintreffen und die Uebergabe des gemeinsamen Pacifications-Projectes". Officielle — In der Aufhebung der Klöster läßt die Ber­­liner Regierung keinen Stillstand eintreten. Soeben werden aus Münster mehrere derartige Fälle berichtet. — Aeußerst bedenklich lauten die neuesten Nachrichten aus Belgien. Man fürchtet dort eine neue Auflage des Commune-Aufstandes, und zittert vor dem Gedanken, daß dem Lande Schredenstage bevorstehen, ähnlich jenen, welche Paris im Jahre 1871 durchlebte. Heutige Brüsseler Telegramme melden bereits, daß es in Charleroi zu ernsten Ruhestörungen, zum Ein­­schreiten des Militärs und zum Blutvergießen gekommen sei, in­­dem mehrere Personen theils getödtet, theils verwundet wurden. Eine Escadron Cavallerie ist von Brüssel dahin abgegangen, ja die ganze Garnison der Landeshauptstadt hat Befehl zur Marfebereits­­chaft erhalten. — Auf dem „Kriegsshauplage” in der Herzegowina und Bosnien rüsten sich beide Theile zu neuen Waffenthaten. Weder die jüngsten Ereignisse daselbst sind folgende Telegramme eingelangt : „Durch die Preisgebung der türkischen Truppen an die Witterungsunbilden sollen in Banjani bei 300 Mann ganz erfroren und mehrere Hundert mit erfrorenen Gliedern in Spitälern Nejib Pascha sein. Deshalb wurden telegrafisch Chevket Pascha, und Ali Bey zur Verantwortung nach Kon­­stantinopel abberufen. „Mit Hartnüdigkeit erhält sich das Gerücht vom bevor­­stehenden Einmarsche einer fremden Occupationsarmee in der Türkei von 40.000 Mann. — Die Proclamation der Rajahs an die Mohamedaner hat keinerlei Wirkung ausgeübt. Im Ge­­gentheil, diese haben begonnen, eigene Legionen zu bilden, die selbstgewählte Chefs haben werden, zum legten Blutstropfen kämpfen — Die Islamiten wollen bis wie sie in einer Adresse an den Großvezier betheuern“. — Ein Telegramm Mukthom Paschas aus Trebinje vom G. d. M. meldet: Die Truppen sind ohne Hinderniß in Trebinje behufs Ueberwinterung eingetroffen; die Ruhe ist überall hergestellt, mit Ausnahme der Gebiete zwischen Trebinje, Bileki, Gatschko, Sotska und der Grenze von Montenegro; der strenge Winter verhindert die Bewegungen der Insurgenten, bisherige Marineminister Riza Pascha — Der wurde zum Kriegsminister ernannt. — In Serbien spricht sich nun selbst das Organ der gegenwärtigen Regierung sehr kriegerisch aus. Es schreibt : „Die Macht existirt nicht, welche im Frühjahre Serbien und Montenegro von der Action zurückhalten könnten, und schließt : „Wir stehen vor dem Sturme, vor einem Orkan, welcher uns ohne Zweifel auf die Meereswogen unserer Pflicht und unserer Existenzbedingung hinausschleudern wird". “ Die Regierung beabsichtigt im Inlande ein freiwilliges Ansehen auszuschreiben, nachdem die Aufnahme einer Anleihe im Auslande gescheitert ist. — Soeben eingelangte Nachrichten von der spanisch­­französischen Grenze melden, daß die Truppenbewegungen für wohl auf alfonsistischer, als carlistischer Seite begonnen haben ; sie dürften aber durch einen starken Schneefall im Gebirge behindert werden. Don Carlos ist in Azpeitia angekommen, nachdem er die Stellungen seiner Truppen in Guipuzcoa ge­­mustert. Die Carlisten setzen noch in den letzten Tagen die Beschießung von San Sebastian fort. commandirende General Moriones hat Der in San Sebastian jeden Verkehr nach der französischen Grenze hin untersagt, um das Geheimniß seiner Operationen zu wahren. Reform der kaufmännischen Zahlungsweise­. Zur Besprechung dieses, bekanntlich durch die „Allg. Ztg.“ und die Augsburger Handels- und Gewerbekammer aus­geregten Themas fand am 14. v. M. in Frankfurt a. M. eine Versammlung statt, in welcher Hr. Leo Geiger einen Vorschlag entwickelte, der die auch von ihm anerkannten Mißstände auf anderem Wege als dem, übrigens schon von vielen kaufmänni­­schen Vertretungen als zweckmäßig gebilligten Wege der Liefe­­rung gegen Accept heilen will. Hr. Geiger erinnerte zunächst an die Nachtheile, welche namentlich denjenigen Geschäftsleuten, die zwischen der Production und der Consumtion die Haupt­­vermittler bilden, den Grossisten, aus der herkömmlichen Art der Regulirung erwachsen, indem der Grossist meist auf kurze Ziele kaufen und auf kurze Ziele verkaufen müsse, dadurch fahre sich sein Anlage-Capital fest und er sei über kurz oder lang genöthigt, mit fremdem Geld zu arbeiten , selbst aber auch dann, wenn die Regulirungen rast und durch paarsendungen er­folgten, so repräsentirten die hiezu nöthigen Manipulationen und directen Transportkosten, sowie die Zeit, während welcher das Geld spazieren gefahren werde, einen großen Verlust an Arbeit, Spesen und Zinsen. Eine theilweise bessere Einrichtung herrsche in England und Frankreich, gegen Accept verkauft werde, wo nur auf sehr kurze Ziele und dieses System hält Hr. Geiger jedoch erstens wegen des Contrastes mit dem deutschen Usus nicht für durchführbar, zweitens nicht für practisch, weil es in kritiscen Zeiten sogar zu großen Störungen führe, und drit­­tens bewirke es nur eine theilweise Mobilisirung der Buchs­­chulden, weil der Wechsel - Aussteller oft in die Lage gerathe, seinen Wechsel selbst einlösen zu müssen und deßhalb starke Reserven zu halten genöthigt sei. Hr. Geiger basirt auf die Thatsache, daß fast alle Städte mit einigermaßen bedeutendem Verkehr wechselseitige Verpflichtungen haben, ein Compensations- System, wodurch die Buchschulden mobilisirt, also todte Capi­­talien rentabel gemalt werden sollen. Das ist der Kernpunkt der entwickelten Ideen — eine Art Clearinghaus, dessen Wirk­­samkeit sich über das ganze Land ausdehnen müßte. Als nahe­­liegendes Beispiel führt der Redner die außerordentliche Erleich­­terung der Regulirung an, welche dur die Einrichtung des Collectiv-Scontro­ s an der Börse erzielt worden ist. Die Or­­ganisation betreffend, ging der Vorschlag des Redners dahin, nach dem Vorbild der Sculze-Delitsch'schen Genossenschaften ebensolche Circel vorerst an den größeren Plänen zu bilden, welche in einem Verhältniß von Agenturen, Commanditen, Fi­­­lalen zu­einander zu stehen hätten und deren Hauptgliederung in eine Centrale zusammen zu fassen sei. Die Details der Organisation­ können wir heute füglich übergehen, da dieselben kaum jeht schon discutirbar sind. Wir erwähnen nur noch, daß zur Bestreitung der Verwaltungskosten und zur Bildung eines Reservefonds eine kleine Einzahlung zu leisten wäre. Als den Hauptnutzen einer solchen Organisation bezeichnet der Redner folgende Punkte: In guten Zeiten führe es namentlich den kleinen Geschäftsmann dahin, seine flüssigen Mittel (die mit Ersparnissen nicht immer gleichbedeutend sind) sofort wieder auß­­bringend in seinem eigenen Geschäft anzulegen, anstatt gefähr­­lighe Speculations-Anlagen zu machen ; ferner werde jeder im Stand sein, seinen Vermögensstand jeden Augenblick genau zu übersehen ; Selbsttäuschung sei fast gänzlich ausgeschlossen, und in schlimmen Zeiten würden sich die Verluste verringern. Schließ­­lich sei auch für den allgemeinen Geldmarkt der Vortheil einer soliden Fruchtfich­ung von solchen Capitalien, welche seither todt gelegen haben, in die Augen fallend. Die Versammlung sprach sich als mit den Vorschlägen des Redners im Princip einver­­standen aus und beschloß dieselben drucken zu lassen und in einer Mitte Januar einzuberufenden größeren Versammlung zu discutiren. Jeder, welcher mit den Schwächen der jetzigen Regulirungsart und den Vortheilen des Clearing-Systems eini­­germaßen bekannt ist, wird die dee als eine ganz richtige ans erkennen müssen. Daß die Ausführung derselben wohl mit Scwierigkeiten verknüpft sein wird, läßt sich allerdings nicht verhehlen, aber es ist hier ein Gegenstand angeregt worden, welcher seitens des practischen Geschäftsmannes eingehende Wü­rs digung verdient, ; ;

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