Kirchliche Blätter, 1902. Mai -1903. April (Jahrgang 7, nr. 1-52)

1902-11-26 / nr. 30

­ 467 ie. 468 den Banden zu erfassen, strebe dich zu Jesus hin, mache dich auf, werde Licht, denn er will dein Licht sein! Er will dir geben, was du in diesem armen Leben braucht an geistiger Gabe, er will dir Sonne und Schild sein bis in die Ewigkeit hinein. Wer ihn rennt und liebt, für den verklärt sich die traurige Welt, er sieht schon hier etwas von der aufgehenden Herrlichkeit des Herrn. Hat er seine irdische Freude, so hat er die Hoffnung auf da, was sein Auge gesehn und sein Ohr gehört hat, und das Gott denen bereitet hat, die ihn Lieben.*) Tefeabend und Balkshücherei. Vortrag des Pfarrerd? ©. Lander im der Pfarrerversammlung vom 3. Dektober 1902 zu Schäßburg. | | | Wir lesen in Dr. Ernst Schulge’s „Freie öffentliche Bibliotheken, Boltsbibliotheken und Lesehallen“ über die | B Voltsbibliotheken der Siebenbürger Sachen: „Betrachtet man das Bolfsbildungswesen der Siebenbürger Sachsen und die damit erzielten Resultate in ihrer Gesamtheit, so kann man von seinem andern Gefühle als dem der höchsten Verminderung erfüllt sein: in der That sind die Siebenbürger Sachsen das gebildetste Volk der Erde. Analphabeten giebt es unter ihnen nicht, die Volksschule leistet Großartiges, und durch mannigfache Einrichtungen ist dafür gesorgt, daß das in der Volksschule erworbene Wissen und Können später nicht wieder verloren geht, sondern daß es vermehrt und erweitert wird zum offen­­baren Nußen des Einzelnen und der Stammesgemeinschaft, und Zunge, Männer und Frauen, die mitten im Leben der neuen­­ Zeit ein persönliches Verhältnis zum Christentum finden möchten, sind meine Gemeinde, an die ich in sieben oder acht Jahren ge­­kämen diese in Deutschland vielgelesenen und weit verbrei­­teten Andachten doch auch bei uns in die Hände von recht vielen Suchenden; sie würden daran sehen, wie der Christenglaube seine Aufgaben und Hoffnungen mitten in der Gegenwart hat, würden ihre Freude daran und großen Segen davon haben. — Die sie die Gesamtausgabe nicht anschaffen können, seien darauf hingewiesen, daß daneben auch noch die Heine Ausgabe besteht, bis jegt in sieben Ländchen zu je ME. 1.80 geb., ME. 1.40 Fart. —T. Dieses fernige, kraftvolle und tüchtige deutsche Bol weiß zu genau, daß es ein nationales Wortbestehen seiner anderen Ursache zu verdanken hat al­len großen Opfern, die e3 für seine Schule gebracht hat, weil diese Opfer nur e3 ermöglicht haben, daß alle seine Glieder von jenem (ebendigen Bewußtsein der Kulturgemeinschaft durchdrungen werden, das bei einem ungebildeten Volk überhaupt nicht zu erzielen ist. Die Erkenntnis dessen, was der Deutsche seiner Muttersprache verdanft, ist unter den Siebenbürger Sachen nicht nur als ein dumpfes Empfinden vor­­handen, sondern als ganz klares Bewußtsein. Nur weil er in seiner Bildung stets über den es umgebenden Völker­­sschaften gestanden hat, ist es diesem kleinen Häufchen deutschen Volkes, diesem vorgeschobenen Voten deutscher­­ Kultur möglich gewesen, sein Volfstum zu bewahren, und wenn er weiter festhält, an dem Gedanken, daß er nur die eifrige Pflege seiner Bildungsgemeinschaft retten kann vor dem Untergang im Magyaren- oder Nomänentum, | wird es wohl auch in Zukunft seine nationale Eigenart zu | bewahren vermögen — allen Bestrebungen der Magyaren | zum Troß, die den Wert dieses Volkes sehr wohl zu | schäßen wissen und es gerade deshalb mit aller Gewalt | mit sich vermischen wollen, während ihnen an der Ma­­gyarisierung der übrigen Wölferschaften ihres Landes nicht halb so viel Liegt. Daß die große Bewunderung, die ich für das Wolfs­­bildungswesen der Siebenbürger Sachsen hege, wohl gerechtfertigt ist, geht Schon aus einer oberflächlichen Ver­­gleichung des preußischen und des siebenb.-sächsischen Volfs­­schulwesens Hewor. Während die Durchschnittszahl der Schüler, die auf einen Lehrer entfallen, in Preußen 72 beträgt, beträgt diese Zahl für unsere Stammesbrüder am Fuße der Karpathen nur 38, also etwa die Hälfte! Auch ist ihre Schulpflicht ausgedehnter als die unjrige: sie umfaßt für die nahen 9, für die Mädchen 8 Jahre — zur­­ Vergleichung sei erwähnt, daß das staatliche ungarische Volksschulgefäß nur 6 Jahre vorschreibt. Außer­­ordentlich wichtig ist ferner, daß mit dem Berlassen der Volksschule die Bildungsjahre nicht zu Ende sind, denn­­ zunächst tritt die Fortbildungsschule in ihre Rechte, und wenn diese absolviert ist, giebt es für den Er­wachsenen eine große Reihe anderer Bildungsmöglichkeiten: Lese­­und Elternabende, Volfskonzerte u. dgl. mehr, woran sich Lehrer und Pfarrer eifrig beteiligen — und das nicht­­ etwa nur, weil e$ ihnen von Seiten des Landeskonfisie­­es mehrfach dringend empfohlen worden ist. Was­­ das alles heißt, das begreift sich erst dann so recht, wenn man nicht vergißt, daß die Sachsen nicht nur ihre Staatssteuern zahlen müssen — daß der magyarische­­ Staat sich aber hütet, davon ihre Schulen zu unterhalten, da sie eben deutsche und nicht magyarische Schulen haben wollen. Sie müssen deshalb ihre Schulen ganz aus eigenen Mitteln erhalten, — so daß auf den Siebenb. Sadhjen dadurch eine bedeutende Steuerlast liegt. Aber sie tragen­­ *) Aus: Gotteshilfe. Gesamtausgabe der Andachten aus den Jahren 1895— 1902, sachlich geordnet von Friedrich Naumann. Göttingen. Vandenhoed & Ruprecht. 1902. Gr. 8%. 611 ©. Preis geb. 6 ME. Wir haben unsre Leser schon wiederholt auf Naumanns Andachten Hinge­wiesen. Da sie nun in einer Ge­­amtausgabe er­­schienen sind, sehen wir uns angenehm veranlaßt, nochmals auf sie aufmerksam zu machen. Durch die obige Probe daraus möchten wir recht viele dazu reizen, sich das ausgezeichnete Buch anzu­schaffen, da­ insbesondere auch eine willkommene Gabe unter dem Christbaum sein wird. Für wen Naumann geschrieben, das drüht er selbst im Vorwort mit folgenden Worten aus: „Ich dachte immer, schreibt er, an die, denen es schwer ist, Ch­rist zu sein. Zu ihnen und mit ihnen habe ich geredet. Sie sollen die Empfindung Haben, daß jemand neben ihnen sigt, der ihrem eigenen Suchen nicht als Fremdling gegenübersteht. Alte schrieben habe.”

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