Kirchliche Blätter, 1910 (Jahrgang 2, nr. 1-53)

1910-11-26 / nr. 48

807 ° — . weihungbar erst acht Tage später stattgefunden— wurde der Gottesdienst im Saale der Lehrerpräparandie abgehalten,der diesmal überfüllt war.Auch hier be­­grüßte vor dem Eingang der reformierte Stadtpfarrer den Bischof in sehr herzlicher Weise,der in magyarischer Sprache erwiderte.Nach der Ansprache des Reife­­predigers über Lukas 10,27ff.predigte der Bischof über 1.Corinther 13,13:»Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung,Liebe,diese drei;aber die Liebe ist die größeste unter ihnen.«Jahrhunderte,ja gewiß Jahr­­tausende schon jähe die Burg vom Felsen ins Tal herab. Bölfer, von denen wir nicht einmal den Namen wüßten, hätten Die ersten Steine getürmt. Sie seien spurlos untergegangen. „Die Welt vergeht mit ihrer Luft.“ Hier unten aber erneuere sie das Leben immer wieder und mitten darin stehe nun die neue Kirche und ihr Turm zeige nach oben, um die Seelen vom Vergänglichen auf das Unvergängliche, Bleibende hin­­zuweisen. „Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung, Liebe.“ &3 bleibt der Glaube. Er sei nicht zu verstehen als ein Fürwahrhalten vorgesprochener Säße, sondern er sei die volle Hingabe der Menschenseele an den Heiland. Solcher Glaube Lebte in den Herzen der Besten alter und neuer Zeit. Ohne diesen Glauben künne nichts unter uns Fertigkeit gewinnen. — 3 bleibt die Hoff­­nung. Sie sei der Engel, der den Menschen be­­gleite von der Kindheit bis ins Alter. Wir wären verloren, wäre sie nicht unter Stab und Trost. Sie sei der Leitstern derer geb­eten, die nicht von der Väter Zeit her in dieser Stadt lebten, sondern gekommen seien, Heimat, Beruf, Einkommen hier zu gewinnen. Aber es gäbe auch eine höhere Hoffnung, die Paulus im Auge habe, wenn er die Hoffnung in eine Reihe stelle mit dem Glauben, die Hoffnung auf das Kommen des Reiches Gottes. Aus der Tiefe sei die Menschheit emporgestiegen. Es gehe vorwärts. Das Reich Gottes komme. Und es bleibt die Liebe und sie ist die größte unter ihnen. Sie fenne jeder, dem ein treues Vater­­auge geleuchtet, ein treues Mutterherz geschlagen, der, das Heil suchend, einen Hausstand sich gegründet habe, der dem barmh­erzigen Samariter gleich Hilfreich dem Mitmenschen, ein Bruder dem Bruder, genaht. Der Glaube hoffe eine höhere und h­öchste Offenbarung, die Hoffnung müsse immer wieder neu werden, wo die Liebe er,­gebe es seine Steigerung. Sie sei die größte. Das sei ein Dreiklang, wie er gewaltiger nicht töne in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, die Menschheit müsse dem Apostel dankbar sein, der ihn angeschlagen habe. Der Herr regte die Gemeinde, in der er forttöne. Unter Führung des Baumeisters — der refor­­mierte Pfarrer leitete selbst den Bau — wurde die schön ausgestattete Kirche besichtigt, die in ihren Farben geradezu freudig hell, so gar nichts Zalvinisch-puri­­tanisches an sich hat. „Sie ladet den Pilger zum Beten ein.” Im Hause Schumanns fand noch eine Besprechung mit den vollzählig versammelten Hausvätern statt, in der gemahnt wurde, in der Familie dafür Sorge zu tragen, daß das evangelische und deutsche Bewußtsein lebendig bleibe. Die Kinder sollen hineinwachsen in die Traditionen des Elternhauses, denn sie sind in der fremden Umgebung der größten Gefahr ausgelegt. Wo aber Vater und Mutter ihre Schuldigkeit tun, bleiben auch die Kinder der evangelischen Kirche er­­halten. Schon stand das Peiergespann von Boiza und die andern zur Abholung erschienenen Wagen vor der Tür, und die achtunggebietende Größe des Herrn Kurator und regierenden Bürgermeisters von Boiza ließ es nicht übersehen, daß es höchste Zeit sei, auf­­zubrechen, um noch rechtzeitig zum Bankett einzutreffen, das den abwechslungsreichen Tag frönen sollte. Auch Devaer Gäste schlossen ich an. Und fort ging es von den neu gewonnenen Freunden zu Denen, die noch warteten, fort ins Unbekannte, aber unter der Führung und in Begleitung treuer Männer. Der Mond stand über der Miereschebene und lag auf den Ruinen der hohen Burg. Im Dunkel der Ferne wartete das Erz­­gebirge der Kommenden. Die große eiserne Mieresch­­brücke bei Maros-Solymos gab die streng nördliche Richtung nach dem Ziele, die zunächst zwar noch ein­­mal mit der westlichen vertauscht, am Eingang ins Seitental aber wieder aufgenommen wurde In abendlicher Ruhe lagen die Orte (Burjanfalva, Kecske­­daga, Nyavalyasfalva, Füzesd), Durch die der Weg führte. Nur hie und da kam eine Kutsche entgegen, deren Pferde mit zahllosen Glöck­en behangen waren. NRomanische Pfarrer fehrten von einem Kirchweihfeste heim. Plöglich Frachten, gewaltigen Widerhall wehend, von den Höhen zur Rechten Böllerschaffe Ein im­­postanter Triumphbogen war über die Straße gespannt, von dem in rotglühender Schrift der Bergmann­sgruß „Sind auf!“ entgegenleuchtete, und dahinter erglängte im bliendenden Lichte elektrischer Leuchtkörper ein großes Haus. Wir waren in Stecsu­eid beim Wochwerk des Goldbergwerfbefigers Herrn Zeibig. Wenn auch nicht persönlich anwesend, begrüßte er doch den hohen Gast hier, wo er den Fuß auf seinen Grund und Boden seßte. Hier verdolmetschten nur die Dinge den Gruß ihres Herrn, in Boiza, das bald erreicht war, fehlte er auch nicht an Menschen. Wiederum stand da ein Triumphbogen, wie ihn nur zarte Mädchenhände für einen lieben Gast so schön schmücken fannen, trog dem die bösen Tannennadeln so arg stechen. Wie doch alle Geheimnisse verraten werden! Rechts strahlte das Direktionsgebäude mit helleuchtenden Fenstern. Un­­zählige Grubenlichter beleuchteten die fat düstern Ge­­stalten ihrer Träger. Und dann wurde auch von be­­redtenm Munde ausgesproc­hen, was vom Triumphbogen herableuchtete, daß Boiza den Herren Bischof willkommen heiße. Kurator Frohmedger hielt die Begrüßungsrede und die Tochter des Hauf­es Wallentin überreichte mit schönen Worten einen Blumenstrauß. Wie der Bischof dann in solchen Momenten spricht, das muß man eben hören. Das Haus Wallentin empfing den Bischof als hoch­­willkommenen Saft. Die Begleitung erfreute sich im Direktionsgebäude der unbegrenzten Gastfreundschaft des Herrn Zeibig. Ein Blid aus dem Fenster zeigte die im Mondlicht nahe gerad­en Berge. Und bald flinteten durch das offene Fenster die getragenen Klänge­­ 1 a

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