Kirchliche Blätter, 1912 (Jahrgang 4, nr. 1-52)

1912-10-26 / nr. 43

. Kirchliche Blätter S « Verlag: a aus der ev. Landeskirche FB. z. 5eorert, Sermantar be­en in ven siebenbürg. Landesteilen Ungarns Ausland: Der Raum einer einspaltigen Iuhalt: Zum Gedächtnis an Michael Weiß. — Schulpolitik der Reformierten. — Wie können wir die Abendmahle­­feier anziehender gestalten? (Fortlegung.) — Nachrichten aus Nah und Fern. — Bücherschau. — Amtlicher Teil. — Anzeigen. Bezugspreis; Lanzjahr. ME 10, halbj. ME 5 Grscheint jeden Sonnabend Ar. 43 Ev. Wochenschrift fü­r die Glaubensgenosen aller Stände Petitzeile kostet bei einmaligem Einrücen 20 Heller, bei jedem weiteren Einrücken je 15 Heller IV. Jahrgang Hermannstadt, den 26. Oktober 1912 . Insertionspreis: Zum Gedächtnis an Michael Weiß: „Lene verrasen sich auf Wagen und Roffe, wir aber auf den Namen des Herrn, unsers Gottes. Sie sind niedergestürzt und gefallen; wir aber stehen auf­gerichtet." (Psalm 20, 8—9). Liebe Gemeinde! Ein schweres Jahr, dies Jahr 1912. Wir müssen durch Sluten des Wassers gehen. Der Regen, in den vor­­hergehenden Jahren der Dürre ersehnt, ist uns zur Plage geworden. Euere Arbeit auf dem Felde ist diese Iuschrift eine Leife Aenderung der verlesenen Schriftstelle, die wohl Weiß gemacht haben dürfte. Unter den Schein des Psalmwortes wollen wir zuerst der Väter Not stellen. Sener verließ sich auf Wagen und Rosse. Im Jahre 1612 hielt der Fürst einen Landtag in Hermannstadt und forderte von den Ständen die Mittel zur Bezwingung der „ver­­räterischen“ Kronstadt. Die Stände suchten ihn zu besänftigen und wiesen auf die bisherige Treue dieser Stadt hin. Man einigte sich dahin, Abgesandte des Landtages nach Kronstadt zu fch­den, die zum Frieden reden sollten. Im Juni waren sie dort. Der Stadtrichter ließ am 7. Juni alle Bürger in der großen Kirche versammeln. Gedrängt standen da die hartgeprüften und festentichloffenen Männer. Feierlich und schwer war es ihnen zu Mute. Da ergriff der Stadtrichter das Wort: Der Fürst und Landtag haben uns diese angesehenen Ehrenmänner geschieft mit einer wichtigen Botschaft. Höret sie und entscheidet nach bestem Wissen und Gewissen! — Nun sprachen die Boten: Z­wischen dem Fürsten und dieser Stadt ist es zu bitterem Zwiespalt gekommen. Der Fürst will Frieden machen, wenn die Stadt ihn anerkennt. Darum bitten wir euch um einetwillen um gute Antwort. Wollt ihr Gabriel Bathori als euern Fürsten wieder anerkennen oder nicht? Antwortet: ja oder nein! Das war ein entscheidender, schwerwiegender Augenblick, wie das Hohe Gewölbe der schwarzen Kirche wenige gesehen haben mag. Von ihm tanten in das Herz der Bürger leise hernieder der Väter fromme Lieder vom heiligen Troß des Gottver­­trauens, die sie hinauf gesungen. Aus den Denk­­mälern, die den treuen Führern der Stadt dort er­­richtet waren, Hange von Hingebender Treue an das Vort, von Hohem Freiheitssinn und der Väter Heldenmut. Aus den Bassionsbildern des Herrn, die die Wände schmücten, klang das Lied von der Liebe zu den Brüdern, zu dem Evangelium, das Lied der Liebe ohne Gleichen! Kronstadt war allein noch übrig geblieben als Stüße deutscher Art, als „wir auf den Namen des Herrn. 1612.” Es ist­­ Burg evangelischen Glaubens. Fiel es, ergaben sich Predigt, gehalten Sonntag, den 20. Oktober 1912, in der Kirche zu Heldsdorf von Johannes Reichart, euch doppelt und dreifach erschwert und die einge­ernteten Früchte sind vielfach minderwertig geworden. Ein schweres Jahr für uns! Wie schwer und hart mag erst jenes Jahr für unsere Väter gewesen sein, an das uns der lebte Mittwoch (16. Dft.) erinnert Hat, da Jahr 1612! Dieses Jahr hat noch viel furchtbarer auf dem Burzenlande, ja auf dem Baterlande gelastet. Und diese schwere, harte Last hat ihm der „Vater des Baterlandes“, der eigene Fürst, Gabriel Bathori, aufgebürdet. Ac­htzehnjährig war er 1608 auf den Thron gekommen: Hug, reich, schön, sittenlos, stolz, ehrgeizig, Herrschsüchtig, Gefeß und Gewissen ver­­achtend, gottlos und meineidig. Damals empfand unser armes Vaterland die schärfste Rute, mit der Gott ein Volk züchtigen kann: „Ich will ihnen Sünglinge zu Fürsten geben und Kindljche sollen über sie Herrschen“. (ef. 3, 4). 1610 Hatte der Zürst, der die Sachssen vernichten wollte, wider Recht und Eid mit List und Gewalt Hermannstadt eingenommen. Im Jahre darauf verwüstete er untern Heimatgau, um Kronstadt dasselbe Schicsal zu bereiten. Da es ihm nicht gelang, rief er im Februar 1612 die drei Völker des Landes gegen die einzige Stadt. Des Erfolges sicher, ließ er schon die Siegesmünze prägen. Auf des Stadtrichters Michael Weiß Veranlassung prägten die Kronstädter auch eine Münze. Auf der Vorderseite enthielt sie in einem Kranze das Wort: „Er verläßt sich auf Wagen und Roffe“; auf der Rückseite Kronstadts Wappen und die Umscrift:

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