Kirchliche Blätter, 1916 (Jahrgang 8, nr. 1-44)

1916-11-25 / nr. 39

3. . A­­­u —­ 316 —­ ­ 8 franz Jolef I. + An 21. November 9 Uhr 5 Minuten it Seine­ Majestät unser geliebter König verschieden. Das aus Millionen von Herzen so oft zum Himmel emporgestiegene Gebet, sein teures Leben bis an die äußersten Grenzen des menschlichen Alters uns zu erhalten, hat wohl der Allgütige in Gnaden­­ erhört. Aber nur mit aufrichtigem Schmerz, wenn auch in aller Demut, finden wir uns­­ darein, daß Gott den erhabenen Seren ab­­berufen hat, ehe er sich dessen freuen konnte, daß ein ehrenvoller Friede seinen Völkern wiedergegeben ist, was wir während des Krieges in jeder An­­dachtsstunde erfleht haben.­­ Nach einem ebenso prüfungs- wie arbeits­­reichen Zeben ist nun Seine Majestät zum ewigen Frieden eingegangen. Sein Name gehört nun hierie den der Weltgeschichte an. Sie wird ihm gerecht werden. .Unsere­­ evangelische Kirche im allgemeinen und unsere Bolfsfiiche im besonderen wird feiner stets in tiefster, innigster Dankbarkeit gedenken. Treue um Treue, so galt es stets zwischen ihm und uns, und unvergessen wird allezeit in unserem sächsischen Volke die besondere Huld und väterliche Fürsorge bleiben, deren auch­­­ieser Träger der Stefanskrone es stets wert gehalten hat. Mit dem Beiste der Frömmigkeit und Gottes­­furcht, des lebendigen Nechtsgefühls und des stand­­haften Ausharrens, bis die große Stunde schlägt, deren wir warten, erfülle der König der Könige nun auch seinen Nachfolger und dessen Näte und segne unser Vaterland und all dessen Söhne, Die heute um den vielgeliebten Herrscher trauern. Heilige Heimat. .., denn der Ort, da du auf stehest, ist ein heiliges Land. 2. Moi. 3, 5. Nun sind die Tage der Schreden vorüber. Barüber auch der Jubel der frohen Heimkehr. Das eben des Alltags verlangt sein Recht. In ge­wohntem Takt geht wieder Arbeit und Beruf. Wie weit liegt schon hinter uns, was unsere Geele durch­­bebte und erhob! Nur eines­­ läßt sich nicht über­­deden und verdrängen. Immer wieder, wenn Der Blick über die Häuser und Türme der Stadt gleitet, oder hinüber zu den Bergen, die in unwunderbarem Spätglanz schimmern, geht es wie ein Lichtstrahl über unser Antlig: Heimat! Heilige Heimat! Wie Haben wir dich jegt erst Lieben gelernt! Wie willfen wir fest erst, was du ung bist! Und in der Tat. Wir ertappen uns oft und oft darüber, wie manches hübsche Bild, das uns Die Baterstadt bietet, uns bisher entgangen, wie mancher Pla und Straßenzug in seiner edel geschwun­­genen Linie, in seinem traulichen Bogen uns freund­­lich grüßt. Das ist doc alt und echt. Und wie über einem altererbten Schmucktüd ruht unwohlge­­wohlgefällig stolz unser Auge darauf. Worte der Mederraschung, der Anerkennung schlagen an unser Ohr. BV­iele Fremde Hat der Krieg in die Stadt, in unsere Heimat gebracht, weitaus die meisten zum erstenmal. Sie hatten schon vieler Herren Länder besucht. Hier staunen und rühmen sie. Sie hatten ein ödes Land, armselige Dörfer und Hütten erwartet, wie sonst, wohin sie die Kriegs­­rurie geführt. Und nun, welch herrliches Land ! Groß der Zug der Berge, Tieblich die Täter, gesegnet der Mekerboden der Ebene, tiefblau der Himmel. Und in den Dörfern und Städten — sie können es nicht oft genug wiederholen — eine alte Kuftur, nicht oberflächlich raich eingeheuchelt, sondern wurzelecht, bodenständig, seit Jahrhunderten erar­­beitet, durch Schweiß und Blut. Wie staunen sie über die Schmucken Dörfer mit der wehrhaften, statt­­lichen Riichenburg! Und wir Hören gerne Hin, wie sie rühmend verständig die engen Gafsen und stillen Pläge der Stadt fennzeichnen: als vornehme in sich geschlossene Eigenart. Wie wohl das und tut! &3 ist unsere Heimat, die sie rühmen. Und noch mehr. Unser Herz schlägt höher, da wir täglich in den Blättern die Namen unserer Städte, Dörfer, Berge lesen. Unsere Heimat steht heute im Mittelpunkt des Weltgeschehens, wie noch nie, seit diese Berge feuchten. Von dem, was hier erreicht wird, vom Sieg, den wir in unsern Bergen erfechten, hängt vielleicht die Entscheidung im großen Weltkampfe ab. Entflammt an allen Eden und Enden der alten Welt sol­lier vielleicht die Kriegg­­fadel in feßter Stärke auflehen und dann verlöschen. Das Opfer, das gerade unsere Heimat an Leben und Gut bringen mußte, wie schwer e J ung auch dünkt, wird reichlich, überreichlich gelohnt werden, da hier der Feind an seiner Blöße gepadt und so die legte Entscheidung eingeleitet werden soll. Sieg und Frieden mag dann für alle Zeiten an den Namen unserer Heimat sich knüpfen. In Stiller Andacht falten wir die Hände. Wie groß, wie stolz bist du uns geworden! Heimat! Heilige Heimat! * * Doch wie? Ist uns die Heimat nur über Nacht und Tag heilig geworden? Durch die Angst, die wir um sie getragen? Durch das Große, das in ihr geschah ? Wird und, wenn wieder die Stunden still an,uns vorübergehen, in den Tagen des Frie­­dens, wenn wir wieder unbeachtet am Rande der Welt bleiben, die Heimat weniger teuer, weniger heilig sein, als sie ung fest im Herzen steht? Wir gedenken des schlichten Dichterwortes, das und in Schülertagen nachdenflich stimmte und für einen Augenblick den jugendlichen Uebermut ver­­stummen ließ: „80 dir Gottes Sonne zuerst schien, wo dir die Sterne des Himmels zuerst leuchteten, wo feine Blige dir zuerst feine Allmacht offenbarten und feine Sturmwinde dir mit Heiligen Schreden durch die Seele brauften: da ist deine Liebe, da ist dein Baterland. Wo das erste Menschenauge sich liebend über deine Wiege neigte, wo deine Mutter dich zuerst x

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