Kirchliche Blätter, 1931 (Jahrgang 23, nr. 1-53)
1931-01-15 / nr. 3
Bezugspreis: Inland: ganzjährlich Lei 500.—, halbjährl. Lei 250 —. Ausland: ganzjährl. Mark 15 °—, Dollar 3:50. Preis einer Einzelnummer 10 Lei, Erscheint jeden Donnerstag. de Blätter er ev. Landesficche A. DB. Berlag: De SE und Bezugsanstalt d ev. Bandesfiche A.B. n Rumänien, Hermannstadt. SInfertionspreist Die eingespaltene Nonpareillezeile oder deren Raum Lei 12.—, bei größeren Aufträgen Nachlaß. Nummer 3 in Rumänien Evangel. Wochenschrift für die Glaubensgenossen aller Stände Hermannftadi, 15. Januar 1931. XXIU. Sahrgang Snhalt: Nothilfe, Erhaltungshilfe, Mehrungshilfe. — Wir glauben. — Aus dem Leben der ev. Stadtpfarrgemeinde Kronstadt. — Kirchen- und kulturgeschichtliche Beiträge. 1. (Alte Gebräuche im Reußmärkter Stuhl.)— Ueber die Heilung „Stimm- und Sprachkraner”. — Nachrichten aus Zeit und Welt. — Bücher- und Zeitschriftenschau. — Amtlicher Teil. — Anzeigen, Nothilfe, Erhaltungshilfe, Mehrungshilfe. Von Dr. Heinrich Siegmund. Der oft angewendete Vergleich eines Volkes mit einem Menschen ist in vieler Hinsicht falsch. Gesellschaftslehrlich erst recht, denn da erinnert der Wolfskörper viel eher an einen kaum gegliederten Zellhaufen ohne besondere Körperwerkzeuge als an ein höchst verwicelt gebautes Lebewesen. Immerhin kann er, mit starrer Einschränkung gebraucht, von außen sein. Die folgende Ausführung sol das dartun. Nehmen wir an, ein Jüngling leide an einem Magengeschwür, das soeben durchgebrochen ist, sodaß der Mageninhalt in die Bauchhöhle zu fließen droht. Erfahrungsgemäß kann die in den ersten folgenden Stunden vorgenommene Bemühung der Geschwürsöffnung Rettung vor dem sicheren Tode infolge Bauchfellentzündung bringen. Der blutige Eingriff bringt also Hilfe in höchster Not, die aus dem Geschehen weniger Augenblidke entstanden ist. Doch der Arzt bleibt bei dieser Nothilfe nicht stehen. Das rasch vernähte Geschwür kann nach einiger Zeit wieder durchbrechen. Auch können sich an anderen Stellen der Magenwand neue Geschwüre bilden, die vielleicht gleichfalls zum Durchbruche kommen. Es wird daher der blutige Eingriff erweitert werden, indem der erkrankte Teil der Magenwand ganz herausgeschnitten oder zwischen Magen und Dünndarm eine fünftliche Verbindung hergestellt wird. Gleichzeitig sett die Behandlung des Blutverlustes, der Entkräftung und Erschöpfung ein. All diese Maßnahmen dienen der Erhaltung des Lebens. Sie sind Erhaltungshilfen, die sich an die Nothilfe anschließen. Doch wir haben laut unserer Annahme einen noch unausgewachsenen Mann vor uns, der nach seiner Heilung auch weiterhin gesund bleiben, also vor dem Wiederauftreten von Magengefhchren möglicht gefehtigt werden sol. Darüber hinaus soll er befähigt werden, als lebenstüchtiger Mensch dem unausbleiblichen Kampf ums Dasein gegenüber zu stehen. Alle dieser Aufgabe dienenden Maßnahmen, deren Ziel eine dauernde und durchgreifende Kräftigung des Genesenen ist, sind Mehrungshilfen. Das Heranwachsen zu voller Lebenskraft feßt das Weben und Erschließen aller erblich gegebenen Anlagen und die ständige Anpassung an die Umgebungsverhältnisse voraus. So bedeuten Rothilfe, Erhaltungshilfe und Mehrungshilfe drei Stufen des heilenden Vorgehens, von denen die höhere die tiefere mit umfaßt und steigend immer weiter vorgreifende und vorschauende Ziele hat. Auch das Gefüge der Umstände, die dabei mitspielen, wird stufenweise immer verwickelter und umfassender. Schließlich kommt die ganze große Heilkunft mit all ihren vielgestaltigen, auf alle Lebensverhältnisse unseres Jünglings passenden Mitteln in Frage. Hatte die Hilfe der ersten Stufe ein einzelnes, allerdings lebensgefährdendes Übel zum Gegenstand, so erweitert sich, die Hilfe der zweiten zur dauernden Abwehr dieses einen Übels und auf der dritten Stufe zur Entwicklung der vollen Lebenstüchtigkeit. Es erfordern nun auch solche Lebensgefahren unsere Aufmerksamkeit, die auf den beiden ersten Stufen noch gar nicht oder nur ganz nebenbei auftreten. Die Gefahrenlage unserer Landeskirche erfordert zu ihrem vollen Verständnis eine gleichfalls dreistufige Gliederung. Hiebei muß allerdings die Lebensverknüpfung zwischen Kirche und Volk als gegeben angenommen werden. Auf der ersten Stufe handelt es sich um die Linderung der allerärgsten Schwierigkeiten, wie sie insbesondere durch Zerrüttung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der die aus ihr hervorquellenden, teils erzwungenen, teils gewollten dürftigen Kirchensteuereingänge hervorgerufen worden sind. Besonders die Gemeinden mit für die Kirchen- und Schuleinheit ungenügender Fallungskraft — es sind das leider nicht wenige — und darunter selbstverständlich die allerkleinsten, auch sonst in schwerer Lebenslage befindlichen sind auf augenblldliche Unterstüßung angewiesen. Diese Nothilfe muß aus den vorhandenen Beständen der kirchlichen Kassen, aber auch mit aus anderen Quellen fließenden Geldmitteln geleistet werden. Gieht sie der Staat, wie behauptet wird, zu einer „weiteren Kürzung der Beiträge für Pfarrer und Lehrer” genötigt, so müssen wir erst recht die Zähne zusammen beißen. Der stiefmütterlichen Elendbehandlung durch die Staatsleitung wollen wir den Sproß entschlossener Lebensbejahung entgegenlegen.st das Ziel der Nothilfe die Deckung der allerdringendsten Ausgaben, so das der Erhaltungshilfe die Erhaltung von Kirche und Schule Auch hier handelt es sie um Zeistungen, die über die Kräfte des Alltages hinausgehen. Sie sind aber notwendig und unentbehrlich, denn sonst wären auc