Literarische Berichte aus Ungarn 2. (Budapest, 1878)

4. szám - III. Eugen Abel: Die Bibliothek des Königs Matthias Corvinus

558 DIE BIBLIOTHEK DES KÖNIGS MATTHIAS CORVINUS. und moderner Autoren aller Fächer zu kaufen, theils durch die bewährtesten Copisten verfertigen und dann viele derselben durch die berühmtesten Meister, wie Attavante degli Attavanti und Gherardo mit prachtvollen, oft Jahre lang dauernde mühevolle Arbeit erfordernden Miniaturen schmücken zu lassen. Die in die­ser Beziehung entwickelte rastlose Thätigkeit Ugoletti’s brachte dem Könige den meisten Buhm ein und lenkte die allgemeine Aufmerksamkeit erst recht auf ihn. Es arbeiteten in Florenz für seine Bibliothek nicht vier Abschreiber, wie man es dem ganz unzuverlässigen Brassicanus noch immer nachzubeten pflegt, son­dern so viele, dass nach Matthias’ Tode die Curse der Hand­schriften um ein beträchtliches fielen, da die zahlreichen Abschreiber in Florenz nicht mehr genügende Beschäftigung fanden; und was das besagen will, kann man unschwer dem Um­stande entnehmen, dass man im kleinen Mailand schon um die Mitte des XIV. Jahrhunderts vierzig professionelle Abschreiber zählte, und dass zu Matthias’ Zeiten einer der zahlreichen Buch­händler des berühmten Bücheremporiums Florenz, Yespasiano da Bisticci, für blos einen seiner nicht weniger zahlreichen Kunden, Cosimo de’Medici, mit fünfundvierzig Abschreibern arbeitete. Doch waren auch die von Matthias und seinen Agenten erzielten Besul­­tate den gemachten Anstrengungen und Ausgaben entsprechend wahrhaft grossartig. — In der Ofner Festung, wo sich ausser der Corvina noch zwei kleinere Bibliotheken (vielleicht Handbiblio­theken oder auch die frühere königliche Bibliothek) befanden, hatte Matthias neben der Capelle des h. Johannes seiner, auch fremden Gelehrten zugänglichen und von den Bibliothekaren Taddeo Ugoletti, Bartolomeo Fonté und Felix Bagusinus, viel­leicht auch Marzio Galeotti verwalteten grossartigen Bücher­sammlung, deren Bändezahl von früheren Schriftstellern auf 50,000, ja 55,000, von neueren mit Berücksichtigung italienischer Bibliotheken aus jener Zeit, auf 9000—10,000 und noch wahr­scheinlicher auf 5000 Bände berechnet wird, ein aus einem Saale, später aus zwei Sälen mit Vorzimmer bestehendes Gebäude errichtet. Eine Beschreibung der in dieser Bibliothek herrschen­den Pracht können wir uns füglich erlassen; der auf die Corvina gerichtete epische Panegyrikus des Naldus Naldius hat sie so ver­herrlicht, gleichzeitige und spätere Schriftsteller haben mit sol­chem Nachdruck auf sie hingewiesen, dass sie fast sprichwörtlich geworden ist. Leider sollte diese ganze Herrlichkeit nicht lange dauern; — bald nach ihres Stifters Tode begann die Corvina nach allen Seiten hin verstreut zu werden. In dem Vertrage, welchen der Kronprätendent Herzog Johannes Corvinus noch im Jahre 1490 mit den Beichsständen schloss, wurde ihm die Festung Ofen zwar

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