Acta Litteraria Academiae Scientiarum Hungaricae 11. (1969)

1969 / 1-2. szám - Bibliographia - Nacsády József: Nagy Miklós: Jókai

Bibliographie! nicht abgeschlossenen Monographien Pető­­fis von Pál Pándi und Aranys aus der Feder Dezső Kereszturys mit besonders leb­haftem Interesse dem Jókai-Bueh Miklós Nagys zu, das gleichfalls den ersten Teil einer vor dem Abschluß stehenden umfas­senden Studie bildet. Die Einleitung zum Buch umreißt genau die Ziele des Verfassers. Ähnlich János Horváths Petőfi-Monographie will auch er aufgrund ästhetischer Kriterien die Lauf­bahn dessen zeichnen, den er zum Gegen­stand seiner Abhandlung gewählt hat. Ob­wohl er sich hierzu auch biographischer Angaben bedient, übt auf ihn die Theorie der Kunstgattung, oder wie er selbst er­klärt, »in engerem Sinn die Poesie des Romans weit größere Anziehungskraft aus, als das psychologische Studium oder die Sammlung biographischer Angaben«. Und trotzdem einige Sätze der Einleitung das Interesse des Lesers auch für andere, bisher noch kaum untersuchte Tätigkeits­gebiete in Jókais Lebenswerk (Novellen, Publizistik) wecken, bleibt der Verfasser dennoch streng konsequent. Indem er seine ganze Aufmerksamkeit auf die Be­schäftigung mit den schon bisher am ein­gehendsten besprochenen Romanen der Jókai-Literatur konzentriert, entscheidet er sich für den »steilen Weg«, könnte er doch durch Einbeziehung der bislang in der Tat kaum gewürdigten Kunstgattungen in das Blickfeld der Literaturgeschicht­schreibung mit weniger Mühe wirksamere Erfolge erzielen. Gewiß stand Miklós Nagy schon die kritische Ausgabe des Jókai- Romanzyklus zur Verfügung, die nicht nur unsere bisherigen Kenntnisse über die Romane selbst zusammenfaßt, vielmehr auffallend viele biographische, entste­hungsgeschichtliche und solche weitere Angaben enthält, die auf Jókais Arbeits­methode und eigenartige Verwendung be­stimmter Motive verweisen und somit die Voraussetzungen zu einer Neubearbeitung des gesamten Fragenkomplexes der Jókai - Romane schaffen. Trotz gründlicher Kennt­nis dieses Materials, dessen er sich nach sorgfältiger Selektion bedient, läßt sich Miklós Nagy nicht von dem sich selbst vor­gezeichneten Weg abbringen und für sein Buch ist in jeder Beziehung ein strenges Maßhalten, ein unbeirrtes Festhalten an dessen thematisch ungrenzter Aufgabe bezeichnend. Getreu den Überlieferungen monographi­scher Bearbeitungen gliedert sich das vor­liegende Werk in zwei Hauptteile: eine chronologisch fortschreitende Analyse des behandelten Zeitalters (den »Längsschnitt«) und eine daran anschließende Zusammen­fassung der für diese Zeitspanne charakte­ristischen Merkmale in Jókais epischem Schaffen (den »Querschnitt«). Diesen beiden Hauptteilen schickt der Autor ein kurzes Kapitel voran, in dem er das menschlich­­künstlerische Porträt Jókais mit der offen­kundigen Absicht umreißt, den Lesern die Grundzüge der Persönlichkeit Jókais in Erinnerung zu rufen. Dieses abgerundete Porträt weist natürlich über die zeitliche Grenze des Jahres 1868 hinaus. Einer der­artigen Charakteristik, der notwendiger­weise etwas von stehenden Bildern anhaf­tet, bieten die an bestimmte Schaffens­perioden geknüpften Einzelanalysen der Entwicklung und Wandlung der in ihren Grundzügen und der schriftstellerischen Veranlagung dem Wesen nach gleich­bleibenden Persönlichkeit von vornherein wenig Raum. Andernteils wissen wir, daß der Äutor sein begonnenes Werk fortzu­setzen beabsichtigt, daß sich somit das hier vorweggenommene Porträt zugleich auf den Romancier des in Vorbereitung be­findlichen zweiten Teiles bezieht. Auch kann eine solche Bildnis-Skizze der schrift­stellerischen Persönlichkeit zweifellos nicht auf deren individuelle Bekenntnisse ver­zichten. In Jókais Lebenswerk finden sich von den 1880er Jahren an weit mehr Selbstbekenntnisse und memoirenhafte Rückerinnerungen als vor diesem Zeit­punkt. Das dürfte der Grund dafür sein, daß unser großer Erzähler dem Leser in diesem vorangeschickten Kapitel vielleicht etwas gealterter und zugleich kindlich un­bekümmerter, mit einem ausgeprägteren Hang zum Irrationalismus entgegentritt, als ihn uns Miklós Nagy anläßlich der Analyse seiner in den folgenden Kapiteln besprochenen besten Werke schildert. In den ersten Kapiteln des »Längs­schnittes« gibt der Autor eine knappe, treffende Charakteristik der träumerisch­launenhaften, die romantischen Schablonen mit verblüffender Hemmungslosigkeit be­nützenden künstlerischen Haltung des am Beginn seiner schriftstellerischen Laufbahn stehenden Romanciers, sowie der seiner Begabung innewohnenden Grundzüge. Be­sonders viel neue Aspekte erschließt Miklós Nagy in der Analyse der komposi­tioneilen und sprachlich-stilistischen Ver­suche des jungen Jókai. Mit nüchterner Strenge urteilt der Verfasser über die Ein­fältigkeit und die Übertreibungen des An­fängers, geht aber zugleich mit Umsicht und Gewissenhaftigkeit jenen in den Früh­werken enthaltenen Ansätzen, Einfällen und Anschauungselementen auf den Grund, die später nach mehr oder weniger ausge­prägten Wandlungen zur Entfaltung ge­langen und die rasch in die Halme schie­ßenden und zunehmend zur Geltung ge­ Acta Litteraria Academiae Scientiarwn Hungaricae 11, 1969

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