Der Spiegel, 1829. július-december (1. évfolyam, 52-104. szám)

1829-08-01 / 61. szám

ten war. Ihr scharfes Auge erkannte sogleich die wohlbekannten Zü­ge , und ehe sie wußte, was sie that. hatte sie schon die erste Seite überblikt. Sie konnte sich nicht enthalten, ihn ganz zu lesen; er machte einen tiefen Eindruk auf sie. Altes, Leid vergangener Tage trat wieder vor ihre Seele und die Sinne schwanden. Rolands Stimme wekte sie aus ihrer Betäubung. Sie lauschte ängstlich; er sprach im Schlaf, und sie unterschied deutlich einige Zei­len aus ihrem Lieblingsliede, das sie sich sehr wohl erinnerte, an je­nem ersten Abende von Rolands Einzüge gesungen zu haben, und auf das sich unsere Leser wohl noch besinnen werden. Wie eine Geister­stimme erklangen die Worte: Laß uns zusammen weinen, 's ist so schön, und nach einer Pause: And lächelnd sollst du unter tiefen Klagen, Daß kein beständig Glük die Erde eint, Wie ich zu dir, zu mir bald lächelnd sagen: Ich weiß es wohl, du,hast um mich geweint. Sie konnte sich nicht langer halten; sie schlich sich leise zu seinem La­ger und bog sich über ihn hin. Auf seinem, obgleich von Krankbeit geschwächten, doch nicht entstellten Antliz, war der Frieden seiner Seele zu lesen. Eine Thräne siel aus ihrem Auge auf seine Stirn; da erwachte er und flüsterte: Agnes, und seine matten Augen erglänz­ten plözlich von Heiterkeit. In diesem Augenblike rührte sich die Alte, und Agnes verschwand, noch,ehe diese sich besinnen konnte. Jezt stand es fest und klar in der Jungfrau Seele, was sie zu thun habe. Sie überraschte die Mutter am folgenden Morgen mit der Erklärung, sie sei entschlossen, Rolands Gattin zu werden und es ihm selbst zu gestehen, sobald seine Krankheit von ihm gewichen sei. Die Mutter siel ihr entzükt um den Hals, und Agnes entdekte ihr nun da§ Vorgefallene. Rolands zartes Venebmen batte Agnesens ver­wundetes Herz mit einem Male gänzlich geheilt. Sie erkannten beide die Fügung des Himmels, doch beschlossen sie, ihm zu verschweigen, daß sie um Schröders Brief wüßten. Roland fragte, als Agnes unbemerkt bas Zimmer verlassen hatte, die Alte, ob Niemand außer ihr da gewesen sei. Diese versicherte ihm, den ganzen Abend wach gewesen zu sein und die Tbür fest ver­schlossen gehalten zu babén. Er bildete sich nun ein, es sei ein schöner Traum gewesen, und der alles heilende Schlaf nahm ihn alsbald wieder in seine Arme. Der Nachklang jenes schönen Augenblikes lebt« und wirkte während des übrigen Theils der Nacht in seiner Seele

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