Der Spiegel, 1831. január-június (3. évfolyam, 1-52. szám)

1831-04-16 / 31. szám

Krug mit Branntwein reicht. Näher nach dem Vordergründe schnarchen zwei Männer auf einem großen Baume; unter demselben liegen begei­sterte Spieler; weithin erhlikt man eine Frau, deren Dolch auf der Erde liegt und der durch die verwirrten blutigen Haare ihres Mannes eine Beschäftigung wird, die weder abstoßend noch kriegerisch ist. In der Mitte drängen sich halbnakte Frauen mit wild umherflattern­­dem Haare und Männer mit einem breiten Hut auf dem Kopfe, den Dolch im Gürtel und die Flinte an der Seite. — Das ist der Ku­pferstich von Callot und dies eine Szene von 1609, wo er selbst da­bei war. Geboren zu Nancy, wo sein Vater Wappenherold war, hatte Callot seine Leidenschaft für das Zeichnen verachtet und verspottet sehen müssen, selbst, wie um ein Verbrechen, Strafe dafür erhal­ten. In seinem siebenzehnten Jahre entfloh er also in einer finstern Nacht und wollte nach Rom pilgern; aber um reisen zu können, be­sonders zu Anfänge des 17. Jahrhunderts, muß man Geld haben, ' und der Schaz des jungen Flüchtlings war sehr bald erschöpft. Was sollte er nun beginnen? Zn seinen Eltern zurrükkehren, die ihn wegen der Flucht noch viel strenger zum Studium der Wissenschaft eines Herolds anhalten und seine Zeichenstifte zerbrechen würden? Nimmermehr. Also weiter — vorwärts! Aber wie, ohne so viel zu hcsizen, um sich einen Bissen Brot kaufen zu können? Er legte sich in diesen Gedanken unter einen Baum und schlief bald ein; denn erstand ja noch in dem glüklichcn Alter, wo der Schlaf die heftigste Unruhe stillt, oder vielmehr, das noch keine heftige Unruhe und Sorge kennt. Als er erwachte, sah er eine Menge Menschen mit braunen Gesichtern und sonderba­rer armseliger Kleidung um sich. Sie hatten ihm seine Kleider genommen und sein Schlaf war so fest gewesen, daß er beinahe halb nakt war, als er erwachte. Seine Wuth, sein Geschrei und viel­leicht das unnenbare Interesse, jenes geheimnißvolle und wohlthätige Geschenk der Natur, das die Jugend und jeder Schuzbedürftige be­sszt , erweichten die Zigeuner; Callot durfte sein Hemd und seine Beinkleider behalten. Weil er nichts Besseres thun konnte, so schloß er sich an die Landstreicher an, zog mit ihnen herum und ward wegen seiner launigen Munterkeit seiner wizigen Reden und seiner Gewandtheit bald Aller Liebling. Mit vier Strichen skizzirte Cal­lot das Bild einer jungen Zigeunerin. Von nun an stand er bei Allen in Ansehen, hatte eine Geliebte und erhielt seinen Rok und seinen Hut wieder.

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