Der Spiegel, 1844. január-december (17. évfolyam, 1-104. szám)

1844-11-23 / 94. szám

Mignon-Zeitung. München. Ein grauenvoller Mord ist heute (14. Nov.) Vormittags hier begangen worden. Als der königl. Artilleriehauptmann Neumeyer um ein Uhr vom Büreau nach Hause kam, fand er seine Wohnung verschlossen, und ließ, da man die Thür auf sein Rufen nicht öffnete, dieselbe er­brechen. Da lag vor ihm seine Magd in ihrem Blute schwimmend, mit zerschnittenem Halse; noch EntsezlichereS fürchtend, eilte er inS Zim­mer, und fand seine junge, erst seit einem hal­ben Jahre ihm angetraute neunzehnjährige Gat­tin auf gleiche Weise getödtet. AlleS Gold, Pre­tiosen nnd Obligationen (zusammen 18,000 fl.) waren verschwunden. Welch fürchterlichen Ein­­druk dieses bei hellem Tage, in Mitte der Stadt (in der Marstraße) begangene Verbrechen auf die hiesige Einwohner macht, ist unbeschreiblich. Ein bedeutender Verdacht ruht auf einem Fon­­rierschüzen, der sich unsichtbar gemacht hat; seine Schwester und seine Geliebte sollen in Verhaft gebracht worden sein. Bereits find nach allen Seiten'hin Nachforschungen erlassen worden, doch ist er bis zu dieser Stunde noch nicht ein­gebracht; der Bursche diente bereits schon seit 6 Jahren bet dem Offizier. Etwas von Allem. Vor dem Londo­ner Polizeigerichte gilt kein Ansehn der Person, waS der Lord Ranelagh in diesen Tagen erfah­ren hat. Er verklagte nämlich bei dem genann­ten Gerichte einen Polizeiinspektor und behaup­tete, derselbe habe ihn am Tage der Eröff­nung der Börse (28. Okt.) ungebührlich behan­delt und sich unverschämt gegen ihn benommen. ES stellte sich aber heraus, daß der Polizeiin­­spektor, nach einem Wortwechsel mit dem edlen Lord, diesen aufgefordert hatte, seine Karte vor­zuzeigen. Der Richter erklärte hierauf, der Po­lizeiinspektor habe sich allerdings einen Fehler zu Schulden kommen lassen, denn als gewissenhaf­ter Mann hätte er Seine Herrlichkeit sofort ver­haften lassen müssen. Lord Ranelagh wollte dies zwar nicht einsehen, der Richter aber bleibt bei feiner Entscheidung, u. Mylord zogen mit lan­ger Nase von dannen, #** Man liest in Hamburger BlLittü i »Die Primadonna deS Hamburger Stadthalters, Fräu­leins EverS, verläßt die Bühne und heirathet einen ungarischen Magnaten (?)." *** ES ist jezt alle Gewißheit vorhanden, daß die Staatseisenbahn von Brünn bis Prag in künftigem Herbst eröffnet wird. Der Bau von Olmütz bis Prag ist vollendet, und die Schie­nen sollen im März gelegt werden. *** Zwei durch den König von Preußen an­­gekaufte berühmte Rennpferde, der »Our Nell" und »Erucifir", find dieser Tage per Dampf­schiff von Hull nach Hamburg abgeschikt wor­den. — Auf dem lezten Pferdemarkte zu How­­den kaufte ein Chinese, den ein Dolmetscher be­gleitete, ein Paar Rosse für seinen Kaiser. *** Eine Kirche von Guß- und Schmiede­eisen , 65 Fuß lang und 40 breit, wurde in Glasgow für Jamaika verfertigt u. kürzlich ab­geschikt. Sie kostet nur 1000 Pfund Sterl. und man glaubt deshalb, daß die Kolonien viele Be­stellungen so leicht zu tranSportirender Kirchen machen werden. In Gegenden, wo Erdbeben so häufig sind, wie in Westindien, sind die eisernen Gebäude höchst zwekmäßig. *** Man schreibt auS Hamburg: »Die hie­sigen Literaten leben seit einiger Zeit in großer Aufregung und Feindschaft. Zwei Antagonisten in unserer gegenwärtigen deutschen Literatur sind eS vorzüglich, um die fich hier jezt der Kampf dreht: Heine und Gutzkow! Sonderbar, daß ge­rade Hamburg zum Rendezvous ihrer Feinde u. Freunde ausersehen ward; Hamburg, wo weder Gutzkow noch Heine vermocht haben, festen Fuß zu fassen, und wo die Masse weder den Einen noch den Andern kennt und versteht. Heine hat eS durch seine neuen Gedichte, namentlich durch daS Wintermährchen so ziemlich mit Allen ver­dorben. Die Hamburger werden eS ihm nie ver­gessen , daß er die naive Frage: »Wer bezahlt uns unfern Schreken?" mit Spott, beantwor­tete. Diesen Hohn vergeben sie ihm im Leben nie; waS muß sich Heine auch unter die Brand­­poeten mischen! Gutzkow hat mit seinem Pu­­gatscheff den ganzen Haß seiner Gegner wieder lebhaft rege gemacht; nachdem dies Stük, troz der feindlichen Klike, wiederholt und mit gutem Erfolg gegeben worden, scheint eS, troz des gu­ten Erfolgs, dennoch daS Schiksal der übrigen Gutzkow'schen Stüke haben zu sollen, nämlich einstweilen vom Repertoire zu verschwinden, aber desto länger auf dem Prokrustesbett der Kritik festgehalten zu werden." *** Folgende Schaudergeschichte wird im Me­morial de Rouen erzählt: »Ein Landmann auS LouvierS befand sich mit seinem zwölfjährigen Sohn auf dem Felde; der Knabe war ungehor­sam , warf und der Vater warf im Zorn einen Stein nach ihm, der so unglüklich traf, daß das Kind auf der Stelle tobt niederstürzte. Voll Jammer und Gewissensbisse lief der unglükliche Vater nach Haus, zu seiner Frau, die gleich­falls außer fich vor Schmerz, einen Säugling, - den sie an der Brust hatte, eilig in die Wiege legte, und mit dem Manne nach dem Felde her­auslief. Leider fanden fie den Sohn völlig tobt. Beide Aeltern trugen jezt das Kind unter na­menlosem Jammer nach Hause. Doch als fie in ihre Hütte traten, bot sich ihnen ein neuer, schreklicher Anblik dar. Ein Schwein war durch die in der Eile offen gelassene Thür gedrungen, Per Spiegel 1844. 751

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