Bohus, Buczkó, Lugossy 3. Glaskünstler aus Ungarn (Essener Glasgalerie, Rüttenscheid, 1983)

und die Kugel, und analysiert mit der Gründlichkeit eines „minimal art“­­Künstlers ihre Eröffnungs- und Ver­koppelungsmöglichkeiten. Aber daß diese Analyse viel abwechslungs­reichere Effekte im Glas als in jedem beliebigen anderen Stoff ergibt, ist ihm wohl bewußt und wird von ihm ausgenützt. Prismen und Spiegelflä­chen, opalisierende Farbenübergän­ge, echte und bloß scheinbare Eröff­nungen steigern die täuschende Illu­sion des Raumes und erinnern uns mit feiner Ironie an die Grenzen unse­rer Wahrnehmung. Mária Lugossy stellt innerhalb ihrer einzelnen Werke die zwei Ge­sichter der Natur gegenüber: die Här­te der Kristallwelt und die Weiche der organischen Formen. Ihre harten, scharfen, eckigen Fassungsformen — meistens Pyramiden — enthalten in ihrem Inneren die „Zelle“, welche die organische Welt vertritt. Entweder schleift sie diese Zelle, eine durch weich schweifende „Gefühlswelle“ begrenzte Linsenform aus optischem Glas, oder sie schneidet diese als eine negative Form aus dem Block der Pyramide heraus. Zufolge der Transparenz des Glases spielen diese Formen unaufhörlich ineinan­der, ihre komplizierten Spiegelungen machen das Zusammengehören der Gegensätze fühlbar. Die Zellenform erscheint in unter­schiedlichen Lagen. Sie glänzt feurig und klar vom Inneren einer „Höhle“ hervor oder scheint geheimnisvoll durch die Schichten einer rauchfarbi­gen gespaltenen Pyramide. In ihrer Zeitpyramide zeichnete die Künstlerin mittels Sandstrahlverfahrens feine quadratische Netze in die aufeinan­­dergeklebten Schichten. Der Bewe­gung des Betrachters entsprechend verschieben sich auch diese Gitter: zum Erlebnis des Raums assoziieren sie auch die Erkenntnis der Zeit. Die unten ausgeschnittene Zellenform wirkt optisch positiv: sie inspiriert zur Vorstellung des in der Tiefe der Zei­ten entstehenden organischen Le­bens. Die Zeit ist in irgendeiner Form in den Werken von Mária Lugossy immer anwesend. Der Gegensatz der aufeinandergelegten Schichten und eingespaltenen Blöcke, der geschliffe­nen und grobgelassenen Oberflächen machen sie genauso spürbar, wie der in kühles und vollkommenes opti­sches Glas eingebaute Mineralkristall, dieses zum Kunstwerk veredelte Kind der Erde und der Zeit. Ildikó Nagy Kunsthistorikerin

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