Neues Pester Journal, Januar 1877 (Jahrgang 6, nr. 1-31)

1877-01-15 / nr. 15

gew.vt.W­ cr.is. a JO [—]yajg­­e mm nenne eg . 0 ] . .. Vom Tage. Budapest, 14. Januar, In Wien scheint man nach langem Stränden nunmehr gleichfalls die Hoffnung auf die Konferenz völlig aufgegeben zu haben. 65 sei kaum mehr ab­­zusehen, so schreibt ung einer unserer Korresponden­­ten, was die Montagsfigung der Konferenz noch bringen könne. An eine Verständigung zwischen den Mächten und der Pforte si nicht mehr zu denken, seitdem Die Legiere der Konferenz Die Beschämung nicht erspart hat, umsonst nachgegeben zu haben. Allerdings sei es nicht ausgemacht, ob Die el ai der Mächte auch nach dem Scheitern der Konferenz und nachdem die Botschafter Kon­stantinopel „geräumt“ haben, noch anhalten werde. Schon die Stage des Schlußprotokoll­s habe in dieser Hinsicht eine Perspektive eröffnet, die nicht das DBette erwarten lasse. Bezüglich dieser Frage sei nämlich eine Einmüthigkeit durchaus nicht zu erzielen gewesen. Deutschland, England und auch Desterreicher Ungarn haben es abgelehnt, ein Bootefall zu unterzeichnen, das ihnen möglicher­weise für die Zukunft eine Verantwortlichkeit auferlegen könnte, deren Tragweite heute gar nicht zu ermessen. Auch die Idee eines Ultimatums, eines gemeinsamen Brotestes und einer Flotten-Demonstration, die an­­geregt worden, vermochte nicht Durchzudringen. € 5 Scheint, Daß jede der Mächte froh it, ohne Verpflich­­tungen für die Zukunft 103 zu kommen. Das ist allerdings nicht Rußlands Fall. Indessen muß sic­ ‚gratieft in das Unverweidliche fügen. Wäre Ruß­­land zum Kriege vorbereitet gewesen, dann hätte er wohl schon früher den casus belli gefunden. Die allgemeine Meinung,, daß der örtliche Koloß fid selbst die Kraft zum Losschlagen jecht nicht zutraut, gewinnt d­urch Die Haltung Ignatieff’s in den jüngs­­ten Tagen an Konsistenz. So wird denn die Konfe­­renz auseinandergehen, ohne irgend­welche unmittel­­bare Folgen und Europa, wird sich in derselben Kot fition befinden, in der es vor einem Jahre war, nur daß das Selbstbewußtsein der Türke, da Ver­­trauen in ihre Stärfe seither ansehnlich ges­tachen ist. Diese Mittheilungen unseres Korrespondenten finden ihre Betätigung, resp. theilweise Ergänzung in den weiter eingelaufenen Nachrichten, daß in der montägigen Konferenzfiltung Seitens der Mächte neuerdings ein kurzes bestimmtes Programm vorge­­legt werden wird, welches die Forderungen der achte, im Wesen wie in der Form gemildert, ent­­halten wird. Durch dieses Programm soll die Pforte aufgefordert werden, innerhalb wenigen Tagen sich über die Annahme oder Ablehnung desselben zu äußern. Damit wird also der Pforte ein „allerleg­­ter“ Termin gestellt ; sollte sie auch diese Forderun­­gen ablehnen, dann würde zwar nicht der Krieg, wohl aber der Abbruch der diplomatischen Beziehun­­gen in der Weise erfolgen, daß bles die Botschafter abreisen, die Geschäftsträger aber die Geschäfte fort­­führen. Wie es heißt, würden auch dann die Ver­­handlungen der Mächte mit der Pforte nicht völlig aufhören, sondern vielmehr von den einzelnen Kabineten fortgefegt werden. Die Auflösung der K­onferenz bedeutet nach dieser Mittheilung also mehr die Beendigung der großmächt­­lichen entente cordiale, als den Beginn der Feindseligkeiten gegen die Pforte. Ob auch Rußland diese­ separaten Berathungen weiter pflegen, ob er seine früheren friegerischen Entschlüsse ausführen werde, läßt sich Heute noch nicht mit Bes­­timmtheit voraussagen. Das Ziel, als „Mandatar “Europa’3“ aufzutreten, hat Rußland nicht erreicht. Wenn es heute gegen die Pforte aktiv auftritt (und die neuesten Meldungen aus Rußland­ deuten aller­­dings auf derartige Intentionen hin), dann handelt NRußland ganz „auf eigene Faust“ ; Europa ist hier­­bei nicht engagirt und besitt in seinen weiteren Ente ichließungen freie Hand. Montag, der 16. Jatıtat. Abonnement: Ganz. fl. 14 datti. fl. 7, vierteil. A. 3.50, monatlich fl. 1.20. Das „Neue Peiter Journal" erscheint täglich, and­ an Montagen. Gingelinenummernakt, Infernte nach aufliegendem Tarif. Zur Tagesgeschichte, an maßgebendster türkischer Stelle, zu Gunsten 005 „Zagbl.”, der noch eine dritte Audienz beim Sulta­t nehmen wollte, um einen lesten Beruuch Konferenzprogramms zu machen. Hat in berirans­licher Weise den Seiten Abdul Hamid’s die Mit­­theilung erhalten, die Pforte sei in der abo­us­ten Unm­öglichkeit, die Forderungen der Großmächte zu acceptiren. Der englische Repräsen­­tant bei der Konferenz hat darauf alle Maßregel getroffen, Montag, spätestend Dienstag Konstan­­tinopel zu verlassen. Die Pforte ihrerseits betrachtet ebenfalls die diplomatische Kampagne als abgeflossen. Wie uns scon mitgetheilt worden, hat die türkische Ne­­gierung eine Girgularnote zur Versendung an alle ihre Agenten im Au­slande vorbereitet. In derselben werden die Gründe der Weigerung des Sultans, die Beschlüsse der Konferenz zu acceptiven, in ausführlicher Weise auseinandergefest und zum Schluß wird der feststehende Entschluß betont. Die Souveränetät und Integrität des türkischen Reiches unter allen Umständen aufrecht zu halten. Ob die Pforte ihre Repräsentanten an den großen Höfen ebenfalls abberufen werde, ist noch ungewiß. 8 scheint aber, daß die türkische Regierung dem Bei­­spiele der Kabinete folgen werde. Sollten diese sich in Konstantinopel nur durch Charles d’Affaires vertreten lassen, so würde die Pforte ihre Botschaf­­ter ebenfalls abberufen­ und die ersten Sekretäre mit der Fortführung der Geschäfte betrauen. Angesichts der Wendung der Dinge auf der­ Konferenz gewinnt die Nachricht an Wichtigkeit, daß nunmehr auch Hervorragende alttürfische Persönlichkeiten an Mirhbat Pascha sich au­­sschließen, seit sie von dessen hartnädigem Wider­­stand gegen die Konferenz: V­orschläge sich zu über­zeugen angefangen. Ferner verlautete in den diplos­matischen Streifen Pera’s das Gerücht, er lege in der Absicht des Großvezierd,­ bald nach der ebenz­­uellen Abreise der Konferenzmitglieder mit S­e ı=­bien und Montenegro einen Sep­a­ratfrieden abzuschließen, um hierauf die­ orientalische Angelegenheit als „schon geschlichtet“ z­ erklären. Andererseits droht die Pforte, die eindseligkeiten mit Ablauf des Waffenstillstandes abermals eröffnen zu wollen. Die Souveränetät Rumänien ist auf der Konferenz nicht zur Sprache gekommen, später vielleicht wird dessen Neutralität debattirt werden, fernerfalld aber mehr. Aus Buitarest berichtet man ferner. vom 14. d. M.: In Regie:­ ­ Wiedererweckung Gehängter. Die jüngsten in Wien und London vorgenommenen Justifizirungen erwecken­ wieder den noch lange nicht ausz­getragenen Streit für und wider Anwendung der Todes­­strafe, und in Prag brachten sie sogar eine wenig erbauliche Scharfuiterpolemik über die Art der Justifizirung. Diese legtere scheint in früheren Zeiten eine noch weit unvollkom­­menere ge­wesen zu sein, darauf weisen alte Chroniken hin, aus denen wir nach der „Spr.” einige der frappantesten Fälle hier anführen wollen; die englische Kriminaldhronit ist besonders reich an solchen shaudervollen Vorkommnissen. Im Jahre 1264 wurde eine Frau Namens Inetta wegen des Hinverständnisses mit Räubern zum Tode verurteilt. Der Sage nach hing sie drei Tage lang am Galgen — was wohl wenig glaubwürdig ist — und erwachte nach der Abs­nahme zum Leben. Heinrich III. von England begna­digte die Mittelhäterin hbernag. An dieses Faktum scheint sich die Fabel von den drei Tagen geknüpft zu haben, wie man denn damals allgemein zum Wunderglauben neigte. Ein gewisser Mathewm Enderby wurde 1313 wegen eines Verbrechens zum Tode durch den Strang vers­urtheilt und erwachte nach der Abnahme eben als er in den Sarg gelegt werden sollte. Das Gleiche war 1363 mit Walter Wynfenburn der Fall. Bei den Justifizirten­ wurde die Strafe als vollzogen angerechnet, und sie gingen sodann frei aus. sehnliche Fälle wiederholten sich im­ 15. und 16. Jahrhundert sehr oft. E83 scheint daran die auch noch heute übliche Berurt­eilungsformel Schuld zu tragen, welche lautet „. ... und sol am Halfe aufgehangen werden, bis er wol­lt, war in England so buchstäblich genommen wir. Das Fiasto der Konstantinopler B­o­t­­schafter: Konferenz ist fertig; die Herren Diplomaten haben weder ihre ursprüng­­lichen, noch die späteren aber- und abermals herab­­gemilderten Forderungen bei der Pforte durchlegen köınen. Gin unbengsamed „non possumus“ lehnte sämmtliche V­orschläge ab und somit ist die Kon­ferenz mit ihrem Latein zu Ende. Nichtsdestom weniger sol­ler Pforte ein „allerlegter” Termin geseßt wer­­den; gibt sie auch dann nicht nach, dann kehren die Botschafter dem schönen Stambul den Rüden und „überlaffen die Türkei ihren Schicsale”, wie das Midhat Baia ohnehin gewünscht hat. Medrigens sol der Großvezier bei seiner Hartnädigkeit auf die geringe Fertigkeit de einmü­thigen Verhaltens der Großmächte nicht ohne Grund­ gerechnet haben; denn schon Angesichts des Schlußaktes traten unter diesen Pazifikatoren allerlei Differenzen hervor, weshalb es auch zu seinem gemeinsamen Miltimatum, sondern nuch zu­ „identischen Noten“ kommen wird. eber die legten Vorgänge in Konstantinopel liegen noch folgende Nachrichten vor: Lord Salisbury, so schreibt das daß der Verurtheilte nach dem Hinwegziehen des Fall­­breites sich so lange windet und frampfhaft zucht, bis der Tod eintritt. Aus dem 17. Jahrhundert ist eine Aufzeichnung des Präsidenten des Universität­skollegiums, Dr. Oba­­diah Walter, bekannt, wonach ein wegen Straßen­­raubes verurtheilter Schweizer allen Hängeversuchen wi­­derstand, da seine Luftröhre durch eine frühere Krankheit ganz verm­ödert war. Ueber seinen Fall wurde aber so lange gesprochen um­ so viel geschrieben, als über die am 14. Dezember 1650 durch den Strang gerichtete Anna Green. Die­selbe wurde zu Marston in Orfordshire wegen Kindes­­mordes, nach einer gewaltsamen Beweisführung und In­­terpretation reitend der Richter zum Tode verurtheilt. Ledermann bedauerte das junge Mädchen und die öffent­­liche Meinung war gegen die Richter. Nachdem das Mädchen die vorgeschriebene Zeit gehangen hatte, wurde sie in einen Kasten­ gelegt und in den Gleck­saal gebracht. ALs der Kasten geöffnet wurde, bemerkte die Aerzte zu ihrem größten Erstaunen, daß sich die Brust der Gerich­­teten noch leise hob und fenzte. Nach damaligem barbari­­sen Gebrauch hatte die Unglückliche noch die Schlinge am Halse, und die Henferögehilfen, welche den Kasten überbrachten, wollten durch neuerliches Zusammenschnüs­ren der Leine der Unglücklichen den Garaus machen. Die zur Seck­ung anmwetenden Sir William Petty, Professor der Anatomie, Dr. Wallis, Borstand des Magdalena­ College, und Dr. Slarke, Vizekanzler der Universität Or­­ford, widerlegten si­chem jedoch. Hierüber sagt Dr. Plott in seinen Annalen ; Jungstreffen verlautet, Oesterreic hätte der „Die Gehilfen des Scharfrichters Tiefen von ihrem Bort haben ab, übergaben den Körper den Aerzten, welche for fort dur­ Aderlaß den ersten Berfuch zur Mieder­­erwecung des Mädchens machten; hierauf wurde die Unglückliche in ein duschwärmtes­­ Bett­ gebracht und es wurden dann­ verschiedene innere Mittel mit solchem Erz­folg angewandt, daß­ das Mädchen nach vierzehn Stunden zu vollem Bemwußtsein gelangte und den anderen Tag schon zu sprechen vermochte. Während dieser Wiederbelebungs - Bersuche wollten die mit dem Vollzug der Hinrichtung betrauten Beamten mit aller Gewalt das Mädchen nochmals fortführen, um neuerdings zu hängen. Auf Ansuchen der oben ges­pannten ärztlichen Notabilitäten wie der damalige brave Blaukommandant Oberst Kelsey das anatomische Institut­s militärisch­­ belegen, um die Unglückliche zu scüßen, bis hohen Ortes deren Begnadigung erwirkt ist. Das Mädchen blieb am Leben, auch stellte sich deren Unschuld heraus und das Bolt jubelte über den durch die Vorsehung vers binderten Justizmord.” Dr. Plott schreibt nichts Darüber, ob die Nerzte eine eingehende Prüfung jener anatomischen und physiologischen Ursac­hen veranstalteten, denen das Mädchen die Erhaltung seines Lebens zu danken hatte, sondern er berichtet, daß bei der Wiederbelebung in erster Reihe auf die psychologischen Erscheinungen das Hauptaugens­terk gerichtet wurde. Und man bemerkte seine großen seelischen Veränderungen, das halbstündige Hängen machte auf das Erinnerungsvermögen seinen großen Eindruck. Sie kam allmälig zu sich, wie wenn sie aus einem tiefen Schlaf erwacht wäre. Merzwirdiger Weise feht sie iére SHE to 2 ee. be 7 a Bee

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