Pester Journal - Abendblatt, Mai 1877 (Jahrgang 4, nr. 3-25)

1877-05-16 / nr. 14

, 1877. EV. Jahrgang BEER Abonnement für Budapest mit täglich zweimaliger Zustellung, für die Provinz ? einmal. Bestversendung : monatl. fl. 1.10, amweim. fl..2.15, viertelj. fl. 3.10, halbj­ fl. 6. 14. Das Abendblatt des , Bester Journal" erscheint täglich, — mit Ausnahme von Sonn: und Feiertagen Nachmittags nach 2 Uhr. Redaktion: Göttergasse 9. Adminiftration Göttergas Einzelne Nummern des Abendblattes 2 kr. 4 Auntternte für das Abendblatt werden se ©. billigt berechnet. SEE Würchterne Politik. Dudupel, 16. Mai. Kein nüchtern Denfender wird es in Abrede stellen, daß die englische Politif von heute nichts weniger, als eine Alfianzpolitif im herkömmlichen Stil ist. Die moderne Politik ist eine reine Interes­­senpolitif, eine reine Opportunitätspolitif. Bei ung zu Lande wird noch viel in roman­tischer Politik gemacht. Die romantische Politik frägt nie nach den Mitteln, sondern nur nach der Basision. So­­wie der ungarische Kavalier auf eine Karte, ein Pferd, ein schönes Weib sein ganzes Vermögen fett, so­lt auf die nationale P­olitis Leicht geneigt, für irgend eine edle Schwärmerei, für irgend ein entrüstetes Gefühl Gut und Blut einzufegen. Wehe dem Volke, das so edle Leidenschaften, so starfe Gefühle nicht beißt. &3 ist verloren für Die Zukunft. Aber etwas Anderes ist es, für etwas Schwärmen, für etwas sich begeistern, etwas Anderes, Alles daran eben, um ein praktisches Bier zu erreichen. Die Nation ist jung und wer wollte dem Braufen ihrer Frühlingsgefühle einen Dämpfer auf jeßen ? « f Aber der Staatsmann,der die Ge­­schicke einer Nation wirklich lenkt, arf kein Gefühl in der Brust haben,er darf sich nicht beleidigen,sich nicht entrüsten,er darf sich für Nichtsbegeistert1 und für Nichts schwärmen Die Abwägung zwischen Zweck und Mit­­teln,die nüchtern­e,vorurtheilsfreie,unbefangen­e Beurtheilung in der Situation ist seine Hauptaufgabe So denken englische Staatsmänner und weil dies genügend bekannt ist,haben wir nie englische Worte für bare Münze genommen.Die englische Politik bedarf ihrer Natur nach,als ein­e parlamen­­tarische,der­ Phrase.Im Grunde genommen ist ja auch die parlamentarische Politik keine andere,als die irgendwelcher Regierungsform,aber die Ein­­­kleidung ist wichtig.Eine parlamentarische Re­­gierung darf wohl so handeln,aber nicht so prechen,wie eine absolute.Und wer die parlamentarische Geschichte Englands seit längerer Zeit verfolgt,kann durch englische Doppelzüngigkeit nicht mehr überrascht werden. Aus den Leimgung der breiten englischen Phra­­sendrescherei n un unser einheimisches,naives­ and ro­­mantisch gesinntes Publikum. Nur einzelne Stimmen sind es,die auch unter uns endlich dem Publikum reinen Wein über engli­­schen Egoismus einschenken.Wir sehen darin schon den ersten Sieg unserer Auffassung.Man ist hier und dort Schon einig mit uns darüber, daß England nicht für die Türkei, sondern nur für si­ch ins Feier ge­­ben wird, daß Dieses „Ich“ nicht in Rumänien und Bulgarien beginnt, sondern an den Dardanellen, wohin die Russen wohl überhaupt nicht so baldfommen­ werden. Die Heidenangst England vor den russischen Eroberungen hat sich gänzlich gelegt, sobald man nüchtern ertrog, daß Neukland zur See total ohlenmächtig ist, zu Land aber mit tau­­send großen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Daher denn auch die Gerüchte von einer neuerlichen Verständigung Eng­lands und Rußlands, ja sogar von Friedens­vermittlungen, welche Eng­­land bei der von ihr sa irregeführten Pforte ein­­leiten wolle, stü­rzen, der hu­nderttausend unserer Landesfahne nıklos Schlachten und das Vermögen des Lande ohne Hoff­­nung auf Erlag dezimiren wirke. Leider hat die romantische Politis noch ein weites Terran in unserem Lande. Zum Betreffe brin­­gen wir weiter unten eine Blüthenlese ungarischer publizistischer Stimmen, die immer wo von einer Allianz unserer Monarchie, England nd­­ Deut­sch­land, träumen zur Rettung der Türfei. E38 gehört zum Wesen der Nomantis, das Hete­­rogene zu einem Lieblichen, die Phantasie ergegen den Ganzen zusammenzufitzen. „zeiht bei einander wohnen die Gedanken" — fing Schiller, und ein Dichter muß er doch wissen. Budape­st, 16. Mai. “ „Kelet Mépe" fürchtet, dach der Straffeder, obzwal die Rechtskommission des Abgeordnetenhauses dessen Verhand­­lung­­on vollendet, kaum in Bälde vor das Haus kommen dürfte, da die Zeit dazu zu kurz sei. Doch könnte der Straf­foder, auch wenn er in dieser Session Gefegeskraft erlangen würde, nicht ins Leben treten, bis das von den polizeilichen Ausschreitungen handelnde Gefeßbuch nicht geschaffen wäre, da in Siebenbürgen und der Militärgrenze der üösterreichische Strafreder in Geltung it, der die Ausschreitungen als ergän­­zenden organischen Theil enthält. Einen Theil des österreichis­­chen Straffeder außer Geltung zu fegen, wü­rde zu Konfusio­­nen führen, die man nicht visiiren darf.­­ Die Surrende des BPesl­er Komitates in Angelegenheit des separaten Zollgebietes und der unabhängigen Bank wurde von den Komitaten O­ed­en­burg und 8 ét­é 8, sowie von der Stadt Ba­ja ein­fach zur Kenntniß genommen. $­ Die Kommissionen des Reichstags haben ihre Funk­tionen vor den Pfingstferien beendigt, nur die Verwaltungs­­kommisation hält vor den Feiertagen noch einige Sibungen ab. Das Parlament hielt heute seine fette meritorische Situng vor den Feiertagen ab. In der ersten Woche nach Pfingsten beginnen alle drei "Ausgleichs:Kommissionen ihre Berathungen. ‚ All, daß Die Der Krieg. Budape­st, 16. Mai. Der Ort Brotbach­, bei welchem die Russen in die Dobrudscha eingedrungen sind, ist auf seiner Karte zu entdecken. Auch ist nicht bekannt, wie starf das russische Korps ist, welches die Donau überschritt, und von welchen Erfolge die Invasion begleitet war. Jedenfalls hat dieselbe hohe Bedeutung, denn mit ihr beginnt eigentlich die offensive Aktion auf dem eno­päischen Kriegsschauplage. Nun dürften ung die nächsten Tage sehr lebhafte fliegerische Ereignisse bringen. Angesichts derselben ist es wohl am Platz, einen Blick auf den gegenmmwärti­­gen Stand und die Stellung der feindlichen Armeen auf dem europäischen Kriegsich auplage zu werfen. Vor der Dobrudscha standen die Russen (der finfe­tige) vor einigen Tagen 50—60,000 Mann statt. Man muß ihnen eine gleiche Zahl tu­rfischer Truppen umso mehr entgegenstellen, als die Tu­rfen Die Linie Schumla-Barna um seinen Preis, selbst nicht auch ein vorgeschobenes Streifkorps bedrohen lassen dürfen. Der russische rechte Flügel, selbst wenn er eine starre Abtheilung zur Beobachtung von Widdin abzweigen sollte k­ann auch mit 60.000 Mann an der Donau in Aktion treten und gelingt demselben ein Uebergang, so werden die Türken mit nicht geringerer Zahl demselben entgegentreten müssen. Rechnet man ‚Zürfen an der Donau, soweit man es anna haben, dar­unter aber viele für das regelmäßige Ge­fecht wenig brauchbare Irreguläre, daß davon die Be­­jagungen in den Festungen bestritten werden mü­ssen, ein stärkeres Detachement in Widdin schon wegen Ser­­bien bleiben muß und nun zur Flansendecung gut 80.000 Mann abgezogen werden künnen, so wird Die Behauptung keineswegs gewagt erscheinen, wenn man für die Verteidigung der Hauptfront 60— 70,000 Dev. Mann veranschlagt, denen gegenüber die Russen mit Einschluß des 2. rumänischen Korps fast 120.000 Mann zur Verwendung bringen können. Würden aber die Türken den feindlichen Flügelsor­g zu wenig Aufmerksamkeit zuwenden, so Laufen jene Gefahr, daß Diese durch direktes Eingreifen den Uebergang der Hauptmacht um so mehr erleichtern. Kleinere rufliche Nachschübe finden noch immer statt. Hierüber und über andere Vorgänge im Kriegs­­lager schreibt man aus Galak vom 12. b. wie folgt: Gestern ist ein Regiment russischen Husaren hier eingetroffen, ganz so wie die igaz r­ischen Husaren prachtvoll adjustirt. Die Offiziere sind zumeist junge Leute aus den Militär-Akademien Ruß­lands, sprechen geläufig deutsch und ziemlich französ­is­ch. Gestern sind auch­ aus Rußland 300 98010 t- Hit (Wagen) mit armlichen Darm-Strichen, so wie geflochtenes Leder anziehend, hier angelangt und haben diese die Bestimmung, nach Hbraila, Ment und Gitt gewo gebracht zu werden. Die hiesigen B­ro­dliefe­­ranten sind heute in eine kleine Aufregung gerur t­en, da die russische Heeresleitung 80.000 Zidjetivert Mehl aus Ddefja selbst bezogen, hier 12 Backöfen fonstruirte und den hiesigen Brodlieferanten das bei ihnen bestellt gewesene Brod, circa 100.000 Laib an­­zunehmen verweigerte. Ueber die Beschlüsse der rumäntsschen Kam­­mer geht der "Polit. Corr." aus Bukarest der fol­gende Kommentar zu: Die von der Kammer und vom Senate angenommenen gleichlautenden Motionen über die Stellung zur Titel bedeuten einen Sieg der reservirten Politii Cogalniceanus gegen die rnsichtslose, kriegerische Politif Bratianu’s. Die von Bratianu im intimsten Seife gestellten Motionen hatten nicht nur Die offene Kriegserklärung N Rumä­­nien’s an die Türkei, sondern auch die volle Unab­­hängigkeitserklärung zum Ausgangs- und Zielpunkte. Dieselben gingen aber nicht durch, da sich im Senate alle Parteien ohne Unterschied der Nuance der Politik Bogolniceann’S angeschlossen haben, Ins nun Mori NE TVB e árán átn ém Aus Rurtídjuk. (Original-Korrefpondenz bes , Befter Journal“) — 12. Mai. Unsere Stadt ist momentan der Gentralpunkt für alle über die gesammte Kriegsaktion längs des ganzen rechten Donauufers einfangenden Bulletins. Seit drei Tagen geht es sowohl bt Widdin als auch dbiturtufan recht lebendig her. Die auf diesen Buntten etablirten türki­­schen Batterien sind mit Erfolg bestrebt, die rumänischen und russischen Batteriebauten zu stören. Nach den bisher einges langten Rapporten der türkischen Batteriekommandanten ma ven die vereinigten Russen und Rumänen bisher nicht im Stande gewesen, bt DIteniba ihre Emplacements zu vollenden. Trot des schweren Kalibers ist von R­umänen ein Geschüß bei Dlteniga demontirt worden. Ebenso günstig lau­ten die Rapporte von den unterhalb M­iddin’s etablirten 2 türkischen Batterien, welche in einem längeren Gefechte der gegenüber bei falafat posterten rumänischen Batterie, wie auch dem genannten Orte arg zugefebt haben. Der Schaden, welchen die rumänischen Projektile in Widdin angerichtet hat­ten, ist ein sehr geringfügiger. Zweimal zündeten die rind­­nisschen Granaten in der Stadt ; jedesmal wurde der Brand sofort gelöscht. Im hiesigen Hauptquartier scheint man nun einige Besorgniß vor der Niederlegenheit des russischen Feld: Artillerie-Materials zu haben, wogegen die Armirung sammt­­licher Donaufestungen dem russischen Belagerungspark voll­­ständig gemachten erachtet wird. Abdul Kerim hat neuerlich 18.000 Mann von dem bei Wi­ddin kon zentrirten Armee­ Korps hieher ge­zogen. Immerhin stehen unter dem Befehle Osman Pafscha’s bei Widdin noch immer 17.000 Man, welche dem rumäs m­ee N 2 EL treten will England kümmert sich, nur um Angriff von Außen abzuwehren, aber unser Kabinet wird, so hoffen wir mit. Grund nach­­ seiner­­ bisherigen Haltung, flug genug fein, jede Bravokation zu vermeiden und unser Land nicht in einem romantischen Krieg zu Donausliebergang von Kalafat aus allen riefen sollte, die Stirne zu bieten, genügend sind. Man hat von hier den Befehl ertheilt, auch die Heinen festen Britte in der Nähe von Widdin, weg$lorenti,Arzar B P­alanta,Lom,­Palanta Dibra,­P. Lanka, anderseits aber auch Rt­ahomwo Nifo­poljew und Siftomwo starfon Ast­a etwas stärker zu armiren und mit

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