Pester Journal - Abendblatt, Juni 1877 (Jahrgang 4, nr. 26-51)

1877-06-01 / nr. 26

»s- «:«18«77.IV. JåhrgaugNr.Z6. Redaktion: Göttergasse 9. Adminiitration : Göttergasse 6. | Freitag,den1.Juui. Abonnement für Budapest mit täglich­weimaliger Zustellung, für die Provinz 4. einmal. Wortnersendung : monatl. fl. 1.10, zweim. fl. 2.15, viertelj. fl. 3.10, halbj- fl. 6. Das Abendblatt des „Reiter Journal“ erscheint täglich, mit Ausnahme von Sonne und Feiertagen Nachmittags nach 2 Uhr. Einzelne Nummern SEN­d 2 des A­bendblattes > kr. Ansternate für das Abendblatt werden billigst berechnet. MET 3 Neue Wendungen. Budapest, 1. Juni. Die Stille, welche seit einiger Zeit auf den Kampfplagen herrscht, scheint zu­ sehr ausgie­­bigen diplomatisch­en Verhandlungen be­­wußt worden zu sein. Sowohl die Drei Kaiser-Entrevite, als auch die noch geheimgehaltenen Besprechungen zwischen den englischen französischen und deutschen Bremsers, welche sich um die russischen Anerbietungen drehten, ‚weisen darauf hin, daß ‚hinter den­ Kriegscoulisten bereits auf den künftigen Frieden eingearbeitet wird. Wir verweilen auf unsere heute Vormittags ein­­gelaufenen Depeschen, welche aus der seiten L­o­n­­donner Unterhbaussigung ganz merk­­würdige, Neu­erungen der englischen Regie­rung­ bezüglich der Orientfrage bringen. . Es hat s­icht den Anschein, als ob es zwischen England und Rußland sobald zu ernstlichen kriegerischen Differenzen käme. Ein französisches Blatt will zudem von ernst­­lichen Friedensverh­andlungen zwie Budapest,]1. Juni. " Man telegraphirt dem , Ellener" aus Prag: Der Gerichtshof erklärte, die­ Mieger’sche Adresse an die Nuffen involcire das Verbrechen der Infidele tat. Die Seiminaluntersuchung wurde eingeleitet. Die Zahl der Schuldigen in Stadt, und Land ist eine sehr große. x Aus dia­me wird­ einem ungarischen Blatte telegraphisch gemeldet, daß die Ausfuhr der Torpedo’s dort verboten wurde. Die neue Drei-Raiser-Zusammenkunft. Budapest, 1. Juni. Die Höchst wichtige Mittheilung, welche unter Wiener Korrespondent bezüglich einer geplanten neuen Dreifalter-Zusammenkunft in Var­sca­u­ung zusommen ließ, hat nicht verfehlt, in hiesigen politischen Kreisen großes Aufsehen zu er­regen. Ohnedies ist man hier­­auf Andräsy nicht gut zu­­ sprechen. Man wirft ihn Verrath, vor und heim­­liche­r Förderung, im besten­ Falle um öffentliche Bor­hubleistung russischer Interessen. Und nun soll gar dieser Dreistaifer-Bund, der untern Bolitifern ein solcher Dorn im Auge ist und nur 013 Dechmantel aggressiver russischer Tendenzen betrachtet wird, eine neue Bekräftigung finden baz durch, daß unser Monarch­ mit dem bestgehaßten Ezaren, wenn auch unter Anwesenheit des Kaisers von Deutschland eine Entrevue abhält ! Diese, Enttäuschung, wäre zu groß! Hierzulande erwartet man­ jeden Tag eine Mobilisirungsordre, um der erobernden russischen Armee in Die Stanfe oder in den­ Rücken zu fallen ; statt­dessen tauschen Die Höfe Freundschaftsbezeugungen aus !­­£ 3 beweist dies eben, daß man bei uns um Lande die Exid­enz und die eigenthümliche Energie des Drei-Kaiser-Bundes nie recht zu würdigen gewußt hat. Dieser­­ Drei-Kaiser-Bund erhält dadurch seine intensive­ Kraft, daß darin immer eine Macht der Regulator des­­erhältnisses zwi­schen den beiden andern bildet. Nußland fände, wenn es in seiner Aggression zu weit gehen wollte, immer zwei Verbündete gegen sich und eben darum hatten wir nie, Angst davor, daß Naßlands­­ Aggression auch nur im Geringsten unsere Grenzen streifen könnte. Zum Beweise wird der S Krieg fon im dritten Monat geführt und unsere Monarchie­n­ so wenig davon berührt, als wenn ringsherum „der tiefste Friede Herrschte. Wir Haben noch seinen Mann, seinen Kreuzer, geopfert, während Rußland nach jeder Richtung, ein Tolosjale Geld- und Men­­schenopfer brachte und­ bringen mußte, und es unab­­sehbar­ ist, mit welchen Opfern schließlich Rußland diesen­ Krieg zu Ende führen wird. An die Befürchtungen, welche sich an ein un­­abhängiges Rumänien, an eine angebliche kriegerische Bewegung, in Serbien knüpften, haben sich big jeßt als­­ grundleg­­erm­iesen. So sehen wir denn­ auch in Zukunft den Er­­eignissen im Orient mit ziemlicher Seelenruhe entge­­gen; denn über den Ausgang des Krieges entscheidet das Kriegsglück und­ über den Frieden entscheidet souverän der Drei-Kaiser- Bund Die Belfer Oesterreich-Ungarns werden gewiß zufrieden sein, wenn gr­o­ße Resultate für uns auch auf fried­­lichen Wege erreicht werden und wir Die blutigen Lorbeeren allein dem­ jugendkräftigen russischen Staate überlassen,­den Konstantinopel und Veterzburg und sogar die rufsischen Vorschläge als annehmbar­­ bezeichnet wissen. Wenn auch­­ diese Version kolossal verfrüht ist, so ist sie Doch charakteristisch für die gesammte politische Situation und seines­wegs geeignet, unsere Besorgnisse u vermehren. Der Krieg. Budapest, 1. Juni. Die starren Negengüffe in Rumänien verur­­sachen eine wesentliche Störung des Truppentransports und wo derselbe Groß alledem foreirt werden soll, ist die von den bedauerlichsten Folgen begleitet, wie die Eisenbahnkatastropen von Verceserowa um latima beweisen, wo über 1000 Menschen auf dem Plage blieben. Nach einer Meldung sollte der Donauü­bergang durch die Wuffen am 9. d. Mt. versucht werden, die eingetretenen­­ Regengasfe dürften denselben indessen wieder verzögern, da sie die Truppenbewegungen mer­gentlich Hindern und das russische Oberkommando ge­­willt scheint, um Die Weberschreitung der Donau nicht eher zu gehen, als der Aufmarsch ganz und gar voll­­endet ist und der legte Mann auf seinem Blase steht. Dem asiatischen Kriegsschauplatz wird heute gemeldet, daß um Kar­a beständig Gefechte stattfin­­den. Dieselben haben natürlich nur in so ferne Wich­­tigkeit, als die Vorläufer 063 Sturm3 der Ruffer auf Kara zu sein scheinen. Dieser sowohl wie der Sturm auf Erzerum dürften rascher erfolgen, als man annehmen mag. Mushtar Pascha weicht jeder Schlacht aus und „Eonzenteirt sich“ immer weiter rückmärte. Die einzigen Verbündeten der Türken auf dem asiati­­schen Kriegsshauplage sind die Insurrention, die Abchasten ergreift, und das Bündnis mit den Kurden, die sich Anfangs, trog dem sie türkische Untertanen, ganz passiv verhalten wollten. Beide haben den Türken bisher sehr gute Dienste geleistet ; es ist nun abzuwarten, wie sich ihre Offensive im weitern Verlaufe des Krieges gestalten wird. Die „english-Französische Ali“. (Drig--Slorrespondenz de „Berb­er Journal”) St. Petersburg, 25. Mai. Man mittert hier hinter den Vorgängen in Frankreich eine englisch-französische Allianz. Die ruffischen Blätter wollen sogar genaue Informationen darüber haben. Die „Ruffische Welt“ sagt es unummunden, der französische Staatsstreich sei ein Werk der englischen Diplomatie. In Paris habe sich nur wiederholt, was sic schon früher in Konstantinopel abgespielt habe. Der Herzog von Decazes habe sich den Einflüsterungen des englischen Botschafters Lord Lyons ergeben,­ es wurde eine Krisis in Szene gefeßt, deren Frucht das „energissche” Ministerium Brogliezzoniton war. Die Nachrichten, welche der­ Korrespondent „aus unbe­­dingt richtigen, unmittelbaren Quellen" schöpft und als für Rußland Äußerst wichtig mittheilt, lauten : . In der­ vergange­­nen Woche machte Lord Lyons Thiers einen Besuch, welcher 31­­ Stunden dauerte. Während dieser Langen Unterhaltung legte der Bot­­schafter dem greisen Politiker „alle Vortheile dar, welche sich für Frankreich ergeben müssen, wenn es bei den sehr mög­lichen, fast unvermeidlichen fünftigen Komplikationen der orien­­talischen Trage. mit England in eine Allianz trete.” Die Antwort Thiers­ war buchstäblich folgende: „Am gegenwär­­tigen Augenblick wäre es sinnlos, wenn Frankreich sich in ir­­gend etwas einlassen wollte, was er in einen Krieg ver­­wideln könnte . . . 34 betome nicht die Details und Einzel­­­­heiten an, bei ihnen stehen — sie liegen auf der Hand . . . Ich bin überzeugt, daß Sie in der republita­nischen Majorität der Kammer und des Senats nicht eine einzige Stimme finden, welche Ihnen nicht aus vollster Weber: soeben ausgesprochene Meinung bestätigen Das war das Resultat des P Versuches des Lord Lyon bei Thiers. Man sagt, doch weiß ich das nicht ganz bestimmt, daß gleichzeitig ein ähnlicher Bersuch durch einen Bevollmäch­tigten des englischen Botschafters bei Gambetta gemacht wurde, ein Versuch, der von demselben Mißerfolg gefrönt wurde. Am Montag folgen Sie lebt Folgendem aufmerksam : verbringen Lord Lyons und der türkische Botschafter Ahali Pascha einige Stunden mit dem französischen Minister de Auswärtigen. Den ganzen Abend des Montags verbring der Herzog von Decazes nach einer vorgängigen Unterhaltung mit dem päpstlichen Nuntius in einer Unterredung mit dem­ Marshal Mac Mahon. Am Dienstag sendet der Marshall an Jules Simon den bekannten Brief ab und erwartet den Rückritt des Ministeriums. Um 11 Uhr beantwortet der Marshall die beunruhigten dringenden Fragen zweier hervor­ragender Belitizer im Eifer des Cesprüdhs und motivirt Die Nothwendigkeit des Ministerwechsels durch folgende hoch „Endlich brauche ich fü­r den Fall äußerer Komplikationen, im Fall solcher Ereignisse, in denen Frankreich genöthigt sein wird, sich aktiv einzumischen, noth­­wendig ein Ministerium, bei welchem ich auf innere Ruh rechnen kann.” 63 läßt sich fast mit Sicherheit, fast unbeding behaupten, daß der Marschall in Dieser dieseln geheimen Operation eine unbemußte Rolle spiele. Aehnlich, aber immerhin nicht so bestimmt faßt „N­o­woje Wremja” die Lage auf. Sie bringt die An­kunft des Fürsten Bismarc in Berlin die alle Welt mit der neuesten Krisis in Paris in Verbindung. „Durch feiner­­rei­füße Reden”, meint das Blatt, „wird Mac Mahon oder Broglie Guropa von ihrer Friedensliebe r überzeugen können. Die Wirklichkeit stellt das Dilemma hin, entweder mit Schmach von der Scene abzutreten oder sich in gemagte Un­­ternehmungen zu stürzen, wenn der Boden dafür durch dem Krieg im Orient vorbereitet it." Dabei spricht das Blatt von der Absicht, da F­rankreich ein Bünde­­niß mit England fließen wolle. „Ein Bündnis Englands mit Frankreich würde für Rußland nicht drohend sein. Deutschland und Italien würden dann feiter zu uns halten, im Kreuzfeuer dieser beiden Mächte könnte aber auch­ die Stellung Oesterreich-U­ngarns entschieden werden. Doch ist es Schwer anzunehmen, daß der nüchterne und berechnende Verstand Lord Beaconfields sich länger als einen Augenblick von einer solchen Kombination sollte blonden Taj­­fen. Noch weniger Fünnen wir in Rußland irgend melche Hinneigung zu einem Bündniß mit den bonapartistischen und Hek­talen Kreifen von Paris annehmen. So etwas fünnte nur unter den Verwünschungen des Landes, unter der Berz­urtheilung von ganz Europa Boden gewinnen. Unter solchen Umständen kann der Triumph der neuen Regierung sein an­­haltender sein, und der Präsident selbst hat seine Stellung durch den sinnlosen unmotivirten Umsormung untergraben. Am gegenwärtigen Augenblick ein Binoniß mit Frantreich schließen, hieße nur mit dem Kabinet Broglie die Verachtung des besten Theils der weltlichen Gesellschaft und Belfer bheit­­en, dann aber­ ganz ohne Bundesgenossen bleiben und eine Koalition gegen sich hervorrufen. Ueberlasfen mir biese Tor­beeren dem Lord Beacon­field." in dem regierenden Kreisen vor sie geht, bleibe nicht zeugung Die würde.” BE­ währung in Frankreich. (Original Korrespondenz des „Bester Journal) B­a­ri­s, 29. Mai. Man spricht von einem Schreiben v8 Herzogs v .Aumalemn dn Ministerpräst­de­n­ten, in welchem der Orleansprinz in schjarfen Ausdrücken dem Herzog v. Broglie vorwirft, doch­ seine Allianz mit den Bonapartisten und die Anstellung der legieren an alle Ver­­waltungsposten die orleanistische Partei, der er anzugehören vorgebe, zu kompromittiren, und ihn auffordert, offen zu er­­klären, daß er zu den Orleanisten in seiner Beziehung stehe. Man daß der Brief demnächst veröffentlicht werden gewinnt ein erhöhtes Interesse, wenn man bedenkt, daß im Falle eines Staatsstreichs Herzog v. Aumale Die bonapartistischen Blätter greifen den Herzog lebhaft an als Chef des 7. Armeekorps eine wichtige Rolle spielen würde, offenbar ist ihre Polemik der Widerhall eines Kampfes, der glaubt, wird. Derselbe Eu­le

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