Neues Pester Journal, September 1877 (Jahrgang 6, nr. 242-271)

1877-09-01 / nr. 242

Mikonterrent­s Ganzi. fl.14, Halbj. fl. 7, viertelj. fl. 3.50, monatlich fl. 1.20. = __ Gamstag, den 1. September 1877. | Rumänien.und Serbien. Budapest, 31. August. ALs der alte Frig am Ende des siebenjährigen Krieges von einem Diplomaten angegangen wire, nun auch, mit Schweden Frieden zu schließen, rief er mit geheucheltem Erstaunen: Wie, haben mir denn auch mit Schweden Krieg­e geführt? Davon wußte ich ja gar nichts! Luft Tolle Ausrufe könnte jebt if Sultan Hamid in Betreff Rumäniens ausstoßen. 6% it zwar Schon eine geraume Zeit, daß sich das mäch­tige Bolt der Rumänen im Striege mit der Türkei befindet. Denn kaum waren die Jiuften mit resper­­tablen Kräften in Rumänien eingerüdt, als auch die Numänen im Gefühle ihrer Sicherheit sofort von Kalafat aus lustig auf die Erdwälle von Widdin zu feuern begannen. Die Welt gerieth bab in Erstau­­nen ob der Tapferkeit, mit welcher die rumänischen Bombardierd Dieses immense, erschiedliche Teuer­­wert abbrannten. Später, als die Russen den ersten Schlag bei Pleona erhalten, nahmen die Rumänen sogar auf den Ruf des Grafen einen Donaunüber­­gang vor. Der einzige Dank, den sie bisher für Die 1er Waguiß, über das Wasser zu gehen, erhalten, bestand darin, daß ihnen Die Auffen die Schuld für Blevna Nr. 2 zuschoben. Im Miedrigen Hatte der Kampf der Rumänen gegen die Türkei einen so wenig bösartigen Charakter, daß man bei diesen Strieg­­bilde in Gefahr kam, allen Abschen vor dem Striege a­­ Ka sit nicht irt Die Ochfentliggieit ger , Daß bei diesem, nun fon Monate an­dauernden Defensiv- und Offensiv-Priege der Numäs'­nen ein einziger Numäne gefallen ist, nur bei Stalafat sollen etliche rumänische Bombardiere 1108 alter Vorsicht von feindlichen Granatplittern verlegt worden sein. Nun sol jedoch der Feldzug eine viel energischere Gestalt annehmen. Die bei­­den bei Kalafat und Nifopolis nicht beschäftigten rumänischen Divisionen haben in den rebten Tagen der Korabia und Turn, Magarelli die Donau überschritten, war, geführt vom Fürsten Carol, den Z­ürlen bei Plevna den Garaus zu machen. Auf den Ruf des rusliischen Bären, der seit Blevna noch immer an einer Tage lahn­­t, wurde die große rumänische Expedition vollzogen und die Nummänen bekamen die glorreiche Aufgabe zugewiesen, den in Siegen dahinstürmenden Türken in Die Zügel zu fallen und eine entscheidende Wendung der Dinge herbeizuführen. Rumänien ist sein kleines Land und die Zah der Bendlierung wird auf weit über vier Millionen angegeben. Auc­h­ der Boden mit Fruchtbarkeit gesegnet und an den Geländen der Donau sind bei mänen zu einem­­ freieren­­ Spielraume gelangen könnte. Serbiens Lage hat momentan einen wirke­lich tragisch-römischen Anstrich erhalten. Durch die vorjährigen Niederlagen it der Wohlstand der Bevölkerung aufs Tiefste erschüttert und das Bedürfnis nach Ruhe und Frieden ein zwingendes geworden. Allein Serbien möchte um seinen Preis­ den gegenwärtigen Moment verpafsen. Das Länd­­chen, welches den Traun legte und pflegte, Die Note Biemonts auf der Balkan - Halbinsel zu spielen, hat das Gefühl, daß, wenn er diesen Sieg versäumt, es für lange Zeit auf sein Wachsthum verzichten müßte. G3 ängstigt sich bei der Verwandlung aus einem hoffnungsvoller Rinde in einen zur­ewig Kleinheit und Mißgestalt verurtheilten Zwerg. Daß es aber Serbien gelingen werde, seine Ambition in diesem Kriege zu erreichen, scheint mehr al fraglich). Die serbische Operationsl­­inie soll eines Theils gegen Widdin, anderen Theil gegen Ni und Sophia gerichtet sein. Auf beiden Linien werden sie an den türkischen Festungen eine harte Nuß zur Gnaden befonmen. Die serbische Armee hat zwar mehr fliegerischen­ Charakter, als die ru­­m­änische. Allein die Herren Serben haben nidr die vor­jährige Niederlage in den Gliedern, und wenn eine Armee einmal gründlich von einer anderen geworfen ist, 10 hält sie wohl zu Hause tapfer die Hand und droht fürchterlich mit Worten, doch sobald der sieg­­reiche Tovid ihn micha im Leibhafter Gestalt vor Die Augen tritt, dann fühlt sie wenig Muth, noch ein­­mal die Krartprobe zu wagen. Bei diesen Umstän­­den dürfte sich die Türkei wohl begnügen, ein Korps Mustehafts, das schon in Sophia angesammelt wird, den Serben entgegen zur Stellen. Und im Allgemeinen läßt sich schon sehr vorhersagen, daß die Hinein­­ziehung Serbien in den Krieg zwar seine entschei­­dende Wendung herbeiführen, wohl aber die Gräuel und Zerstörungen des Strieged­ vermehren und vers­längern wird. —_— Das „Neue Peiter Journal“ erscheint , täglich, auch an Montagen.” Reaktion und Adm­inistration: 7 Leopold­t. Kirchenplat Nr. 2. Einzelne Nummern 4 Inferale nach aufliegendem Tarif, Ye Der Strieg. Den Pier Eelten Berlene, Eine Weltstadt im Sch­lommter. London, Ende August. Man würde glauben, wenn "man den Unmaffen Engländer im Ausland begegnet, daß speziel London im Sommer total ausgestorben erscheinen muß. Dem ist nicht so. London ist so groß und so gewaltig bevölkert, daß noch i­mmer eine recht ansehnliche Zahl von Menschen übrig bleibt, die das Leben der Großstadt gewaltig pul­­firen machen. Selbst die Aristokratie ist zahlreich at home, und bad dürfte heuer daher rühren, weil, troß ber Hilfe, die beiden Häuser in voller Aktion sind. Man muß eben interpelliren. Sehen wir uns ein wenig in London um. St. Pauls ist das Gentrm­ der City, aber Charing Groß der wahre Mittelpunkt der Stadt. Lärm, Verkehr und Verfehrsmittel genug. Oben gfeift die Bahn, unten Schnauben die Dampfer und in ewiger Reihenfolge raffeln gelbe Omnibusse, in vier verschiedenen Nuancen, fort, während wechselnd, über den Plab. Die leiteren finden in Trafalgar Square ihr unbestrittenes Revier. Cabs und Hadneycoachs verschwinden im ihres Nichts Gefühle vor dieser enormen Fläche, und im­­ Bewußtsein ihrer Stellung als einzig privilegirte Repräsentanten des welt­­berühmten Planes behaupten die Buffes in ernster Würde das Feld. Zarafalgar Square ist wirklich imposant. Im Süden winten die Thü­rme von Westminster herüber, und Parliamentstreet ergießt ihren Strom von Wagen und F­ußgängern auf den Square, im Osten öffnet si der lärmende Strand und im­ Westen­­ beginnt Die ruhige Val Mail. Es ist gerade Mittag.Schmutz und Elend,Gekreisch und Geruch entfalten sich in vollster Harmonie.Bis Upper St.Martin’s Lane dringt der kü­hne Reisende vor—dann aber faßt ihm ahnungsvolles Grausen,und rückwärtsstülp­zend flieht er über den Square nach Pall Mallhine im Welcher Kontrast!Die vornehmen Klubhäusertmde lais des Adels starren ernst un­d exklusiv auf an am derer herab.—PallPall mit seinen Nebenstraßen ist das Faubourg St.Germain von London­ und hat eine Aehilp­lichkeit mit der Wilhelmstraße in Berlin.PallPall ist sehr hochmüthig.Sie hat weni­g Verkehr mit dem Süden und Osten H was jenseits der Nelson Säule liegt,ist für sie todt. Eine Todtenstile — nach Londoner Begriffen — herrschte gerade in den Straßen, denn die aristokratischen Snrassen sind schon auf der Brogession nach Hyde. Bart zur täglichen Adelsvenue in Rotten-Now. Am­ Abend ist hier ein bewegteres Treiben, so weit von PBal-Diall und Hays­market her die feine Welt zum Haymarkte Theatre zieht. Selbsst Waterloo- Place it in den Mittagsstunden leer, das wahre Leben beginnt hier erst nach dem Diner, wenn aus den Klubs die feinen Drüssiggänger vorbeischlendern.. So gestehe eine Vorliebe für Waterloo-Place ein. Alles zeigt hier eine Nettigkeit und komfortable Vornehm­heit, welche die Gemüthlichkeit nicht ausschließt. Nedts Läuft Regent: Street bergan bis’ NegentsGircus, diesem Punkt, der von der Natur zu ewigen Stallungen und Wagenm­aueln bes­­timmt zu sein scheint. Hier muß man eine halbe Stunde verweilen, um die Weisheit b-8 Molk­eman begreifen zu können. Unbeirrt durch das Fluchen der Kutscher, Schreien der Omnibus,Kondukteure, Umartigkeit der Pferde und die duch die Maffen geleitet werden wollen , fleht er da. Selbst nicht die fieberhafte Angst ältlicher Damen erschü­s­tert den Hüter des Gefäßes. Kein Wort entfährt seinen Lippen. Nur mit der dringenden Beredsamkeit seiner Dicde und Handbewegungen entwirft er innerhalb einer halben Minute den scheinbar unauflöslichsten Kräuel und findet noch Zeit, kleine Akte der Galanterien gegen bes drängte junge Damen auszuüben. Ein ganz anderes Bild eröffnet sich nach links von der Terrasse aus.Hier sieht man vor und nachdinser time die heutigen Henry Pelhams gähnend und rauchend stehen,in vornehmer Unschlüssigkeit,ob sie,die Treppe hinab,St.James’Park mit ihrer Gegenwart beglücken oder nach dem Travellers Klub sich wenden sollen.Hier stehen sie,,,sechs Fuß in feines Tuch eingewickelt­,herz­­los und gehimlos,wo wahrscheinlich schon ihre Vorfah­­ren à la Ehrekks Rochester sich spreizten,um in die Hall zum Morgenspaziergang und,Paillenmille"-Spiel m­it ihrem­­ königlichen Zechkumpan Charley hinabzusteigen. Pall Mall jenseits Waterloo Place ist noch stiller und vor­kehmer,als Pall Mall East.Er ist total abge­­­schlossen,von der gemeinennlt.Im Süden von St.Ja­­mes und im Westen vo­r Green Park begrenzt,ist seine einzige Verbindung m­it dem aristokratischen Theil von Piccadilly die nicht minder exklusive St.Ja­nes Str­eet. Hier wandern die,,Gentleme 11 von der Garde,in maj­­­stätischer Eishe,Brust zurück,Kopfhoch,von den Barraks in den­ Guards Klub;hier sammeln sich die Torys im Carlton Klub­ und die Reformer im Reform-Klub,die Gelehrten im Athenaeum und­ die Gelehrten im Williard und Races im Oxford-und Cam­bridge-Klub.Hier ist der " « Prätensionen der Kindermäidchen—die absolut zuerft Palast der Derby ıımd Norfolk, und hier wohnt jet der _

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